Abstimmungskomitee: »Nein zu diesem Zensurgesetz! «

Die erweiterte Rassismus-Strafnorm kollidiert mit Meinungs-,

Gewissens- und Gewerbefreiheit, wie dies durch das Rechtsgutachten von Rechtsanwältin Prof. Dr. Isabelle Häner bestätigt wird.  [1]

Bekanntlich stimmt die Schweiz am 9. Februar 2020 über die Erweiterung der Rassismus-Strafnorm um das Kriterium der sexuellen Orientierung ab. Das fertige, 50 Seiten umfassende Gutachten liegt auch der Schweizerzeit vor. Die Erkenntnisse sind brisant und besorgniserregend. Wenn jetzt kein Ruck durch alle bürgerlich-christlichen Kreise geht, ist Hopfen und Malz verloren.  

Das sachlich, nüchtern und hochprofessionell erarbeitete Gutachten von Frau Prof. Häner und ihrem Team gibt dem Abstimmungskomitee Anlass zu Befürchtungen, denn genau die Erweiterung um das Kriterium der sexuellen Orientierung kriminalisiert unter Umständen aus Gewissensgründen verweigerte Leistungen und schränkt das Feld des Sagbaren noch mehr ein. Die Folgen: Noch mehr kontraproduktive Verwirrung und Rechtsunsicherheit: Beides Gift für eine plurale, auf Meinungsvielfalt basierende Demokratie.

Gravierende Einschnitte

Besonders gravierend wären laut dem Gutachten die zu erwartenden Einschnitte in die Gewissens-, Glaubens- und Gewerbefreiheit durch Abs. 5 der Strafnorm [Leistungsverweigerung]. Eine Organisation für Adoptionsvermittlung, die ihre Dienstleistungen nur heterosexuellen Paaren anbieten will, weil sie die Ansicht vertritt, dass Kinder idealerweise einen Vater und eine Mutter brauchen, müsste demnach ebenso mit strafrechtlichen Konsequenzen rechnen wie eine Partnervermittlungsplattform, bei der man nur nach Partnern des entgegensetzten Geschlechts suchen kann. Der Konditor, der aus Gewissensgründen keine Torte für eine gleichgeschlechtliche Hochzeitsfeier backen möchte, könnte genauso ins Visier der Strafverfolgung geraten wie die Kirchgemeinde, die einen Organisten, Sakristan oder Seelsorger nicht anstellen will, weil er in einer eingetragenen Partnerschaft lebt, und diese Lebensweise dem Ethos der betreffenden Kirche widerspricht.

Grundlegende Mängel

Frau Prof. Häner macht auch auf grundlegende Mängel der Rassismus-Strafnorm sowie auf die beträchtliche Ungewissheit aufmerksam, die mit der Erweiterung einher käme: »Es ist festzuhalten, dass auch die erweiterte Version von Art. 261bis StGB ….. in gesetzestechnischer Hinsicht nicht überzeugt; denn insbesondere die potentiellen Konflikte mit Grundrechten wie der Meinungsfreiheit oder auch der Glaubens- und Gewissensfreiheit erforderten eine äusserst präzise Formulierung von Art. 261bis StGB. Im Hinblick auf die Erweiterung des Strafartikels durch das Merkmal der sexuellen Orientierung stellt sich sodann die Frage, ob, wo und wie sich der Staat in Glaubensdogmen der Kirchen einmischen können soll«. Bezogen auf den konkreten Fall eines Konditors geht Häner davon aus, dass die Ablehnung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus Gewissensgründen nicht als sachlicher Grund für eine Leistungsverweigerung gelten dürfte, »zumal ansonsten Artikel 261 bis Abs. 5 StGB mit Berufung auf das Gewissen vollständig ausgehebelt werden könnte«.

Einschränkung der Meinungsäusserungsfreiheit

Häner zufolge müsste beispielsweise auch der Bischof von Sion, Jean-Marie Lovey, für seine 2015 in einem Zeitungsinterview gemachte Äusserung, Homosexualität sei eine Schwäche der Natur, die geheilt werden kann, unter Umständen künftig mit einer Verurteilung rechnen, vorausgesetzt, es kann ihm der Vorsatz nachgewiesen werden. Dann wäre möglicherweise die Strafbarkeit nicht nur wegen einfacher Diskriminierung nach Absatz 4 gegeben, sondern auch wegen öffentlicher Verbreitung einer Ideologie, die auf die systematische Herabsetzung der Angehörigen einer sexuellen Orientierung ausgerichtet ist (Absatz 2). Ungeachtet dessen, ob man die Haltung des Bischofs teilt oder nicht: Für das Abstimmungskomitee ist die Vorstellung, dass der besagte kirchliche Würdenträger für diese im Kontext des Interviews in keiner Weise herabsetzend gemeinte Äusserung strafrechtlich verurteilt werden könnte, insbesondere für all jene, die wissen, wieviel Wertschätzung dieser Bischof jedem Menschen ungeachtet der sexuellen Orientierung entgegenbringt, eine Ungeheuerlichkeit. 

Die weiteren im Gutachten geschilderten Fälle zur Meinungsäusserungsfreiheit zeigen ferner, wie gross der Ermessenspielraum des Richters ist, ob er diese oder jene Äusserung als strafwürdig taxiert oder nicht. Dies vermag aufzuzeigen, dass Art. 261bis StGB dem strafrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz nulla poena sine lege certa nicht gerecht wird.

All jene, die im politischen Tiefschlaf vor sich hindösen und dieser Abstimmung zu wenig Beachtung schenken, seien gewarnt: Wer nicht für einen möglichst hohen Nein-Anteil kämpft, muss sich nicht beklagen, wenn gläubige Christen ab nächstem Februar en masse mit Klagewellen überzogen werden und die freie thematische Auseinandersetzung auf Jahre hinaus vergiftet wird.

Frau Prof. Häner  - eine renommierte Rechtsanwältin mit freisinnigem Parteibuch, die seit Jahren für eine hochangesehene Kanzlei arbeitet -   wurden 38 tatsächlich vorgekommene sowie fiktive Fälle zur Beurteilung vorgelegt, die sie mit ihrem Team streng wissenschaftlich, betont nüchtern und sachlich beurteilt hat. Als ausgewiesene Kapazität in Strafrechtsfragen kann Frau Prof. Häner keinerlei Befangenheit angedichtet werden, was das Gewicht des Rechtsgutachtens verstärkt und es umso wertvoller und aussagekräftiger macht.

  

[1]  Stiftung Zukunft CH

https://zensurgesetz-nein.ch/rechtsgutachten-bestaetigt-erweiterte-rassismus-strafnorm-kollidiert-mit-meinungs-gewissens-und-gewerbefreiheit/ 
27. 11. 2019   
Siehe auch 
https://sonderrecht-nein.ch/ und https://zensurgesetz-nein.ch/