Mahathir rät Obama: »Machen Sie den Derivaten ein Ende!«

Malaysias ehemaliger Ministerpräsident Dr. Mahathir bin Mohamad veröffentlichte am Neujahrstag in seinem Blog einen offenen Brief an Präsident Barack Obama.

Darin mahnt er ihn: »Schließen Sie die Kasinos, die man internationale Finanzinstitute nennt. Schließen Sie Hedgefonds, Derivate und Devisenhandel. Verhindern Sie, daß nichtexistentes Geld in Milliardenhöhe verliehen wird.« Der kämpferische Mahathir, der sich einen Namen machte, als er dem Spekulanten George Soros und Al Gore entgegentrat, begann in seiner typischen Weise: »Ich begrüße Ihr Versprechen der Veränderung. Ihr Land, die USA, braucht sicherlich eine Menge Veränderungen.« Mahathir greift die Neokon-Fraktion in der USA scharf an: »Krieg ist primitiv, nur Höhlenmenschen versuchen so, mit einem Problem fertigzuwerden.  Beenden Sie ihre Aufrüstung und geben Sie Pläne für weitere Kriege auf.« Er schießt sich dann auf das Projekt Demokratie ein: »Bringt keine Menschen um, weil sie nicht demokratisch sind. Der Kreuzzug zur Demokratisierung anderer Länder hat mehr Menschen getötet als die autoritären Regierungen, die ihr gestürzt habt. Und ihr habt dennoch keinen Erfolg gehabt.« Mahathir erhob auch seine Stimme für den Vorschlag einer neuen Pecora-Kommission: »Regulieren und überwachen Sie Ihre Banken. Verurteilen Sie die Schurken, die das System zur eigenen Bereicherung mißbrauchen. Dann wird die USA wieder eine respektierte Nation werden. Dann können Ihre Botschaften die hohen Zäune und den Stacheldraht, der sie umgibt, wieder abreißen.« Die Hedgefonds hatten 2008 ihr bisher schlechtestes Jahr überhaupt. Sie verloren 18% ihrer Werte und erlitten nach Angaben der Beraterfirma Hedge Funds Research einen Netto-Abfluß von 43,5 Mrd. $. Das Geld, das die Hedgefonds investieren konnten, schrumpfte von einem bisherigen Rekord von 1,93 Bio.$ im Juni auf 1,56 Bio.$ im Oktober. Die Investoren zogen 70 Mrd. $ ab, während 300 Mrd. $ als Verluste gebucht werden mußten. [1] Bezüglich der Derivate hatte Fank Partnoy in der Financial Times geschrieben: »Viele Großbanken, vielleicht die meisten, sind im Grunde insolvent, und das schon seit langem. Es ist unglaublich, daß sie soviel Geld mit Derivaten verloren haben, aber noch erstaunlicher ist, daß sie hinterher noch solange weitergelebt haben.« 1
 
Inzwischen hat die USA mehr als 10,7 Billionen $ Schulden. Niemand kann sich unter diesen  Unsummen noch etwas vorstellen. Dennoch soll jetzt ein Konjunkturpaket von 819 Mrd. $ dazukommen. In dem nachfolgenden Artikel Obamas Monopoly2, wird erklärt, wie dieses Schulden-Monopoly ausgehen könnte. »Der Präsident spiele Vabanque, weil er die Überschuldungsprobleme seines Landes mit einer gigantischen Zusatzverschuldung erledigen will«:
 
