Soll der ESM die Diktatur der kriminellen Großbanken zementieren? Mit uns nicht! - Von Helga Zepp-LaRouche 16.07.2012 01:32
Eine wichtige Fraktion des britischen Establishments hat begriffen, daß mit der Eruption
des
LIBOR-Skandals in das öffentliche Bewußtsein und in den Focus der Staatsanwälte
das Ende des transatlantischen Finanzsystems besiegelt ist - und zieht die
Reißleine. Ausgerechnet von führenden Vertretern der City of London und den
Finanzmedien kommt jetzt die Forderung, daß nur die gemeinsame Wiedereinführung
des vollen Glass-Steagall-Standards in der Tradition von Franklin D. Roosevelt
durch Großbritannien und die USA noch irgendetwas retten kann. Im Januar 2009
schrieb ich einen Artikel mit der Überschrift ›Ist das ganze Weltfinanzsystem ein Madoff-Schwindel?‹, in dem ich die Vermutung aufstellte,
daß nicht nur der frühere Chef der Technologiebörse NASDAQ, Madoff, seine
Kunden um 50 Milliarden Dollar betrogen hatte, sondern daß das ganze
Weltfinanzsystem offenbar mit betrügerischen Methoden arbeitet. Diese
Einschätzung war die Untertreibung des Jahres, denn Madoffs 50 Milliarden sind
im Vergleich zu den Summen, die kriminelle Großbanken ergaunern, nur die
berühmten ›Peanuts‹!
Die
transatlantischen Großbanken sind in eine ganze Serie von kriminellen
Machenschaften verwickelt, die zusammengenommen ein Betrugssystem repräsentieren,
bei dem die großen ›Player‹ astronomische Gewinne einstreichen,
gierige ›Investoren‹ mitbedienen, die absolute Mehrzahl
ihrer Kunden und indirekt die Bevölkerung ausplündern sowie die gesamte
Gesellschaft in den Zusammenbruch treiben. Die französische Zeitung ›Le Monde diplomatique‹ schrieb am 13. Juli: »Kann es
eine größere Verschwörung geben? 20 der größten privaten Banken der Welt sollen
sich von 2005 bis 2009 zusammengetan haben, um das internationale Zinsgefüge zu
ihren Gunsten zu manipulieren. Durch koordinierte falsche Angaben
gegenüber der britischen Bankenvereinigung wurde der sogenannte LIBOR-Zins im
Eigeninteresse höher oder tiefer gedrückt. Das hatte Auswirkungen auf die
Zinsen für Außenstände im Umfang von rund 350 Billionen US-Dollar.« Pro
Tag!
Das
bedeutet, daß Hunderttausende, wahrscheinlich Millionen von Kunden um
Milliarden von Euro und Dollar betrogen worden sind, denn bei diesen Billionenbeträgen
genügt schon eine Manipulation der Zinsraten an der dritten Stelle nach dem
Komma, um gigantische Summen zu erschwindeln. Eine Konsequenz des
Skandals wird ein Tsunami von Schadensersatzklagen sein, bei denen es um bis zu
zwei-, möglicherweise dreistellige Milliardenbeträge gehen wird! Dabei ist die
LIBOR-Manipulation - es gibt Hinweise, daß sie den Zeitraum von 2001 bis heute
umfaßt - nur eine von vielen kriminellen Praktiken der Großbanken. Es laufen
bereits mehrere riesige Gerichtsprozesse, bei denen es um einige der
Betrügereien geht, die in dem über 600 Seiten dicken ›Angelides-Report‹
aufgeführt sind, darunter bewußte Irreführung von Kunden beim Verkauf
spekulativer Wertpapiere aus dem Immobilienbereich, den sogenannten ›Mortgage Backed Securities‹ (MBS). Die US-Behörde für
Eigenheimfinanzierungen (FHFA) hat im November 2011 17 Banken aus der USA,
Japan und Europa unter anderem wegen Betrugs angeklagt, weil sie mit Hilfe getürkter
Informationen MBS im Wert von rund 200 Milliarden $ an die Hypothekenfirmen
Fannie Mae und Freddie Mac verkauft haben sollen. Beide Institutionen mußten
dann mit Milliarden von Steuergeldern vor dem Konkurs ›gerettet‹ werden. Zumindest
eine der Großbanken, deren Beteiligung am LIBOR-Schwindel untersucht wird, muß
sich am 17. Juli vor einem Ausschuß des US-Senats einer weiteren Untersuchung
stellen: die HSBC, die bereits seit Monaten von der SEC und dem
Justizministerium wegen des Verdachts untersucht wird, in Geldwäsche aus dem Drogenhandel
und der Finanzierung terroristischer Aktivitäten involviert zu sein.
