Ukraine - Eine Spur zuviel - Dem russischen Bären ist doch der Kragen geplatzt 27.02.2022 21:24
»doch«, da trotz aller Anfeindungen eher anzunehmen gewesen wäre,
er würde noch eine Weile durchhalten. Da Brüssel und Washington indessen fortfahren, es sich angemessen sein zu lassen, die Sanktionsspirale noch etwas weiter zu drehen, werden nachfolgend zumindest ein kleiner Teil der unausgesetzten Bedrohungen, denen Russland seit langem ausgesetzt ist, sowie Fakten zum Ausgangspunkt der jetzigen Situation, aufgezeigt. Voranstellen lässt sich die Aussage von Zbigniew Brzezinski,
der von 1977 bis 1981 Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter war; sie
macht vieles klar: »Die Ukraine, ein neuer und wichtiger Platz
auf dem eurasischen Schachbrett, ist ein geopolitischer Dreh- und Angelpunkt.
Ohne die Ukraine hört Russland auf, ein eurasisches Imperium zu sein«. Bekanntlich hatten Institutionen wie das International
Republican Institute (IRI), das National Democratic Institute (NDI), das
National Endowment of Democracy (NED) und ähnliche Organisationen nach der
Desintegration der Sowjetunion 1991 zweistellige Milliardenbeträge ausgegeben,
um die sogenannten Farbenrevolutionen zunächst in Osteuropa zu finanzieren.
Unter dem Banner der Demokratie - natürlich stets nach dem Motto: ›Der Schnee ist schwarz‹
- trugen diese Farbenrevolutionen
Schritt für Schritt dazu bei, die Grenzen der NATO ostwärts zu verlagern. Ziel
war und ist, alle Regierungen, die sich diesem Imperium, das auf der konzeptionellen
Basis des Britischen Empire aufgebaut ist, widersetzen, mittels eines
Regimewechsels durch prowestliche Regierungen zu ersetzen. Ungeachtet aller
Versprechen, genau dies nicht zu tun, was von diversen Zeitzeugen
wie z.B. dem ehemaligen US-Botschafter in Moskau, Jack Madlock, oder dem
ehemaligen US-Aussenminister James Baker berichtet worden ist, wurde die NATO dennoch
nach Osten ausgeweitet. [1] Wenige Wochen bevor der ukrainische Präsident Wiktor
Janukowytsch ankündigte, er werde sich Russlands Eurasischer Wirtschaftsunion
anschliessen, anstatt die angebotene ›assoziierte
Mitgliedschaft‹ der EU anzunehmen, schrieb der Präsident des NED, Carl Gershman, am 26.
September 2013 einen Kommentar in der ›Washington Post‹, in dem er die Ukraine als den ›größten Preis‹ bezeichnete. Würde das Land in das westliche Lager einbezogen, könne dies
zur endgültigen Niederlage des russischen Präsidenten Putin beitragen: »Die
Entscheidung der Ukraine für einen EU-Beitritt wird den Niedergang der
Ideologie des von Putin repräsentierten russischen Imperialismus beschleunigen.
Auch Russen haben die Wahl, es ist gut möglich, dass sich Putin auf der
Verliererseite wiederfindet, nicht nur im nahen Ausland, sondern auch in Rußland
selbst.«
[2]
Gershman
hat die NED seit ihrer Gründung 1984 bis 2021 geführt, wobei er 2003 die
Rosenrevolution in Georgien, 2004 die orangene Revolution in der Ukraine, 2005 die
Zedernrevolution im Libanon, 2005 die Tulpenrevolution in Kirgisistan sowie
2009 die Grüne Revolution im Iran betreut hat.
