Geheimdienstchef des Pentagons: Der Iran will keinen Krieg - Von Jason Ditz 21.07.2019 21:20
Es wird die ganze Zeit über von einem US-Krieg mit dem Iran
gesprochen und es kommt zu ständigen
Eskalationen in der Rhetorik. Indessen sieht Generalleutnant Robert Ashley, der
Leiter der ›Defense
Intelligence Agency‹
›DIA‹, dem Geheimdienst des Pentagons,
Krieg als etwas, was niemand will und von dem er nicht glaubt, dass der Iran,
China oder Rußland
einen Krieg beginnen wollen. Ashley war im Hinblick auf einen möglichen Krieg unter
Bezugnahme auf öffentliche Erklärungen, dass ein solcher nur eine Frage der
Zeit sei, mehrmals bedrängt worden. Er sagte jedoch, dass ›das Ergebnis für alle sehr
schrecklich wäre‹,
und dass alle wissen, dass es am besten ist, ihn zu vermeiden, was sicherlich
im Einklang mit der von Präsident Trump überwiegend eingenommenen offiziellen
Haltung steht. Während der Präsident gelegentlich eine Zerstörung verspricht,
wie sie in der Menschheitsgeschichte noch nie gesehen wurde, erklärt er im allgemeinen,
dass die Vereinigten Staaten von Amerika keinen Krieg mit dem Iran anstreben
und auch keinen solchen Krieg wollen. Wenn der ›DIA‹-Chef in der Frage, dass auch der
Iran, China und Rußland keinen Krieg wollen, recht hat, wäre dies ein
sehr ermutigendes Zeichen. Natürlich besteht immer die Gefahr, durch Fehler in
einen Krieg zu stürzen, und angesichts einer Reihe von US-Kriegshetzern, die
immer noch auf einen solchen Krieg hoffen, sind die Risiken höher als normal.
Es bleibt die Hoffnung, dass sich kühlere Köpfe durchsetzen können. [1]
Alliierte, so der US-Journalist ferner,
widersetzen sich dem Ruf der USA nach einer Anti-Iran-Flotte: ›Niemand will
sich auf diesem Konfrontationskurs befinden‹.
Da die Spannungen zwischen den USA und dem Iran inzwischen weiter zugenommen
haben, versuchen amerikanische Regierungsvertreter weiterhin, Alliierte zu
umwerben, damit sie sich einer Seestreitmacht anschließen, um wichtige
Schifffahrtswege vor der Küste des Irans zu sichern. Bislang haben sie jedoch keine
Mitmacher gefunden. Zwar sind einige Länder damit einverstanden, ein paar
Schiffe zur Eskorte ihrer eigenen Tanker zu schicken, aber Diplomaten sagen,
dass es viel Widerstand gibt, wenn sie als Teil einer von den Vereinigten
Staaten von Amerika gebildeten Flotte betrachtet würden, was die Spannungen
noch weiter erhöhen würde. [2]
Abzuwarten bleibt im Moment, wie sich die
Lage in der Straße
von Hormus entwickelt: Die erste Provokation gegen den Iran erfolgte durch britische
Truppen, die am 4. 7. vor der Küste Gibraltars einen iranischen Tanker kaperten,
angeblich weil dieser gegen die international verhängten Sanktionen gegen
Syrien verstieß,
da er auf dem Weg dortin war. Teheran forderte die sofortige
Freigabe des Schiffes und der Besatzung und betonte, dass das Öl nicht
nach Syrien geliefert werden sollte. In der Folge behauptete die britische
Regierung am 11. 7., dass drei iranische Schiffe versucht hätten, einen
britischen Öltanker im Persischen Golf zu kapern, was durch die Intervention
eines britischen Kriegsschiffs verhindert worden sei. Diese Episode bestritt der
iranische Außenminister und beschuldigte die britische Regierung, Spannungen gezielt
zu schüren.
Am 18. 7. hat der Iran nach eigenen
Angaben einen ausländischen Öltanker im Persischen Golf festgesetzt und die
Besatzung festgenommen. Der Vorwurf lautete auf illegalen Ölschmuggel. Die
iranischen Revolutionsgarden (›IRGC‹) hätten
den Tanker mit angeblich einer Million Liter geschmuggeltem Öl in der Nähe der
Straße
von Hormus gestoppt und die zwölf ausländischen Crew- Mitglieder verhaftet, wie
auf dem Webportal der ›IRGC‹ am 18. 7. berichtet wurde. Am 20.
