Noch bei Sinnen?

d.a. Dem Bericht von »German Foreign Policy« seien Worte von Willy Wimmer,

langjähriges Bundestagsmitglied und von 1994 bis 2000 Vizepräsident der OSZE,
vorangestellt:

»Nichts könnte dagegen sprechen, wenn die Staaten der Europäischen Union sich gemeinsam der Aufgabe ihrer Verteidigung widmen würden. Das Vorbild dafür sollte der Vertrag über die ehemalige Westeuropäische Union mit ihrem ausschließlichen Verteidigungscharakter und nicht die im amerikanischen Interesse global ausgreifende NATO sein. Gegenwärtig stehen an der russischen Grenze jene Streitkräfte, die eine aus russischer Sicht überaus
verhängnisvolle Kombination ehemaliger Alliierter und Kriegsgegner darstellen. Gleichzeitig wird die Russische Föderation seit Jahren vom Westen aus mit intensiver Hetze überzogen.
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Kriegsspiele im Baltikum 
In mehreren US-geführten Großmanövern, so der Bericht von GFP, bereitet sich die Bundeswehr in den kommenden Wochen auf mögliche kriegerische Auseinandersetzungen mit Rußland vor.

Im Rahmen der Übung Saber Strike 2018 soll unter anderem die neue NATO-Führungsstruktur in Polen und den baltischen Staaten erprobt werden, die beispielsweise das deutsch-polnisch geführte NATO-Hauptquartier für den Ostseeraum in Szeczin umfaßt und der die deutsch geführte NATO-Battlegroup in Litauen untergeordnet ist. Parallel zu dem Manöver, an dem sich gut 18.000 Soldaten aus 19 Staaten beteiligen, werden mehrere deutsche Kriegsschiffe im Rahmen der Übung BaltOps 2018 die Seekriegführung in der Ostsee proben. Parallel bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, im kommenden Jahr erneut die Führung über die NATO-Speerspitze zu übernehmen, die eigens gegründet wurde, um binnen zwei Tagen in Ost- und Südosteuropa eingesetzt werden zu können - gegen Rußland. Den Manövern gingen Transporte Tausender US-Soldaten und -Militärfahrzeuge über deutsche Straßen und Schienen Richtung Osten voraus.

Vormarsch nach Osten
Die Vorbereitungen für die in diesem Monat bevorstehenden Großmanöver haben sich im Mai in der Bundesrepublik deutlich bemerkbar gemacht: Mit der Verlegung großer US-Truppenverbände quer durch Deutschland in Richtung Polen. Zum einen handelte es sich dabei um die 1st Armored Brigade der 1st Cavalry Division aus Fort Hood (Texas), die im Rahmen der Operation Atlantic Resolve die zuletzt in Osteuropa stationierte 2nd Armored Brigade der 1st Infantry Division aus Fort Riley (Kansas) ablösen soll. Im Rahmen der Operation
Atlantic Resolve ist kontinuierlich eine US-Brigade in Ost- und Südosteuropa unterwegs, um dort gemeinsam mit einheimischen Truppen Kriegsübungen durchzuführen. Die Brigade wird alle 9 Monate ausgetauscht. Wurden die An- und Abtransporte der neuen Truppen bisher unter anderem über Bremerhaven abgewickelt, so brachten die US-Streitkräfte ihre rund 1.400 zu verlegenden Fahrzeuge diesmal im belgischen Antwerpen an Land, von wo aus sie quer über den gesamten Kontinent nach Polen verlegt werden. Die ungewöhnliche, aufwendige Route ist offenbar gewählt worden, um alternative Transportstrecken auszutesten. Wie es heißt, wurden 85 % des Materials - darunter vor allem Panzer - auf dem Schienenweg in Richtung Osten verbracht, 15 % in Konvois von 15 bis 20 Fahrzeugen auf der Straße.

Drehscheibe für Militärtransporte
Dieses Mal sind die US-Truppentransporte allerdings deutlich umfangreicher als sonst gewesen: Zusätzlich zur Truppenverlegung im Rahmen der Operation Atlantic Resolve wurden weitere, in Süddeutschland stationierte US-Einheiten  in Richtung Osten verlegt, um dort an dem Großmanöver Saber Strike‹   teilzunehmen. Insgesamt wurden dabei rund 7.000 Soldaten mit gut 2.000 Fahrzeugen über Schiene und Straße  - unter anderem über die A9 -  in die Manövergebiete transportiert. Die Verlegung ist, wie diejenige im Rahmen der Operation Atlantic Resolve, von Logistikeinheiten der Bundeswehr organisiert und unterstützt worden. Durch die immer zahlreicher werdenden Manöver in Ost- und Südosteuropa sei Deutschland eine Drehscheibe für militärische Transporte geworden, was der Kommandeur des Bundeswehr-Landeskommandos Sachsen-Anhalt, Oberst Halvor Adrian, bestätigt. Der Rolle der Bundesrepublik als Militärdrehscheibe für NATO-Operationen in Ost- und Südosteuropa trägt das westliche Kriegsbündnis damit Rechnung, dass es, wie dies die NATO-Verteidigungsminister im Februar beschlossen haben, sein neues Logistik-Hauptquartier in Deutschland errichten wird. Es soll unter anderem die Verlegung westlicher Truppen in Richtung russische Grenze optimieren.  