»Auf
der Moskauer Konferenz für Internationale Sicherheit, die am 23. Mai 2014 stattfand,
hatten die militärischen Führungen Rußlands und Weißrußlands die ›neue
Technik der Aggression‹ des Westens scharf angegriffen. Sie erklärten,
daß sie die Farbenrevolutionen als eine
neue Form des Angriffskriegs betrachteten, die das geopolitische Ziel habe,
Länder, die sich in einer strategisch wichtigen Position befinden und eine
unabhängige Außen- und Wirtschaftspolitik betreiben, gezielt zu
destabilisieren. Ziel sei eine erhebliche Verschiebung des Mächtegleichgewichts,
die sich gegen Rußland, China und die Lage im Nahen Osten, Afrika, Zentralasien
und Südasien richte. Am 20. November 2014 wies Putin auf die geopolitische
Funktion der Farbenrevolutionen hin, die den Zweck hätten, die Einflußsphären
zu verändern, und daß Rußland alles tun werde, um sicherzustellen, daß sie in
Rußland niemals Erfolg haben würden. Er wies nachdrücklich auf den Unterschied zwischen
legitimen Protesten, der Demonstrations- und Redefreiheit und der von außen
gesteuerten Politik des Regimewechsels hin«.
[1]
Der
amerikanische Spezialist für Fragen der Nationalen Sicherheit, Anthony
Cordesman vom ›Center for Strategic and International Studies‹
war von der Bedeutung der Konferenz so beeindruckt, daß er 52 Seiten seiner
eigenen Aufzeichnungen sowie die Powerpoints der Redner ins Netz stellte und
dazu schrieb: »Es
ist wichtig, daß sich die USA und Europa anhören, was die russischen
Militärführer und -strategen sagen. Diese russischen Ansichten dürfen die USA
und Europa nicht ignorieren«. [3]
»Als
der erste Versuch, die Ukraine und Georgien über eine Farbenrevolution in die
NATO zu bringen, scheiterte«, so F. William
Engdahl, »bereitete
Washington verdeckt die ›Revolution‹
vom Februar 2014 auf dem Maidan-Platz vor, durch die ein Regime von offenen
Psychopathen ans Ruder kam. Mit dem brutalen Krieg gegen die eigene Bevölkerung
entlang der russischen Grenze in der Ostukraine und der Drohung, die Pipelines
für Lieferungen von russischem Erdgas nach Westeuropa zu sperren, sollte
versucht werden, Rußland zu einem Fehler zu provozieren, der der NATO den
Vorwand zum Eingreifen liefern würde. Wir
alle sollten Gott danken, daß es nicht dazu kam, und daß Rußland in dieser Situation
mit bemerkenswerter Zurückhaltung agierte. Die bunt zusammengewürfelte
Bürgermiliz in der Ostukraine, die für ihre Häuser, ihr Land, ihre Familien und
Freunde kämpfte, mit oder ohne gelegentlicher Hilfe von Russen, focht einen
unglaublichen Kampf. Es war ein Kampf, den Wahnsinn zu stoppen, der in Kiew ans
Ruder gebracht wurde – von der neokonservativen Ressortleiterin des
US-Außenministeriums Victoria Nuland - ›Fuck the EU‹ - CIA-Direktor John Brennan und anderen in der
Obama-Regierung.
Das
Ziel der Kriegsfraktion in Washington war und ist die
Durchsetzung des neokonservativen neuen Kriegsplans, einen Keil zwischen Rußland
und Eurasien und die EU, insbesondere Deutschland, zu treiben, und vor allem
die neu auftauchende Bedrohung durch die russisch-chinesische Allianz, die
sogenannte Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit und die Organisation der
BRICS-Staaten einzukreisen und letztendlich zu zerstören. In seinem Artikel ›Die Ukraine und der
Krieg gegen die menschliche Intelligenz‹ schreibt
Engdahl ferner: »Deshalb
arbeiten die militärischen Planer Washingtons unter Führung der
neo-konservativen Kriegsfalken seit Beginn des von der USA Anfang der 1990er
Jahre in die Wege geleiteten Zusammenbruchs der Sowjetunion daran, einen Keil
zwischen Rußland und die Ukraine zu treiben……. [4]
In seinem am 11. 3. 2014 mit ›RT Moscow‹ geführten Interview erklärte Gerhard Wisnewski,
dass wir es in der Ukraine mit einem verdeckten Krieg zu tun haben; er zitiert den früheren OSZE-Beauftragten
Willy Wimmer wie folgt: »Auf der vom US-State Department geplanten Konferenz
in Bratislava im Mai 2000 war bereits eine
geopolitische Großplanung auf die Agenda gesetzt worden: Eine Linie von Riga über
Odessa am Schwarzen Meer nach Diyarbakir [im Süden der Türkei] zu ziehen: Mitten
durch die Ukraine. Westlich dieser Linie liegt die westliche Einflußsphäre. Ich
glaube, dass diese Planung jetzt durchgesetzt wird«. Wie es ferner hiess, sollten alle
Territorien westlich dieser Linie unter amerikanischer Vorherrschaft stehen; die
Territorien östlich dieser Linie kämen unter die Russische Föderation oder
irgend einer Region. »Das war
der Vorschlag«, so Wimmer, »und wenn wir die Entwicklungen seitdem
sehen, denke ich, dann ist das wie der Plan, den man den Konferenzteilnehmern
vorgestellt hat: Alles geschieht genau so, wie es in Bratislava geplant wurde«.
