Rußland verstärkt sein Engagement in Afghanistan 01.02.2009 19:54
Afghanistan tritt in eine verschärfte Phase politischer und militärischer Machtkämpfe zwischen den Koalitionstruppen der USA und den Talibankämpfern ein. Unter der neuen US-Regierung wird es ein noch größeres militärisches Eingreifen in dem von Bürgerkriegen zerrissenen Land geben;
die Bevölkerung wird bereits auf neue Opfer und Kosten eingestimmt. US-Vizepräsident Joe Biden sagte in einem CBS-Interview: »Es ist mir unangenehm, davon zu sprechen, es wird aber neue Verluste geben. Sie werden zunehmen. Die Taliban kontrollieren große Teile des Landes, wo sie zuvor nicht präsent waren… Wir werden versuchen, die praktisch verlorenen Gebiete zurückzuerobern, das wird zusätzliche Truppen erfordern… All dies bedeutet, daß wir uns nun mehr Kämpfe mit dem Gegner liefern werden.« Damit spricht er aus, was dieser Krieg ist: ein Eroberungskrieg. Die strategische Situation hat sich zu Gunsten der Taliban-Kämpfer entwickelt, die einen großen Teil das Landes unter ihrer Kontrolle haben. Der von Amerika unterstützte Präsident Afghanistans, Hamid Karsai, stellt sich auf die neue Situation ein und versucht, sich den Rücken nach allen Seiten hin freizuhalten. So kritisiert er zunehmend die amerikanischen Militäraktionen im Land. Die letzten zivilen Opfer eines erneuten Einsatzes in der Provinz Laghman in Ostafghanistan am 24. 1. 09 waren 16 Personen, darunter Frauen und Kinder. Der Druck auf Karsai durch die eigene Bevölkerung wächst. In der Stadt Mehtar Lam protestierten Tausende gegen die afghanische Regierung und die alliierten Truppen des westlichen Bündnisses. Die Bevölkerung ist nicht mehr gewillt, die Terroranschläge auf die Zivilbevölkerung hinzunehmen: »Falls die ausländischen Truppen ihre Einsätze nicht beenden, dann ziehen wir in den Heiligen Krieg.« Das afghanische Verteidigungsministerium fordert nun mehr Einflußnahme auf derartige Operationen und hat einen entsprechenden Vereinbarungsentwurf an die NATO und die amerikanische Regierung gesandt. Der afghanischen Regierung werden unterdessen von NATO-General Jaap de Hoop Scheffer massive Vorwürfe wegen ihrer Unfähigkeit und ihrer Korruption gemacht. Kabul wird nun zusätzlich zu den Abkommen mit der USA und der NATO zum Schutz des Landes vor den Taliban ein Sicherheitsabkommen mit Rußland abschließen, dessen Regierung als Afghanistan gegenüber freundlich gesinnt bezeichnet wird. Der zu erwartende Einfluß Rußlands auf Afghanistan kann nicht im Interesse der US-Regierung liegen, genauso wie im umgekehrten Fall Rußland durch die ausgeweitete Präsenz der USA an den asiatischen Grenzen Rußlands sowie an seinen europäischen - in der Ukraine oder Georgien - äußert beunruhigt ist. Rußland steht schon bereit, in Afghanistan noch mehr Einfluß auszuüben. Die USA werden in ihrer jetzigen stagnierenden Lage erst einmal die von Rußlands Präsidenten Medwedew angebotene Zusammenarbeit annehmen; dazu der Sprecher des US-Außenministeriums, Robert Wood: »Wir erwarten mit Ungeduld die Möglichkeit, mit Rußland in Bezug auf Afghanistan zusammenzuarbeiten. Es liegt im Interesse unserer beiden Länder, zu versuchen, die Lage in Afghanistan zu stabilisieren und zusätzlich die wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheit in diesem Land zu gewährleisten. Wir werden mit den Russen sprechen und haben bereits mit ihnen diskutiert, wie wir unsere Zusammenarbeit in Afghanistan erweitern können.« Zum jetzigen Zeitpunkt braucht die USA die Zusammenarbeit mit Rußland letztendlich, um die Logistik der Truppen und Versorgungsgüter abzusichern. Rußland wird sich nach eigenen Angaben nicht mit russischen Truppen am Kampf gegen die Taliban in Afghanistan beteiligen. Am 23. 1. hatte Medwedew eine gleichrangige Beteiligung in der Region mit den USA gefordert: »Dies muß eine voll entwickelte und ebenbürtige Partnerschaft sein.