Italien - Kommentare zur finanziellen Lage 03.06.2018 22:26
d.a. Wie der Chefredaktor des kostenpflichtigen Börsenbriefes »CompanyMaker«,
Uli Pfauntsch, auf der website www.goldseiten.de am 2. Juni festgehalten hat, »ist Italien mit 2,3 Billionen Euro oder mehr als 130
% des Bruttoinlandprodukts eines der höchst verschuldeten Länder der Welt.
Bedenkt man, dass der Staatsanteil bei rund 50 %
liegt, und der produktive, besteuerbare Anteil der Wirtschaft in Wahrheit im
Verhältnis zum BIP somit rund die doppelte Schuldenlast tragen muß, offenbart sich der hoffnungslose Bankrott des Landes. Die
Problemkredite der italienischen Banken belaufen sich laut IWF auf 356
Milliarden €. Als ›Non-Performing-Loans‹ resp. ›notleidend ‹ gelten Kredite, die seit
mindestens 90 Tagen zur Rückzahlung überfällig sind und bereits sage und
schreibe 20 % des italienischen BIP ausmachen.«
Wie ist es eigentlich möglich, dass Banken eine
derartige Wahnsinnsanhäufung von Krediten, die über jegliche Vernunft das
Todesurteil verhängt, überhaupt entstehen lassen? Dies spricht doch jedem
Banking Hohn. Aber gleich wie die Zustände beschaffen sind, und diese sind
verheerend, es hindert weder den EZB-Chef, noch Lagarde oder die restlichen
Brüsseler Verantwortlichen des Finanzsektors daran, sich trotz des gähnenden
Abgrunds nur allzu oft mit Lächeln und gelöster Mine den Kameras der Reporter zu
stellen.
»Sehenden Auges«, so Pfauntsch, »spielt
sich nun ab, dass die Euro-Krise zurückkehrt
ist - und zwar mit voller Wucht. Wir erleben eine massive Kapitalflucht aus den
Anleihe- und Aktienmärkten Italiens und den restlichen Peripheriestaaten. Kein
Wunder. Denn wer das Vertrauen in die Staatsfinanzen und das Bankensystem
dieser Länder verloren hat, bringt es in Sicherheit - etwa auf Konten
ausländischer Banken, in Währungen wie Dollar, Schweizer Franken oder
Norwegische Krone. Oder kauft (überteuerte) Immobilien in deutschen
Ballungszentren. Der italienische Bankensektor und der Anleihemarkt befinden
sich im freien Fall, und wenn kein Wunder passiert, ist es aufgrund der
globalen Vernetzung innerhalb des Finanzsystems nur noch eine Frage der Zeit,
ehe sich die Krise auch nach Asien und in den US-Markt ausbreitet.« [1]
Seit Ausbruch der Finanzkrise 2008 hat sich der Schuldenstand der OECD-Staaten von 25 auf 45
Billionen $ annähernd verdoppelt. [2]
›Italien wird der
verschuldeten Welt den Rest geben‹ Der Autor dieses Artikels, Mario Ohoven, Präsident des
Bundesverbands mittelständische Wirtschaft (BVMW) in Berlin sowie der ›European Entrepreneurs‹ (CEA-PME) in Brüssel,
befürchtet, dass bald das böse Erwachen kommt. Wie Ohoven darlegt, »beträgt die Verschuldung aller
Staaten, Banken, Unternehmen und privaten Haushalte nach
Berechnungen einer Sonntagszeitung 233 Billionen $. Die globale Schuldenquote
liegt damit 37 Prozentpunkte höher als vor Ausbruch der Finanzkrise. Und auch
den Banken droht Gefahr: Der Bestand an faulen Krediten in den Büchern von
EU-Banken summiert sich auf 900 Milliarden €.«
»In Italien«, so Ohoven, »macht sich eine Populisten-Koalition ans Regieren, der
haushaltspolitische Solidität und Geldwertstabilität herzlich egal zu sein
scheint. Bereits jetzt liegt die Staatsverschuldung mit 2.300 Milliarden Euro
bei 130 % des Bruttoinlandsprodukts. Dass Rom nicht längst
pleite ist, liegt an den Target2-Verbindlichkeiten:
Sie machen die italienische Zentralbank mit über 440 Milliarden € zum größten
Schuldner im Zahlungssystem der EZB. Größter Gläubiger ist übrigens die
Deutsche Bundesbank mit Forderungen über 923 Milliarden €. Anders formuliert:
Jeder Bundesbürger haftet rechnerisch mit 11.000 Euro für Forderungen der EZB.
