G-20: Alle Bürger in die Wüste! »Ziel erreicht« Von Ulrich Schlüer 11.04.2009 15:42
War es einst nicht das höchste Ziel aller Staatsmänner, ihren Bürgern blühenden Wohlstand in blühenden Landschaften zu sichern? Diese Zeiten sind endgültig vorbei:
Heute feiern Staatsmänner an Gipfelkonferenzen als Erfolg, wenn es ihnen in Einigkeit gelingt, der Menschheit eine Einheits-Steuerwüste zu bescheren. Die Staatslenker benötigten kein Jahr, die von ihnen so oft und so wortreich beschworene «Staatengemeinschaft» in ein Kartell von Konkursiten zu verwandeln, das heute in der Ausmerzung aller Steueroasen das höchste aller Ziele erblickt. Etappen Die Finanzmarktkrise haben sie monatelang sträflich unterschätzt. Am Untergang einst blühender Finanzplätze sind sie zumindest mitschuldig: Weil sie aus den riskanten Spekulationsoperationen mit »neuen Anlagevehikeln« - die sich später lediglich als raffiniert geschnürte Pakete aus lauter Schulden ohne Wert entpuppten - unerschöpfliche Steuereinnahmen erwarteten, untersagten sie ausdrücklich genauere Kontrollen zu den undurchschaubaren Vorgängen. Erst als sich das angerichtete Desaster zur Weltwirtschaftskrise ausweitete, erkannten sie die Gefahr. In ihrer kopflosen Ziellosigkeit fiel ihnen dazu allerdings nichts Besseres ein, als aus völlig leeren Staatskassen vierstellige Milliardensummen als angebliche »Hilfspakete« buchstäblich aus dem Fenster zu werfen. Sichtbares wurde damit nicht bewirkt. Aber die Weltwirtschaftskrise entwickelt sich seither zur Weltwährungskrise. Denn die unkontrollierbare Verschuldung zwingt zur Inflationierung der Währungen. Inflationierung führt zur Vernichtung der Vermögen aller ehrlichen Sparer. Und zur Zerstörung der Sozialstaaten. Durchbruch? Auf der Grundlage einer solchen ›Leistungsbilanz‹ fanden sich die Grossen dieser Welt zum Weltwirtschaftsgipfel G-20 zusammen. Dort feierten sie ihre Einigkeit. Und sprachen von ›Durchbruch‹. Sie, Exponenten einer Generation, die eigentlich nur Wohlstand erlebt hat, bewilligten weitere Milliarden - über 1.000 Dollar. Die Welt, glauben sie, würde darin Tatkraft erkennen. Allerdings wussten sie nicht, wofür solche Summen konkret investiert werden sollen. Also versprachen sie Organisationen wie Weltbank und Währungsfonds Riesensummen. Genau besehen haben diese in den vergangenen Jahren ausser ihrem eigenen Apparat mit Tausenden sich daran labenden Funktionären nichts zu entwickeln vermocht. Nicht ein einziger Cent Steuererleichterung zur Förderung eigenständiger, persönlicher Initiative wird den Völkern und Bürgern zugestanden. Abkassieren heisst die Losung des Konkursiten-Kartells - zwecks Umverteilung durch Funktionäre, die sich selbst den Löwenanteil sichern werden. Einigkeit erzielte dieses Kartell an der G-20-Konferenz auch bezüglich der Schaffung einer ›Schlachtbank‹, der alle Vermögenden, die es auf der Welt noch gibt, ausgeliefert werden sollen. Deren uneingeschränkte Ausweidung ist das Ziel dieses Konkursiten-Kartells. Um es Ziel zu erreichen, ist die Vernichtung aller Steueroasen notwendig. Einheitswüste für alle: Das verordnen die Erben der Wohlstandsgesellschaft der Welt von heute. Durchsetzen lässt sich dieser Entscheid nur, wenn der uneingeschränkte Zugriff der Regierenden auf sämtliche Vermögensanlagen dieses Globus durchgesetzt werde kann. Die Rolle, diesen ›Durchbruch‹ zu verkünden, fiel - wenigstens fürs Schweizer Fernsehpublikum - ausgerechnet dem deutschen Peitschenschwinger Peer Steinbrück zu. Nicht mehr am ›deutschen Wesen‹, vielmehr an der ›deutschen Peitsche‹ darf die Welt fortan genesen. So lautet die unmissverständliche Botschaft des Konkursiten Steinbrück. Zwangsehe Auch die Schweiz fand gnädigst Erwähnung am Gipfel der G-20. Als Opfer … Verordnet wird ihr dieses Los in London ausgerechnet von jenem Premierminister, den Finanzminister