Juli stoppten die Revolutionsgarden nach eigenen Angaben einen unter britischer
Flagge fahrenden Öltanker, während London bestätigte, dass auch noch ein
zweiter Tanker vom Iran aufgebracht worden sei.
Was nun den von den Briten gestoppten iranischen
Öltanker ›Grace
1‹ angeht, so liegt
dieser noch immer an der Kette und wird aus dem britischen Überseegebiet auch weiterhin
nicht auslaufen können, da der Oberste Gerichtshof von Gibraltar beschlossen
hat, das Schiff für weitere 30 Tage festzusetzen. Der Tanker hat rund 2
Millionen Liter Öl an Bord. Teheran wies die Beschuldigungen Gibraltars unmittelbar
zurück und sprach von einem Akt der Piraterie.
Seit dem Ausstieg Washingtons aus dem
internationalen Atomabkommen mit Teheran im Mai 2018 gibt es zunehmende
internationale Spannungen. US-Präsident Donald Trump will sich nun eng mit Großbritannien
abstimmen. »Wir werden mit dem Vereinigten
Königreich sprechen«, sagte Trump am 19.
Juli vor Journalisten und fügte hinzu, er werde mit der Regierung in London zusammenarbeiten.
Nicht, dass der Iran aus dem INF-Vertrag
ausgestiegen wäre, nein, es war Washington. Dessen ungeachtet ist es erneut der
Iran, der Trumps Worten zufolge »nichts
als Ärger macht«.
Wie auf ›Réseau
Voltaire‹
berichtet, war der unter panamaischer Flagge fahrende Tanker ›Grace 1‹
von der Royal Navy am 4. 7. durchsucht
worden, ein Vorgang, der gegen das Völkerrecht, das die freie Fahrt in der Meeresenge
gewährleistet, verstößt. Die Begründung hierfür lieferte das British Empire
eben mit dem Verdacht, dass dieser Öl nach Syrien transportierte. Der
nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, beliebte diese Operation als
›gute Nachricht‹ zu qualifizieren. Indessen hat
Spanien, das die britische Legitimität auf seine Kolonie von Gibraltar nicht
anerkennt, das Vorgehen verurteilt und ist im Begriff, die Folgen zu
untersuchen, die dies bezüglich seiner Souveränität haben könnte; Spanien
bezeichnete das Vorgehen der Briten als eine von den Vereinigten Staaten
gesponserte Operation, was London bestritten hat. Was sich offensichtlich nicht
in den Tagesmedien fand, ist der Fakt, dass der ehemalige Kommandant der
Revolutionsgarden, Mohsen Rezaei, sein Land dazu aufforderte, eine
entsprechende Vergeltungsmaßnahme gegen ein britisches Schiff zu ergreifen, so
dass die vier Boote der Revolutionsgarden das britisches
Schiff von BP, die ›British
Heritage‹,
ein paar Stunden später in der Straße von Hormus anhielten. Der
Tanker wurde nicht bestiegen, so dass nicht dem internationalen
Recht entgegen gehandelt wurde, es wurde lediglich damit gedroht. Nachdem sich
die britische Eskorte-Fregatte HMS ›Montrose‹ zum Kampf bereit erklärt hatte,
liess man den Tanker seinen Weg fortsetzen. [3]
Die Zunahme der Spannungen in der
Golfregion, schreibt Thierry Meyssan, ist ein gefährliches Spiel, das jeden
Moment schiefgehen kann. Das US-iranische Duell hat sich seit der Ankunft von
Donald Trump im Weißen Haus im Januar 2017 geändert, aber die iranische Antwort
kann nur unter Berücksichtigung vorheriger Episoden und deren Umkehrungen
verstanden werden. Präsident George Bush hatte alles getan, was in seiner Macht
stand, um nach dem Krieg gegen den Irak einen Krieg gegen den Iran zu beginnen.
Er wollte die systematische Zerstörung der staatlichen Strukturen des ›erweiterten Nahen Ostens‹ im Einklang mit der Rumsfeld-Cebrowski-Strategie
weiter vorantreiben, woran ihn die Baker-Hamilton-Kommission 2006 das erste Mal
hinderte. Die US-Oberschicht fand die ›Investitionsrendite‹ nicht schnell genug, um einen ›Krieg ohne Ende‹ zu unterstützen. Das zweites Mal war es der
Kommandeur des ›CentCom‹, Admiral William Fallon, der
begonnen hatte, mit Mahmoud Ahmadinedschad über die Stabilisierung des Iraks zu
diskutieren, der sich Bush widersetzte (2007 / 08). Letztlich gab Vizepräsident
Dick Cheney Israel die Anweisung, georgische Flughäfen zu mieten, um, ohne im
Flug zwischentanken zu müssen, den Iran direkt mit Flugzeugen zu bombardieren.
