Gaza - Die Waffen und möglicher Kriegsgrund

Bereits am 15. Dezember hatte ein deutscher Carrier eine mächtige Waffen- und Munitionsladung vom US-Hafen Sunny Point in North Carolina zum israelischen Hafen Ashdod transportiert.

Auch diese Lieferung stand, so zitiert Reuters einen Londoner Militäranalysten, in Zusammenhang mit dem geplanten israelischen Angriff auf Gaza [1]. Die Ladung umfaßte 989 Container, allein das Nettogewicht der Explosivstoffe wurde mit 2,6 Millionen kg (2600 Tonnen) deklariert. Im September 2008 hatte der US-Kongreß den Verkauf von 1000 bunkerbrechender GBU-39 Bomben an Israel genehmigt. Ebenfalls im September erhielt Israel von den USA ein Raketenfrühwarnsystem, das von in Israel stationierten US-Soldaten bedient wird. Laut Reuters hat die Jerusalem Post selbst über die Lieferung dieser Bomben berichtet. Unter Berufung auf Militärbeamte erklärte das Blatt, die erste Lieferung sei Anfang Dezember angekommen und die Bomben seien in Gaza genutzt worden, um die unterirdischen Raketenwerfer-Stellungen der Hamas zu zerstören. Wie es weiter heißt, will die USA noch in diesem Monat tonnenweise Waffen von Griechenland aus nach Israel zu liefern. Der Nachrichtenagentur Reuters liegen die Ausschreibungsunterlagen vor: Bei der als »Munition« deklarierten Ladung gehe es um 325 Standardcontainer, die auf zwei Schiffen vom griechischen Hafen Astakos zum israelischen Hafen von Ashdod gebracht werden müssen; erwähnt wird ein »Gefahrguttransport mit explosiven Stoffen und Sprengstoffen«; Details werden nicht genannt. Die erste Charge Waffen soll bis spätestens 25. Januar, die zweite am Ende des Monats geliefert werden. Laut Reuters will eine deutsche Firma den Transport übernehmen. Auf diese Berichte reagierte die Volksfront zur Befreiung Palästinas (PFLP) mit einem Blockadeaufruf an Reedereien und Hafenarbeiter. Diese sollten alles tun, um Waffenlieferungen nach Israel zu stoppen. Die griechische Regierung dürfe eine Ausfuhr nicht genehmigen. Wer dennoch Waffen an Israel liefere, habe das Blut der Menschen aus Gaza an seinen Händen 2. Man stelle nun diesen Waffenlieferungen den Fakt gegenüber, daß die Toten im Gazastreifen inzwischen auf 1 000 gestiegen ist, fast ein Drittel hiervon sind Kinder, und die Zahl der Verletzten bei 5000 liegt. Wenigstens war der jungen Welt vom 16. Januar fürs erste jetzt zu entnehmen, daß die Griechen das Waffenschiff für Israel ratsächlich gestoppt hätten und daß die US-Pläne für den Militärtransport aus Sicherheitsgründen verschoben worden seien 3.
 
Ungeachtet immer lauter werdender internationaler Proteste hat Israel, wie am 14. 1. gemeldet  2, seine Aggression gegen das palästinensische Autonomiegebiet im Gazastreifen weiter verschärft, dies mit der Begründung, Waffenlager und Infrastruktur der Hamas auszuschalten. Es wurden erneut Brandbomben eingesetzt, auch wenn der weiße Phosphor bereits in den vergangenen Tagen zu schweren Verbrennungen bei vielen zivilen Opfern geführt hatte. Besonders empört über seine offensichtliche Machtlosigkeit zeigte sich UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, der in den kommenden Tagen in Ägypten, Jordanien und Israel, dem palästinensischen Westjordanland, in der Türkei, in Libanon, Syrien und Kuwait seinen Appell zu einem sofortigen Waffenstillstand erneuern will.
 
Möglicher Kriegsgrund
Einen solchen legt der Professor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Ottawa, Michel Chossudovsky, in dem nachfolgenden Artikel dar 4; dieser deckt gleichzeitig auf, auf welche Weise die Palästinenser um den Ertrag ihrer Ressourcen gebracht werden könnten.
 
Krieg und Erdgas: Die israelische Invasion und Gazas küstennahe Gasfelder
Die militärische Invasion israelischer Truppen des Gazastreifens hat einen direkten Zusammenhang mit der Kontrolle und dem Besitz der strategischen Gasreserven vor der Küste. Dies ist ein Eroberungskrieg. Entdeckt wurden die ausgedehnten Gasreserven vor der Küste im Jahr 2000. British Gas (BG Group) und ihrem Partner, der in Athen ansässigen internationalen Consolidated Contractors Company (CCC), die der libanesischen Sabbagh und Khouri-Familie gehört, wurden die Öl- und Gasausbeutungsrechte in einem 25-Jahresabkommen gewährt, das im November 1999 mit der Palästinensischen Behörde unterzeichnet worden war.
 
