Gibt es Auswege aus der Überschuldungskrise? - Ohne Disziplin keine Gesundung - Von Ulrich Schlüer 25.06.2012 00:14
Nur zwei Wege führen aus der Überschuldungskrise. Auf dem Wegweiser zum ersten Weg steht
das Wort
«Eiserne Sparpolitik», auf dem anderen Wegweiser «Inflation». Die Überschuldung
der westlichen Industrieländer begann 1971 mit der Preisgabe des Gold-Standards
für den Dollar, an den bis zu jenem Zeitpunkt alle starken westlichen Währungen
mittels fixierten Wechselkursen fest angebunden waren. Solange das Notendrucken
von Goldreserven abhängig war, wuchs die Geldmenge zwar langsamer. Die Staaten
überschuldeten sich indessen nicht. Die westlichen Länder erholten sich nach
dem Zweiten Weltkrieg vielmehr aussergewöhnlich rasch, erreichten
bemerkenswerte Stabilität und soliden Wohlstand. [Hier ist anzumerken, dass den 187
Mitgliedstaaten des Internationalen Währungsfonds eine Goldbindung ihrer
Währungen untersagt ist, ein Fakt, auf den so gut wie nie verwiesen wird.
Die Schweiz hat die historische Bindung ihres Frankens an das Gold 1992
aufgelöst. Man erinnere sich: Am 29. Mai 1992 wurde die Schweiz unter dem
damaligen SP-Bundesrat Otto Stich Mitglied des IWF, nachdem das Schweizervolk
am 17. Mai 1992 den Beitritt der Schweiz zu den Institutionen von Bretton Woods
(IWF und Weltbank) angenommen hatte. Anmerkung politonline]
Vierzig Jahre
Verschuldungspolitik Vor
vierzig Jahren begann, zuerst langsam, dann sich laufend verschärfend, die
Phase der Verschuldungspolitik – mit massiver Überschuldung als Ergebnis. 40 Jahre
finanziellen Schlendrians durch 40 Jahre eiserne Sparsamkeit auszugleichen: Das
ist eine herkulische Aufgabe, die einer seit vierzig Jahren vom
Ausgaben-Schlendrian verwöhnten Wählerschaft ein ausserordentliches
Stehvermögen abverlangt; dementsprechend unpopulär ist «Zumutung» dieser Art. Der
neue französische Staatspräsident François Hollande hat die Wahlen gewonnen,
weil er sich in Europa zum Führer der erklärten Nicht-Sparer emporschwingen
will. Noch mehr Schulden heisst seine Losung – die von der Hoffnung angetrieben
ist, die weitere Flutung der Banken und der Wirtschaft mit Milliarden und
Billionen könne vielleicht doch irgend einmal einen Wirtschaftsaufschwung
auslösen. Japan ging vor zwanzig Jahren den gleichen Weg. Er endete in
Maximalverschuldung bei anhaltend schlechter Konjunktur. Die USA schlugen unter
Obama diesen Weg ebenfalls ein. Seine Konjunkturprogramme sind gescheitert. Sie
werden auch in Europa scheitern. Trotzdem scheint die Illusion, die
Verschuldung mittels massiv gesteigerter Verschuldung bekämpfen zu können, auch
die europäischen Staatschefs mitzureissen.
Folgen der
Inflationierung Die Inflationierung
der Währung bedeutet: Der Staat beraubt seine Bürger Jahr für Jahr eines Teils
ihrer Renten und Rentenansprüche, eines Teils ihrer Pensionsansprüche, eines
markanten Teils ihrer Ersparnisse. Und er treibt auch Raubbau an allen Löhnen.
Natürlich wird man – besonders bei Renten und Löhnen – von Zeit zu Zeit gewisse
Anpassungen nach oben vornehmen. Vorläufig droht keine Hyperinflation. Wenn
sich die Euro-Länder indessen auf eine Inflationierung ihrer von Brüssel
beherrschten Währung in der Grössenordnung von jährlich 5 % absprechen, dann
bedeutet das, dass Pensionsansprüche, Renten und Ersparnisse innert zehn Jahren
auf
die Hälfte ihres heutigen Wertes reduziert werden. Was den Rentnern,
den Pensionsberechtigten und Sparern dabei mittels Geldentwertung geraubt wird,
damit glauben die Verantwortlichen der Überschuldung die Löcher in ihren Kassen
Jahr für Jahr etwas auffüllen zu können. Die Schuldigen an der
Finanzlöcher-Politik glauben, ihre Verantwortung für den liederlichen Ausgabenschlendrian
mit Raubgut vertuschen zu können. Inflationierung mag all jenen, die nicht über
den heutigen Tag hinausdenken, durchaus als verlockend erscheinen. Das erklärt
François Hollands vorübergehende Popularität. Doch eine Inflationierungspolitik
treibt Millionen in die Verarmung. Wählt die Europäische Union den Ausweg
«Inflationierung», dann werden ganze Regionen Europas, insbesondere ganz
Südeuropa, wieder ein Ausmass an Armut erleiden, wie es Europa seit dem Zweiten
Weltkrieg nicht mehr gekannt hat.
