Zum Geschehen im Iran 12.01.2020 23:22
Nur vier Stunden nachdem die iranischen Revolutionsgarden den für
den
US-Mord an Generalmajor Qassem Soleimani angekündigten Vergeltungsschlag durchgeführt
hatten - bei diesem wurden 22
ballistische Raketen auf zwei US-Militärbasen im Irak abgefeuert - startete die Maschine der Ukrainischen Internationalen
Fluglinie gegen 6 Uhr morgens auf dem Internationalen Imam Chomeini Flughafen
bei Teheran. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die Luftabwehr des iranischen
Militärs und der Revolutionsgarden im ganzen Land auf höchster Alarmstufe, da Präsident
Trump bereits den Angriff auf 52 Ziele im Iran angedroht hatte. Laut Brigadegeneral
Amir Ali Hajizadeh von der Luftwaffe der Iranischen Revolutionsgarden seien um
den Iran herum erhöhte US-amerikanische Flugbewegungen registriert worden: Es
habe Anzeichen gegeben, dass die US-Armee Marschflugkörper gegen den Iran
einsetzen würde.
Die
betroffene Flugabwehrstellung sei in der Nähe einer iranischen Militärstellung
westlich von Teheran gelegen. Wiederholt habe man von dort gefordert, alle
Flüge in der Umgebung von Teheran in der Nacht einzustellen. Der
Verantwortliche an der Flugabwehrstellung habe dann auf seinem Warnsystem einen
Marschflugkörper identifiziert, der sich 19 km entfernt befand - mit Kurs auf
die Militärstellung. Den militärischen Regeln entsprechend habe der
Verantwortliche bei der übergeordneten Stelle angerufen, um zu hören, wie er
mit der scheinbaren Bedrohung umgehen soll, das Kommunikationssystem sei jedoch
blockiert gewesen. Ihm seien nur 10 Sekunden geblieben, um zu entscheiden, ob
er schiessen oder das Flugobjekt ignorieren sollte; dann habe er die falsche
Entscheidung getroffen. Eine Kurzstreckenrakete sei gegen den vermeintlichen
feindlichen Marschflugkörper gestartet worden; sie sei neben dem Flugzeug
explodiert. Der UAI-Pilot habe vermutlich versucht, dem Geschoss auszuweichen
und sei dabei abgestürzt.
Nach
mehreren entschiedenen Dementis, dass der unmittelbar nach dem Start erfolgte
Absturz der Maschine dem Iran anzulasten sei, räumte dieser zuletzt doch ein, dass
sein Land sehr wohl für den Absturz der Passagiermaschine verantwortlich ist,
da sie vom iranischen Militär unabsichtlich abgeschossen wurde. In einer Mitteilung
des iranischen Militärs heisst es, nach der gezielten Tötung von General Ghassem
Soleimani durch die USA und nach den eigenen Vergeltungsangriffen habe man in
höchster Bereitschaft gestanden. Die Passagiermaschine sei versehentlich für
ein ›feindliches Ziel‹ gehalten worden, weil sie Kurs in
Richtung eines iranischen Militärstützpunktes genommen habe. Die iranischen
Luftabwehrsysteme identifizierten den Passagierjet jedenfalls fälschlicherweise
als Marschflugkörper.
Der
Kommandant der Flugabwehreinheit hatte demnach nur 10 Sekunden Zeit, um die
Entscheidung zu treffen. Wie Hajizadeh ferner sagte, habe sich der Vorfall deswegen
ereignet, weil das Land auf mögliche US-Schläge vorbereitet sei und die Wahrscheinlichkeit
eines Konflikts zwischen den beiden Nationen seit der islamischen Revolution
von 1979 beispiellos sei.
Präsident
Hassan Ruhani schrieb auf Twitter: »Die
Islamische Republik des Irans bedauert diesen katastrophalen Fehler zutiefst«,
und der iranische Aussenminister Mohammed Dschawad Sarif entschuldigte sich für
den folgenschweren Vorfall. Jedenfalls muss den Vereinigten Staaten, wie dies auch
Sarif erklärt hat, eine Mitschuld an dem Absturz angelastet werden, da dieser
Fehler genau in der Krise passiert ist, die durch das ›Abenteurertum der USA‹ verursacht wurde. Nur dadurch sei es zu
diesem Desaster gekommen.
Indessen
heisst es aus Washington, dass man ausser Soleimani noch einen weiteren
iranischen Kommandeur gezielt töten wollte, dies im Jemen. Es handelt sich dabei
um den Iraner Abdul Reza Shahlai, der Soleimani unterstellt war. Diese Aktion
schlug jedoch fehl.
Der iranische UNO-Botschafter in Genf, Esmaiel Baghaie
Hamaneh, hat zu der Eskalation zwischen dem Iran und den USA wie folgt Stellung
genommen: Wie er erklärt, war Soleimani ein aktiver Kämpfer gegen den Terror
und den Islamischen Staat, wodurch er viel zur Sicherheit Europas beigetragen
hätte; es sei bizarr, ihn als Terroristen zu bezeichnen. Der Diplomat äusserte ferner
die Meinung, dass die Ermordung von Soleimani für die Menschen im Nahen Osten ein
›Weckruf‹ sei. Er hofft, dass
man die US-Präsenz in der Region bald loswerde, da sie ausser Elend, Krieg und
Hass nichts gebracht habe. In letzterem ist ihm vorbehaltslos beizupflichten.
Am gestrigen Samstag fand vor der Scharif-Universität
in Teheran eine Mahnwache bei Kerzenlicht für diejenigen statt, die bei dem Flugzeugabsturz
ihr Leben verloren. Wie der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij am 10.
