Zum Geschehen im Iran

Nur vier Stunden nachdem die iranischen Revolutionsgarden den für

den US-Mord an Generalmajor Qassem Soleimani angekündigten Vergeltungsschlag durchgeführt hatten  - bei diesem wurden 22 ballistische Raketen auf zwei US-Militärbasen im Irak abgefeuert -  startete die Maschine der Ukrainischen Internationalen Fluglinie gegen 6 Uhr morgens auf dem Internationalen Imam Chomeini Flughafen bei Teheran. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Luftabwehr des iranischen Militärs und der Revolutionsgarden im ganzen Land auf höchster Alarmstufe, da Präsident Trump bereits den Angriff auf 52 Ziele im Iran angedroht hatte. Laut Brigadegeneral Amir Ali Hajizadeh von der Luftwaffe der Iranischen Revolutionsgarden seien um den Iran herum erhöhte US-amerikanische Flugbewegungen registriert worden: Es habe Anzeichen gegeben, dass die US-Armee Marschflugkörper gegen den Iran einsetzen würde.

Die betroffene Flugabwehrstellung sei in der Nähe einer iranischen Militärstellung westlich von Teheran gelegen. Wiederholt habe man von dort gefordert, alle Flüge in der Umgebung von Teheran in der Nacht einzustellen. Der Verantwortliche an der Flugabwehrstellung habe dann auf seinem Warnsystem einen Marschflugkörper identifiziert, der sich 19 km entfernt befand - mit Kurs auf die Militärstellung. Den militärischen Regeln entsprechend habe der Verantwortliche bei der übergeordneten Stelle angerufen, um zu hören, wie er mit der scheinbaren Bedrohung umgehen soll, das Kommunikationssystem sei jedoch blockiert gewesen. Ihm seien nur 10 Sekunden geblieben, um zu entscheiden, ob er schiessen oder das Flugobjekt ignorieren sollte; dann habe er die falsche Entscheidung getroffen. Eine Kurzstreckenrakete sei gegen den vermeintlichen feindlichen Marschflugkörper gestartet worden; sie sei neben dem Flugzeug explodiert. Der UAI-Pilot habe vermutlich versucht, dem Geschoss auszuweichen und sei dabei abgestürzt.

Nach mehreren entschiedenen Dementis, dass der unmittelbar nach dem Start erfolgte Absturz der Maschine dem Iran anzulasten sei, räumte dieser zuletzt doch ein, dass sein Land sehr wohl für den Absturz der Passagiermaschine verantwortlich ist, da sie vom iranischen Militär unabsichtlich abgeschossen wurde. In einer Mitteilung des iranischen Militärs heisst es, nach der gezielten Tötung von General Ghassem Soleimani durch die USA und nach den eigenen Vergeltungsangriffen habe man in höchster Bereitschaft gestanden. Die Passagiermaschine sei versehentlich für ein feindliches Ziel gehalten worden, weil sie Kurs in Richtung eines iranischen Militärstützpunktes genommen habe. Die iranischen Luftabwehrsysteme identifizierten den Passagierjet jedenfalls fälschlicherweise als Marschflugkörper.

Der Kommandant der Flugabwehreinheit hatte demnach nur 10 Sekunden Zeit, um die Entscheidung zu treffen. Wie Hajizadeh ferner sagte, habe sich der Vorfall deswegen ereignet, weil das Land auf mögliche US-Schläge vorbereitet sei und die Wahrscheinlichkeit eines Konflikts zwischen den beiden Nationen seit der islamischen Revolution von 1979 beispiellos sei.

Präsident Hassan Ruhani schrieb auf Twitter: »Die Islamische Republik des Irans bedauert diesen katastrophalen Fehler zutiefst«, und der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif entschuldigte sich für den folgenschweren Vorfall. Jedenfalls muss den Vereinigten Staaten, wie dies auch Sarif erklärt hat, eine Mitschuld an dem Absturz angelastet werden, da dieser Fehler genau in der Krise passiert ist, die durch das Abenteurertum der USA verursacht wurde. Nur dadurch sei es zu diesem Desaster gekommen.

Indessen heisst es aus Washington, dass man ausser Soleimani noch einen weiteren iranischen Kommandeur gezielt töten wollte, dies im Jemen. Es handelt sich dabei um den Iraner Abdul Reza Shahlai, der Soleimani unterstellt war. Diese Aktion schlug jedoch fehl.

Der iranische UNO-Botschafter in Genf, Esmaiel Baghaie Hamaneh, hat zu der Eskalation zwischen dem Iran und den USA wie folgt Stellung genommen: Wie er erklärt, war Soleimani ein aktiver Kämpfer gegen den Terror und den Islamischen Staat, wodurch er viel zur Sicherheit Europas beigetragen hätte; es sei bizarr, ihn als Terroristen zu bezeichnen. Der Diplomat äusserte ferner die Meinung, dass die Ermordung von Soleimani für die Menschen im Nahen Osten ein Weckrufsei. Er hofft, dass man die US-Präsenz in der Region bald loswerde, da sie ausser Elend, Krieg und Hass nichts gebracht habe. In letzterem ist ihm vorbehaltslos beizupflichten.