Untersucht
wird auch eine mögliche Verbindung zu dem extrem brisanten Skandal, der in der
USA unter dem Code-Namen ›fast and
furious‹ bekannt ist und bei dem es
um umfangreiche amerikanische Waffenlieferungen an das mexikanische
Drogenkartell geht, bei denen auf ominöse Weise 2.000 Waffen ›verschwunden‹ sind. Der amerikanische Justizminister Eric Holder hatte die
Herausgabe von Daten zu diesem Skandal verweigert und ist dafür vom Kongreß mit
dem Bescheid ›kriminelle Mißachtung
des Kongresses‹ belegt worden. Die
Tatsache, daß das Weiße Haus über diesen Vorgang wiederum ein sogenanntes ›executive privilege‹, also einen Untersuchungsstopp
verhängt hat, obwohl Präsident Obama angeblich nie über diese Vorgänge informiert
gewesen sein soll, hat die Republikaner dazu veranlaßt, von einer Vertuschung
in der Tradition von Watergate zu sprechen. Untersucht wird nun unter anderem
die Frage, wohin die Gelder, die für diese Waffen gezahlt worden sind,
geflossen sind. Sowohl der oberste Drogenbeauftragte Rußlands, Viktor Iwanow,
als auch Antonio Maria Costa, der bis vor kurzem das UN-Büro zur Bekämpfung von
Rauschgifthandel und organisiertem Verbrechen leitete, haben wiederholt betont,
daß das internationale Finanzsystem in den letzten Jahren nur mit Hilfe eines
massiven Zuflusses illegaler Gelder aus dem Drogengeschäft durch
Geldwäscheoperationen überlebt hat. Der Drogenhandel könne nur dann mit Erfolg
bekämpft werden, wenn die derzeitige Finanz- und Wirtschaftsarchitektur der
Welt vollkommen umgestaltet würde.
Untersuchungen
im Kongreß haben einen e-mail-Verkehr und Memoranden ans Tageslicht gebracht,
aus denen hervorgeht, daß der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner
bereits 2007, als er noch Chef der New Yorker Federal Reserve Bank war, von
den Zinsmanipulationen zu Gunsten der Großbanken wußte. Neil Barofsky,
der ehemalige Chef des TARP-Programms, äußerte gegenüber Bloomberg die
Auffassung, daß sich die illegalen Aktivitäten um die LIBOR-Affäre auch zu
einem Skandal für die Regierung ausweiten werde, weil sich die Regierungen
Großbritanniens und der USA sowie die Aufsichtsbehörden der Komplizenschaft
schuldig gemacht und erlaubt hätten, daß diese kriminellen Aktivitäten
fortgesetzt wurden. Die Großbanken operierten nach Regeln, die sie selbst
gemacht hatten, in dem Bewußtsein, daß sie ›too
big to fail‹ seien, und daß sie
Anklagen bislang nicht zu fürchten hatten, da sie ›systemisch‹ seien und
ihr Untergang den Kollaps des gesamten Finanzsystems zur Folge hätte. Bezüglich
einer e-mail Geithners von 2008 betonte Barofsky: »Wenn Sie
nur eine e-mail geschickt haben [als Reaktion auf das Wissen um die
Manipulation, H.ZL.], dann ist das ein Skandal, der ein Skandal für die Banker
ist, aber es wird auch für die Regierung ein Skandal sein.«
Genau mit
diesen kriminellen Aktivitäten ist es jetzt vorbei. Die Vorstände der Banken
Barclays und UBS haben Abkommen mit amerikanischen bzw. britischen Behörden
geschlossen, daß sie bei der Aufdeckung der kriminellen Manipulationen
kooperieren und dafür eigene Immunität erhalten. Da 75 % aller amerikanischen
Städte Swap-Vereinbarungen mit den Banken abgeschlossen hatten, ist die Wut der
betrogenen Bürgermeister und Stadträte, die zum Teil Insolvenz anmelden oder
angesichts der Verluste in Millionenhöhe dramatische Kürzungen bei den Sozialprogrammen
vornehmen mußten - was eine Reihe von
Menschenleben kostete - enorm.