»Kiew«, legte Wimmer ferner dar, »ist das Nest
zahlreicher ausländischer Stiftungen, die vor allem von der US-Regierung und den
US-Großkonzernen getragen werden. Ebenso von Milliardären wie Gates, Soros und
Rockefeller. Außerdem gibt es da noch deutsche Stiftungen wie die
Konrad-Adenauer-Stiftung der CDU von Angela Merkel. Die Kanzlerin ist damit
unter die Putschisten gegangen. Mit diesen Stiftungen wiegeln die totalitären Imperialisten die Bevölkerungen auf und stacheln sie zur ›Revolution‹ an, um die Regierung zu
stürzen, ob sie nun legal gewählt ist oder nicht. Ohne
diese Stiftungen würde es keine ›Revolutionen‹ geben, weil jede Revolution nicht in erster Linie den Volkswillen, sondern vor allem Organisation und Geld
braucht«.
Was die Scharfschützen angeht, erklärte
Wisnewski, so treten diese bei jeder ›Revolution‹ auf, egal ob in Syrien, Libyen oder der
Ukraine. Sie zeigen, wie skrupellos die Stiftungen vorgehen. Diesen ist jeder
Söldner recht. Sie haben die Aufgabe, die Geschehnisse an einem bestimmten
Punkt voranzutreiben und kippen zu lassen. Um weiter aufzuwiegeln, schießen sie auf beiden Seiten,
so dass eine Befriedung oder Versöhnung unmöglich wird. [5]
In
einem von Christoph Jehle mit Willy Wimmer im Juli 2017 geführten Interview stellte ersterer die Frage: »Aus
geografischer Sicht wäre eine eurasische Zusammenarbeit durchaus naheliegend.
Woraus leitet sich in der Politik hierzulande die zunehmende Aversion gegen
Russland ab?« «Gerade
aus dem Grund», erklärte der Ex-Vizepräsident der OSZE, «weil sich diese
Möglichkeit abzeichnet. Es spricht alles dafür, auf dem Kontinent zum
beiderseitigen Vorteil zu kooperieren. Die USA müssen das als für sie
tödliche Gefahr empfinden und legen deshalb zwischen Riga und Odessa
den Sperrgürtel». «Russland soll aus
Europa vertrieben werden, um den USA in Europa ein Standbein in künftigen
europäischen und globalen Auseinandersetzungen zu verschaffen». Diese
strategische Ausrichtung war den USA bereits zu der Zeit klar, als Westeuropa
nach dem Ende des kalten Krieges noch von einer Friedensdividende träumte.
Deshalb kam es weder zu einer Auflösung der NATO noch einer Anpassung an die
tatsächlichen Gegebenheiten in Europa und eine Rückführung der Allianz hin zum
NATO-Vertrag ohne militärische Integration.
[6]
Ein selten erwähnter Fakt besteht darin, dass
US-Präsident George W. Bush 2007 ein Gesetz zur Unterstützung eines
NATO-Beitritts der Ukraine und Georgiens unterzeichnete. Wie vermerkt, ging es
um die Unterstützung mittels Militärbeihilfen aus dem US-Haushalt für das Fiskaljahr
2008. Eine solche Unterstützung, erklärte damals ein Sprecher des Außenministeriums
in Moskau, sei im Fall der Ukraine alles andere als hilfreich, um die
innenpolitische Krise im Land zu überwinden. Bereits zu jener Zeit war die
Frage einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine ein zentrales Thema im Machtkampf
zwischen dem prowestlichen Präsidenten Viktor Juschtschenko und dem strategisch
an Russland orientierten Regierungschef Viktor Janukowitsch. Russland hatte
bereits zuvor wiederholt betont, man werte mögliche Gespräche über eine
Mitgliedschaft der ehemaligen Sowjetrepubliken Georgien und Ukraine in der NATO
als Bedrohung. [7]
Joe Biden, damals US-Vizepräsident, hatte schon auf der 45.
