Das US-Imperium und seine Regimewechsel 03.03.2019 20:00
Wie Washington unverändert auf die stets gleiche Weise vorgeht,
wenn es gilt, nach Möglichkeit einer seiner ›regime
changes‹ zu erzwingen, erhellt sich aus immer mehr Details zur Vorgeschichte
Guaidos, wie sie die US-Journalisten Dan Cohen und Max Blumenthal aufgezeigt
haben: So ist auch dieser ein Geschöpf der USA, das Produkt eines langfristigen
Projektes der Washingtoner Eliten. Er gibt sich zwar als Musterdemokrat aus,
betreibt jedoch seit Jahren an der Spitze einer gewalttätigen Kampagne die
Destabilisierung Venezuelas.
Vor dem schicksalhaften 22. Januar war Guaido noch
nicht einmal einem Fünftel der Venezolaner bekannt und war bis vor wenigen
Monaten lediglich als übler Charakter und Kopf einer politisch unbedeutenden,
weit rechts stehenden, Gewalttaten verübenden Gruppierung aufgefallen. Sogar in
seiner eigenen Partei, der ›Voluntad
Popular‹, zählte er nur zu den mittleren
Rängen. Es war dann in der Folge nach lediglich einem einzigen Anruf des
US-Vizepräsidenten Mike Pence, dass sich Guaido in einer öffentlichen Erklärung
selbst zum Präsidenten Venezuelas ausrief. Washington hat also einen bisher kaum
bekannten Hinterbänkler dazu angestiftet, sich der internationalen Öffentlichkeit
als von den USA auserwählter Führer des Staates mit den grössten Ölreserven der
Welt zu präsentieren.
Indessen kam Guaido nur scheinbar aus dem
Nichts; in Wirklichkeit ist er das Produkt einer vor mehr als zehn Jahren
gestarteten gründlichen Schulung, mit der die US-Regierung Kandidaten ausbilden
lässt, die sie bei einem ›regime
change‹ an die Macht hieven kann. Gemeinsam
mit anderen rechtslastigen Studenten wurde er systematisch darauf vorbereitet,
die sozialistisch orientierte Regierung Venezuelas zu diskreditieren und das
Land zu destabilisieren, um eines Tages die Macht übernehmen zu können. Ein Jahrzehnt
lang hat Washington den politischen Nobody Guaido zu dem wertvollen Werkzeug
geformt, als das er sich gerade erweist. »Juan
Guaido ist eine Figur, die speziell für diesen Umsturz geschaffen worden ist«, erklärt Marco Teruggi, ein argentinischer
Soziologe und führender Chronist der venezolanischen Politik, gegenüber ›gray zone‹. »Er ist ein aus mehreren Elementen gemixtes
Labor-Produkt; um ehrlich zu sein, ein Typ, der gleichzeitig zum Lachen reizt
und Furcht erregt«.
Guaido wird zwar als ›Garant
der demokratischen Erneuerung‹ verkauft,
hat seine politische Karriere aber in der gewaltbereitesten Splittergruppe der
radikalsten Oppositionspartei Venezuelas begonnen und sämtliche
Destabilisierungskampagnen angeführt. In Venezuela hat sich seine Partei selbst
dadurch diskreditiert, dass sie massgeblich an der Schwächung und
Zersplitterung der Opposition beteiligt war. »Diese
Radikalinskis haben in Meinungsumfragen nicht mehr als 20 %«, stellt Luis Vicente Leon, der führende
Meinungsforscher Venezuelas, fest. Nach Leons Meinung hat die Partei Guaidos
deshalb so relativ wenig Zuspruch, weil die Mehrheit der Bevölkerung keinen Umsturz, sondern eine Lösung ihrer Probleme
will. Aber genau deshalb setzt Washington auf Guaido: Es soll Venezuela nicht ›demokratisieren‹,
sondern einen Umsturz in dem Land, das in den beiden letzten Jahrzehnten eine
Festung des Widerstands gegen die US-Hegemonie war, herbeiführen. Sein
seltsamer Aufstieg ist der Höhepunkt eines seit zwei Jahrzehnten laufenden Projekts
zur Zerstörung eines vielversprechenden sozialistischen Experiments. Aus e-mails,
die venezolanischen Sicherheitsbehörden in die Hände fielen und die der
damalige Justizminister Miguel Rodríguez Torres der Öffentlichkeit präsentierte,
geht hervor, dass Guaido und mehrere andere studentische Aktivisten im November
2010 ein geheimes fünftägiges Training in einem Hotel mit dem Namen ›Fiesta Mexicana‹ in
Mexiko absolvierten. Die Regime-Change-Schulung war von Otpor-Trainern aus Belgrad
im Auftrag der US-Regierung durchgeführt worden.