Angesichts dieses Betruges von ›kosmischen
Dimensionen‹, wie Robert Reich es
formulierte, ist mit einem ›Tsunami‹ von Schadensersatzklagen zu rechnen.
Die Forderung nach einer sofortigen Durchsetzung des Glass-Steagall-Gesetzes,
um diesem kriminellen Treiben ein für allemal ein Ende zu setzen, ist jetzt in
Washington und in der ganzen USA das überragende Thema - und, wer hätte das gedacht,
auch in London!
Der ESM muß vom
Tisch! Für Europa
muß die Konsequenz aus diesem größten Finanzskandal in der Geschichte heißen:
Der ESM muß vom Tisch! Denn mit den bisherigen Rettungspaketen wurden lediglich
die Banken und Spekulanten, die vom LIBOR-Skandal und wahrscheinlich auch von
Geldwäsche profitiert haben, mit Steuergeldern in die Lage versetzt, umso
unverschämter gegen die Staatsanleihen derselben Staaten zu spekulieren, die
soeben die Rettungspakete finanziert hatten. Die gesamte Praxis der
G-20-Staaten und der EU seit dem Ausbruch der Finanzkrise im Juli 2007 hat über
jeglichen Zweifel hinaus bewiesen, daß die Regierungen von den Großbanken wie
die Hasen getrieben worden sind, natürlich immer, weil sie ›systemisch‹ waren. Peinlich nur, daß dieses ›System‹ durch und durch kriminell ist.
[Und vielleicht noch ein Sahnehäubchen: In Spanien wurde soeben ein
Strafverfahren gegen 33 frühere Manager der mittlerweile verstaatlichten
Großbank Bankia und deren Muttergesellschaft BFA eröffnet. Unter den
Beschuldigten befindet sich auch der frühere Bankia-Chef Rodrigo Rato, der
zwischen 2004 und 2007 Chef des Weltwährungsfonds war.]
Deshalb
kann es keine Beruhigung sein, wenn das Direktorat des ESM von den
EU- Finanzministern berufen werden soll und lebenslange Immunität genießen soll.
Denn entweder waren die Finanzminister, die EZB und die EU-Kommission in den
vergangenen Jahren unfähig und konnten den gigantischen Betrug, der sich vor
ihrer Nase abspielte, nicht erkennen, oder sie wußten es und drückten um des
eigenen Vorteils willen beide Augen zu. In jedem Fall wäre es fahrlässige
Unachtsamkeit, mit dem ESM, dessen Direktorat jederzeit auf die nationalen
Haushalte zugreifen und mit den Geldern auf dem primären und sekundären
Geldmarkt spekulieren könnte, einen
rechtsfreien Raum zu schaffen, in dem sich Vertreter einer Zunft tummeln könnten, deren Markenzeichen ihr fehlendes
Unrechtsbewußtsein ist. Nach dem LIBOR-Skandal macht sich jeder, der den ESM
weiterhin unterstützt, des Hochverrats an der Bevölkerung
und dem Gemeinwohl schuldig!