Sicherheitskonferenz am 8. 2. 2009, der Gipfel zum 60. Gründungstag der NATO, ausdrücklich
erklärt, dass seine Regierung die Konzeption einer ›russischen Einflußzone‹
nicht anerkenne und zurückweise. Mit anderen Worten: Die Regierung, die sich
das Recht herausnimmt, den ganzen Globus als ihre Einflußzone zu betrachten,
die im Nahen Osten ebenso wie in Afghanistan und der kaspischen Region ihre
Interessen mit Waffengewalt verfolgt und Rußland sowie China militärisch
einkreist, läßt Einflußzonen anderer Länder nicht zu. Biden betonte: »Wir
werden mit Rußland nicht in allen Dingen übereinstimmen«; er bekannte sich auch
zur Unterstützung seiner Regierung für Georgien. [8]
1991
Wie
Eric Margolis darlegt, sind »der sowjetische Führer Michail Gorbatschow und Außenminister
Eduard Schewardnadse schamlos belogen und von den Vereinigten Staaten, Großbritannien
und deren Anhängsel NATO getäuscht worden. Alle Westmächte hatten Gorbatschow
und Schewardnadse versprochen, dass sich die NATO nicht um einen Zentimeter
nach Osten ausdehnen werde, wenn Moskau die Rote Armee aus der DDR abziehen und
ihr die friedliche Wiedervereinigung mit Westdeutschland ermöglichen werde.
Dies war ein gigantisches Zugeständnis von Gorbatschow, das 1991 einen
gescheiterten Putsch kommunistischer Hardliner gegen ihn zur Folge hatte. Alle westlichen Mächte und Staatsmänner
versicherten den Russen, dass die NATO den sowjetischen Rückzug nicht ausnutzen
würde und dass in Europa nach dem Kalten Krieg eine neue Ära der Freundschaft
und Zusammenarbeit anbrechen werde. US-Außenminister James Baker bot sogar ›eiserne
Garantien‹ an, dass es keine NATO-Erweiterung geben würde. Lügen, alles
Lügen.
Gorbatschow
war ein Humanist, der glaubte, er könne den Kalten Krieg und das atomare
Wettrüsten beenden; er hat daher die Rote Armee aus Osteuropa zurückbeordert.
Ich war in Wünsdorf, Ostdeutschland, Hauptquartier der Gruppe der sowjetischen
Streitkräfte in Deutschland, und im Hauptquartier der Stasi-Geheimpolizei in Ost-Berlin,
gleich nachdem der Abzugsbefehl erteilt wurde. Die Sowjets zogen ihre 338. 000 Soldaten und
4.200 Panzer ab und schickten sie nach Hause. 1990 hatten sich KGB und CIA auf
den Grundsatz geeinigt, dass die NATO ›keinen Zentimeter‹ nach
Osten gehen sollte. Der ehemalige US-Botschafter in Moskau, Jack Matlock,
bestätigt die gleiche Vereinbarung. Gorbatschow, der von vielen Russen als
törichter Idealist angeprangert wird, vertraute den Westmächten. Er hätte ein
Bataillon von Winkeladvokaten aus dem New York City Garment District haben
sollen, um seine Vereinbarungen zu dokumentieren, denn die Präsidenten Bill
Clinton und George W. Bush begannen schnell damit, die NATO nach Osteuropa zu bewegen,
wodurch sie gegen alle Zusagen an Moskau verstießen.