Die e-mails belegen, dass Guaido und seine
Mitverschwörer einen Plan ausheckten, der vorsah, mit länger andauernden, gewaltsamen
Strassenprotesten Chaos zu stiften, um
dann Chavez zu stürzen. Drei Galionsfiguren der Erdölindustrie, Gustavo Torrar,
Eligio Cedeno und Pedro Burelli sollen die Schulung in Mexiko mit 52.000 $ finanziert
haben. Torrar ist nach eigener Aussage ein Menschenrechtsaktivist und Intellektueller,
sein jüngerer Bruder Reynaldo Torrar der Repräsentant der privaten
mexikanischen Öl- und Gasfirma Petroquimica del Golfo, die einen
(Förder-)Vertrag mit dem venezolanischen Staat hat. Cedeno ist ein geflüchteter
venezolanischer Unternehmer, der Asyl in den Vereinigten Staaten beantragt hat,
und Pedro Burelli ist ein ehemaliger Manager von JPMorgan Chase, der auch schon
Direktor der staatlichen venezolanischen Ölgesellschaft Petróleos de Venezuela,
›PDVSA‹, war. Er
verliess die ›PDVSA‹ 1998, als Hugo Chavez Präsident wurde, und gehört
jetzt dem Beraterstab für das ›Latin
America Leadership Program‹ an. Burelli
behauptet, die e-mails, in denen über
seine Beteiligung an der Finanzierung der Schulung berichtet wird, seien gefälscht.
Er macht aber kein Geheimnis daraus, dass er sich die Absetzung von Maduro
wünscht; er hofft sogar, dass Maduro auf ein Bajonett aufgespiesst und durch
die Strassen geschleift wird, wie der libysche Revolutionsführer Muammar
al-Gaddafi von NATO-unterstützten Milizionären. Im Dezember 2018 hatte sich
Guaido unbemerkt nach Washington, Kolumbien und Brasilien begeben, um
anlässlich der Amtseinführung des Präsidenten Maduro Massenproteste zu
organisieren. Da Guaido bisher wenig Unterstützung aus der venezolanischen
Bevölkerung erhält, bleibt er auf Hilfe aus dem Ausland angewiesen.
Der Analyst Sequera stellte im staatlichen
venezolanischen Fernsehen fest: »Es ist
egal, ob er nach dem misslungen Start abstürzt und aufgibt. Die US-Regierung
wird sich dann eben eine andere Marionette suchen«. [1]
Die
USA - Ein
korruptes Imperium
Über den
Zustand von Politik und Gesellschaft in den USA hat der Philosoph und Theologe Cornel
West ein vernichtendes Urteil gefällt. In dem mit der Wochenzeitung ›Der Freitag‹ geführten Interview mit dem Titel
›Die USA sind keine Demokratie,
sondern ein Imperium‹ [2] kritisiert
er zudem deutlich den ersten afroamerikanischenPräsidenten Barack Obama und bestätigt
damit Einschätzungen anderer US-Quellen.
West
zufolge ist der ›Friedensnobelpreisträger
Obama ein Kriegsverbrecher‹. Zudem stellt er fest: ›Obama hat Trump zwar nicht geschaffen, aber es war unter anderem
seine Wall Street-freundliche Politik, die Trump zum Sieg verholfen hat‹. Die deutliche Kritik des
US-Philosophen an Barack Obama bekommt ihre besondere Note dadurch, dass West
wie Obama Afroamerikaner ist. Er lehrt derzeit auf
den Gebieten Afroamerikanische Studien und Theologie an der Universität
Princeton. In dem besagten Interview warnt der marxistisch orientierte Philosoph
vor einer aktuellen Transformation der US-Gesellschaft in eine ›neofaschistische‹, die sich auf dem Rücken von ethnischen und religiösen sowie anderen
Minderheiten aufrichtet. Das sei aber nicht nur ein Problem der USA, so West. ›Wir haben soviel Korruption an der
Spitze, die Hand in Hand mit einem Konformismus feiger Menschen geht‹; dies das Zeugnis, das er den USA ausstellt.