Wie reagiert die
Wirtschaft? Solche
Perspektiven müssten eigentlich die führenden Köpfe der Wirtschaft aufrütteln.
Verarmte Bevölkerungen sind keine interessanten Kunden und Konsumenten.
Verarmte Bevölkerungen bescheren der Wirtschaft Rückschläge, lang andauernde
Rezession, ja Depression. Das wird auch vielen Betrieben den Garaus machen. Noch
setzt die Wirtschaft ganz auf die Anbindung des Schweizer Frankens an den Euro.
Eine Alternative dazu sieht sie nicht. Doch auch diese Anbindung an eine auf
Inflation getrimmte Währung birgt grosse Gefahren: Sie drängt die Schweiz in
die gleiche Inflationierungspolitik, wie sie sich derzeit in der EU durchzusetzen
scheint. Ob dies den existentiellen Interessen unserer Bevölkerung, auch der
Rentner und Pensionsberechtigten, auch all unserer Sparer und Lohnempfänger
dient?
In den
letzten Wochen scheint der Dollar gegenüber dem Schweizer Franken an Wert
langsam aber doch stetig zu gewinnen. Das verwundert, ist doch die USA, Herrin
über den Dollar, das derzeit weltweit wohl am gefährlichsten überschuldete
Land. Und der Dollar-Raum wird mit Papiergeld ohne jedes Wert-Fundament
buchstäblich «frisch ab Notenpresse» geradezu masslos geflutet. Massnahmen, die
auf bewusste Schwächung der eigenen Währung abzielen. Wenn der Dollar gegenüber
dem Schweizer Franken trotzdem steigt, dann dokumentiert dies keineswegs eine
Gesundung des Dollars. Es dokumentiert vielmehr, dass der Euro, an dem der
Schweizer Franken festgebunden ist, noch rascher an Wert verliert als der
Dollar. Die Stützung des Euros durch den Franken lässt den Euro nicht gesunden.
Vielmehr läuft der Franken Gefahr, von der Schwindsucht des Euros angesteckt zu
werden.
Die Alternative Es gäbe
durchaus eine den Franken aus dem Überschuldungsschlamassel heraushaltende, die
Wirtschaft trotzdem stärkende Alternative zur Politik der Fesselung des
Frankens an den Euro. Diese Politik heisst «Entlastung»: Entlastung von
Wirtschaft und Gewerbe, ja jeglicher wertschöpfenden Aktivität in unserem Land.
Entlastung von staatlichen Gebühren, Abgaben, Steuern, vor allem von
kostentreibenden bürokratischen Auflagen. Und zwar um mindestens 25 %.
Unmöglich umzusetzen? Für politisch Blinde schon; für jene, die Strategien über
den heutigen Tag hinaus erarbeiten, ist dies der für die Schweiz wohl einzig
gangbare Weg. Er erspart unserer Bevölkerung Inflation. Er erspart der Schweiz
Armut. Im Hinblick
auf das Überleben in der Europa zweifellos äusserst schwer treffenden
Überschuldungskrise wagen wir eine Prognose, von deren Richtigkeit wir
überzeugt sind: Diejenigen Staaten, die sich ihre Entscheidungsfreiheit auf dem
Fundament einer gesunden stabilen Währung zu bewahren vermögen, werden die
Krise politisch am besten bewältigen. Wirtschaftlich gesehen werden jene am
besten überleben, die ihre Wirtschaft am konsequentesten von jeglicher
übermässig finanziellen und bürokratischen Einschnürung befreien, womit auch
den Unternehmen jene Handlungs- und Entscheidungsfreiheit gesichert wird, die
sie in schwieriger Zeit unabdingbar brauchen.
Tatsache
ist: Die Überschuldungskrise ist eine Krise grassierender Bürokratie, viel zu
aufwendiger Sozial- und Fürsorgeapparate, einer viel zu eng an viel zu teuer
ausgebaute Kontrollapparate gebundene Regelungsdichte, die produktive Leistung
geradezu überbordend bedrängen. Wer dagegen entschieden vorgeht und die
Bevölkerung über die Bedeutung einer solchen Form von Krisenvorsorge umfassend
und ehrlich orientiert, der wird am ehesten überleben.
http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Ohne_Disziplin_keine_Gesundung-668 Der
aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 22. Juni 2012
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