Heute,
da die NATO-Streitkräfte an seinen westlichen Grenzen stehen, sind Rußlands
tiefste Befürchtungen wahr geworden. Heute erkunden an den Küsten der
ehemaligen Mitglieder des Warschauer Pakts Rumänien und Bulgarien stationierte
US-Militärflugzeuge den russischen Luftraum über dem Schwarzen Meer und den
wichtigen strategischen Hafen von Sewastopol und US- und NATO-Truppen befinden
sich in der Ostsee, an Rußlands nordwestlichen Grenzen.
»Zu
den Zielen Washingtons«, schrieb Paul Craig Roberts im Februar 2018, »gehört, Rußland
als militärische Bedrohung zu präsentieren. Der britische Verteidigungsministers
Gavin Williamson erklärte am 26. 1. 2018 seinerseits, Russland beabsichtige,
die britische ›Infrastruktur auseinanderzureißen, Tausende von Toten zu
verursachen‹ und ein ›totales Chaos innerhalb des Landes‹ zu
schaffen. [9]
Zur Ostukraine
»Jahrelang«, schreibt Wolfgang Bittner, »haben westliche
Politiker und Medien die Opfer in der Ostukraine ignoriert; für die ständigen
Verletzungen des Minsker Abkommens machte Kiew die Separatisten in Donezk und
Luhansk verantwortlich«. [10]
Dieses sogenannte Minsker Abkommen war am 5. September
2014 von der Ukraine, Rußland und der OSZE unterzeichnet worden. Schwerpunkt
war Punkt 3 des Protokolls, wo die Dezentralisierung der Macht in der Ukraine
verwirklicht werden sollte, u.a. durch die Verabschiedung eines ukrainischen
Gesetzes ›über die vorübergehende Ordnung der lokalen Selbstverwaltung in
bestimmten Regionen der Gebiete Donezk und Luhansk‹ [das Gesetz über den
Sonderstatus]». In der Folge wurde von Teilnehmern der sogenannten trilateralen
Kontaktgruppe, Angela Merkel für Deutschland, François Hollande für Frankreich,
Präsident Poroschenko für die Ukraine, sowie Präsident Putin und die
Milizenführer der selbst proklamierten ›Volksrepubliken‹ Luhansk und Donezk, am 12. Februar 2015 der Maßnahmenkomplex zur Umsetzung
der Minsker Vereinbarungen unterzeichnet. Letzteres Abkommen konkretisierte das
Minsker Protokoll vom 5. September 2014, vor allem nach der sogenannten zweiten
Schlacht um den Flughafen Donezk.
»Durch die jetzt erfolgte Anerkennung der beiden Volksrepubliken durch Rußland
und infolge des Einmarschs russischer Truppen in diese Gebiete«, so Bittner ferner, »ist alles in Aufruhr, so
daß eine abschließende Stellungnahme dazu kaum möglich ist. Die USA haben mit der
verdeckten Übernahme der Ukraine und dem Bürgerkrieg im Donbass vor der Tür Rußlands
einen Brandherd gelegt, der ständig aufs neue angefacht worden ist; dem hat
Putin nun Einhalt geboten. US-Präsident Joe Biden,
den ich für den gefährlichsten Politiker der Gegenwart halte, hatte schon 2014
in einer Rede erklärt, man wolle Rußland, wenn es nicht nachgebe, ruinieren.
Dafür finden sich beflissene Helfer wie Annalena Baerbock, Robert Habeck,
Norbert Röttgen und andere Atlantiker, inzwischen auch Mitläufer bei SPD und
LINKEN. Die Welt befand sich schon vor der russischen Offensive in einem
Ausnahmezustand, und es ist zu hoffen, daß es keinen Krieg der westlichen Allianz
mit Rußland gibt. Denn das wäre tödlich«. [10]
In
Donezk hatten bereits am 15. 3. 2014 mehr als 5000 Demonstranten die
Angliederung an Rußland gefordert. Die Demonstranten versammelten sich auf dem
Lenin-Platz und skandierten ›Referendum!
