DIE UMWELT-KILLER
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»Es gibt kein jüdisches Volk«20.06.2009 19:22
Der israelische Historiker Shlomo Sand hält die Forderung nach einem jüdischen Staat für gefährlich. Moralisch hätten die Palästinenser ein Recht auf die Rückkehr nach Israel.
Das nachfolgende Interview, das Sybille
Oetliker mit Shlomo Sand führte, erschien in der Frankfurter Rundschau:
S. Oe.: Der
israelische Premierminister Benjamin Netanyahu verlangt von den Palästinensern,
dass sie Israel als jüdischen Staat anerkennen. Ist die Forderung sinnvoll?
Sand: Nein. Sie ist gefährlich und
führt zu einer ›Ethnokratie‹. Ein Viertel der Israelis sind
nicht Juden. ›Jüdisch‹ sein, ist ein Begriff, der ausgrenzt - im Gegensatz zu ›israelisch‹. Jeder Araber in Israel ist Palästinenser und Israeli. Kommt dazu:
Ein jüdisches Volk gibt es nicht. Das Judentum ist eine Religion aber keine
Nation.
S. Oe.: Die
meisten Juden aber sehen sich doch als Mitglied eines Volkes und einer Religion.
Sand: Zionistische Historiker haben
aus der Bibel, die ein theologisches, literarisches und moralisches Meisterwerk
ist, ein Geschichtsbuch gemacht und den Mythos vom jüdischen Volk erfunden. Der
Exodus des jüdischen Volkes aus Palästina im ersten Jahrhundert christlicher
Zeitrechnung hat aber nicht stattgefunden. Die jüdische Diaspora entstand nicht
als Folge der Vertreibung von Juden, sondern durch Konversionen.
S. Oe.: Wenn
es tatsächlich kein jüdisches Volk gibt, wie lässt sich Israel als Staat
rechtfertigen?
Sand: Die Legitimation von Israel
als Staat kommt aus der Geschichte. Es gab Zeiten, in denen es keinen Ort gab,
wo Juden leben konnten. Israel wurde gegründet, um den Juden aus aller Welt
eine sichere Zuflucht zu geben.
S. Oe.: Warum
ist der Begriff des jüdischen Staates der israelischen Regierung so wichtig?
Sand:Sowohl die israelische Rechte wie auch die Linke insistieren
darauf wegen einer tief sitzenden Angst um ihre Identität. Seit seiner Gründung
sieht sich Israel aber nicht als Staat für seine Bürger, sondern als Staat für
die Juden der Welt. Historisch lässt sich das erklären. 61 Jahre nach der
Staatsgründung hingegen ist es eine Perversion der Demokratie, von einem
jüdischen Staat zu sprechen. Israel heute aber das Existenzrecht abzusprechen,
würde einen neuen Genozid vorbereiten. Der Staat wurde zwar in einem Akt der
Vergewaltigung der hier lebenden arabischen Bevölkerung gegründet. Aber: Selbst
ein Kind, das aus einer Vergewaltigung entsteht, hat das Recht zu leben.
S. Oe.: Wie
würden Sie Israel definieren, wenn nicht als jüdischen Staat?
Sand:
Israel soll ein demokratischer Staat für seine Bürger sein. Es ist in vielem
ein gut funktionierender und erfolgreicher Staat, der eine eigene hebräische
Kultur entwickelt hat.
S. Oe.: Viele
Juden, auch säkulare, fühlen sich durch ihr ›Jüdisch-Sein‹ verbunden.
Sand: Natürlich gibt es eine
Affinität unter Juden aus aller Welt. Nach der Shoa ist das selbstverständlich.
Das macht aber noch kein Volk. Ich fühle mich weit mehr mit einem arabischen
Kollegen an der Universität, der hier lebt und aufgewachsen ist wie ich,
verbunden als mit einem Juden, der sein Leben lang in den USA gelebt hat. Es gibt
keine Volkskultur der Juden auf aller Welt. Es gibt aber die gemeinsame
Religion. Die Juden in Yemen, in den USA und dem Maghreb lesen nicht die
gleiche Literatur, singen nicht zusammen, gehen nicht ins gleiche Theater -
aber sie haben die gleichen Gebete und den gleichen Glauben.
S.Oe.: Sie
sagen, die Juden seien Nachkommen von Konvertiten, insbesondere in Nordafrika
und Osteuropa. Sind die hier lebenden Palästinenser im Grunde genommen die
wahren Nachkommen der alten Juden?
Sand: Es gibt keine reinen Völker,
es sind immer Mischungen. Aber ich bin überzeugt, dass die Wahrscheinlichkeit,
dass ein Palästinenser aus Hebron ein Nachkomme eines alten Juden ist, grösser
ist, als dass ich einer bin.
S.Oe.: Haben
die Palästinenser folglich ein Recht auf Rückkehr?
Sand: Moralisch ja, politisch nicht.
Der Traum könnte zum Albtraum werden. Israel muss aber dazu stehen, dass seine
Gründung zur Nakba * (Katastrophe) für die
Palästinenser führte, und wir müssen die historische, moralische und politische
Verantwortung für das den Palästinensern angetane Leid übernehmen.
S.Oe.: Wird
es am Ende des Konflikts einen einzigen Staat geben, in dem Palästinenser und
Juden zusammenleben?
Sand: Irgendwann einmal -
vielleicht. Hoffentlich! Aber im Moment bin ich für die Zwei-Staaten-Lösung.
Zwei Staaten für zwei Gesellschaften, nicht für zwei Völker.
S.Oe.: Es
gibt immer mehr Stimmen, die die Zwei-Staaten-Lösung angesichts der weiter
wachsenden Siedlungen nicht mehr für machbar halten.
Sand: Israel kann von den USA und
Europa dazu gezwungen werden, sich aus allen besetzten Gebieten zurückzuziehen.
Man kann die Juden aber nicht zwingen, in einem Staat mit den Palästinensern zu
leben. Es brauchte den Konsensus der Juden, und das halte ich derzeit für
unrealistisch, denn die Juden würden zu einer Minderheit in diesem Staat. Ich
stelle die jüdisch-nationalen Mythen radikal in Frage, aber ich bin nicht
anti-zionistisch. Ich bin post-zionistisch und akzeptiere eine
jüdisch-israelische Hegemonie in den Grenzen von 1967.
Zur Person von Shlomo Sand: dieser ist israelischer Historiker,
kam in Linz zur Welt und ist Sohn von Holocaust-Überlebenden. Er ist Professor
für Geschichte an der Universität Tel Aviv. Sein 2008 erschienenes Buch, ›Wie das jüdische Volk erfunden wurde‹, wurde in Israel zu einem viel
diskutierten Besteller. Sand bringt darin die Säulen jüdisch-nationalen
Selbstverständnisses ins Wanken. Unter anderem macht er geltend, dass es keinen
Exodus der Juden aus Palästina gegeben habe und stellt fest, dass die meisten
Juden Nachkommen von Personen seien, die in nachchristlicher Zeit zum Judentum
konvertiert seien - unter anderen Berber in Nordafrika oder Khazaren im
Kaukasus. Aus seiner Analyse der historischen Quellen leitet Sand ab, dass es
nie ein jüdisches Volk, wohl aber eine jüdische Religion gegeben habe. Die
Existenz eines jüdischen Volkes aber sei ein Mythos, der insbesondere von der
zionistischen Geschichtsschreibung gepflegt und gefördert werde. Während
liberale Historiker in Israel die Thesen von Sand mit Interesse und Wohlwollen
aufnahmen, hagelt es von Historikern, die sich mit jüdischer Geschichte
befassen Kritik.