Kaufgeschäfte und Diebstahl - Von Ulrich Schlüer

Anlässlich des Staatsbesuchs des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff in der Schweiz wurde beiderseits krampfhaft versucht,

die Beziehungen zwischen den Nachbarländern als »völlig normalisiert« darzustellen. Die Schweiz fühlte sich durchaus zu Recht geehrt, dass Deutschland an der bereits recht alten Tradition festhält, wonach jeder deutsche Staatspräsident seinen ersten offiziellen Auslandsbesuch ausserhalb der EU dem Nachbarland Schweiz widmet.
 
Käufer und Verkäufer
Erstaunt haben indessen einige versöhnlich gemeinte, aber auch als Drohung aufgefasste Ausführungen von Bundespräsident Wulff, als dieser - auf den Steuerstreit anspielend - meinte: »Ein CD-Kauf sollte in Zukunft vermeidbar sein«. Die Schweizer Bundespräsidentin, vielleicht am Rotteppich-Trippeln im Scheinwerferlicht etwas stärker interessiert als an der Behauptung schweizerischer Standpunkte, wertete diese präsidiale Äusserung als Zeichen der Normalisierung. Die Öffentlichkeit bemerkte die Doppeldeutigkeit in Wulffs Aussage rascher und erkannte darin auch eine wichtige Frage: Wo immer ein Kaufgeschäft zustande kommt, bedarf es einer Einigung zwischen Käufer und Verkäufer über Qualität, Menge und Preis der zu handelnden Ware. Bundespräsident Christian Wulff äusserte sich als Vertreter Deutschlands, das gewisse CD-Käufe getätigt hat. Wenn solcher Einkauf Gegenstand der Botschaft des Bundespräsidenten aus dem Nachbarland an die Schweiz wird, fragt man sich in unserem Land unwillkürlich, ob denn die Schweiz als Verkäuferin dieser »Ware« angesprochen worden sei? Verkauften doch weder die Schweiz noch Schweizer Banken entsprechende CDs an Deutschland.
 
Ein Hehlergeschäft
Die Verkäufer waren vielmehr Verbrecher, Einbrecher, Diebe. Kriminelle, die sich illegal mittels Raub in den Besitz ihnen nicht gehörender Bankdaten gesetzt hatten, die sie als »Datenklau-Gut« für Millionen dem Meistbietenden weiterverkauften. Das Deutschland von Bundespräsident Wulff war nicht eigentlicher Käufer, es betätigte sich vielmehr als Hehler, bezahlte Millionen für Diebesgut, um damit eigene Staatsbürger zu piesacken und einzuschüchtern. Übrigens ist bis heute nicht klar, was den Deutschen mit diesen CDs tatsächlich in die Hände gefallen ist. Sie dienen bisher eher als Erpressungswaffe denn als Ermittlungshilfe. Erhärtete Fakten, die auf den gestohlenen CDs registriert worden wären, sind der Öffentlichkeit nach wie vor nicht bekannt. Die Ankündigung des deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff, weitere CD-Käufe »sollten in Zukunft vermeidbar sein«, erhalten aus diesem Blickwinkel gesehen eher drohenden als eine Entspannung vermittelnden Gehalt. Von seiner Hehler-Rolle in dieser Auseinandersetzung distanziert sich das im übrigen auf gute Nachbarschaft pochende Deutschland jedenfalls nicht. Von Entschuldigung keine Spur. Nur die hiesige Bundespräsidentin verbindet Wulffs Drohung mit Hoffnung auf Entspannung.
 
Regierungsversagen: Ohne Konsequenz?
Der deutsche Staatsbesuch fand zu einem Zeitpunkt statt, da der Anti-Sarrazin-Sturm mit aller Macht über Deutschland hinwegfegte. Wer Sarrazins Buch Deutschland schafft sich ab tatsächlich liest, dem wird rasch auch klar, welch unermesslichen Preis die deutschen Steuerzahler auf Grund der behördlich allzusehr geduldeten Integrationsverweigerung gewisser Einwanderer, insbesondere solcher aus muslimischen Ländern zu entrichten haben. Wurden die Steuerzahler je gefragt, ob sie zur Zahlung dieser Zusatzlasten bereit seien? Haben sie diese einfach stillschweigend zu schlucken? So wie sie stillschweigend zu schlucken haben, dass sich Deutschland bei dem Versuch, die Kunstwährung Euro doch noch über Wasser zu halten, die Rolle des Hauptlastenträgers in der EU zuweisen liess. Wird ein Steuerzahler zum Verdachtsfall oder gar zum Verbrecher, wenn er seiner Regierung nicht mehr traut, welche sein Land zum Lastesel Europas werden lässt und die die Milliarden kostende Integrationsverweigerung von Einwanderern einfach toleriert?
 
Werden jene Bürger, die Selbstverantwortung zum Beispiel im Blick aufs eigene Alter mittels disziplinierter lebenslanger Sparanstrengung beweisen, zu Schädlingen, wenn sie der eigenen, offensichtlich überforderten Regierung nicht mehr trauen und einen Teil ihrer sauer verdienten Vermögen vor dem Zugriff unersättlicher Steuervögte bewahren, indem sie diese in einem Land anlegen, wo dem Eigentum und der Selbstverantwortung höhere Wertschätzung entgegengebracht wird als im eigenen Land? Ist, wer masslose Ausgaben-Politik auf Kosten ohnmächtiger, nie um ihr Einverständnis befragter Bürger betreibt, zur Verurteilung solcher sich selbst schützender Bürger berechtigt?
 
Regierende und Regierte
Der Satz aus dem Mund des Bundespräsidenten, wonach »ein CD-Kauf in Zukunft vermeidbar sein sollte«, ist nicht zuletzt erschreckendes Beispiel dafür, wie Regierungen, wenn sie die Folgen ihres eigenen schweren Versagens vertuschen wollen, selbst mit Verbrechern zusammenzuarbeiten beginnen, wenn ihnen dies die konsequentere Schröpfung der eigenen Staatsbürger sowie die Schädigung eines im wirtschaftlichen Wettbewerb tüchtigeren Nachbarn verspricht.
 
Fragen, die im Zeitalter, da Staatsbesuche einigen Politexponenten vor allem medienträchtige Auftritte versprechen, offensichtlich kaum mehr gestellt werden.
 
Nationalrat Ulrich Schlüer ist Chefredaktor der «Schweizerzeit»
www.schweizerzeit.ch