Die Rechte der küstennahen Gasfelder sind wie folgt aufgeteilt: British Gas (60%); Consolidated Contractors (CCC) (30%); Investment Fund der Palästinensischen Behörde (10%) (laut Haaretz vom 21. 10. 07) Das PA-BG-CCC-Abkommen schließt die Feldentwicklung und den Bau einer Gas-Pipeline ein (Middle East Economic Digest, 5. 1. 2001). Die BG-Lizenz deckt das gesamte küstennahe Gaza-Gebiet ab, das an mehrere israelische Gaseinrichtungen angrenzt. Es sollte angemerkt werden, daß 60 % der Gasreserven entlang der Gaza-Israel-Küste zu Palästina gehören. Die BG-Group bohrte im Jahr 2000 zwei Quellen: Gaza Marine-1 und Gaza Marine-2. Die Reserven werden von British Gas auf 1,4 Trillionen cubic-foot geschätzt, die einen Wert von annähernd 4 Milliarden US-Dollar haben sollen. Diese Zahlen wurden von der British Gas veröffentlicht. Der Umfang von Palästinas Gasreserven könnte viel größer sein.
 
Wem gehören diese Gasfelder?
Das Problem der Herrschaft über die Gaza-Gasfelder ist sehr wichtig. Nach rechtlichem Standpunkt gehören diese Bodenschätze Palästina. Der Tod Yasser Arafats, die Wahl der Hamas-Regierung und das Ende der palästinensischen Behörde ( im Gazastreifen) hat es Israel ermöglicht, die de facto Kontrolle über Gazas küstennahe Gasreserven zu übernehmen. British Gas hat mit der Tel Aviver Regierung ein Geschäft gemacht. Die Hamasregierung hat man so hinsichtlich der Erforschung- und Entwicklungsrechte über die Gasvorkommen umgangen. Die Wahl von Ministerpräsident Ariel Sharon 2001 war ein Wendepunkt. Palästinas Herrschaft über die küstennahen Gasfelder wurden vom Obersten Gerichtshof angefochten. Sharon stellte eindeutig fest, daß »Israel nie von Palästina Gas kaufen werde« und gab zu verstehen, daß die küstennahen Gasfelder Gazas Israel gehören würden.
 
2003 verhinderte Sharon ein anfängliches Geschäft, das British Gas erlauben würde, Israel mit dem Gas von den küstennahen Gasquellen zu versorgen (The Independent, 19. 8. 2003) Der Wahlsieg der Hamas 2006 brachte das Ende der palästinensischen Behörde - die dann unter dem stellvertretenden Regime von Mahmoud Abbas auf die Westbank beschränkt wurde. 2006 war British Gas »nahe daran, ein Geschäft mit Ägypten abzuschließen, um Gas nach dort zu pumpen«. (Times, 23. 5. 2007). Der britische Ministerpräsident Tony Blair intervenierte im Namen Israels, um das Abkommen zu verschieben. Im darauffolgenden Jahr billigte das israelische Kabinett im Mai 2007 einen Vorschlag von Ministerpräsident Olmert, »Gas von der palästinensischen Behörde zu kaufen.« Es ging um 4 Milliarden US-$ mit einem Profit von 2 Milliarden, von denen 1 Milliarde an die Palästinenser gehen sollten. Tel Aviv hatte jedoch nicht die Absicht, die Einkünfte mit Palästina zu teilen. Ein israelisches Unterhändler-Team wurde vom israelischen Kabinett zusammengestellt, um mit der BG Group einen Deal auszuarbeiten, bei der die Hamas-Regierung und die palästinensische Behörde umgangen wird: »Die israelischen Verteidigungsbehörden wollen, daß die Palästinenser mit Waren und Diensten bezahlt werden. Sie bestehen darauf, daß die von Hamas kontrollierte Regierung kein Geld erhält.«
 
Das Ziel war im Wesentlichen, den 1999 zwischen der BG-Group und der palästinensischen Behörde unter Arafat unterzeichneten Vertrag rückgängig zu machen. Nach dem vorgeschlagenen Abkommen von 2007 mit BG sollte das palästinensische Gas von Gazas küstennahen Gasquellen in einer Unterwasserpipeline in den Hafen von Ashkalon gepumpt und dabei die Kontrolle über den Verkauf Israel übertragen werden. Das Geschäft mißlang. Die Verhandlungen wurden suspendiert. Der Mossad-Chef war aus Sicherheitsgründen dagegen …. Es war Israels Absicht gewesen, die Möglichkeit, daß Lizenzgebühren an die Palästinenser bezahlt würden, auszuschließen. Im Dezember 2007 zog sich die BG-Group von ihren Verhandlungen mit Israel zurück und schloß im Januar 2008 ihr Büro in Israel.
 