Merz eben noch treuherzig als »unseren Freund« würdigen zu dürfen glaubte. Dabei versteht es Brown, der Hüter der effizientesten Geldversteck-Plätze der Welt, mit dem Mittel der Erpressung besonders virtuos umzugehen. Seine ›Hilfe‹ bestand darin, die Schweiz auf die ›graue Liste‹ der OECD zu bringen. Schliesslich hatte sich die Schweiz als Erpressungsopfer geradezu angeboten, als die nach Washington geeilte Schweizer Justizministerin dort plötzlich und improvisiert einen neuen Rechtsbegriff einführte: ›Grobe‹ Steuerhinterziehung, die Datenauslieferung rechtfertige. Wer das Recht willfährig den Angreifern anpasst, der gibt sich als erpressbar zu erkennen. Die Folgen sind bekannt. Die Schweizer Aussenministerin Micheline Calmy-Rey hastete derweil nach Berlin und liess sich dort vom deutschen Aussenminister Frank-Walter Steinmeier trösten: »In jeder Ehe kommt es gelegentlich zu Krisen«, begütigt Steinmeier. So befinden wir uns, dürfen wir Schweizer augenreibend zur Kenntnis nehmen, also bereits in einer Zwangsehe mit den Deutschen. Der Peitschenschwinger hat’s möglich gemacht. Treuherzigkeit Die Heimatfront hält derweil Finanzminister Hans Rudolf Merz: Das Bankgeheimnis werde bloss dem Ausland gegenüber preisgegeben. In der Schweiz behalte es seine vollumfängliche Gültigkeit, beteuert Merz. Ob da die von Berlin verordnete, von Bern teilnahmslos hingenommene Zwangsehe nichts anderes bewirken wird? Anders gefragt: ob Konkursit Steinbrück jene Tausenden von Deutschen, die der deutschen Steuerwüste in die Schweiz entflohen, mitsamt ihren Vermögen einfach so ziehen lässt? Ein Träumer, wer solches annehmen möchte. Der Hauptschlag Grösste Gefahr droht aus Washington. Vieles spricht dafür, dass die USA - dank Einbruch in die Netzwerke international tätiger Banken - jene paar hundert Vermögensbesitzer, von denen sie die Datenauslieferung als erstes gefordert hatten, haargenau kannten, bis in alle Details - als Fälle, denen Steuerbetrug einwandfrei nachzuweisen ist. Da die Schweiz die amerikanische Wortwahl sofort übernahm und - zunächst sträflich schlampend - das Gewünschte schliesslich eilfertig auslieferte, wittern die USA Morgenluft. Nur ein einziger Fall wurde gerichtlich genauer untersucht - und als Betrugsfall etikettiert. Daraufhin wurde - welch unglaublicher Verrat an vermeintlich geltendem Recht - die Vermutung als «pauschale Schlussfolgerung» gerichtlich sanktioniert, wonach es sich wohl bei allen Fällen um Betrugsfälle gehandelt habe, weshalb die Datenauslieferung rechtens gewesen sei. Den Amerikanern wurde damit ein wahrhaft spektakulärer Trumpf in die Hände gespielt: Sie dürften in Kürze mit folgender Behauptung aufwarten: Da die Schweiz »vermutungsweise« alle bisher kritisierten Vermögenstransfers von Amerikanern als Betrugsfälle anerkannt habe, sei die gleiche Vermutung auf sämtliche insgesamt über fünfzigtausend in der Schweiz angelegten Vermögen von Amerikanern auszudehnen. Womit die Auslieferung der Daten zwingend sei. Der Preis Glaubt jemand, Bern würde, nachdem die Landesregierung gegenüber der ersten Erpressung so rasch und so vollständig eingebrochen ist, der zweiten Erpressung widerstehen? Die Schweiz bezahlt einen äusserst hohen Preis: Am Fernsehen konnten die Schweizer verfolgen, wie keinem einzigen Mitglied unserer Landesregierung auch nur ein einziges Wort einfiel, als die Schweiz einer Bananenrepublik gleich vom Kartell der Konkursiten an der G-20 als ›Kriminellenversteck‹ regelrecht genüsslich vorgeführt wurde. Ein willfähriges Erpressungsopfer, das sich widerspruchslos der Zwangsverheiratung mit dem Peitschenschwinger unterzieht, nimmt niemand mehr ernst. Ergebnis »aktiver Neutralitätspolitik« von Frau Calmy-Rey. Ergebnis der Verleugnung unserer Eigenständigkeit und unseres Willens zur Unabhängigkeit. Brüssel ist das Ziel der hiesigen