Prof. Clemens Fuest vom Ifo-Institut warnt mit gutem Grund, dass die Lega und die
Fünf-Sterne-Bewegung mit ihrem Programm ›die Axt an die Währungsunion‹ legen. An
dieser Entwicklung trägt die EZB unter Mario Draghi erhebliche
Mitverantwortung. Mit ihrer Nullzins-Politik und dem exzessiven
Anleihekauf-Programm hat sie das Schuldenmachen so leicht wie noch nie gemacht.
Schulden sind aber nicht die Lösung unserer Probleme, sondern einer der
Hauptgründe für die anhaltende Krise und neue Gefahren.
Vor echten Reformen gedrückt Völlig zu Recht warnten jüngst mehr als 150 Ökonomen davor, die
Europäische Währungs- und Bankenunion zu einer Haftungsunion auszubauen. Und
auch die von der EU-Kommission vorgeschlagenen neuen Fonds führen doch nur zu
weiteren Transfers in Staaten, die sich mit immer neuen Schulden vor echten
Reformen drücken. Das Beispiel Italien zeigt aktuell: Selbst in der Euro-Zone
lassen Regierungen nicht von neuen Schulden, um ihre Wähler mit unbezahlbaren
Wohltaten bei Laune zu halten, Euro-Stabilitätskriterien hin oder her. Auf der
Schuldenuhr ist es fünf vor zwölf, wenn nicht später. Sie ist zugleich die
Schaltuhr an einer tickenden Zeitbombe, die die globale Wirtschaft in den
Abgrund stürzen kann. Auch ein Blick in die Geschichte kann nicht beruhigen:
Seit 1800 gab es mindestens 250 Fälle, in denen Staaten ihre Auslandsschulden
nicht mehr begleichen konnten, und knapp 70 Inlandspleiten, bei denen die
Einlagen der Bürger in der jeweiligen Landeswährung betroffen waren. ›Spitzenreiter‹ ist Spanien mit 13
Pleiten, gefolgt von Venezuela mit zehn Staatsbankrotten. Die USA, Kanada,
Australien, Norwegen und die Schweiz waren hingegen noch nie pleite.
Welchen Fortgang wird das globale Schuldendrama aktuell nehmen?
Die Geschichte kennt drei Auswege aus einer überschuldeten Situation:
Inflation, Währungsreform oder Staatsbankrott. Denn in vielen Fällen wird
normales Wirtschaftswachstum nicht ausreichen, um Länder aus der Schuldenfalle
zu befreien, auch weil Überschuldung in der Regel wirtschaftliches Wachstum
hemmt.« [3]
Der langjährige Präsident des ifo-Instituts,
Hans-Werner Sinn, erklärte in einem Gastbeitrag für die ›WirtschaftsWoche‹ am 31.
5.: »Wenn Deutschland sich sträuben sollte, Geld zu verschenken oder
weitere Bürgschaften zulasten nachfolgender Generationen zu geben, ist die
Wahrscheinlichkeit groß, dass Italien den Euro aufgibt. …. Die politische
Revolution ist aufgeschoben, aber nicht aufgehoben. Die Forderungen nach massiv
steigenden Staatsausgaben und Schuldenerlassen sind ebenso wenig vom Tisch wie
Gedankenspiele über das Verlassen der Währungsunion. ›Geld her, oder wir treten aus‹, das könnte die versteckte Drohung künftiger italienischer
Regierungen sein.« Zum Sprengsatz für die Währungsunion könnte
laut Sinn vor allem die von der Lega und Cinque Stelle vorgebrachte Idee einer
Parallelwährung werden. »Zu einem solchen Schuldschein-Konstrukt
dürfte es über kurz oder lang vermutlich schon deshalb kommen, weil sich das
höhere Defizit kaum anders finanzieren lassen wird«, schreibt Sinn. »Eine
Parallelwährung würde dazu dienen, die EU-Partner gefügig zu machen.