Der Invasionsplan auf dem Reißbrett
Der Invasionsplan für den Gazastreifen unter dem Decknamen »Operation Gegossenes Blei« wurde - nach israelischen militärischen Quellen - ab Juni 2008 in Gang gesetzt: »…Verteidigungsminister Ehud Barak instruierte vor 6 Monaten (Juni oder davor) die israelischen Verteidigungskräfte, sie sollten sich für eine Operation vorbereiten - genau zu dem Zeitpunkt als Israel begann (!!), mit der Hamas über ein Abkommen über eine Feuerpause zu verhandeln« (Barak Ravid, Operation »Gegossenes Blei«, Haaretz, 27.12.08). Genau in diesem Monat kontaktierten die israelischen Behörden erneut Britisch Gas, um wichtige Verhandlungen, die den Kauf von Gaza-Naturgas betreffen, wieder aufzunehmen. Die Entscheidung, die Verhandlungen mit der British Gas-Group zu beschleunigen, traf zeitlich mit dem Prozeß der militärischen Planung zusammen. Es schien, als würde Israel darauf aus sein, ein Abkommen mit BG noch vor der Invasion zu erreichen, die schon in einer fortgeschrittenen Planungsphase steckte. Außerdem wurden diese Verhandlungen mit British Gas durch die Ehud Olmert-Regierung geführt, in der Kenntnis, daß die militärische Invasion des Gazastreifens auf dem Reißbrett schon fertig war und daß über ein neues politisch-territoriales Abkommen über den Gazastreifen nachgedacht wurde. Tatsächlich liefen im Oktober 2008 Verhandlungen zwischen der British Gas und israelischen Regierungsleuten, 2 bis 3 Monate vor Beginn der Bombardements am 27. Dezember 08. Im November 2008 instruierte das israelische Finanzministerium und das Ministerium für nationale Infrastruktur die israelische Electric Gesellschaft (IEC) dahingehend, mit der British Gas wegen des Kaufs von Naturgas von der BG in Verhandlungen zu treten.
 
Gaza und Energie, Geopolitik - Die militärische Besatzung des Gazastreifens ist entschlossen, die Herrschaft über die Gasfelder Israel zu übertragen.
Was erwartet uns nach der Invasion - was ist Israels Absicht hinsichtlich der palästinensischen Naturgasreserven?
Ein neues territoriales Abkommen mit der Stationierung israelischer und/ oder »Peacekeeping«-Truppen?
Die Militarisierung der ganzen Gaza-Küstenlinie, die für Israel strategisch wichtig ist?
Die komplette Konfiszierung der palästinensischen Gasfelder und die einseitige Erklärung israelischer Herrschaft über Gazas Küstenzone?
Wenn dies geschehen sollte, würden dann die Gasfelder Gazas in Israels küstennahe Anlagen, die sich direkt an den Gazastreifen anschließen, integriert werden?
 
Diese verschiedenen küstennahen Anlagen würden dann mit dem israelischen Energie-Transportkorridor verbunden, der sich von Eilat mit seinem Öl-Pipeline-Terminal am Roten Meer bis zur Seehafen-Pipeline bei Ashkalon erstreckt und nordwärts bis Haifa geht und der sich schließlich mit der geplanten israelisch-türkischen Pipeline vom türkischen Hafen Ceyhan verbindet. Ceyhan ist der Terminal der Baku-Tiflis-Ceyhan-Transkaspischen Pipeline. »Geplant ist die Verbindung der BTC-Pipeline zur Trans-Israel Eilat-Ashkelon Pipeline« - siehe Michel Chossudovsky »Der Krieg im Libanon und die Schlacht ums Öl« in Global Research vom 23. Juli 2006.
 
1 http://www.hintergrund.de/content/view/339/66/ 10. 1. 09
USA schicken Tausende Tonnen Waffen nach Israel – Israels Bombardement in Gaza hält weiter an -Von Regine Naeckel
2 http://www.jungewelt.de/2009/01-14/062.php  14.1.09 Wer stoppt Israel?
Von Karin Leukefeld
3 https://www.jungewelt.de/loginFailed.php?ref=/2009/01-16/060.php 16.1.09
Griechen stoppen Waffenschiff für Israel Am Widerstand gescheitert: US-Pläne für Militärtransport »aus Sicherheitsgründen« verschoben – Von Heike Schrader
4 http://www.globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=11680  8. 1. 09
War and Natural Gas: The Israeli Invasion and Gaza's Offshore Gas Fields - By Michel Chossudovsky. Auf dieser website sind 3 sämtliche Details aufzeigenden Landkarten einsehbar. Die von Ellen Rohlfs ins Deutsche übertragene, gekürzte Version, die wir veröffentlichen, erschien auf
http://www.hintergrund.de/content/view/340/66/ 12. 1. 09
Krieg und Erdgas: Die israelische Invasion und Gazas küstennahe Gasfelder - Von Michel Chossudovsky.
Professor Michel Chossudovsky war Mitarbeiter verschiedener Organisationen der Vereinten Nationen. Er ist Leiter des Centre for Research on Globalization (CRG), Autor mehrerer Bücher und Mitwirkender bei der Encyclopedia Britannica. Seine Texte wurden in mehr als 20 Sprachen übersetzt. Im Jahre 2003 erhielt er den Menschrechtspreis der Gesellschaft für Menschen- und Bürgerrechte