Auch auf
dem europäischen Kontinent muß deshalb umgehend das Trennbankensystem
umgesetzt, die EU-Verträge von Maastricht bis Lissabon aufgekündigt und die
Rückkehr zur souveränen Kontrolle der Währung und der Wirtschaftspolitik in
Gang gesetzt werden. Es gibt ein Leben nach dem Euro: die Einführung einer
neuen DM, und die Schaffung eines Kreditsystems in der Tradition der Politik
der KfW beim Aufbauprogramm nach dem Zweiten Weltkrieg, aber diesmal für das
Aufbauprogramm für Südeuropa, den Mittelmeerraum und Afrika, wie wir es
vorgeschlagen haben [1] Und eine internationale Pecora-Kommission wird es auch
geben, wenn auch in der abgeänderten Form von strafrechtlichen Verfahren der
Staatsanwälte. [2]
Die Badische
Zeitung vom 12. 7. 2012 hat unter dem Titel ›Wenn Zinsen nicht die Wahrheit sagen‹ einen aufschlussreichen Artikel zum LIBOR-Skandal gebracht, den
wir hier wiedergeben: »Banker
haben bewußt falsche Zinsangaben gemacht und
damit den Glauben an einen gut funktionierenden Finanzmarkt geschwächt. Erneut
erschüttert ein Skandal das Vertrauen in den Finanzmarkt. Beschäftigte von
Großbanken sollen die Höhe des Interbankenzinses Libor [London Interbank
Offered Rate] manipuliert haben. Auch bei dem für die Eurozone wichtigen
Interbankenzins Euribor (Euro Interbank Offered Rate) soll es unrechtmäßige
Absprachen gegeben haben. Die beiden Zinssätze haben Einfluß auf eine Vielzahl von Finanzprodukten, die auch
von Privatanlegern und Kreditnehmern genutzt werden. Libor und Euribor sind
Referenzzinssätze. Sie haben eine Funktion wie ein Leuchtturm: Banken
orientieren sich bei der Festlegung von kurzfristigen Spar- und Kreditzinsen
für den Privatkunden an den Libor- und Euribor-Werten, sagt Stephan Heinisch,
Vorstandsmitglied der Volksbank Freiburg im Breisgau. Ein Beispiel ist nach
Aussage des Bankers der Dispozins: Seine Entwicklung hängt an der Veränderung
des Euribor. Auch auf die Zinsen für kurzfristige Firmenkredite hat der Euribor
nach Aussage von Heinisch Einfluß. Wichtig
sind Libor und Euribor vor allem für Darlehen mit einem sich verändernden variablen
Zinssatz. Solche Darlehen sind deutschen Verbrauchern jedoch wenig vertraut.
Wer in der Bundesrepublik ein Haus baut und dafür einen Kredit braucht, läßt sich in der Regel den Zins für mehrere Jahre
festschreiben. In Portugal sieht das anders aus. Bedeutend für Otto
Normalverbraucher hierzulande sind kurzfristige Festgelder. Wer zum Beispiel
seiner Bank eine Summe für 3 Monate überläßt,
erhält einen Zinssatz, der auf dem Euribor fußt. Dahinter steckt folgende
Überlegung: Anstatt vom Sparer könnte die Bank die Summe auch von einer anderen
Bank zum Euribor-Zinssatz erhalten. Auf der Basis des Euribor wird das Angebot
für den Anleger erarbeitet, sagt Marcel Thimm, Vorstandschef der Sparkasse
Freiburg-Nördlicher-Breisgau. Auch Derivate folgen Libor und Euribor. Derivate
sind Wertpapiere, deren Preis von der Entwicklung eines anderen Preises [Zins,
Aktienkurs] abhängt. Das Magazin ›The
Economist‹ schätzt, dass sich
Finanzprodukte im Wert von 800 Billionen $ [651 Billionen Euro] allein auf den
Libor beziehen.
Wie werden Euribor und Libor berechnet? Großbanken
melden regelmäßig an eine Stelle, zu welchem Zins sie Geld an andere Banken
verleihen würden und zu welchem Zins sie bereit wären, Geld von anderen
Finanzinstituten zu borgen. Für den Libor, der vor allem für den globalen
Finanzmarkt und den Londoner Finanzplatz wichtig ist, geben 18 Banken ihre
Daten bekannt, bei dem für die Eurozone bedeutenden Euribor sind es 44. Bei der
Euribor-Berechnung werden die 6 höchsten und die 6 niedrigsten Werte
ausgeschlossen. Aus dem Rest wird ein Durchschnitt ermittelt. Dadurch soll
gewährleistet werden, dass Ausreißer nach oben und nach unten kein Gewicht
bekommen und so das Ergebnis verfälschen. Beim Libor gibt es ein ähnliches
Verfahren. Das Problem: Die Daten spiegeln nicht immer reale Geschäfte wider.