›Raus mit den Milliarden‹ wird zum System
Zu den 10,7 Billionen $ Schulden addieren sich knapp 24 Billionen $ Verbindlichkeiten des amerikanischen Privatsektors. Die aktuelle Weltwirtschaftkrise ist ein Kind genau dieses Überschuldungsfiaskos. Amerika hat viele Jahre lang dramatisch über seine Verhältnisse gelebt. Anstatt nun aber eine Vision solider Zukunftsentwicklung zu formulieren, macht Obama finanzpolitisch das Gleiche wie George Bush: Neue Schulden und eine Nullzinspolitik der Notenbank sollen akute politische Probleme bewältigen. Was bei Bush noch nach texanischer Wurstigkeit einer Finanzpolitik nach Gefahrenlage aussah, droht unter Obama zur Staatsdoktrin zu werden. Obamas erstes Konjunkturprogramm hat das unglaubliche Volumen von 819 Milliarden Dollar, der amerikanische Staatshaushalt gerät aus allen Fugen, die Geldmenge der US-Notenbank explodiert. Das einstige Sponti-Motto Raus mit den Milliarden wird zum System. Während Bush nur wie ein Wilder neues Schuldenöl ins amerikanische Feuer spritzte, legt Obama nun richtige Pipelines an. Schon kurzfristig erwächst für diese Strategie ein Problem: Wer soll die neuen Obama-Anleihen zeichnen? Wer gibt einem überschuldeten Halbbankrotteur freiwillig so viel neues Geld? Die Chinesen, die Araber, die Deutschen? An den internationalen Rentenmärkten zeichnet sich ab, daß auch Staaten es immer schwerer haben, sich über Anleihen zu refinanzieren. Angesichts dieser Gefahr hat die US-Notenbank kurzerhand beschlossen, Staatsanleihen auch selber zu kaufen. Damit tritt das Monopolyspiel in eine völlig neue Dimension. Wenn eine Regierung sich überschuldet und sich selber die Schulden auch noch abkauft, dann riskiert sie im günstigsten Fall das Vertrauen in die Währung, im schlechten Fall die totale Inflation. Da die USA schon jetzt zwei Drittel der gesamten Weltsparleistung zur Finanzierung ihrer Schulden absorbiert, stellt sich Frage nach dem Ausgang dieses Schulden-Monopolys. Hält man die historisch übliche Lösung einer Konstellation Krieg und Revolution für unwahrscheinlich, dann bleibt nur eine massive Dollarabwertung als einzige Chance der Amerikaner, um ihr Spiel noch zu gewinnen. Sie inflationieren ihre Währung und entledigen sich so der dramatischen Schulden im Ausland. Die plötzliche Flucht vieler Kapitalanleger in das Gold ist ein erstes Alarmsignal für die kommende Krise des Obama-Dollars.
 
Die Entsorgung der Schrottpapiere
Die Banken und ihre toxischen Papiere treiben die Banken weltweit an den Rand der Pleite.
Die Regierungen versuchen, die Banken mit Milliardensummen zu retten. Diese giftigen Anlagen der Banken sollen ausgelagert werden: wie Sondermüll, und wir Steuerzahler sind dann die Müllmänner, die das Entsorgen auch noch aus eigener Tasche entlöhnen. Der wirkliche Sprengstoff der Finanzkrise liegt jedoch noch immer in den Tresoren der Banken - natürlich streng geheim. Dubiose Finanzprodukte, mit denen Banker einst Milliarden verdienten, und die jetzt nicht mehr viel wert sind. Auch in Deutschland könnten sie so manches zum Einsturz bringen - längst nicht mehr nur die Banken 3.
 
Prof. Udo Reifner vom Institut für Finanzdienstleistungen sagt zur Entsorgung dieser dubiosen Finanzprodukte u.a. folgendes: »Alle Modelle, die im Augenblick diskutiert werden, werden den Steuerzahler in enormem Maße belasten, das ist nicht nur in Deutschland so, das ist überall so. Die Frage ist erstens, ob wir die Ursachen dabei so behandeln, daß diese Krise in zehn Jahren nicht wiederkommt. Und zweitens, was werden wir in der Zukunft machen, damit dieses Geld wieder in den Staat zurückkommt und nicht von unseren Kindern bezahlt werden muß?« Die Befürworter der klassischen Bad Bank verweisen gerne auf Schweden. Dort habe man in den 90er Jahren, als die heutige Nordea Bank ins Trudeln geriet, gute Erfahrungen mit einer Bad Bank gemacht. Am Ende habe der Steuerzahler sogar verdient. Jan Kvarnström hatte damals die Bad Bank für die schwedische Regierung aufgebaut und später erfolgreich abgewickelt. Jetzt ist er Finanzberater in Hamburg. Kvarnström sieht aber einen entscheidenden Unterschied zur Situation in Deutschland: »In Schweden wurde die Norbank damals vollständig verstaatlicht und dann erst wurde eine Bad Bank ausgegliedert, so daß  man bei der guten wie bei der schlechten Bank die gleichen Eigentümer hatte. Das heißt: der Staat, der die Verluste bei der Bad Bank trägt, profitiert auch von den Gewinnen, die die gute Bank macht.« Wenn jetzt möglicherweise Milliardenhilfen als Ausgleich für giftige Papiere an die Banken gehen, ohne daß der Steuerzahler in angemessener Weise an künftigen Gewinnen beteiligt wird, stößt das bei vielen Bürgern auf Unverständnis.
 