Saber Strike
An dem Großmanöver
Saber Strike, das am 3. 6. offiziell beginnt, nehmen insgesamt rund 18.000 Soldaten aus 19 Staaten, die meisten NATO-Mitglieder, teil, darunter auch Einheiten der Bundeswehr. Eines der Hauptziele ist es laut Angaben der US-Streitkräfte, die das Manöver führen, die Integration der seit Anfang 2017 neu aufgebauten NATO-Truppen und -Strukturen in Polen und im Baltikum zu erproben. Dabei geht es unter anderem um die auch als NATO-Battlegroups bezeichneten Bataillone, die unter der offiziellen Bezeichnung enhanced Forward Presence (eFP) in den baltischen Staaten und in Polen  stationiert sind, darunter das von der Bundeswehr geführte Bataillon in Litauen. Ebenfalls erprobt werden soll laut US-Angaben das neue Multinational Division North-East Headquarters (NATO-Abkürzung: MND NE) im polnischen Elbl?g  unweit der Grenze zur russischen Exklave Kaliningrad, das als operative Schaltzentrale für die 4 eFP-Bataillone dient. Einbezogen wird demnach zudem das bereits 1999 von Deutschland, Polen und Dänemark gegründete Multinational Corps North-East (MNC NE) mit Sitz im polnischen Szczecin, das als militärisches Hauptquartier nicht nur dem MND NE übergeordnet ist, sondern bei Bedarf auch die sogenannte NATO-Speerspitze Very High Readiness Joint Task Force(VJTF) führt. Saber Strike  wird in den Baltischen Staaten und Polen seit 2011 jährlich abgehalten.


BaltOps 2018

Darüber hinaus wird Anfang nächster Woche mit BaltOps 2018 ein weiteres  Großmanöver im Ostseeraum beginnen. Die Marineübung reicht bis ins Jahr 1971 zurück, als sie erstmals durchgeführt wurde, um im Kalten Krieg die Kampfbereitschaft und -fähigkeit der NATO in der Ostsee zu trainieren und zu demonstrieren. Die Übungen sind nach dem Ende der Systemkonfrontation fortgesetzt worden: Offiziell im Rahmen der NATO-Partnership for Peace(PfP). Seit 2014 dienen sie erneut dazu, westliche Operationen gegen Rußland zu proben und die Kriegsfähigkeit des Bündnisses vorzuführen. Die BaltOps-Manöver gehören zu den größten in Nordeuropa. Dieses Jahr sollen, wie es heißt, 40 Kriegsschiffe aus 14 Staaten teilnehmen; dabei ragt das US-Transportschiff Carson City heraus, ein hochmodernes, mit bis zu 43 Knoten (rund 80 Stundenkilometer) außergewöhnlich schnelles Schiff, das in diesem Jahr erstmals in der Ostsee erprobt werden soll. Neben weiteren Kriegsschiffen der US-Marine ist die Bundesmarine mit dem Einsatzgruppenversorger Frankfurt am Main, mit einer Korvette und mit Marinenabwehreinheiten aus Kiel beteiligt. Die Kriegsübungen in der Ostsee haben für Deutschland auch deshalb einige Bedeutung, weil die Bundeswehr in Rostock ein NATO-Marinehauptquartier aufbaut. 

Die NATO-Speerspitze
Parallel hierzu bereitet sich die Bundeswehr darauf vor, im kommenden Jahr erneut die Führung über die NATO-Speerspitze zu übernehmen. Diese wurde auf Beschlu
ß des NATO-Gipfels im September 2014 in Newport (Großbritannien) eigens gegründet, um binnen kürzester Frist - genannt werden zwei Tage - insbesondere in Ost- und Südosteuropa eingesetzt werden zu können. Als Gegner bei einem etwaigen Einsatz gilt Rußland. Wie das Deutsche Heer mitteilt, hat der Großverband Panzerlehrbrigade 9 aus Munster bereits Anfang des Jahres mit der Aufstellung und Ausbildung des deutschen Anteils der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) begonnen.

Am 19. Juni sollen die Soldaten im Gefechtsübungszentrum des Heeres unter den Augen von Journalisten, wie es heißt, den letzten Schliff bekommen. Für November ist die Zertifizierungsübung  Trident Juncture in Norwegen geplant. Ab dem 1. Januar 2019 steht die neue VJTF mit ihrem deutschen Anteil dann zum Einsatz bereit.

 

 Quelle: 
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7624/

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