Seltsame «Vorkehren zur Klimarettung» Wenn Zehntausend nach Bali jetten - Von Ulrich Schlüer

Wenn sich Funktionäre weltumspannend eines Themas annehmen, dann leisten sie meist gründliche Arbeit. Stehen - wie derzeit im Blick auf Klimaprobleme - unbegrenzte Budgetmittel aus Steuergeldern zur Verfügung, dann werden die Milliarden hemmungslos zum Fliessen gebracht. Nicht, dass Klimaprobleme nicht ernsthafte Diskussion und Behandlung verdienten. Nicht, dass sich nicht jeder Einzelne auf der Welt so aufführen sollte, dass auch der Nachwelt von der Schöpfung noch etwas übrig bleibt. Nein: Es geht uns nicht um oberflächliche Problemverachtung.

Engagement oder Aktivismus?
Ob dem Klima allerdings geholfen wird, ob der Schöpfung damit Respekt gezollt wird, dass sich zehntausend Funktionäre aus allen Winkeln des Erdballs per Flugzeug nach Bali verfrachten lassen? Und sich diese zehntausend Funktionäre von mindestens ebenso vielen Medienschaffenden begleiten lassen, damit auch ja die ganze Welt vom «guten Tun» dieser Funktionäre umfassendst ins Bild gesetzt werde. Zu solchem Aktivismus erlauben wir uns ein Fragezeichen zu setzen - ohne dass uns dies als Verachtung ernsthafter Umweltprobleme ausgelegt werden darf. Auf der schönen Insel Bali haben also zehntausend Funktionäre konferiert. Und Ergebnisse präsentiert. Ergebnisse in Form von Appellen. Appelle nach neuen Steuern, nach höheren Abgaben, nach zusätzlichen Gebühren. Appelle, die Milliarden für den «Kampf gegen den Klimawandel» zum Fliessen bringen sollen.

Neue Steuern - wofür denn?
Neue Geldflüsse für neue Massnahmen? Oder zusätzliche Milliarden, um Heerscharen von das Klimaproblem verwaltenden Funktionären zu entlöhnen? Damit diese gelegentlich wieder in Zehntausender-Besetzung nach Bali - oder an einen anderen schönen Ort auf diesem Erdball - reisen können? Millionen Liter Flugbenzin verbrennend? Wer hat denn die neuen Steuern, Abgaben und Gebühren zu leisten, zu erwirtschaften? Dumme Frage! Jene natürlich, die auf dieser Erde produzieren, die Werte schaffen. Was wird diesen Produzenten, diesen Wertschöpfern zugemutet, auf dass höhere Abgaben von ihnen einverlangt werden können?

In der Tat: Die Funktionäre, die mehr Abgaben von Leistungserbringern verlangen, zwingen die Wirtschaft zu Produktionssteigerungen. Oder zu verbesserter Produktivität. Höhere Produktion verlangt höheren Ressourceneinsatz. Verbesserte Produktivität verlangt höheren Energieeinsatz. Ob diese beiden Erfordernisse das Klima tatsächlich entlasten? Eine Frage, die offenbar «politically incorrect» ist - schliesslich streben all diese Funktionäre doch nach «dem Guten», weshalb sie sich auch selbst als «gute Menschen» etikettieren. Und guten Menschen darf man keine unbequemen Fragen stellen.

Steuer-Forderungen auch in der Schweiz
Die Schweizer Funktionäre des Klimaschutzes marschieren bereits Arm in Arm mit ihren internationalen Kollegen: Eine Energiesteuer in der Grössenordnung «von so um die fünf Prozent» präsentieren sie uns als Ergebnis von Bali: 6 % neue Energiesteuer, beschwichtigen sie zum voraus, habe keinerlei Auswirkungen auf Produktion und Arbeitsplätze - das Wachstum werde nicht im geringsten beeinträchtigt. Ob die gleichen Funktionäre Gleiches beteuern würden, wenn jemandem die Behauptung in den Sinn käme, auch von einem fünfprozentigen Mietzinsaufschlag würde gewiss keine nennenswerte Konsequenz         ausgehen. . .? Doch halt: Auch solcher Vergleich ist «politically incorrect», darf also, wo «gute Menschen» handeln, nicht angestellt werden.