So erklärten manche von diesen: »Ich halte es eigentlich für einen schlechten Witz; wieso muß der Steuerzahler für Dinge aufkommen, die so ein paar durchgeknallte und verrückte Banker zu verantworten haben?« »Man sollte schon die Banken mehr in die Pflicht nehmen. Und dann eben auch mehr die Aufsicht darüber haben.« »Für mich ist es einfach der übliche Spruch, Gewinne werden privatisiert, Risiken und Schäden werden kollektiviert. Und damit wird letztendlich der Sozialstaat kaputt gemacht.« Eine Leserzuschrift im Time Magazine vom 3. November 2008 lautete kurz, aber prägnant: »Dem Kongreß ein Bravo! Er hat jetzt bewiesen, daß wir den Sozialismus für die Reichen und für den Rest, nämlich für uns, Otto Normalverbraucher, den Kapitalismus haben!« Die Franzosen beklagten sich Ende Januar bitter darüber, daß Sarkozy erklärte, für die Erhöhung der Löhne oder die Steigerung des Konsums kein Geld zur Verfügung zu haben, es jedoch fertigbrachte, Milliarden von Euros für die Rettung von ins Schwimmen geratenerBanken zu finden. Die Leute hätten das Gefühl, daß sie für eine Krise zahlten, die sie nicht zu verantworten haben; die Lohnempfänger hätten nicht den Kopf für die Banker hinzuhalten. Gleichzeitig beklagten Demonstranten in Lyon den Verlust bürgerlicher Freiheiten und die Privatisierung von Krankenhäusern und Postdiensten 4.
 
Wir erleben derzeit die fortgesetzte und fast unkaschierte systematische Erpressung der Regierungen der Nationalstaaten durch das Banken- und Finanzsystem, schreibt Peter Boehringer: »Wenn Ihr als Staat uns nicht die Verluste abnehmt, dann wird es morgen einen Aufstand der durch unsere Insolvenz verarmten Sparer geben, bzw. eine Massenrevolution, und Ihr [Politiker] seid alle weg oder tot!«. Alle etablierten Regeln der Marktwirtschaft und einer seriösen Buchhaltung sind mittlerweile schamlos außer Kraft gesetzt worden. Diese (erfolgreiche) Erpressung ist dabei, die Nationalstaaten selbst an den Rand des Überlebens zu führen. Sollte dies gar das Ziel der Globalisierer sein? Eine maximal undemokratische und bürgerferne Weltregierung kann nur unter Schmerzen und in der künstlich über Zwangsaufschuldung herbeigeführten Nationalstaatenkrise gegen den Willen der Menschen geschaffen werden. In den kommenden Monaten wird dies mit dem durch die Banken erzwungenen Niedergang der Staaten immer offensichtlicher werden! Allerdings wird auch der Widerstand wachsen. Die Europäische Union erwartet Staatsdefizite von bis zu 13 % [des BIP] in Irland, knapp 10 % in Großbritannien und über 6 % in Spanien 5.
 
Wie rückgratlos und feige, wie kaputt muß ein Volk eigentlich sein, fragt Daniel Neun, bis es auf dem Niveau der Deutschen angekommen ist? [wobei die US-Bürger hier außer Betracht gelassen werden] Auf welche Art und Weise muß ein Volk eigentlich ausgeplündert, ausgeraubt, belogen und betrogen werden, …… das auch noch genau das zum Fenster herauswirft, wofür es in den letzten Jahrzehnten, im letzten Jahrhundert, seine ganze Kultur, seine Seele, seinen Anstand und seine Moral geopfert hat: sein Geld 6.
 
