Das revidierte Epidemie-Gesetz - ein Wolf im Schafspelz? 14.10.2012 23:48
Es geht hier um einen starken Eingriff in die Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrechte: Die Schweiz soll sich besser gegen übertragbare Krankheiten wappnen.
Aus diesem Grund wurde das Bundesgesetz über die Bekämpfung übertragbarer Krankheiten des
Menschen (Epidemiengesetz) total revidiert. Der Bundesrat stellte die
Botschaft zum Gesetz Ende 2011 dem Parlament zur Genehmigung zu. Der Nationalrat wird
es voraussichtlich diese Woche behandeln. 2013 soll es plangemäss in
Kraft treten. Bei näherer Betrachtung des revidierten Gesetzes zeigen sich
jedoch etliche Punkte, die Anlass zu Kritik geben.
Zwangsimpfung Artikel 6 ›Besondere Lage‹ gibt dem Bundesrat in Absprache mit den Kantonen
die Möglichkeit, gegenüber einzelnen Personen und der Bevölkerung generell besondere
Massnahmen anzuordnen. Eine solche besondere Lage tritt ein, wenn
beispielsweise die WHO, die UNO-Weltgesundheitsorganisation eine ›gesundheitliche Notlage von internationaler
Tragweite‹ feststellt. Artikel 7 hält fest, dass ›wenn es eine ausserordentliche Lage erfordert, der
Bundesrat für das ganze Land oder für einzelne Landesteile die notwendigen
Massnahmen anordnen kann.‹ Was unter den besonderen
oder notwendigen Massnahmen genau zu verstehen ist, wird nicht erwähnt. Artikel
22 sieht jedoch vor, dass die Kantone die ›Impfung
von gefährdeten Bevölkerungsgruppen, von besonders exponierten Personen und von
Personen, die bestimmte Tätigkeiten ausüben, für obligatorisch erklären‹ kann.
Förderung der Sexualpädagogik Artikel 5 des Epidemie-Gesetzes sieht ›nationale
Programme‹ vor: ›Das
Bundesamt für Gesundheit erarbeitet unter Einbezug der Kantone
themenspezifische nationale Programme zur Erkennung, Überwachung, Verhütung und
Bekämpfung übertragbarer Krankheiten.‹ Der Bundesrat
kann nach Artikel 19 ›Institutionen des
Bildungs- und Gesundheitswesens dazu verpflichten, Informationen über die
Gefahren übertragbarer Krankheiten und Beratungen zu deren Verhütung und
Bekämpfung anzubieten.‹ Das BAG kann gemäss
Artikel 50 Finanzhilfen an öffentliche und private Organisationen gewähren,
welche nationale Programme umsetzen. Einen Vorgeschmack darauf liefert das ›Grundlagenpapier Sexualpädagogik und Schule‹, das vom Kompetenzzentrum Sexualpädagogik und
Schule der Pädagogischen Hochschule Luzern im Auftrag des Bundesamtes für
Gesundheit (BAG) erarbeitet wurde. In einem uns vorliegenden Brief bestätigte
Bundesrat Didier Burkhalter, dass das noch nicht in Kraft getretene
Epidemien-Gesetz die gesetzliche Grundlage für das Sexualpädagogik-Papier
bildet.
Kein Schutz der Personendaten Ab Artikel 50 werden die Voraussetzungen für eine Weiterleitung von
Personendaten definiert. ›Zur Identifizierung von
kranken, krankheitsverdächtigen, angesteckten, ansteckungsverdächtigen und
Krankheitserreger ausscheidenden Personen im Hinblick auf Massnahmen zum Schutz
der öffentlichen Gesundheit‹ können unter anderem
folgende Daten bekanntgegeben werden: ›Name,
Adresse, Geburtsdatum, berufliche Tätigkeit, Angaben über Reisewege,
Aufenthaltsorte, Kontakte mit
Personen, Tieren und Gegenständen, Ergebnisse von medizinischen Untersuchungen‹. Besonders
brisant dabei ist: Die Weitergabe von Daten ist nicht nur zwischen Bund und
Kantonen vorgesehen. Artikel 62 des Epidemie-Gesetzes ermöglicht auch die
Weitergabe von Personendaten an
ausländische Behörden.
Das Epidemie-Gesetz, wie es als Entwurf vorliegt, stellt einen starken
Eingriff in die Persönlichkeits- und Selbstbestimmungsrechte dar. Sollte es
ohne Anpassungen durchs Parlament gehen, wird ein Referendum unumgänglich
werden.
http://www.politik.ch/das-revidierte-epidemie-gesetz-ein-wolf-im-schafspelz.html
Der Autor, Pirmin Müller, ist Assistent
des Geschäftsführers der im Krankenkassen- und Lebensschutzbereich tätigen Pro Life.
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