«Die Mainstream-Medien sind Teil eines Propagandakrieges» - Von John Pilger 30.07.2022 12:41
Der australische Journalist, Autor und Dokumentarfilmer gilt als einer der letzten grossen Journalisten unserer Zeit;
er hat, wie er sagt, sein Leben dem Streben nach Wahrheit gewidmet, was Berichte über neue Kriege einschliesst. Noch nie aber habe er eine Berichterstattung gesehen, »die so vollständig von einem Tsunami von Hurrapatriotismus und manipulativem Hurrapatriotismus» geflutet worden sei wie die des Ukraine-Kriegs«. »Und genau deshalb sollte man nichts mehr glauben«; und nicht übersehen werden dürfe die westliche Stimmungsmache und der Aufmarsch gegen China. Anfeindungen nimmt er gelassen. In der ›South China Morning Post‹ erschien kürzlich
ein Interview, das mit Pilger geführt worden war; in diesem erinnerte er an die
Rolle der Propaganda bei Kriegen. »Sie müssen bedenken, dass dies vor allem ein
Krieg der Propaganda ist. Und ich denke, man kann kaum etwas von dem, was in
der westlichen Presse über den Einmarsch in die Ukraine erscheint, trauen«. Skepsis
sei am Platz, er sei sich aber nicht sicher, ob die Leser und Zuschauer in den
USA und Europa die Fähigkeit dazu besitzen. »Das ist jetzt entscheidend, denn
man kann nichts mehr glauben. Jeden Tag, wenn ich die Medien lese, schaue ich
mir die Quelle an, und es ist der ukrainische Geheimdienst«; die
Propagandaoperation in der Ukraine sei ›ziemlich brillant‹. »Sie haben es geschafft,
einen Angriff mit chemischer Kriegsführung zu erfinden, ohne dass es einen gab.
Sie haben es geschafft, aus den westlichen Medien herauszuhalten, dass ein
grosser Teil der Ukraine verseucht ist, wenn nicht von, so doch mit wahren
Extremisten: Faschisten, ›Neonazis‹
werden sie genannt«. Die Vereinigten Staaten spielen die führende Rolle in der
Ukraine. Man dürfe aber nicht vergessen, »dass sich die USA einen Dreck um die
Ukraine scheren. Die Ukraine ist nur ein Spielball in diesem Spiel«. Ziel der
USA sei, so deren Verteidigungsminister wörtlich und öffentlich, die Russische
Föderation zu zerstören. »Das ist schon seit langem bekannt. Das ist
wahrscheinlich das gefährlichste Projekt in der heutigen Welt, denn die Russen
werden das nicht zulassen«.
China von 40 US-Basen umzingelt
Als Australier beobachtet Pilger auch die Stimmungsmache gegen China. »Es sei
ein ›sanfter Krieg‹, der bereits gegen China geführt wird. Das
ist es, womit wir Tag für Tag leben. Das ist extrem gefährlich«. Oft werde
tendenziös über Chinas Selbstbehauptung im Südchinesischen Meer berichtet,
Tatsache sei aber, und das werde gezielt verschwiegen, »dass China von etwa 40
US-Basen umgeben ist, den ganzen Weg von Australien über den Pazifik bis hinauf
nach Asien, bis nach Korea und Japan und Okinawa. Schwimmende Basen, die alle
auf das industrielle Kernland China abzielen«. Auf die Frage, wie es um die
Unabhängigkeit Australiens von den USA bestellt sei, erklärte Pilger: »Australien
folgt den Vereinigten Staaten. Die australische Aussenpolitik, das Militär,
sein Geheimdienst, seine Medien sowie ein grosser Teil des öffentlichen
intellektuellen Lebens ist in die Vereinigten Staaten integriert«. »Es sei oft
eine Beleidigung, Australien als 51. Staat der USA zu bezeichnen. Aber Australien
ist es«. Was die USA begehrten, das bekämen sie normalerweise auch. [1]
»Die Ukraine«, schreibt Oscar Silva-Valladares, ehemaliger
Investmentbanker, der in Nord- und Lateinamerika, West- und Osteuropa,
Saudi-Arabien, Japan, auf den Philippinen und in Westafrika gelebt und
gearbeitet hat, »verliert den Krieg, und Europa auch. Der Kern der gegenwärtigen
Probleme Europas ist seine Unfähigkeit, seine wirtschaftlichen und
sicherheitspolitischen Interessen mit genügend Autonomie in Einklang zu
bringen, um seine eigenen Interessen wahrnehmen zu können. Sie hat ihre Wurzeln
in der Architektur der Zeit nach dem Zweiten
Weltkrieg und in den Folgen des Zusammenbruchs der Sowjetunion. In Bezug auf
die Ukraine manifestierte sie sich in dem Versagen, die Vereinbarungen von Minsk
durchzusetzen, die eindeutig einen russisch-ukrainischen Friedenspfad boten,
aber aufgrund des unerbittlichen Drucks der USA und der Ukraine von Frankreich
und Deutschland nicht durchgesetzt werden konnten.