Davos
Das jährliche Gipfeltreffen des Weltwirtschaftsforums in Davos, wo, wie Strategic Alert 7 meint, die Eliten der Welt daherplapperten, war eine Art Demonstration kollektiven Wahnsinns. So gut wie keiner der zahlreichen Staats- und Regierungschefs oder der anderen führenden Persönlichkeiten aus aller Welt befaßte sich irgendwie mit der Realität. Eine der wenigen vernünftigen Stimmen war der italienische Wirtschaftsminister Giulio Tremonti, der fordert, finanziellen Müll zu sterilisieren. Während einer Podiumsdiskussion am 28.1. mit dem EU-Vorsitzenden Barroso und dem EZB-Vorsitzenden Trichet, warnte der italienische Minister davor, den Giftmüll mit Steuergeldern aufzukaufen. »Die Papiere sind jetzt völlig wertlos«, sagte er, »man sollte kein Geld daran verschwenden.« Er stehe dem Vorschlag einer sog. »Bad Bank positiv gegenüber, aber nur, wenn dafür keine öffentlichen Gelder eingesetzt würden. »Ich denke an einen Mechanismus zur Aufteilung oder besser Sterilisierung, denn das könnte Transparenz herstellen, ohne öffentliche Gelder zu verschwenden, die dem Schutz der Ersparnisse von Privathaushalten und nationalen Industrien dienen müssen. Die Sterilisierung fauler Papierwerte ist der einzig gangbare Weg, denn die Masse an Derivaten kann niemand refinanzieren, nicht einmal der Staat.« Unter Bezug auf verschiedene Vorschläge zum Schuldenerlaß meinte Tremonti u.a.: »Wir brauchen sicherlich mehr Zeit, um diejenigen, die ein bißchen stur sind, zu überzeugen, daß wir nicht alles retten können.« Man könne nicht alles retten, denn wir sind nicht Gott, und falls Regierungen es trotzdem versuchen sollten, würden sie sich selbst ruinieren. »Wir müssen die Familien, die Industrie, die nützlichen Funktionen der Banken retten. Wer sagt, daß wir die Derivate retten müssen?« Diese wirkten ihrer Natur nach »lähmend auf die Wirtschaft. Wenn das Herz Probleme hat, braucht man eine Herzoperation, keine Beinchirurgie«.
 
Auf http://www.weforum.org/pdf/AM_2009/public.pdf ist die Liste der diesjährigen WEF-Teilnehmer einsehbar.    
 
1 Quelle: Strategic Alert Jahrg. 23, Nr. 1-2 vom 8. Januar 2009
2 Quelle: http://www.stern.de/politik/deutschland/:Weimers-Woche-Obamas-Monopoly/653366.html vom 1. 2. 09 Weimers Woche - Obamas Monopoly; der Artikel [von uns in gekürzter Form veröffentlicht] erschien zuerst in CICERO, Magazin für politische Kultur
3 Die Auszüge sind der Aufzeichnung einer Sendung des Monitors Nr. 587 vom 29.01.2009 Retten um jeden Preis? Die Banken und ihre toxischen Papiere entnommen
http://www.wdr.de/tv/monitor//sendungen/2009/0129/banken.php5
4 http://news.bbc.co.uk/2/hi/europe/7857435.stm  29. 1. 09 und http://www.lefigaro.fr/actualite-france/2009/01/29/01016-20090129DIAWWW00558-des-dizaines-de-milliers-de-personnes-defilent-dans-toute-la-france.php 29.1.09
«Ce n'est pas aux salariés de payer pour les banquiers»
5http://www.mmnews.de/index.php/200901222049/MM-News/Finanzsystem-erpresst-die-Welt.html  22.1.09 Finanzsystem erpresst die Welt - Von Peter Boehringer
6 http://www.radio-utopie.de/2009/02/03/Der-bloede-Deutsche-III-Verstaatlichung-von-Bankenschulden-wird-untertaenigst-akzeptiert  3.2.09 Der blöde Deutsche III: Verstaatlichung von Bankenschulden wird untertänigst akzeptiert
7 Strategic Alert Jahrgang 23, Nr. 6 vom 5. Februar