Die direkte Demokratie stört
Die anvisierte Energiesteuer, behaupten Berns Energie-, Klima- und Umweltfunktionäre weiter, sei deshalb unbedenklich, weil die damit generierten Einnahmen in Form von Prämien an vorbildliche Energienutzer unverzüglich wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückflössen, also gleichsam «belastungsneutral» seien. Darf man aus dieser Beteuerung schliessen, dass all die Heerscharen von Funktionären, die aufgrund komplizierter Berechnungsmodelle festzustellen haben, wer Energieabgaben zu leisten hat und wer Energieprämien entgegennehmen darf, allein für Gotteslohn arbeiten? Dass sie als Funktionäre der Umverteilung gewillt sind, für ihr eigenes Tun keinerlei Steuergelder zu beanspruchen? Oder sind sie, weil grundsätzlich «Gutes tuende Menschen», vor solchen vielleicht etwas unbequemen Fragen grundsätzlich zu schützen? Den Schutz haben sie nötig, diese Funktionäre, müssen sie die Schweiz und die Schweizer doch mit der höchst unbequemen Wahrheit konfrontieren, dass unser Land bei der Internationale der Klimafunktionäre ohnehin schlecht dastehe. Weil die Energiebelastung in der Schweiz aus Sicht dieser internationalen Funktionäre viel zu tief sei. Und weil der Mechanismus, der in der Schweiz bei der Beschlussfassung über Abgaben eingehalten werden müsse, «erhöhungsfeindlich» sei. Diese Botschaft wurde zu Bern verstanden: Das Hindernis für exorbitante Energiebesteuerung heisst direkte Demokratie. In der direkten Demokratie kann bekanntlich ohne Verfassungsänderung keine neue Steuer erhoben werden. Dies räumt dem Souverän das letzte Wort über Steuererhöhungen ein. Ein Umstand, der bremsende Wirkung hat. Funktionäre anderer Länder kennen dieses Hindernis nicht. Sie können Steuererhöhungen einfach dekretieren - dem Bürger dort bleibt nur die Faust im Sack. In der Schweiz muss der Steuerzahler gefragt werden. Und er besitzt die Freiheit, auch Nein sagen zu dürfen.

Leuenberger findet den Dreh
Doch die Freiheit zum Nein ist gefährdet. Das Departement Leuenberger hat den Wink der internationalen Funktionäre nur allzu bereitwillig verstanden. Und präsentiert ein Besteuerungsmodell, das den lästigen Bürger, der zu neuen Abgaben Nein sagen könnte, flugs ins Abseits manövriert. Leuenberger will bekanntlich Strassenzölle einführen - etwas, das unser Land seit dem Mittelalter nicht mehr kennt. Er nennt sie Road Pricing. Und will sie von jenen erheben, die mit dem eigenen Fahrzeug die Städte aufsuchen wollen. Auch die Einführung des Road Pricing wäre von Rechts wegen ohne Verfassungsänderung, also ohne Zustimmung der Bürger, nicht möglich. Weil die Popularität dieser Neuauflage mittelalterlicher Strassenzölle, wie vom Bund engagierte Meinungsbefrager offenbar herausgefunden haben, alles andere als hoch ist, will Leuenberger die Demokratie jetzt umgehen. Er gestattet den links-grünen Stadtregierungen, die nach Millionen aus neuen Strassenzöllen dürsten, «Versuchsbetriebe» einzurichten. Sie sollen die neuen Steuern«auf Probe» einführen dürfen. Vorerst nur punktuell, nicht flächendeckend. Denn für punktuelle Einführung, dekretiert Leuenberger, erübrige sich die Änderung der Bundesverfassung. Für «Versuche» brauche die Verfassung doch nicht geändert zu werden.  

Dass die geldhungrigen Funktionäre das Ergebnis der Versuche längst in ihrer Schublade haben, dass sie, um die neue Steuer zu begründen, gar nicht auf Versuche angewiesen sein wollen, das pfeifen die Spatzen, welche die Schröpftechniken der Funktionäre durchschaut haben, längst von allen Berner Dächern. Es geht ja auch nur darum, eine klare Verletzung der Bundesverfassung zu tarnen. Leuenberger will diese neue Steuer, auf dass die Umverteilung neuen Schub erhalte und die Schweiz von internationalen Funktionären endlich gelobt würde. Denn die internationalen Funktionäre interessieren das Departement Leuenberger weit mehr als die schweizerischen Steuerzahler und Bürger.

Ulrich Schlüer ist Chefredaktor der «Schweizerzeit»