Referendum!‹. Jugendliche
kletterten auf das Gebäude des Inlandsgeheimdienstes SBU, holten die
ukrainische Flagge ein und hißten stattdessen eine Flagge mit den russischen
Farben und der Aufschrift ›Republik Donezk‹. [12]
Der
Vorwurf, Putin wolle Europa spalten, merkt Peter Haisenko an, ist aus der Luft
gegriffen. Schließlich war es Putin, der schon 2001 in seiner Rede vor dem
Bundestag eine Einigkeit von Wladiwostok bis Lissabon als Ziel vorgestellt hatte,
was von den Transatlantikern abgelehnt worden war. Es sind die USA, die
Jugoslawien zerstört haben, die den arabischen Raum destabilisiert und damit
die Migrationskrise ausgelöst haben, und die Ukraine, also einen europäischen
Staat, zum Konfliktherd machten. Ohne die Einflußnahme der USA in der Ukraine
hätte es keine Sezession der Krim gegeben, die jetzt einfach Putin in die
Schuhe geschoben wird. Die Wahrheit wird verdreht. Es ist nicht Rußland, das
seine Truppen an die Grenze der NATO gestellt hat, sondern die NATO hat ihr
Versprechen gebrochen, ihren Aktionsradius bis an Rußlands Grenzen erweitert
und dort Truppen stationiert. [13]
Laut
dem ehemaligen französischen Präsidentschaftskandidat Jacques Cheminade
«überschreitet Putin mit der Anerkennung der Unabhängigkeit von Donezk und
Lugansk und dem Befehl an die russische Armee, zur ›Friedenssicherung‹
einzurücken, eine rote Linie. Aber die USA und die NATO sind die Provokateure,
denn sie haben es versäumt, die Umsetzung der Minsker Vereinbarungen
durchzusetzen». [11]
«Nach
Rußlands Anerkennung der Donbass-Republiken«,
liest
man bei ›Strategic Alert‹, «stehen Washington
und die NATO-Länder vor der Wahl: Entweder die Situation durch Sanktionen zu verschärfen,
oder mit Rußland ernsthaft über ein globales Sicherheitsabkommen zu verhandeln.
Dazu gehört die Garantie, daß die Ukraine niemals der NATO beitritt und
nuklearfähige Trägerraketen aus Ländern des früheren Warschauer Pakts abgezogen
werden. Die Sanktionen, die nach der Erklärung vom 21. Februar angekündigt
wurden, werden Moskau nicht abschrecken. Putin hat in seiner Rede an die Nation
wiederholt erklärt, der Westen werde in jedem Fall Sanktionen verhängen, ganz
gleich, wozu Rußland sich entschließe. Wie der russische Analyst Andrej
Kortunow am 10. 2. in einem Interview ausführte, gibt es in der russischen
Diplomatie zwei strategische Überlegungen: Sicherheit und Wirtschaft, und Putin
hat ›die Sicherheit eindeutig über die wirtschaftlichen Interessen
gestellt‹. Auch die Rolle Chinas muß in der Gleichung berücksichtigt werden. Bei ihrem jüngsten
Gipfeltreffen haben Putin und XI Jinping sicherlich die verschiedenen
Auswirkungen der strategischen Krise erörtert. Auf der Münchner
Sicherheitskonferenz machte Außenminister Wang Yi deutlich, daß China seinem
Verbündeten Rußland in der Auseinandersetzung mit der NATO zur Seite steht. Im
schlimmsten Fall brutaler Wirtschaftssanktionen kann Moskau sich auf seinen
chinesischen Verbündeten verlassen, um die Folgen abzuschwächen. Der
Hauptverlierer wird dagegen Europa sein, wenn Sanktionen die Handelsbeziehungen
mit Rußland beeinträchtigen. Denn nach Ansicht vieler Beobachter kann Rußland
neue, härtere Sanktionen überleben, aber die Auswirkungen wird
Kontinentaleuropa viel stärker zu spüren bekommen, vor allem, wenn die
Gaspipeline North Stream 2, auf die viele europäische Länder zählen, um Energieengpässe
und steigende Preise zu bewältigen, gestrichen wird. Der westlichen Bevölkerung
wird jedoch gesagt, die wirtschaftlichen Härten seien der Preis, den man zahlen
muß, um die russische Aggression zu besiegen«. [11]
Historisch gesehen ist die Ukraine ein Teil des
russischen Kernlandes. Seit der Gründung des russischen Vorgängerstaates Kiewer
Rus im 10. Jahrhundert durch die aus schwedischen Wikingern hervorgegangene
Dynastie der Rurikiden ist die Ukraine Teil des politischen Gebildes, das wir
heute Rußland nennen, oder eng mit ihm verbunden. Das Gebiet der heutigen
Ukraine war jedoch seit dem Jahrtausendwechsel nie wirklich außerhalb der ›russischen‹
Hegemonie und Kultur und gehörte seit dem 18. Jahrhundert zum russischen Reich.
