Die Nutznießer der weltweiten Kriege - von Hans Fricke, Rostock

Als hätte es die 1961 vom scheidenden US-Präsidenten Eisenhower ausgestoßene Warnung vor einer »neuartigen Verbindung eines immensen Militärestablishments und einer riesigen Rüstungsindustrie« nie gegeben, bereitet die EU genau dieser überaus gefährlichen Verbindung seit Jahren den Weg und finanziert die immer dreister werdenden Forderungen der europäischen Rüstungsindustrie hinter dem Rücken der Öffentlichkeit. Symptome einer komplexhaften Verbindung von Kapital, Militär und Teilen des Staatsapparates, außerdem auffällige Konzentrationserscheinungen in rüstungsrelevanten Wirtschaftszweigen und nicht zuletzt ein intensiver Personalaustausch zwischen den entsprechenden Eliten sowie eine forschungs- und technologiepolitische Schwerpunktsetzung auf die Entwicklung neuartiger Waffensysteme mit neuer Qualität und europäischer transnationaler Dimension sind seit 1999/2000 nicht mehr zu übersehen.

Im »Positionspapier der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zur Europäischen Verteidigungsagentur« (bei ihrer Gründung im Jahr 2004 hieß sie zutreffenderweise noch »Rüstungsagentur«, bevor sie aus sprachkosmetischen Gründen in »Verteidigungsagentur« umbenannt wurde), wird, kurz gesagt, gefordert, die Militarisierung der EU unumkehrbar zu machen, damit die deutsche Rüstungsindustrie ihr Potential zur Profitmaximierung durch »Europäisierung« voll ausschöpfen kann. So wie bereits auf dem Kölner EU-Gipfel im Januar 1999 unter deutscher Ratspräsidentschaft das Startzeichen für den bis heute andauernden Prozeß  der Transnationalisierung und Monopolisierung in der europäischen Rüstungsindustrie gegeben wurde, so darf man in der ab Januar 2007 beginnenden deutschen EU-Ratspräsidentschaft von einer noch engeren strategischen Abstimmung von Militär, Politik und Wirtschaft ausgehen. Dabei soll besonderes Augenmerk »den schnell verlegbaren europäischen Gefechtsverbänden (insgesamt sind 19 EU-Battle Groups geplant), die vom 1, Januar 2007 an für den Einsatz in Krisengebieten zur Verfügung stehen« gelten. Daß diese Politik die besondere Unterstützung der Bundesregierung hat, ist hinreichend bekannt (für Deutschland würde sie eine Erhöhung des Militärhaushalts von 23,9 Milliarden Euro auf 44 Milliarden bedeuten).
 
Kriegs- und Militäreinsätze sind das Schmieröl der europäischen Rüstungsindustrie. Einzelne Kommentatoren reklamieren sogar schon die Führung Europas im weltweiten Militäreinsatz des Westens als Transmissionsriemen für eine gemeinsame EU-Militärpolitik: »Nun ergibt sich mit dem Libanon-Konflikt jedoch eine historische Chance für Europa. Die europäische Führungsrolle könnte der entscheidende Schritt in Richtung einer gemeinsamen europäischen Sicherheits- und Außenpolitik  werden.« Es ist höchste Zeit, diesem  völkerrechtswidrigen Treiben ein Ende zu setzen und all jenen Politikern und Militärs die Gefolgschaft zu verweigern, die sich 62 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg anschicken, die Lebensinteressen unseres  Volkes und anderer Völker aufs neue substantiell zu gefährden.
 
Hans Fricke, Rostock