Aber es war Rußland,
das in den frühen Morgenstunden des Kriegs in Südossetien im August 2008 die
israelischen Bomber auf dem Boden festnagelte.
Bei seiner Ankunft im Weißen Haus
versuchte Barack Obama die gleiche Strategie zu verfolgen, jedoch in einer
weniger brutalen Art und Weise. Wie Bush und Cheney war er überzeugt, schnell handeln
zu müssen, um das iranische Öl zu beschlagnahmen, weil diese Naturschätze der
Weltwirtschaft der ›Peak
Oil‹ -
Theorie zufolge bald fehlen würden. Statt einen neuen Krieg zu starten, den die
US-Öffentlichkeit nicht wünschte, befürwortete er 2009 Demonstrationen zum Sturz
seines iranischen Amtskollegen. Nach dem Scheitern dieser ›farbigen Revolution‹ gegen
Ahmadinedschad führte er im März 2013 in Oman Gespräche mit den seit der Revolution von Imam Ruhollah Khomeini
als reguläre Partner Washingtons geltenden Politikern, d.h. mit dem Clan von
Hashemi Rafsandschani und besonders mit Scheich Hassan Rohani, der der erste
iranische Kontakt während der Iran-Contra-Affäre gewesen war. Als dieser 2013 Präsident
wurde, begann er unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Verbreitung von
Kernwaffen sofort Verhandlungen von Staat zu Staat, um den mittleren Osten
zwischen den Saudis und den Iranern zu teilen. Im Beisein der Großmächte wurde in der Schweiz ein Vertrag ausgehandelt, der aber
erst im Jahr 2015 unterzeichnet wurde. Der Iran erhielt das Recht, sein Öl
erneut zu exportieren, um seine Wirtschaft wieder anzukurbeln.
Allmählich normalisierten sich die
Beziehungen zwischen den beiden Staaten, bis Donald Trump 2017 US-Präsident
wurde; sein Ziel war ganz anders: Das Weiße Haus glaubte nicht mehr, dass es an
Öl mangeln würde, sondern war vielmehr davon überzeugt, dass es auf dem Markt
zuviel davon gäbe; er verfolgte die imperiale Politik seiner Vorgänger nicht
weiter, sondern kümmerte sich nur darum, Geld zu verdienen. Anstatt seine
Vorherrschaft im Nahen Osten zu organisieren, wollte er das Angebot auf dem
Weltmarkt einschränken, um die Preise für Rohöl auf dem Rentabilitätsniveau des
US-Schieferöls zu halten. Die Vereinigten Staaten ermutigten 2017/2018 Demonstrationen
gegen die religiös-politische Klasse und annullierten dann 2018 den
Kernenergievertrag.
Seitdem scheint der Iran wie gelähmt. Im
Gegensatz zu den Politikern sind die Kleriker starr und einer Selbstkritik
unfähig. Gott, den sie auf Erden darstellen, kann sich nicht irren. Deshalb ist
die iranische Theokratie im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Meinung eine
hervorragende Händlerin, aber eine schlechte Diplomatin. Der Iran - so sieht es Meyssan - verweigert jegliches Verhandlungsangebot der
USA und wartet verzweifelt auf die Rückkehr der Demokraten in Washington; eine
gefährliche Wette, insoweit Donald Trump für weitere vier Jahre gewählt werden
könnte und die iranische Wirtschaft am Abgrund stünde.
Diese Lähmung hindert den Iran daran,
Provokationen zu planen, wie Washington und London sie ihm zuschreiben, zumal
Angriffe gegen westliche Interessen seine künftigen Beziehungen mit den
US-Demokraten gefährden würden. Allen Widrigkeiten zum Trotz wird Trumps
Methode in diesem Fall nicht zum Ziel führen. Die persische Kultur ist die der
Miniaturen. Das Einzigartige daran ist, dass die Iraner das Volk sind, das sehr
lange Qualen ertragen kann, um zu triumphieren. [4]
[1]
http://antikrieg.com/aktuell/2019_07_21_geheimdienstchef.htm 21. 7. 19
[2]
http://antikrieg.com/aktuell/2019_07_20_alliierte.htm 19. 7. 19
[3]
https://www.voltairenet.org/article206980.html 11. 7. 19 Vereinigtes Königreich /Iran: ›Grace 1‹ und ›British
Heritage‹
[4] https://www.voltairenet.org/article206736.html 18. 7. 19 Der gelähmte Iran - Von
Thierry Meyssan
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