Sie zeigen letztlich nur die Angebote der Bank. Das wiederum öffnet die Tür für
Tricks. Diese sind allerdings nur schwer nachzuweisen, wenn sie denn überhaupt
stattgefunden haben
Worin liegt jetzt der
Skandal? Banker des
britischen Finanzriesen Barclays haben gegenüber den Aufsichtsbehörden
zugegeben, zwischen 2005 und 2009 zusammen mit Vertretern anderer Banken die
Libor-Angaben manipuliert zu haben. Die Banker wollten Gewinne aus eigenen
Geschäften erhöhen und ihre Verluste begrenzen. Eine lukrative Angelegenheit:
Barclays konnte 2007 bis zu 20 Millionen Pfund [25 Millionen Euro] pro Tag
verdienen, wenn sich der Libor in die gewünschte Richtung entwickelte, schreibt
der ›Economist‹. Zwischen 2007 und 2009 setzten die Banker ihre Libor-Angaben
bewußt zu niedrig an. Als Folge des
Barclays-Skandals erklärten sowohl der Vorstands- als auch der
Aufsichtsratschef ihren Rücktritt. Bereits im Oktober vergangenen Jahres hatten
Behörden die Büros von mehreren Banken und Firmen, die mit Derivaten handeln,
die sich auf den Euribor beziehen, durchsucht. Der Verdacht: Die Beteiligten
hätten sich bei ihren Zinsangaben abgesprochen und so den Bankkunden geschädigt.
Was sagen die Banker? Die
Barclays-Banker verteidigen sich. Ein Teil der falschen Angaben sei auf
politischen Druck hin geschehen. Die britische Zentralbank habe den
Finanzriesen förmlich dazu aufgerufen, zu niedrige Libor-Daten zu melden. Die
Notenbank habe ja gerade in Zeiten der Finanzkrise ein Interesse daran gehabt,
daß sich Banken möglichst günstig Geld
untereinander verleihen. Niedrige Zinsen zeigen, daß
großes Vertrauen am Finanzmarkt herrscht und die Geldpolitik einer Zentralbank
wirkt. Zudem habe sich die Barclays-Mannschaft nach eigenen Angaben nicht
anders verhalten als die Konkurrenz. Diese habe noch niedrigere Zahlen
mitgeteilt, obwohl sich die Wettbewerber zum Teil in einer viel schlechteren
finanziellen Situation befunden hätten als Barclays. Die Euribor-Meldestelle
verweist auf die vergleichsweise hohe Anzahl teilnehmender Finanzinstitute.
Falsche Daten weniger Banken könnten wegen der Berechnungsmethode das
Endergebnis überhaupt nicht verzerren.
Sind deutsche Banken am
Libor-Skandal beteiligt? Der
Skandal um die Libor-Manipulation konzentriert sich auf angelsächsische
Institute. Allerdings soll auch die Deutsche Bank ins Visier der Bankenaufseher
geraten sein. Die Bank soll, wie andere Institute auch, bereits 2011 zwei
Händler freigestellt haben. Offiziell verweist sie auf den Bericht zum ersten
Quartal, in dem sie betont, daß sie wegen
Fragen zu Interbankenzinsen für die Zeit zwischen 2005 und 2011 mit den
Behörden zusammenarbeitete. Es gebe zudem eine Reihe von Zivilklagen. Das Frankfurter
Bankhaus Metzler hat sich in der USA bereits im Oktober Sammelklagen auch gegen
die Deutsche Bank angeschlossen. Möglicherweise sind von Metzler aufgelegte
Fonds und die Anleger, die die Anteile gezeichnet haben, durch den
Libor-Skandal geschädigt worden, wie eine Sprecherin des Bankhauses sagt. Nach
Angaben von Falko Fecht, Professor für Finanzökonomie an der Frankfurt School
of Finance, gehörten in den vergangenen Jahren nur die Deutsche Bank und die
zerschlagene Westdeutsche Landesbank (West-LB) zu den Instituten, die täglich
Libor-Meldungen abgegeben haben. Beteiligt gewesen sein könnte auch die
Commerzbank. Auch sie ist Mitglied in der ›Britisch
Bankers Association‹ (BBA). Die drei
Banken sind die einzigen deutschen Institute in der BBA. Nur Geldhäuser, die
zur BBA gehören, melden Libor-Daten. Andere deutsche Banken, Volksbanken oder
Sparkassen spielen keine Rolle.