Am gestrigen Samstag fand vor der Scharif-Universität in Teheran eine Mahnwache bei Kerzenlicht für diejenigen statt, die bei dem Flugzeugabsturz ihr Leben verloren. Wie der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am 10. Januar in Kiew sagte, habe er mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani ein Telefongespräch geführt, in dem sich dieser bereit erklärte, die Leichen der Opfer so schnell wie möglich in die Ukraine zurückzubringen. »Wir waren uns einig, dass sich niemand der Verantwortung entziehen wird«, betonte Selenskij.  Ukrainische Experten haben Zugang zu den Überresten des Flugzeugs, zu Flugdaten-, Radar- und Fluglotsenaufzeichnungen aus dem Flugkontrollzentrum erhalten. Das iranische Aussenministerium hat eine spezielle Taskforce eingerichtet, die konsularische Unterstützung für die Angehörigen derer bietet, die in der ukrainischen Boeing zu Tode kamen, erklärte der Sprecher Abbas Mousavi diesen Sonntag. 

Wie Karin Leukefeld ausführt, »hat US-Präsident Donald Trump den Befehl zur Ermordung des populären und einflussreichen iranischen Militärs persönlich erteilt. Verschiedenen Quellen zufolge soll er zuvor von Vizepräsident Mike Pence und Aussenminister Mike Pompeo erheblich unter Druck gesetzt worden sein. Beide Politiker gelten als Israel besonders nahestehend und sehen im Iran den Erzfeind nicht nur der USA, sondern vor allem Israels, mit dem sie eng verbündet sind. Auch Trump hat engste Kontakte zum umstrittenen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Gleichzeitig ist eines der wichtigsten Wahlversprechen Trumps, die US-Truppen von den Kriegs- und Krisenschauplätzen des Nahen und Mittleren Ostens zurückzuziehen«.

Der American Herald Tribunezufolge befinden sich die USA, wie dies der ehemalige CIA-Offizier Philip Giraldi am 4. Januar darlegt hat, »mit dem Iran jetzt im Krieg. Ein Konflikt, der leicht verhindert werden können hätte, der aber  nicht mehr gut enden wird. Keine  Seite wird den Krieg erklären, aber es wird Vergeltungsmassnahmen geben. Teheran wird seine Stellvertreter für begrenzte Schläge einsetzen. Da der Iran über signifikante regionale Mittel verfügt, kann man erwarten, dass die gesamte Golfregion destabilisiert wird. Kein amerikanischer Diplomat, kein Soldat, schon gar kein Tourist, wird mehr sicher sein in dieser Region. Donald Trump kam 2016 mit dem Versprechen an die Macht, Amerikas sinnlose Kriege im Mittleren Osten zu beenden. Jetzt steht er als Lügner vor der Nation. Wenn der Irak die US-Truppen tatsächlich ausweisen wird, wird es für die USA schwierig sein, ihre Militäreinheiten in Ostsyrien zu unterhalten. Es kann durchaus eintreten, dass andere arabische Staaten dem irakischen Beispiel folgen werden. Mit Sicherheit wird das alles in einem Debakel enden. Es könnte gut sein, dass nach Afghanistan, Syrien und Libyen nun das lang erwartete Ende des imperialen Amerikas kommt. Hoffen wir es«.

Zu dem iranischen Vergeltungsschlag konstatierte Paul Craig Roberts: »Obwohl die iranischen Raketen niemanden getötet haben, haben sie Israel gezeigt, dass sie punktgenau operieren. Da Israel ein kleines Land ist, hat die Treffsicherheit der iranischen Raketen möglicherweise Israels Meinung über die Provokation eines Krieges geändert. Wenn Israel sich ebenfalls zurückhält, ist die Krise vielleicht vorbei«.

Inzwischen ist bekannt geworden, dass sich der ermordete iranische General Soleimani auf einer Friedensmission befand. Der irakische Premierminister Abdul-Mahdi hat erklärt, Soleimani habe sich an seinem Todestag mit ihm treffen wollen, um über eine diplomatische Annäherung zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zu sprechen, die der Irak vermitteln wollte. US-Präsident Trump soll das sogar gewusst haben. Dass die USA für mögliche Angriffe gegen den Iran sechs atomwaffenfähige B-52-Langstreckenbomber auf die britische Insel Diego Garcia verlegt haben, ist der US-Militärzeitung STARS AND STRIPES zu entnehmen.  


Quellen: 

https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/96689-eskalation-westlicher-staaten-und-medien/   11. 1. 20  Karin Leukefeld

https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/iran-gibt-abschuss-des-ukrainischen-flugzeugs-zu,RnF3mkT    11. 1. 20

https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/96677-iranischer-un-botschafter-us-prasenz-bringt-elend-und-krieg/   11. 1. 20 

https://deutsch.rt.com/kurzclips/96722-selenskij-niemand-wird-sich-verantwortung/   12. 1. 2
http://antikrieg.com/aktuell/2020_01_08_derstand.htm   8. 1. 20
Der Stand der Irankrise

http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_19/LP00420_120120.pdf Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein
LP 004/20 – 12.01.20

https://www.stripes.com/news/pacific/six-b-52-bombers-heading-to-indian-ocean-island-amid-iran-tensions-report-says-1.613744