Mit der Auflösung der UdSSR wurde die Ukraine formell unabhängig. Strategisch
gesehen ist sie jedoch für die russische Sicherheit unverzichtbar. Sie war die
zweitwichtigste sozialistische Sowjetrepublik, nicht nur wegen ihrer
Ressourcen, Bevölkerung und Produktionskapazitäten, sondern auch, weil sie im
Grunde genommen nur einen Steinwurf vom Herzen Rußlands entfernt liegt. Wenn
man die Ukraine einnimmt und hält, kann man einfach in Moskau einmarschieren.
Oder die Stadt aushungern. Der Zweck des von den USA unterstützten Putsches des
Jahres 2014 war es, die Ukraine in die EU aufzunehmen, sie indirekt zu einem
NATO-Mitglied zu machen und natürlich ihren Nutzen als russischen Markt zu
verringern. [14]
Die Verunglimpfung
Es
ist unglaublich, wie einseitig die Urteile ausfallen, sobald es Russland resp.
seinen Präsidenten trifft. Ein Beispiel hierfür ist die ukrainisch-deutsche
Schriftstellerin Katja Petrowskaja in ihrem Interview mit SFR2Kultur am 25.
Februar:
«Putin
ist es egal, ob er die Welt in die Luft sprengt». Selbst wenn dies bildlich
gesprochen sein dürfte, ermangelt es jeglicher neutralen Kritik. Ferner erklärt
sie uns: «Heute ist er da» - nämlich der III. Weltkrieg. »Ob wir das glauben
möchten oder nicht. Man hat aus Geschichtsbüchern gelernt, dass die Art von
Herrschaft, wie Putin sie betreibt, komplett irrational ist. Es gab keinen
Grund für diesen Krieg. Es gibt nur einen kranken Diktator«. »Es ist alles so
absurd. Doch jetzt muss man versuchen, alles Mögliche zu machen, vor allem Forderungen
an die eigene Regierung zu stellen: Jetzt ist es wichtig, alle Importe von
russischem Öl und Gas zu stoppen und Russland aus dem SWIFT-System
auszuschliessen«. Dass damit auch der Westen selbst durch die Folgen schwer
getroffen würde, so weit scheint sie nicht denken zu können.
Eigentlich
sollte der nachfolgende Gedankengang aus sachlichen Gründen keinen Eingang in
die Berichterstattung gefunden haben: «Ich bin keine militärische Expertin», erklärt
sie uns, «aber wenn jetzt der Luftraum über der Ukraine geschlossen wird,
können die russischen Raketen nicht mehr auf Kiew und andere Städte fallen». Ist
ja interessant ! Fakt ist, auch wenn der Luftraum gesperrt würde, und selbst
wenn in der Ukraine verlässliche Raketenabwehrsysteme installiert wären, so könnten
dennoch von aussen gegen die Ukraine abgeschossene Langstreckenraketen in das
Land eindringen und dort niedergehen. «Wenn jetzt nichts gemacht wird«, klagt Petrowskaja,
«werden wir alle schuld sein an diesem Verbrechen. Ich kann nur sagen: Die
Ukraine braucht Hilfe, je schneller, desto besser. Jede Stimme für die Ukraine
ist eine Stimme für europäische Werte». Gerade an letzteren sind längst massive
Zweifel angebracht ....
Urteile
dieser Art, scheint es, werden durchaus bevorzugt von der Presse übernommen, zieht
man viele Putin selbst mit hässlichen Beinamen bedenkende Artikel in Betracht.