Andererseits böte sie die Option, sofort aus dem Euro-Verbund auszutreten.«
Der 2014 verstorbene Prof. Wilhelm Hankel erläuterte
bereits 2013 die fatale Situation der Gemeinschaftswährung. Im ›mmnews‹-Interview
sagte er sinngemäß schon damals: Die Politik verwechselt in
Sachen Euro ›Dynamik‹ mit ›Dynamit‹". Wenn das so weitergeht, ist ein
Bürgerkrieg nicht ausgeschlossen. Es war von Beginn an klar, dass der Euro
niemals funktionieren würde angesichts der sehr unterschiedlichen Wirtschaften
in der Eurozone. Ein griechischer Euro ist etwa 50 % weniger wert als ein
deutscher Euro. Die Euro hat die Südzone dazu verführt, Schulden zu machen. In
Griechenland gibt es die niedrigste Steuerquote und dafür die höchste
Schuldenquote. Statt sparen, mehr Schulden: Das war der einfachere Weg und der
Euro hat ihn ermöglicht. Der riesige Schuldenberg der Südschiene kann nicht auf
Dauer von Deutschland finanziert werden. Wir stehen also vor der Frage: Wollen
wir diese Defizite weiter finanzieren und darüber selber verarmen - oder müssen
wir nicht einen Modus finden, welcher die unerträgliche
Rückzahlungsverpflichtung dieser Länder, die dort zu Massenarbeitslosigkeit
führt, beendet. Wenn die Politiker weiter am Euro festhalten, führt das zum
Knall. Dann werden einzelne Länder der Südschiene zwangsläufig austreten, mit
all den Verwerfungen, die dann programmiert sind. Diese Länder sind dann sofort
bankrott und das führt dann zur Sprengung der Eurozone. [4]
Italien spielt kühl lächelnd mit dem Feuer und plant den Angriff auf die Finanzen aller
Euro-Länder, so Prof. Bernd Lucke in seinem Gastbeitrag für den ›Focus‹.
Italien, führt er aus, »ist in einer schweren Krise.
Nicht erst seit den letzten Parlamentswahlen, sondern seit mindestens 15
Jahren. Seit 2003 ist die italienische Wirtschaft nicht gewachsen. Das
italienische Bruttoinlandsprodukt war 2017 niedriger als vor 15 Jahren. Zum
Vergleich: Die Wirtschaftskraft der EU ist im selben Zeitraum um mehr als 20 % gewachsen.
Seit 15 Jahren befindet sich Italien in der
Stagnation. Die Arbeitslosigkeit ist in dieser Zeit von 8 % auf 11 % gestiegen.
Die Jugendarbeitslosigkeit liegt seit Jahren bei mehr als 30 %. Italiens
Staatsverschuldung hat sich seit 2003 um fast 900 Milliarden Euro [etwas mehr
als 60 %] erhöht. Die italienischen Banken kämpfen mit einem hohen Bestand an
notleidenden Krediten und gelten als heiße Kandidaten für die nächste
Finanzkrise. In dieser Situation vertrauen die Italiener ihre Regierung zwei
Parteien an, die ein geradezu aberwitzig anmutendes Programm vorlegen: Die
Staatsausgaben sollen gewaltig steigen, weil fast jeder Italiener bedingungslos
ein Grundeinkommen von 780 Euro pro Monat erhalten soll. Die Steuern werden
gleichzeitig kräftig gesenkt. Und wer denkt, dass die Italiener vielleicht
einfach mehr arbeiten, um das alles zu finanzieren, irrt: Man will vielmehr die
Arbeitnehmer früher verrenten. Dass das Budgetdefizit Italiens durch diese
Maßnahmen steigen wird, liegt auf der Hand.
Erste Kostenschätzungen liegen in der Größenordnung
von 100 bis 200 Mrd. € an zusätzlichen jährlichen Schulden. Aber welche
Kapitalgeber werden sich bereit finden, Italien Kredite zu gewähren, wenn die
Regierung ökonomisches Harakiri plant?
Die Eurozone ist erpressbar Nun ist ein wirtschaftlicher Selbstmord sicherlich
nicht im Interesse der neuen Regierung. Und man würde die Verantwortlichen grob
unterschätzen, wenn man in ihnen einfach nur blutige ökonomische Dilettanten
sähe. Besser wäre es, in ihnen kaltblütige Erpresser zu sehen. Denn die
Eurozone ist erpressbar – und die italienischen Koalitionspartner wissen das
genau. Sie drohen ganz unverhohlen mit dem Staatsbankrott Italiens, wenn die
Eurozone Italien nicht zwei- oder dreistellige Milliardenbeträge zukommen läßt. In einem durchgesickerten [und später dementierten] Papier der
italienischen Regierungsparteien wurde schon ein Schuldenerlass von 250
Milliarden Euro gefordert. Die Eurozone ist erpressbar, weil sie es versäumt
hat, ein Verfahren für geordnete Staatsinsolvenzen zu verabschieden. Die
Eurozone ist erpressbar, weil die Euroländer stattdessen eine Haftungsunion
aufgebaut haben. Wenn der italienische Staat insolvent wird, müssen alle
Eurostaaten Milliardenverluste hinnehmen. Die Eurozone ist erpressbar, weil sie,
wie sie es in Griechenland immer wieder demonstriert hat, den Euro um jeden
Preis retten will. Deshalb kann Italien jetzt kühl lächelnd mit dem Feuer
spielen: Wenn Italien untergeht, dann gehen wir alle unter. Also gebt uns
lieber Geld, um den Untergang zu verhindern. Wieviel Geld wir brauchen, seht
ihr an unserem Budgetdefizit. [Das haben wir ja extra schön hoch geplant]
Warum haftet Deutschland für Italien?
