Indo-Pazifik - Mission? Oder doch eher Kriegsprovokation?

Wie gemeldet, begab sich die Fregatte «Bayern» am 26. Juli »wohl auf eine ihrer umfangreichsten - und politisch außergewöhnliche - Bundeswehr-Missionen«.

Von Wilhelmshaven aus geht die gut sechsmonatige Fahrt in Richtung Indopazifik. »Die Mission wird auch als deutsches Signal an das chinesische Regime, das einen aggressiven Expansionskurs gerade im indopazifischen Raum fährt, gesehen«. Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer zitierte Ende September im Bundestag aus den Leitlinien für die neue deutsche Indo-Pazifik-Politik: »Die Bundesregierung wird ihr sicherheitspolitisches Engagement im Indo-Pazifik ausweiten, (..…) die sicherheits- und verteidigungspolitische Kooperation in der Region mit ihren Partnern ausbauen. Dies kann die Teilnahme an sicherheitspolitischen Foren, die Teilnahme an Übungen in der Region (…), die Entsendung von Verbindungsoffizieren sowie verschiedene Formen maritimer Präsenz umfassen«. Kramp-Karrenbauer zufolge will man damit ein Signal senden, dass sich nämlich Deutschland für Sicherheit und Stabilität in der Region einsetzt.    [1]

Der von German Foreign Policy hierzu verfasste Kommentar liest sich wie  folgt: [2]

Mit der Entsendung der Fregatte «Bayern» nach Ostasien beteiligt sich die Bundesrepublik an einer rasanten Ausweitung westlicher Kriegsübungen im direkten Umfeld Chinas. Während die Fregatte im Herbst Operationen zur Überwachung der UNO-Sanktionen gegen Nordkorea durchführen sowie anschließend die Heimfahrt durch das Südchinesische Meer antreten wird, ist eine Flugzeugträgerkampfgruppe um den neuen britischen Flugzeugträger HMS Elizabeth schon gestern nach gemeinsamen Übungen etwa mit Kriegsschiffen aus Indien und Singapur in das Südchinesische Meer eingefahren. Die französischen Streitkräfte haben - nach Marinemanövern im Golf von Bengalen Anfang April -  in diesem Monat gemeinsame Luftkampfübungen mit US-Jets in Hawaii abgehalten; dazu hatten sie eigens mehrere Rafale-Kampfflugzeuge in das Überseegebiet Französisch-Polynesien mitten im Südpazifik verlegt. Die US-Luftwaffe wiederum hält aktuell ein Manöver ab, das Experten als realistische Probe für einen Krieg gegen China unter heutigen Voraussetzungen einstufen. Hochrangige US-Militärs halten einen baldigen Krieg für denkbar.

Auf ihrem Weg nach Ostasien wird sie zunächst an der NATO-Operation Sea Guardian im Mittelmeer und anschließend an der EU-Operation Atalanta am Horn von Afrika teilnehmen. Nach der folgenden Durchquerung des Indischen Ozeans ist die Weiterfahrt durch die Straße von Malakka geplant; vorgesehen  war außerdem das Anlegen in Häfen des Verbündeten Australien. Formeller Höhepunkt soll die Beteiligung an der Überwachung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea sein, in deren Rahmen die «Bayern» laut Angaben der  Bundesregierung »zum maritimen Lagebild« beitragen soll: Dies »durch Beobachten und Melden verdächtiger Aktivitäten sowie durch Verbindungsaufnahme mit verdächtigen Schiffen«. Auf ihrer Rückreise wird die Fregatte das Südchinesische Meer durchqueren. Auf die schärfsten Varianten der Provokation  - die Durchquerung der Taiwanstraße sowie das Eindringen in Zwölfmeilenzonen rings um Inseln, die von China beansprucht werden - wird das Kriegsschiff verzichten. Dem Vernehmen nach ist die Bundesregierung bemüht, einen Zwischenstopp in einem chinesischen Hafen auszuhandeln; allerdings ist unklar, ob Beijing diese vermeintliche Deeskalationsgeste akzeptiert.