Man kann nicht einmal erkennen, dass die Redaktionen jeweils eine
Gegendarstellung anstreben würden. [15]
Der rasche militärische Vorstoss
Russlands
in der Ukraine hat offenbar Wirkung gezeigt und hat die
ukrainische Regierung nun zu einem teilweisen Einlenken im festgefahrenen
Konflikt gebracht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj stimmte jetzt
ersten Verhandlungen mit Russland zu und sprach sich für einen Waffenstillstand
aus. Die Bedingungen Russlands: Kein NATO-Beitritt für die Ukraine; die Ukraine
muss ferner einer vollständigen Entmilitarisierung zustimmen und ihren Status
als neutraler Staat proklamieren und aufrechterhalten. Es muss eine ›DeNATOfizierung‹
stattfinden. [16]
Bereits 2014 hatte Christoph Jehle erklärt: Im Verhältnis
zur Russischen Föderation ist der Westen Europas ohnehin auf einem Weg, der in
weiten Teilen der westlichen Bevölkerung abgelehnt wird. »Von den Schlafwandlern
zu den Traumtänzern« - anders kann man das Verhalten westlicher Regierungen und
des ewig plärrenden NATO-Generalsekretärs gegenüber Russland nicht beschreiben.
Krieg ist wieder drin. [6]
Zusammenfassung: Doris Auerbach d.auerbach@gmx.ch
Was
die Geschehnisse in der Ukraine selbst angeht, so sind diese in überaus
zahlreichen Artikeln auf politonline festgehalten.
[1] »Neue Solidarität«
Nr. 48 vom 26. 11. 2014
[2] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/die-opec-russland-und-die-entstehende-neue-weltordnung.html;jsessionid=FFD79E97C03ACEA31A083DD6BA4C2C39 14. 9. 15 Die OPEC, Russland und die entstehende Neue Weltordnung -
F. William Engdahl
[3] http://www.bueso.de/node/7413 10. 6. 14
[4] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/die-wahren-helden-hinter-dem-kiewer-waffenstillstand.html 1. 9. 2014
Die
wahren Helden hinter dem Kiewer Waffenstillstand - F.
William Engdahl
[5] ›Der Europäer‹
Jahrgang 18 Nr. 67 April / Mai 2014 sowie https://www.bueso.de/node/7085
12. 3. 14 CDU-Politiker Willy Wimmer zum Putsch in
Kiew: «Angela Merkel soll sich zu Nazis in der Regierung äußern» [6] http://www.heise.de/tp/artikel/42/42133/1.html
2. 7. 2014
Krieg ist wieder drin - Von Christoph Jehle
[7] ›Basler Zeitung‹ vom 10.
April 2007
[8] http://www.wsws.org/de/2009/feb2009/sich-f10.shtml 10. 2. 2009 Münchner
Sicherheitskonferenz: US-Vizepräsident Biden kündigt Fortsetzung der
aggressiven US-Militärpolitik an - Von Ulrich Rippert
[9] http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2753 4. 2. 18 Eric
Margolis - Es stimmt: Die NATO hat mit ihrer Osterweiterung Zusagen gebrochen
[10] https://uncutnews.ch/krieg-in-der-ukraine-und-alles-ist-in-aufruhr/ 25. 2. 22 Krieg
in der Ukraine, und alles ist in Aufruhr – Von Wolfgang Bittner
[11] ›Strategic
Alert‹ Jahrgang 35, Nr. 8 vom 23. 2. 22
[12] http://bazonline.ch/ausland/europa/Putin-erkennt-Krim-als-unabhaengigen-Staat-an/story/23788308 17. 3.
2014
[13] https://www.anderweltonline.com/klartext/klartext-20191/europawahl-beim-kampf-gegen-rechts-sind-alle-mittel-erlaubt/ 11.
4. 19 Beim
›Kampf gegen Rechts‹ sind
alle Mittel erlaubt - Von Peter Haisenko
[14] https://uncutnews.ch/was-in-der-ukraine-wirklich-vor-sich-geht/ 27. 2. 22 Was in der Ukraine wirklich vor sich geht
[15] https://www.srf.ch/kultur/gesellschaft-religion/autorin-katja-petrowskaja-putin-ist-es-egal-ob-er-die-welt-in-die-luft-sprengt
25. 2. 22
Interview [16] https://unser-mitteleuropa.com/eilt-ukraine-stimmt-verhandlungen-mit-russland-zu-russland-besteht-auf-entmilitarisierter-neutraler-ukraine/ 25.
2. 22
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