« Rußland wird bei dem Transit von Versorgungsgütern für die NATO-Truppen Hilfe leisten und sich dafür einsetzen, daß Transportrouten von Rußland durch Kasachstan und Usbekistan oder durch Aserbaidschan als Alternative zum unsicher gewordenen Khyber-Pass in Pakistan zur Verfügung stehen 1. [Anmerkung: Gerade in letzterer Möglichkeit ist eine Verstärkung der Übermacht der Besatzungstruppen zu sehen, die sich sehr zum Nachteil der Taliban erweisen wird. Auch wenn diese unausgesetzt verteufelt werden, so ist dennoch nicht zu verleugnen, daß sie darum kämpfen, ihr angestammtes Land zurückzuerobern.] Das Grenzgebiet Pakistans als Angriffsziel Inzwischen hat Präsident Obama laut einem Bericht von F. William Engdahl Luftangriffe auf ein ländliches Gebiet Pakistans mit zahlreichen Dörfern angeordnet 2. Angeblich waren die Attacken gegen afghanische »Taliban«-Basen in dieser Grenzregion gerichtet. Illusionen, daß die Präsidentschaft Obamas einen Wandel zu mehr Diplomatie und weniger Projektion militärischer Macht bedeuten könnte, werden wohl schon bald schwinden. Seine Bereitschaft, ohne Rücksicht auf mögliche Konsequenzen das zu tun, was die Drahtzieher hinter den Kulissen von ihm verlangen, hat Obama schon während der Wahlkampagne signalisiert, als er ankündigte, Robert Gates, einen Freund der Familie Bush, Protégé von Vater G.H.W. Bush und Verteidigungsminister unter George W. Bush, in diesem Amt zu belassen. Wie bereits dargelegt [http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1093; USA - Ein wahrlich »traumhaftes« Team], ist fast das gesamte übrige Kabinett aus Clinton-Leuten zusammengestellt. Vor allem aber die Berufung Hillary Clintons zur neuen Außenministerin bestätigt, daß Obama nur eine neue Fassade derselben militärisch-industriellen Globalstrategie von Bush und Cheney ist. Schon während der Wahlkampagne hatte Obama seine Absicht betont, die US-Truppen aus dem Irak abzuziehen und vermehrt nach Afghanistan zu verlagern, angeblich, um die »Jagd auf Al Qaida und Osama bin Laden« fortzuführen und ein angebliches Wiedererstarken der Taliban in Afghanistan zu verhindern. Die Taliban-Kämpfer verstecken sich laut US-Angaben in den Stammesregionen entlang der Grenze zu Afghanistan; 2007 führte die USA daher 30 Angriffe auf dieses Gebiet durch, bei denen über 200 Menschen getötet wurden. So möchte der Kommandant der US Marines, General James Conway, die Marines in Afghanistan sehen, vor allem im Süden des Landes, wo Aufständische, die Taliban sowie Al Qaida über ein sicheres Rückzugsgebiet in Pakistan verfügen. Präsident Obama hat ferner erklärt, er sei auch bereit, Stellungen in Pakistan zu bombardieren, wenn er entsprechende Geheimdiensterkenntnisse über den Aufenthalt Osama bin Ladens dort erhielte [Anmerk: wie ›verlässlich‹ resp. manipulierbar diese sind, durften wir inzwischen ja zur Genüge erleben!]. Notfalls werde er gegen Kämpfer im Grenzgebiet vorgehen, wenn dies der pakistanischen Regierung nicht gelänge. Pakistans Regierung hatte in den letzten Monaten der Amtszeit der Regierung Bush wiederholt gegen die Verletzung der Souveränität Pakistans durch die USA protestiert. Die Lage in Pakistan ist fragil Die amerikanischen Raketen gegen Stellungen in Pakistan sind von unbemannten Drohnen, die zu Aufklärungszwecken am Himmel stationiert sind, per Fernsteuerung abgefeuert worden. Die pakistanische Regierung hat öffentlich erklärt, sie hoffe, mit Obamas Amtsübernahme würden solche Angriffe, welche die Stimmung in Pakistan gegen die eigene Regierung aufheizten, aufhören. In der neuen US-Regierung wird viel über die fragile Lage in Pakistan diskutiert. Obamas Asien-Berater wollen den Krieg in Afghanistan verstärken und auf Pakistan ausdehnen. Die wahren Pläne haben mit vagen Feinden namens Taliban oder Al Qaida wenig zu tun. Es geht um die grundsätzliche geopolitische Kontrolle der USA in Eurasien. Durch die Militarisierung Afghanistans und Pakistans als Schauplätze des »Kriegs gegen den Terror« hoffen die amerikanischen Militärs, Europa in die NATO-isiserung der gesamten Region einbeziehen zu können. Sie wollen einen eisernen Zaun zwischen Rußland und China errichten, um eine engere Zusammenarbeit zwischen den eurasischen Großmächten China und Rußland zu verhindern, denn diese Kooperation könnte möglicherweise die weltweite Full Spectrum Dominance der USA in Frage stellen. Angeblich gibt es in Washington Pläne, Hamid Karsai, den handverlesenen, von der CIA ausgebildeten Präsidenten Afghanistans bei Wahlen in diesem Jahr durch einen anderen Kandidaten, der sich gegenüber den amerikanischen Plänen fügsamer verhält, ablösen zu lassen. Quellen: 1 http://www.radio-utopie.de/2009/01/26/Russland-verstaerkt-sein-Engagement-in-Afghanistan vom 26. 1. 09 2 http://info.kopp-verlag.de/news/obama-ordnet-luftangriffe-auf-doerfer-in-pakistan-an.html 28. 1. 09 F. William Engdahl: Obama ordnet Luftangriffe auf Dörfer in Pakistan an
|