Europa versucht seit Jahren, seine Energiequellen zu
diversifizieren, hatte aber keinen umfassenden Notfallplan, um den Auswirkungen
des plötzlichen Abbruchs des Zugangs zu Russlands Öl und Gas seit Beginn des
Ukraine-Kriegs entgegenzuwirken. Die europäischen Politiker haben das
Substitutionspotential anderer Energiequellen (wie LNG) masslos übertrieben und
sehen sich nun gezwungen, Alternativen zu akzeptieren, die noch vor nicht allzu
langer Zeit als politisch nicht vertretbar galten, wie die Wiederaufnahme der
Kohleförderung in Deutschland.
Wie konnte es zu dieser groben Fehlkalkulation kommen?
Offensichtlich war die europäische Führung nicht in der Lage, die tatsächlichen
wirtschaftlichen Folgen des gegen Russland geführten Wirtschaftskriegs in
Europa und darüber hinaus vorherzusehen. Eine Erklärung für die Kühnheit und
das Selbstvertrauen, mit denen die Europäer zu Beginn des Krieges gegen
Russland auftraten, war die feste Überzeugung, dass die Kombination aus
antirussischen Sanktionen und militärischer Unterstützung für die Ukraine zu
einer erheblichen Schwächung des politischen, sozialen und militärischen
Ansehens Russlands und damit zu dessen Niederlage führen würde. Dies erklärt
beispielsweise die kühnen Erklärungen, dass der Krieg nur vor Ort gelöst werden
würde, wie es der EU-Aussenbeauftragte im März zuversichtlich sagte.
Man kann argumentieren, dass die Fehleinschätzung des
Kriegsausgangs ihre Wurzeln in fehlerhaften US-amerikanisch-britischen
Geheimdienstinformationen hat, die Russlands Niederlage durch wirtschaftliche
Kriegsführung und daher eine begrenzte Auswirkung von Sanktionen auf Europa
vorhersagten. Dass dies nicht der Fall war, hat die europäische Führung nun
dazu veranlasst, um Lösungen zu ringen. In der Zwischenzeit sind die
politischen Auswirkungen bereits spürbar, wobei die Premierminister Grossbritanniens
und Italiens die sichtbarsten Opfer der innenpolitischen Ereignisse sind, die
durch ihre eigenen russischen Sanktionen ausgelöst wurden.
Noch wichtiger ist, dass die verbleibende europäische
Führung [angeführt von Scholz, von der Leyen und Macron] offenbar nicht bereit
ist, ihren Kurs zu ändern, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Es hat den Anschein, dass nur bedeutende politische
Veränderungen in den europäischen Ländern, auf die es ankommt, namentlich
Frankreich, Deutschland und Italien, eine sinnvolle Abkehr vom derzeitigen Weg
der Konfrontation mit Russland und letztlich der wirtschaftlichen
Selbstzerstörung ermöglichen werden. Andernfalls wird jede politische
Initiative zur Beilegung des Krieges in den Händen Russlands und der
Vereinigten Staaten von Amerika liegen, und wenn das der Fall ist, wird eine
dauerhafte Einigung nicht im Sinne der europäischen Interessen sein. Es wäre
tragisch, wenn ein europäisches Kernproblem wie der Ukraine-Krieg letztlich
durch die Machenschaften einer euroasiatischen und einer amerikanischen Macht
gelöst würde«. [2]
Wie der Autor Jürgen Todenhöfer in seinem Artikel über
die wechselnden Feindbilder des Westens ausführt, »macht der Hass des
Mainstreams auf Russland dem Westen das Leben leichter. Wenn Russland das Böse
ist, fällt es viel leichter, die eigenen Kriege als tapferen Kampf für
Menschenrechte und Demokratie darzustellen. Da die Anti-Terrorkriege alle
ziemlich chaotisch und oft auch als Niederlage endeten, fingen sie an, die
amerikanische Wählerschaft zu langweilen. Also musste ein anderes Feindbild
her. Die Wahl fiel auf Russland, das den USA wie alle früheren ›Feinde‹
letztlich einen perfekten Vorwand lieferte.