Nun, die Europäische Zentralbank kauft seit 3 Jahren in ungeheurem Umfang
Staatsanleihen auf; so hat sie für 340 Milliarden € italienische Schulden
aufgekauft. Verluste daraus werden im Zuge der ›Risikoteilung‹ zu 10 % von anderen Eurostaaten getragen. Für
Deutschland errechnet sich daraus im Falle einer italienischen Insolvenz ein
Risiko von etwa 10 Milliarden €. Außerdem hat Italien bei der EZB über das
Target2-System Schulden. Diese Schulden betragen derzeit 440 Milliarden €. Wenn
Italien in den Staatsbankrott geht, muß es aus dem Euro
ausscheiden. Von dem Verlust der EZB trägt Deutschland dann etwa 30 %. Falls
das bankrotte Italien die Target2-Schulden nicht tilgt, entfällt auf
Deutschland ein Verlust von 132 Milliarden Euro.
Neben diesen bezifferbaren Risiken ist völlig
unabsehbar, welche Ansteckungseffekte ein italienischer Staatsbankrott auf
andere Länder hätte. Nach dem Staat
würden vermutlich die italienischen Banken zusammenbrechen, weil eben kein
Verfahren einer geordneten Staatsinsolvenz existiert. Gut möglich, dass dann
auch die wackligen Banken Deutschlands und anderer Eurostaaten in die Knie
gehen würden, mit unabsehbaren Konsequenzen für die gesamte Volkswirtschaft. Der
Crashkurs, den die italienische Regierung jetzt mit ihren eigenen Finanzen
fahren will, läßt sich kaum anders sinnvoll deuten als ein
Angriff auf die Finanzen aller Eurozonenländer. Die Haftungsunion soll zu einer
Transferunion umgebaut werden – und zwar nicht mit Kleckern, sondern mit
Klotzen.
Die besondere Raffinesse an der italienischen
Strategie besteht darin, dass Ausgabensteigerungen wie das Grundeinkommen, kombiniert
mit kräftigen Steuersenkungen, die italienische Wirtschaft zweifellos ankurbeln
werden. Das gibt den italienischen Regierungsparteien demokratischen Rückhalt.
Neuwahlen brauchen sie nicht zu fürchten. Dies gibt aber auch den Eurostaaten
einen Vorwand, wie sie ihren Bürgern gegenüber Milliardentransfers nach Italien
rechtfertigen können: Seht her, in Italien geht es ja endlich aufwärts! Da
können wir jetzt doch wirklich mal hilfsbereit sein.
Es wird teuer werden, aber es ist besser, als
dauerhaft erpressbar zu sein. Wenn wir genug Geld nach Italien schicken, wird
es dort wirklich aufwärts gehen. Aber wie soll das jetzt schon hochverschuldete
Land diese neuen Schulden jemals zurückzahlen? Und warum sollte es sich um
Rückzahlung bemühen, wenn die Eurozone erpressbar ist? Warum, wenn das
Erpressungspotential umso größer ist, je höher man verschuldet ist?
Was jetzt in Italien droht, bestätigt all das, was
wir Eurokritiker seit Jahren vorgebracht haben. Deshalb müssen wir raus aus der
Haftungsunion. Es wird teuer werden, aber es ist besser, als dauerhaft
erpressbar zu sein.«
[5]
[1] https://www.goldseiten.de/artikel/378174--Blut-in-den-Strassen-Roms---Rueckkehr-der-Eurokrise.html 2. 6. 18
Uli Pfauntsch
[2] https://www.laenderdaten.info/Staatenbuendnis/OECD.php
[3] https://www.welt.de/debatte/kommentare/article176881896/Neue-Finanzkrise-Italien-wird-der-verschuldeten-Welt-den-Rest-geben.html 1. 6. 18 Italien wird der verschuldeten Welt den Rest geben – Von
Mario Ohoven
[4] http://www.mmnews.de/wirtschaft/69877-ist-der-euro-noch-zu-retten 31. 5. 18
[5] https://www.focus.de/politik/experten/lucke/gastbeitrag-von-bernd-lucke-italien-spielt-kuehl-laechelnd-mit-dem-feuer-und-plant-den-angriff-auf-die-finanzen-aller-euro-laender_id_9022622.html 2. 6. 18 Gastbeitrag von Bernd Lucke
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