›Dies findet man in politischen
Parteien, Universitäten, bei Wirtschaftseliten oder in religiösen Institutionen‹.
Wer
die USA beherrscht
Der
Philosoph beklagt, dass sich die Korrumption durch die Macht in den
Elitekreisen fortsetze. ›Sie
versuchen, Fehler zu vertuschen und Lügen zu verbergen. Dadurch geraten sie in
eine Beziehung zwischen Verlogenheit und Kriminalität‹, was einem neuen Faschismus, der auf die Ära des Neoliberalismus
der letzten 70 Jahre folge, den Weg ebne. Die Jahre seit 1945 seien von einem ›globalen Finanzkapitalismus, der Wall
Street und einer Wirtschaftselite‹,
die die Zügel unseres Imperiums in der Hand hielten‹, geprägt worden. Politiker, die enge Beziehungen zu den Ikonen
der Finanz-Elite pflegen, seien beeinflusst und kontrolliert worden. »Die USA
werden immer mehr zu einer plutokratischen Oligarchie« hatte
unter anderem auch der Historiker Fritz Stern im Jahr 2015 in einem Interview
für mit dem Schweizer Magazin ›NZZ
Geschichte‹ erklärt. Stern beklagte
darin, dass die USA zum Polizeistaat geworden seien, zu einer Zeit, als Obama
noch regierte und niemand mit Trump rechnete. »Dieser ungeheure Drang nach
Überwachung, nach Sicherheit, höhlt die Demokratie aus. Und kann sich ein Land
noch Demokratie nennen, wenn nur noch diejenigen entscheiden, die Geld haben?
Der Staat ist nicht mehr unter Kontrolle der Parlamente, sondern unter Kontrolle
des Geldes - und der Korruption«.
›Imperiale Kernschmelze‹
Selbst der ehemalige Präsident Jimmy Carter stellte 2015 fest, dass die USA inzwischen
eine ›Oligarchie mit unbegrenzter
politischer Bestechung‹ geworden
seien. Eine Studie der Universität Princeton über die US-Politik kam bereits
2014 zu dem Ergebnis: ›Die USA
werden von einer reichen und machtvollen Elite beherrscht‹. Die ›imperiale
Kernschmelze‹ der USA beschreibt
West gegenüber dem ›Freitag‹ wie folgt: ›Es ist die Kombination der Herrschaft des grossen Geldes und des
obszönen Niveaus an ungerechter Vermögensverteilung. Es ist die Herrschaft des
grossen Militärs, bei der 56 Cent jedes US-Dollars in den militärisch-industriellen
Komplex fliessen. In mehr als 80 Ländern sind US-Truppen stationiert, und sie
betreiben etwa 1.400 Militärbasen in aller Welt‹. Er stellt fest, dass die US-Bürger allerdings nicht über die ›aussenpolitischen Verfehlungen des
Imperiums informiert werden. Man hat ihnen bisher kaum gesagt, wie viele
Menschen im Irak infolge unserer militärischen Intervention getötet wurden. Im
Fernsehen hören Sie nichts vom Tod der 500.000 Zivilisten, die wir auf dem
Gewissen haben‹.
Bürger
zu Konsumenten degradiert
Er glaube
nicht an ›die selbstkorrigierende
Macht der Demokratie‹, antwortet er
auf eine entsprechende Frage. Es gebe in den USA nur eine ›schwach ausgeprägte‹
demokratische Praxis. ›Die
US-Amerikaner sind zu Konsumenten geworden, statt dass sie ihre Rolle als
Bürger wahrnehmen‹. Dazu habe die
Herrschaft des grossen Geldes beigetragen, das darüber entscheide, wer
politisch Einfluss hat. So seien die Kandidaten bei den Wahlen im Vorfeld von
den fünf grössten Wahlkampfspendern ausgesucht worden, erinnert sich West. Das
würde Menschen das Gefühl geben, ohnmächtig zu sein und sie in die Arme derjenigen
treiben, die sich als starke Männer darstellen und versprechen, mit denen da
oben aufzuräumen. Der Philosoph widerspricht dem verbreiteten Bild des
Ex-Präsidenten Obama als Lichtgestalt der Demokratie. ›Obama besass zu wenig Mut, um gegen die Herrschaft der Wall Street
vorzugehen‹. Er habe mit Larry
Summers oder Timothy Geithner sogar Vertreter der Wall Street in die Regierung
gebracht.