Jahrelang von den USA mit Sanktionen und gebrochenen Zusagen provoziert,
überfiel es im Februar 2022 die Ukraine. Für die USA kam dieser Krieg genau zur
rechten Zeit. Noch immer haben sie keine überzeugende Strategie gegenüber ihrem
Hauptrivalen China. Das Ausschalten Russlands, des wichtigsten potentiellen
Verbündeten Chinas, würde auch China schwächen, und das war in jedem Fall ein
erstrebenswertes Zwischenziel im Kampf um die Verteidigung der Weltherrschaft. Mit
sanftem Druck gelang es den USA, die Europäer zu Waffenlieferungen an die
Ukraine zu bewegen. Ihr genialster Streich allerdings war, die Europäer zu
Sanktionen zu bewegen, die ihnen mehr schaden als Russland.«
Ohne die Unterstützung der Mainstream-Medien wären die
Erfindung von Feindbildern und das Überziehen der Welt mit Kriegen nicht
möglich. Wer das nächste Feindbild sein wird, ist nicht schwer zu erraten.
China hat gute Chancen, diese gefährliche Rolle in den internationalen
Beziehungen zu spielen. Ein Vorwand wird sich im richtigen Augenblick schon
finden lassen. [3]
»Es gibt einige Dinge«, erklärte Philip Giraldi in seiner
Rede am 23. Juli auf der ›Peace and Freedom Rally‹ in Kingston
New York, »die ich über die Anarchie, die sich als US-Aussenpolitik ausgibt,
für wahr halte.
Erstens, und das ist das Wichtigste, glaube ich nicht, dass irgendein Wähler
Joe Biden gewählt hat, weil er oder sie wollte, dass er unerbittlich einen
unnötigen Konflikt mit Russland verfolgt, der leicht zu einem Atomkrieg mit
unvorstellbaren Folgen für alle Parteien eskalieren könnte. Biden hat kürzlich
erklärt, dass die USA die Ukraine so lange unterstützen werden, ›bis wir
gewonnen haben‹, und da bereits
Waffen im Wert von zig Milliarden Dollar an die Ukraine geliefert werden und
amerikanische ›Berater‹ vor Ort sind, ist dies ein Szenario, in
dem amerikanische und russische Soldaten wahrscheinlich bald aufeinander schiessen
werden. Der serbische Präsident und Kolumnisten wie Pat Buchanan und Tulsi
Gabbard sind der Meinung, dass wir uns de facto bereits im Dritten Weltkrieg
befinden, und man muss sich fragen, wie das Weisse Haus mit der Missachtung der
in der US-Verfassung verankerten Kriegsbefugnisse davonkommt.
Zweitens glaube ich, dass die Russen an die Vereinigten
Staaten und ihre Verbündeten mit einigen recht vernünftigen Forderungen
bezüglich ihrer eigenen nationalen Sicherheit herangetreten sind, da ein
feindliches Militärbündnis vor ihrer Haustür zu landen drohte. Die Fragen, um
die es ging, waren durchaus verhandelbar, aber die USA weigerten sich, auf
irgendetwas einzugehen, und Russland sah sich gezwungen, militärisch
einzugreifen. Dennoch gibt es so etwas wie einen guten Krieg nicht. Ich lehne
es kategorisch ab, dass jemand in einen anderen Staat einmarschiert, es sei
denn, es besteht eine unmittelbare Bedrohung, aber die Verantwortung dafür, wie
sich die Situation in der Ukraine entwickelt hat, liegt bei Washington.