Classe Politique, nicht mehr der Erhalt der schweizerischen Souveränität. Schweizervolk: Wie lange lässt du dir solchen Verrat an deinen elementarsten Interessen noch gefallen? Ulrich Schlüer ist Chefredaktor der »Schweizerzeit« Wir fügen diesen Darlegungen noch ein in der Sonntags-Zeitung erschienenen Kommentar an: Es reicht! Die OECD-Liste ist ein Hohn - Von Markus Gisler Kürzlich ging bei einer Zürcher Bank die Anfrage des Finanzchefs einer Telecomgesellschaft eines afrikanischen Landes ein. Für die Zahlung von Beratungshonoraren wollte er ein Konto eröffnen. Freundlich wurde ihm beschieden, dass man an einer «Geschäftsbeziehung» nicht interessiert sei. Zu durchsichtig war das Manöver, Korruptionsgeld zu verstecken. Schweizer Banken sind ausserordentlich vorsichtig geworden. Kein Land hat ähnlich rigorose Vorschriften, wenn es um Terrorismusfinanzierung oder Geldwäscherei geht. Ganz im Gegensatz etwa zu London und insbesondere zu Jersey, wo der wahre wirtschaftlich Berechtigte dank dem Finanzvehikel «Trust» (Stiftung) geheim bleiben darf. In den USA lassen sich in vier Staaten via Internet problemlos fiktive Firmen zur Steuerumgehung gründen. Miami ist der grosse Hafen für Drogengelder und generell die Steueroase südamerikanischer Vermögen. «Who cares?», sagen sich Briten und Amis, seit dem problemlos 2. April sind diese offiziell weisse Steueroasen. Die OECD-Liste ist ein Hohn, in ihrer Oberflächlichkeit eine Infamie, die ganze Geschichte blanker Populismus. Die USA, Grossbritannien und der ehemalige Steueranwalt Sarkozy haben sich als skrupellose Interessenvertreter durchgesetzt. Das Herumhacken auf der Schweiz muss angesichts der eigenen Bevorteilung aufhören. Das setzt allerdings eine aggressivere Schweizer Politik voraus. Die Schweizer Regierung muss anfangen, mit anderen Mitteln zu kämpfen. Auf Staatsbesuchen Nettigkeiten auszutauschen, reicht nicht, jetzt gehören zuhanden der Weltöffentlichkeit Fakten über die real existierenden Steueroasen auf den Tisch. Das für die Liste verantwortliche Global Forum der OECD informiert nicht, sondern verschleiert. Nötig ist eine Übersicht über Steueroasen, die konkret und detailliert aufzeigt, was wo möglich ist, ähnlich wie dies der australische Professor Jason Sharman im «Economist» getan hat. Der Bundesrat soll eine Fachgruppe ernennen, die eine offizielle Analyse der Steueroasen erstellt. Fachleute gibt es genügend in der Schweiz, welche die Verhältnisse in Belize, auf den Cook Islands oder auf Jersey kennen. Die Resultate einer solchen offiziellen Schweizer Untersuchung sind notfalls per Inseratekampagne in ausländischen Medien zu publizieren. Wir dürfen uns nicht länger von den eigennützigen Kräften in der OECD ins Bockshorn jagen lassen. Es reicht! «Nettigkeiten auszutauschen, reicht nicht, jetzt gehören Fakten über Steueroasen auf den Tisch» 1. Anmerkung politonline: Es lohnt sich, abschliessend einen kurzen Blick auf die Vielfalt der in Jersey gebotenen Vergünstigungen zu werfen. Das »Figaro Magazine« vom 21. März bezeichnet die Kanalinsel als an ein erster Stelle stehendes britisches offshore-centre mit dort eingelagerten 280 Milliarden Dollar $. Wie der Presse zu entnehmen war, hat Jersey soeben ein 2. Gesetz gegen die Steuerflucht unterzeichnet, allerdings mit Grossbritannien! 40 % des BIP der Inseln Jersey und Guernsay stammen allein aus Finanzgeschäften. In Jersey locken niedrige Einkommenssteuern, Steuerbefreiung für Zinserträge aus Bankdepots, keine Erbschaftssteuer. Zwar ist das Bankgeheimnis nicht rechtlich garantiert, aber ein Trustgesetz regelt, dass ein Treuhänder der Geheimhaltungspflicht unterliegt, was privaten Anlegern Anonymität garantiert. 1 Quelle: SonntagsZeitung; 05.04.2009; Nummer 14, Seite 57 http://www.sonntagszeitung.ch/home/
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