Dauerhaft in Asien präsent     

Während die «Bayern» aufbricht, operieren die Streitkräfte anderer westlicher Mächte im Südchinesischen Meer und im Pazifik mit steigender Intensität. Am 28. Juli fuhr etwa die Flugzeugträgerkampfgruppe um den neuen britischen Flugzeugträger HMS Elizabeth in das Südchinesische Meer ein. Die Kampfgruppe, an der auch Kriegsschiffe aus den Niederlanden und den USA sowie US-Kampfjets vom Typ F-35 beteiligt sind, hatte zuvor Übungen mit den Streitkräften Malaysias, Thailands und Indiens sowie zuletzt mit der Marine Singapurs abgehalten, nachdem sie zwischenzeitlich mit diversen Covid-19-Fällen und technischen Pannen zu kämpfen hatte und deshalb nur teilweise einsatzbereit war. Für die kommenden Tage und Wochen sind weitere gemeinsame Übungen mit Kriegsschiffen aus Drittstaaten geplant. Die Kampfgruppe wird dabei ihre Fahrt durch das Südchinesische Meer bis in die Philippinensee fortsetzen und dann gemeinsam mit den japanischen Streitkräften trainieren, bevor sie die Heimreise antritt. Ende August wird London außerdem zwei Patrouillenboote nach Asien entsenden. Wie der britische Verteidigungsminister Ben Wallace mitteilt, soll die britische Marine dort in Zukunft dauerhaft mit zwei Kriegsschiffen präsent sein.  [3]

Komplexe Kampfoperationen                        

Auch die französischen Streitkräfte weiten ihre Aktivitäten in Asien aus. Hatten sie etwa Anfang April im Golf von Bengalen ein gemeinsames Marinemanöver,  Le Pérouse, mit den Streitkräften der Quad-Staaten (USA, Japan, Australien,   Indien) durchgeführt, so ging vor gut drei Wochen die Kriegsübung Heifara-Wakea inmitten des Pazifik zu Ende. Dabei wurden zunächst drei Rafale- Kampfjets, ein Tankflugzeug A330 MRTT und zwei Transportflugzeuge A400M aus Frankreich nach Tahiti verlegt - mit einem einzigen Zwischenstopp auf der US Air Base Travis bei San Francisco. Tahiti ist die Hauptinsel des Überseegebiets Französisch-Polynesien im Südpazifik. Dort unterhalten die französischen Streitkräfte eine ihrer zwei pazifischen Militärbasen; die zweite befindet sich auf Neukaledonien im Südwestpazifik. Die französischen Piloten, die während des Manövers zwei Einsatzflüge am Tag absolvierten, schlossen die Übung mit einem gemeinsamen Training mit US-amerikanischen F-22-Tarnkappenjets ab, die von einer Basis auf Hawaii nördlich von Französisch-Polynesien abhoben. Das Manöver sei ein voller Erfolg gewesen, urteilte anschließend der Kommandeur der französischen Luft- und Weltraumstreitkräfte, General Philipp Lavigne: Man habe bewiesen, dass man im hochumstrittenen Pazifik gemeinsam mit Verbündeten komplexe Kampfoperationen absolvieren könne.   [4]    