Wer sind die
Geschädigten? Das ist
nicht einfach zu sagen. Zu niedrige Zinsen bedeuten einen Vorteil für
Schuldner, aber einen Nachteil für die Gläubiger. Schätzungen über Schäden für
Geldinstitute und Anleger hält Finanzprofessor Falko Fecht für spekulativ.
Gleichwohl könnten auf die BBA und die an den Manipulationen beteiligten Banken
Schadensersatzforderungen in Milliardenhöhe zukommen. Ob Privatanleger klagen,
ist unklar. Die Anlegerschutzvereinigung DSW prüft rechtliche Schritte, sieht
nach Angaben ihres Sprechers Jürgen Kurz aber Schwierigkeiten, einen Schaden zu
ermitteln. Noch habe sich kein Anleger bei der Organisation gemeldet. Bei der
Sparkasse Freiburg-Nördlicher Breisgau wird zwar über den Skandal diskutiert,
von Klagen hat Vorstandschef Marcel Thimm jedoch nichts gehört. Die Sparkasse
habe ebenfalls geprüft, ob ein Schaden entstanden sein könnte. Allerdings seien
die Informationen bislang nicht ausreichend, um die Sache abschließend bewerten
zu können. « [3]
»Die
Manipulation des Libors«, las man in der ›Basler
Zeitung‹, »war kein
einmaliger Ausrutscher. Bei der Barclays Bank (BARC 2.014 -3.96%)
beispielsweise hatten diese Manipulationen System, und die involvierten Personen waren sich
bewusst, dass sie unrechtmässig handelten. «Wir sind unehrlich, und wir setzen
unsere Reputation auf dem Markt und bei den
Regulatoren aufs Spiel», schrieb ein beteiligter Banker in einem e-mail, das
jetzt öffentlich gemacht wurde. Die Reaktionen auf diese Geständnisse sind
heftig. So erklärte Lord Turner, der Chairman der britischen Finanzaufsichtsbehörde (FSA): «Es gibt offenbar ein Ausmass von Zynismus und Gier, das
schockierend ist, und es zeigt sich, dass wir ein Kulturproblem haben, das wir
dringend angehen müssen.» Barclays steht derzeit im Mittelpunkt des
Skandals. Die Bank musste bereits eine Busse in der Höhe von 450 Millionen $
bezahlen. Doch Barclays steht nicht allein am Pranger. Ermittelt wird unter
anderem gegen die Citigroup, die HSBC (HSBA 68.55 0.51%), die Royal Bank of Scotland,
die Royal Bank of Canada und gegen die UBS. Die Schweizer Grossbank kann
allerdings mit relativer Milde rechnen. Sie hat sich schon vor Monaten selbst
angezeigt. Der Libor-Skandal ist vor allem schockierend, weil er gnadenlos
aufzeigt, wie dekadent die aktuelle Kultur der Banker ist. Der einst hochmütige
und vornehme, aber ehrliche Bankier ist längst vom knallharten
Rüpel-Investmentbanker ersetzt worden, der weder Stil noch Anstand hat. Selbst
konservative Kreise sind entsetzt. So erklärt beispielsweise Mervyn King, der
Chef der Bank of England: ›Ich
denke, dass mit den Banken etwas sehr schiefgegangen ist und wir dringend einen
echten Kulturwandel brauchen.‹ Der ›Economist‹ beispielsweise spricht davon, dass auf der Insel derzeit drei
Gruppen von Menschen besonders verhasst sind: ›Superreiche, Banker und Zuwanderer‹. Es wird nicht reichen, wenn ein paar Köpfe rollen. Die ›Financial Times‹ fordert, dass die gesamte Generation der Banker, die für den
Schlamassel verantwortlich sind, zurücktreten muss.« [4]
Alle
Hervorhebungen durch politonline
[1] Siehe http://www.bueso.de/wirtschaftswunder [2] http://www.bueso.de/node/5823 17. 7. 12 [3] http://www.badische-zeitung.de/nachrichten/wirtschaft/wenn-zinsen-nicht-die-wahrheit-sagen--61603065.html 12. 7. 12
Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung von Bernd
Kramer und Rolf Obertreis [4] http://bazonline.ch/wirtschaft/geld/Nicht-nur-mit-fremdem-Geld-gezockt/story/21356497 2. 7. 12
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