Katastrophengewitter über dem Tienshan - ist jetzt China dran? - Von Willy Wimmer 08.09.2019 20:51
Nach den Worten des ehemaligen deutschen Verteidigungsministers
Peter Struck sollte Deutschland am Hindukusch verteidigt werden. Aussprüche
dieser Art lassen nur den Schluss zu, dass in Deutschland nur jemand dieses Amt
übernehmen kann, der in der Lage ist, sich mühelos in die amerikanische globale
Kriegsplanung einzupassen. Die Konsequenzen von diesem Geschwätz: Über 10
Milliarden Euro in den Wüsten Afghanistans verschleudert. Dieses Geld fehlt
unserem Land und seinen Menschen in der gleichen Weise wie die Milliarden, die
der illegale Merkel-Zuzug aus anderen Teilen der Welt jährlich verschlingt,
auch weil die NATO es nicht lassen kann, andere Länder platt zu bomben.
Es ist aber nicht nur das Geld für den sinnlosen und
herbeigelogenen Krieg in Afghanistan. Die Taliban als amerikanische
Banden-Gründung stehen vor der Machtübernahme. Wenn, was zu vermuten ist, die
Amerikaner zunächst und alleine an sich denken, dann wird die Bundeswehr nicht
ausgeflogen. Heute sperrt angeblich sogar Aserbaidschan seinen Luftraum für
deutsche Flugzeuge mit Ziel Afghanistan. Dann kann man nur hoffen, dass die
Brücke bei Termez zwischen Afghanistan und Usbekistan noch heil ist und die deutschen
Soldaten sich durchschlagen können oder von der russischen Armee gerettet
werden. Das Schlimmste ist darin zu sehen, dass für diesen herbeigelogenen
Krieg deutsche Soldaten für nichts und wieder nichts ihr Leben gelassen haben.
Wir sollten uns allerdings damit vertraut machen, dass
es nicht nur um den Kriegseinsatz mit den fürchterlichen Massenverbrechen durch
Amerikaner und ihre örtlichen Verbündeten zu Kriegsbeginn geht. Die deutschen
Truppen sind in der unmittelbaren Nähe des grössten Konfliktherds, mit dem wir
es zu tun haben, und der in dieser Region mit den Ländern China und den USA in
Verbindung zu bringen ist. Es geht um die chinesische Provinz Singkiang mit
ihrer geradezu imperialen Hauptstadt Urumchi, Zentrum der Uiguren und anderer
Turkvölker. Es mehren sich die gross aufgezogenen Berichte in der ›Netzwerk-Presse‹ internationalen Zuschnitts über das, was die chinesische
Regierung den lokalen Mehrheitsbürgern zufügt. Wenn es der Berichterstattung um
die Menschen gehen würde, müsste man den Hut ziehen - politisch gesehen.
Geht es aber darum? Das muss und darf bezweifelt
werden, weil diese Umstände im westlichen Sinn instrumentalisiert werden. Vor
30 Jahren, bei der Auflösung der Sowjetunion, drohten an der Westgrenze zu
China kriegerische Auseinandersetzungen im Globalmassstab. Das Tienshan-Gebirge
teilt geradezu die Siedlungsgebiete jener Turkvölker, die westlich des Gebirges
mit Kasachstan u.a. ihre Nationalstaaten schaffen konnten, im Osten aber weiter
unter chinesischer Herrschaft standen. Die neu geschaffenen Staaten standen vor
der Frage, über eine ›Heim-ins-Reich‹-Politik für ihre Landsleute unter
chinesischer Herrschaft den grossen Krieg zu initiieren, oder es mit Frieden,
Ausgleich und Kooperation zu versuchen. Es war die Aufgabe des ungewöhnlich
geschickten kasachischen Präsidenten Naserbajev, dies mittels der
Strukturprinzipien der KSZE, die eben erst in Europa geradezu Wunder bewirken
konnte, zu versuchen.
Ich konnte bei allen Vorbereitungsgesprächen für eine ›KSZAsien‹ dabei sein und aus erster Hand erfahren, mit welcher
Obstruktionspolitik die Vereinigten Staaten zu verhindern versuchten, dass in
diesem Teil der Welt eine friedensstiftende Organisation in der Art der KSZE
geschaffen würde. Dennoch ist heute die daraus hervorgegangene ›Shanghai Kooperation‹ die grösste und wirksamste regionale Sicherheitsorganisation unter dem Dach des
Regelwerks der UNO. Einer UNO, die sich an ihr eigenes Regelwerk hält und nicht
versucht, den Umsturz über Migration
global zu planen. Der Machtwechsel in Kasachstan von Präsident Naserbajev zu
Präsident Tokaijev vor einigen Wochen hat deutlich gemacht, dass sich
Kasachstan diesen Überlegungen weiter verpflichtet fühlt. Ich konnte den klugen
Diplomaten Tokaijev in den Jahren der genannten Vorbereitungskonferenz für die ›Shanghai Kooperation‹ erleben, und man kann diese
Organisation in der Praxis getrost als sein diplomatisches Meisterwerk
bezeichnen. Kein Wunder, dass BBC und andere ihn wegen der angeblichen
Wahlumstände aufs Korn genommen haben. Er stört das angelsächsische Spiel ganz
gewaltig. Und China ist auf der Hut, nachdem britische Kolonialflaggen - für die ganze Welt sichtbar - durch Demonstranten im Parlament geschwenkt
wurden.
Wie Russland auch, weiss China um die angelsächsische
Planung, das uns heute als China bekannte Land in acht neue Staaten
aufzuspalten.
Man kann darauf schliessen, dass bei einer Intensivierung
des ›Seidenstrassen-Projekts‹ durch China die Versuche auf dem
euro-asiatischen Kontinent zunehmen werden, China und der ›Shanghai-Kooperation‹
einen Strich durch die Rechnung zu machen.
Es ist lange her, dass deutsche Forscher an der
Seidenstrasse waren, die in Berlin zu einer eigenständigen Beurteilung der Lage
beitragen konnten. Heute kommt das Berliner Denken aus den Garküchen in Brüssel
und Washington.
Quelle:
Zeit-Fragen Nr. 18 vom 13. 8. 19
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