Operation Pacific Iron       

Die US-Streitkräfte wiederum haben soeben mehr als zwei Dutzend Tarnkappenjäger des Modells F-22 (Raptor), zehn Jagdbomber vom Typ Boeing F-15E sowie zwei Transportflugzeuge C-130J (Hercules) zu dem Manöver Operation Pacific Iron in den Westpazifik verlegt. Im Kriegsfalle würden die
F- 22 gleich zu Beginn der Kampfhandlungen eingesetzt, um die feindliche   Luftabwehr auszuschalten; Experten weisen darauf hin, dass üblicherweise höchstens zwölf Stück gleichzeitig an Übungen teilnehmen  - ein Beleg dafür, dass Pacific Iron eine herausragende Bedeutung besitzt. Eine weitere Besonderheit besteht darin, dass die Flugzeuge nicht von den großen US-Basen in Japan und Südkorea sowie auf Guam starten, sondern von kleineren Air Fields auf Guam und auf der ebenfalls zum Marianen-Archipel zählenden Insel Tinian. Damit trägt die US Air Force der Tatsache Rechnung, dass die chinesischen Streitkräfte nicht zuletzt dank ihrer starken Raketenstreitkräfte in der Lage sind, feindliche Startbahnen innerhalb kürzester Zeit umfassend zu zerstören; um nicht an Kampfkraft einzubüßen, probt die US-Luftwaffe nun die Verlegung ihrer F-22 auf diverse kleinere Flugplätze. Sie übe »präzise die Einsätze, die sie im Falle einer größeren Krise oder eines Krieges durchführen« werde, wird der frühere australische Luftwaffenoffizier und heutige Experte des Griffith Asia Institute Peter Layton zitiert.

Krieg schon 2024 ?

Die Verdichtung der westlichen Manöver und ihre zunehmende Fokussierung auf Kampfeinsätze, die unter aktuellen Voraussetzungen höchst realistisch sind, begleiten Prognosen hochrangiger US-Militärs, denen zufolge ein baldiger Krieg der Vereinigten Staaten gegen China wahrscheinlich ist. So ließ sich kürzlich Admiral a.D. James G. Stavridis, Ex-Oberbefehlshaber der NATO, mit der Einschätzung zitieren, »unsere Technologie, unser Netzwerk von Verbündeten und Stützpunkten in der Region« sei den chinesischen Kapazitäten überlegen - »noch«.  [5]   Allerdings werde die Volksrepublik »gegen Ende des Jahrzehnts, wenn nicht sogar früher, ... in der Lage sein, die USA zumindest im Südchinesischen Meer ... herauszufordern«.

Stavridis hat kürzlich einen Roman publiziert, in dem er 2034 einen fiktiven Krieg zwischen den USA und China beginnen lässt. Mittlerweile urteilt er: »Wir haben vielleicht nicht mehr bis 2034 Zeit, uns auf die Schlacht vorzubereiten - sie könnte viel früher kommen«. Einige seiner Militärkollegen verträten bereits die Meinung, es gehe »nicht um 2034«; der große Krieg könne früher eintreten - womöglich schon »2024 oder 2026«.


Anmerkung d.a.

Gewiss, wir freuen uns schon darauf ! Nach den Verlusten der Pandemie sind noch genügend «Restbestände» da, die wir in den Abgrund fahren können....

Wie man nach der Wahnsinnsdestruktion Afghanistans, dem Verlust an Abertausenden von Soldatenleben und der Vergeudung von Milliarden mühsam erarbeiteter Steuergelder derart irre Vorstellungen an neuen Blutbädern vorbringen kann, entzieht sich jedem normalen Verstand. Das Grauenhafte ist, dass womöglich erneut keiner aufstehen wird, um derartigen Vernichtungsstrategien rechtzeitig entgegenzutreten. 

d.auerbach@gmx.ch 


[1]  https://www.epochtimes.de/politik/deutschland/die-fregatte-bayern-auf-dem-weg-in-den-indopazifik-2-a3567552.html
31. 7. 21  Die Fregatte «Bayern» auf dem Weg in den Indopazifik
[2]  https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8672/
29. 7. 21  Manöver in Ostasien (II)
[3]  Britain to Permanently Deploy 2 Warships in Asian Waters. voanews.com
20.
7. 2021
[4]  Murielle Delaporte: Inside The Laboratory Of Premieres For French Air Power. breakingdefense.com 12. 7. 2021
[5]  James Stavridis: It's not too soon to prepare for a sea war in Asia  politico.com   13. 5. 2021