Warum
Obama ein Kriegsverbrecher ist
Der von Obama
versprochene Wechsel, sei endgültig zur Illusion geworden, als er John O.
Brennan aus dem Team von George W. Bush zum CIA-Direktor und
Anti-Terror-Berater machte. Brennan hatte Foltermethoden bei Verhören
befürwortet. West erinnert ausserdem daran, dass der Trump-Vorgänger nach der
Finanzkrise 2008 den Chefs der grössten Banken und Finanzinstitute zusicherte,
ihre Macht zu schützen und erklärt hatte: ›Meine
Regierung ist das Einzige, was zwischen Ihnen und den Mistgabeln steht‹. Obama habe kein Rückgrat gehabt und
sei ›eine Romanze mit diesen
obskuren Figuren aus der Finanzelite eingegangen‹. Der Philosoph bezeichnet den auch hierzulande bewunderten ersten
afroamerikanischen US-Präsident als Kriegsverbrecher. Das begründet er unter
anderem mit der von ihm genannten Zahl von 26.172 US-Bomben, die während Obamas
Amtszeit auf Menschen in anderen Ländern abgeworfen wurden. Die USA haben in den
Jahren von 2009 bis 2017 in fünf Ländern gleichzeitig Krieg geführt. Zudem sei
der von Bush begonnene Drohnen-Krieg ausgeweitet worden. Doch darüber werde in
den USA nicht gesprochen.
Das
Imperium hat nur das Gesicht gewechselt
Es gebe keinen
Beweis, dass Obama den Willen gehabt hätte, tatsächlich etwas an der US-Politik
zu ändern, so West. Der Trump-Vorgänger sei kein Kämpfer gewesen: ›Er weigerte sich, die Probleme des
US-Imperiums anzupacken‹. Der
ehemalige CIA-Analytiker Ray McGovern hatte 2015 in Berlin unter anderem
erklärt, dass Obama vor den mächtigen US-Geheimdiensten Angst habe. Er habe auf
Kritik aus progressiven US-Kreisen an seiner wenig fortschrittlichen Politik
2012 gesagt: ›Könnt Ihr Euch nicht
erinnern, was Martin Luther King passiert ist?‹
Er hätte auch an John F. Kennedy erinnern können, meinte McGovern und hatte
hinzugefügt: ›Es ist verständlich,
dass er Angst hat‹. ›Unter Obama‹, so West, ›waren die
USA weiterhin ein eskalierendes Masseneinkerkerungsregime, mit
überdurchschnittlich vielen armen Schwarzen und Latinos in den Gefängnissen‹. Der Unterschied zwischen dem
jetzigen US-Präsidenten und seinem Vorgänger lautet gemäss West: ›Während Obama das schwarze lächelnde
Gesicht des US-Imperiums war, ist Trump das weisse, grausame Gesicht das
amerikanischen Imperiums. Es bleibt also alles innerhalb der imperialistischen
Zone‹.
Quellen - auszugsweise -
[1] http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_19/LP02119_180219.pdf
18. 2. 19 Juan GuaidO, der Anführer des
Putsches in Venezuela, ist ein Geschöpf des Regime-Change-Labors der USA; Friedenspolitische
Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein
Original auf https://grayzoneproject.com/2019/01/29/the-making-of-juan-guaido-how-the-us-regime-change-laboratory-created-venezuelas-coup-leader/ 29. 1. 19
The Making of Juan Guaidó: How the US Regime Change Laboratory Created
Venezuela’s Coup Leader by Dan Cohen and Max Blumenthal
[2] ›der Freitag – Das Meinungsmedium‹, Ausgabe 8 /2019 https://www.freitag.de/
Original auf https://de.sputniknews.com/politik/20190227324128210-usa-obama-kriegsverbrechen/ 27. 2. 19
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