Drittens bin ich der Meinung, dass insbesondere die US-amerikanische und die
britische Regierung die Bevölkerung schonungslos belogen haben, und dass die
Medien in den meisten westlichen Ländern an der Verbreitung dieser Lügen
beteiligt sind, um die Kriegsanstrengungen gegen Russland in der Ukraine zu
unterstützen. Die Lügen betreffen sowohl die Entstehung als auch den Verlauf
des Krieges, und es gab auch anhaltende Bemühungen, Präsident Wladimir Putin
und alles Russische zu dämonisieren, einschliesslich Lebensmittel, Getränke,
die russische Sprache und Kultur und sogar Profisportler. Das jüngste Opfer ist
eine Tschaikowsky-Sinfonie, die in Kanada verboten wurde. Putin wird persönlich
für die Inflation, die Lebensmittelknappheit und die Energieprobleme
verantwortlich gemacht, die eigentlich eher die Schuld der von Washington
angeführten unüberlegten Reaktion auf ihn sind. Es entbehrt nicht einer
gewissen Ironie, dass Biden der Ukraine 1,7 Milliarden Dollar für das
Gesundheitswesen zur Verfügung stellt, während die Gesundheitsversorgung in den
USA allgemein als eine der schlechtesten in der entwickelten Welt gilt.
Ich glaube, dass Russland den Krieg auf komfortable Weise
gewinnt und die Ukraine gezwungen sein wird, Territorium abzugeben, während der
amerikanische Steuerzahler die Rechnung für die rücksichtslose Ausgabenpolitik
bekommt, die sich derzeit auf über 60 Milliarden Dollar beläuft, während er
sich auch auf eine galoppierende Inflation, Energieknappheit und, im
schlimmsten Fall, einen möglichen Zusammenbruch des Dollars freuen kann«. [4]
Der abschliessende extrem düstere Kommentar ist einem Artikel von Eric Margolis,
ehemaliger Kolumnist für führende Zeitungen in Dubai und Katar, entnommen: Er hat
die gegenwärtige Kriegslage wie folgt beurteilt: »Washingtons Einmischung in
die Ukraine droht einen nuklearen Zusammenstoss mit Moskau in einem Teil der
Welt zu provozieren, an dem die USA nie ein strategisches oder historisches
Interesse hatten. Den meisten Amerikanern und dem Kongress ist das ziemlich
egal«. [5]
[1] https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2022/nr-16-26-juli-2022/die-mainstream-medien-sind-teil-eines-propagandakrieges - auszugsweise -
Zeit-Fragen Nr. 16 vom 26. 7. 22
»This is a war of propaganda« - John Pilger on Ukraine and Assange. Talking
Post with Yonden Lhatoo. ›South China Morning Post‹ vom 9. 7. 2022
https://www.youtube.com/watch?v=u9pEotvlW-s
[2] http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_27_dieukraine.htm
http://www.ronpaulinstitute.org/archives/featured-articles/2022/july/27/ukraine-is-losing-the-war-and-so-is-europe/ 27. 7. 22
Ukraine is Losing the War, and So is Europe - By Oscar Silva-Valladares
[3] https://www.nachdenkseiten.de/?p=86365 28. 7. 22
Jürgen Todenhöfer über die wechselnden Feindbilder des Westens
[4] http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_29_dieamerikanische.htm Die
amerikanische Lügenfabrik - Von Philip Giraldi https://www.unz.com/ 26. 7. 22
The
All-American Lie Factory
[5] http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_26_dennahenosten.htm
26. 7. 22 Den Nahen Osten für Diktatoren sicherer machen – Von Eric
Margolis
https://ericmargolis.com/2022/07/keeping-the-mideast-safer-for-dictators/
25. 7. 22 KEEPING THE MIDEAST SAFER FOR
DICTATORS - By Eric Margolis
Siehe hierzu auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2753 4. 2. 18 Eric Margolis - Es stimmt: Die NATO hat mit ihrer Osterweiterung
Zusagen gebrochen
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