Januar in Kiew sagte, habe er mit dem iranischen Präsidenten Hassan Rohani ein
Telefongespräch geführt, in dem sich dieser bereit erklärte, die Leichen der
Opfer so schnell wie möglich in die Ukraine zurückzubringen. »Wir waren uns einig,
dass sich niemand der Verantwortung entziehen wird«, betonte Selenskij. Ukrainische
Experten haben Zugang zu den Überresten des Flugzeugs, zu Flugdaten-, Radar- und
Fluglotsenaufzeichnungen aus dem Flugkontrollzentrum erhalten. Das iranische Aussenministerium
hat eine spezielle Taskforce eingerichtet, die konsularische Unterstützung für
die Angehörigen derer bietet, die in der ukrainischen Boeing zu Tode kamen, erklärte
der Sprecher Abbas Mousavi diesen Sonntag. Wie Karin Leukefeld ausführt, »hat US-Präsident Donald Trump den Befehl zur Ermordung
des populären und einflussreichen iranischen Militärs persönlich erteilt. Verschiedenen
Quellen zufolge soll er zuvor von Vizepräsident Mike Pence und Aussenminister
Mike Pompeo erheblich unter Druck gesetzt worden sein. Beide Politiker gelten
als Israel besonders nahestehend und sehen im Iran den Erzfeind nicht nur der
USA, sondern vor allem Israels, mit dem sie eng verbündet sind. Auch Trump hat
engste Kontakte zum umstrittenen israelischen Ministerpräsidenten Benjamin
Netanjahu. Gleichzeitig ist eines der wichtigsten Wahlversprechen Trumps, die
US-Truppen von den Kriegs- und Krisenschauplätzen des Nahen und Mittleren
Ostens zurückzuziehen«.
Der
›American Herald Tribune‹ zufolge befinden sich die USA, wie dies
der ehemalige CIA-Offizier Philip Giraldi am 4. Januar darlegt hat, »mit
dem Iran jetzt im Krieg. Ein Konflikt, der leicht verhindert werden können hätte,
der aber nicht mehr gut enden wird. Keine
Seite wird den Krieg erklären, aber es
wird Vergeltungsmassnahmen geben. Teheran wird seine Stellvertreter für
begrenzte Schläge einsetzen. Da der Iran über signifikante regionale Mittel
verfügt, kann man erwarten, dass die gesamte Golfregion destabilisiert wird.
Kein amerikanischer Diplomat, kein Soldat, schon gar kein Tourist, wird mehr
sicher sein in dieser Region. Donald Trump kam 2016 mit dem Versprechen an die
Macht, Amerikas sinnlose Kriege im Mittleren Osten zu beenden. Jetzt steht er als
Lügner vor der Nation. Wenn der Irak die US-Truppen tatsächlich ausweisen wird,
wird es für die USA schwierig sein, ihre Militäreinheiten in Ostsyrien zu
unterhalten. Es kann durchaus eintreten, dass andere arabische Staaten dem irakischen
Beispiel folgen werden. Mit Sicherheit wird das alles in einem Debakel enden.
Es könnte gut sein, dass nach Afghanistan, Syrien und Libyen nun das lang
erwartete Ende des imperialen Amerikas kommt. Hoffen wir es«.
Zu dem iranischen Vergeltungsschlag konstatierte Paul
Craig Roberts: »Obwohl die iranischen Raketen
niemanden getötet haben, haben sie Israel gezeigt, dass sie punktgenau
operieren. Da Israel ein kleines Land ist, hat die Treffsicherheit der iranischen
Raketen möglicherweise Israels Meinung über die Provokation eines Krieges
geändert. Wenn Israel sich ebenfalls zurückhält, ist die Krise vielleicht
vorbei«.
Inzwischen ist bekannt geworden, dass sich der
ermordete iranische General Soleimani auf einer Friedensmission befand. Der
irakische Premierminister Abdul-Mahdi hat erklärt, Soleimani habe sich an
seinem Todestag mit ihm treffen wollen, um über eine diplomatische Annäherung
zwischen dem Iran und Saudi-Arabien zu sprechen, die der Irak vermitteln wollte.
US-Präsident Trump soll das sogar gewusst haben. Dass die USA für mögliche
Angriffe gegen den Iran sechs atomwaffenfähige B-52-Langstreckenbomber auf die
britische Insel Diego Garcia verlegt haben, ist der US-Militärzeitung STARS AND
STRIPES zu entnehmen.
Quellen:
https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/96689-eskalation-westlicher-staaten-und-medien/ 11. 1. 20
Karin Leukefeld
https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/iran-gibt-abschuss-des-ukrainischen-flugzeugs-zu,RnF3mkT 11. 1. 20
https://deutsch.rt.com/der-nahe-osten/96677-iranischer-un-botschafter-us-prasenz-bringt-elend-und-krieg/ 11. 1. 20
https://deutsch.rt.com/kurzclips/96722-selenskij-niemand-wird-sich-verantwortung/ 12. 1. 2
http://antikrieg.com/aktuell/2020_01_08_derstand.htm 8. 1. 20
Der Stand der Irankrise
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_19/LP00420_120120.pdf Friedenspolitische Mitteilungen aus der US-Militärregion
Kaiserslautern/Ramstein LP 004/20 – 12.01.20
https://www.stripes.com/news/pacific/six-b-52-bombers-heading-to-indian-ocean-island-amid-iran-tensions-report-says-1.613744
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