Notiz zu Syrien 12.11.2012 00:01
Wie der italienische Geograph Manlio Dinucci darlegt, ist das »echte Ziel des Konflikts nicht der Regimewechsel,
sondern
die Schliessung des Terminals für iranisches Gas im Mittelmeer und die
Kontrolle der syrischen Gasreserven«. Syrien, der Iran und der Irak hatten
im Juli 2011 eine Vereinbarung für eine Erdgasleitung unterschrieben, die dann
ab 2016 die iranischen ›South Pars
Reserven‹, die grössten der Welt,
über Syrien mit dem Mittelmeer verbinden sollte. Syrien hat eine weitere grosse
Reserve in der Nähe von Homs entdeckt und kann so zu einem alternativen Hub für
über die Türkei und andere Routen laufende, von amerikanischen und europäischen
Unternehmen kontrollierte Energie-Korridore werden. Deshalb, so Dinucci, will man
Syrien niederschlagen und besetzen. Für wie viele Italiener, fragt er, ist das
klar - im Parlament und im Land? Wie Dinucci
nochmals festhält, sind die durch leistungsstarken Sprengstoff zerstörten
Gebäude in Damaskus und Aleppo nicht das Ergebnis einfacher Rebellentaten,
sondern wurden von infiltrierten Kriegsprofis vollbracht. Rund 200 Spezialisten
der britischen SAS und SBS-Elite Einheiten, so der Bericht des ›Daily Star‹, fungieren seit Monaten in Syrien, zusammen mit US- und
französischen Einheiten. Die Schock-Truppen
- gestern von Washington noch als ›Terroristen‹ eingestuft - bestehen aus einer Ansammlung von bewaffneten,
mit falschen Pässen ausgerüsteten islamistischen Gruppen aus Afghanistan,
Bosnien, Tschetschenien, Libyen und anderen Ländern. Wie der ›Guardian‹ in Aleppo berichtete, werden die Befehle in der Gruppe ›Abu Omar al-Tschetschen‹ auf Arabisch gegeben, müssen aber in
Tschetschenisch, Tadschikisch, Türkisch, in einen saudi-arabischen Dialekt, in Urdu
[Indien], Französisch und in ein paar andere Sprachen übersetzt werden. Die
Waffen kommen bekanntlich meistens aus Saudi-Arabien und Katar; das Operationskommando
befindet sich auf NATO Schiffen im Hafen von Alexandrette. Unterdessen baut die
NATO auf dem Cassiusberg [Djebel El Aqra] an der Grenze von Syrien eine neue
elektronische Spionageanlage, die zur Kisecik-Radarstation und zum Luftstützpunkt
von Incirlik noch hinzukommt. In Istanbul wurde ein Propaganda-Zentrum eröffnet,
in dem vom US-Aussenministerium ausgebildete syrische Dissidenten
Nachrichten und Videos herstellen, die dann von Satellitennetzen ausgestrahlt
werden. Der Krieg der NATO gegen Syrien ist daher bereits im Gang, wobei der offiziellen
Grund lautet, dem Land dazu zu verhelfen, sich vom Regime al-Assads zu
befreien. [1]
Während
sich die syrische Exil-Opposition unter der Schirmherrschaft Katars jetzt in
Dauha getroffen hat, um, wie die NZZ
online schreibt, ›zu geeinter
Schlagkraft zu finden‹ und vom
Westen mehr Geld und Waffen für den Kampf gegen Assad zu fordern, werden
offenbar gänzlich andere Schritte erwogen: Admiral James Winnefeld,
stellvertretender Stabschef der Vereinigten Staaten, bestätigte an einem Runden
Tisch, der in den letzten Oktobertagen in Ankara stattfand, dass Washington
seine Absichten im Hinblick auf Syrien offenbaren werde, sobald die
Präsidentschaftswahlen vom 6. November abgeschlossen seien, was nun mit Obamas
Sieg erfolgt ist. Winnefeld gab seinen türkischen Gesprächspartnern klar zu
verstehen, dass bereits ein Friedensplan mit Moskau ausgehandelt worden sei,
dass Baschar al-Assad im Amt bleiben werde und der Sicherheitsrat keine Einrichtung
von Pufferzonen erlauben werde. Unterdessen bestätigte der stellvertretende UNO-Generalsekretär
für Friedenssicherungsoperationen, Hervé Ladsous, dass er die Möglichkeiten
einer Bereitstellung von Friedenstruppen [Blauhelmen] in Syrien studiere. Alle
Akteure in der Region bereiten sich auf einen durch eine UNO-Truppe auferlegten
Waffenstillstand vor; diese wird hauptsächlich aus Truppen der Organisation des
kollektiven Sicherheitsvertrags [Armenien, Belarus, Kasachstan, Kirgisistan,
Russland, Tadschikistan] bestehen. De facto bedeutet dies, dass die Vereinigten
Staaten ihren Rückzug aus der Region, der im Irak begann, fortsetzen, und dass
sie bereit sind, ihren Einfluss dort mit Russland zu teilen.
Zur
gleichen Zeit heisst es laut ›New
York Times‹, dass zwischen
Washington und Teheran direkte Gespräche fortgesetzt würden, auch wenn die USA noch
immer bestrebt sei, die iranische Währung zu ruinieren. Klar ausgedrückt: Washington
gibt nach 33 Jahren einer Politik der Eindämmung zu, dass der Iran eine unumgängliche
regionale Macht darstellt, dessen Wirtschaft es aber dennoch weiterhin
sabotiert. Diese neue Abmachung erfolgt auf Kosten von Saudi-Arabien, Frankreich,
Israel, Katar und der Türkei, die alle auf einen Regimewechsel in Damaskus
gesetzt hatten. Diese bunt zusammengewürfelte Koalition teilt sich nun in zwei,
wobei die einen sich mit einem Trostpreis begnügen, während die anderen versuchen,
den laufenden Vorgang zu sabotieren. Ankara hat seine Position schon geändert.
Recep Tayyip Erdogan, der zum Schlimmsten bereit war, versucht jetzt, sich mit
Teheran und Moskau zu versöhnen. Ein paar Tage nach der Beleidigung der Iraner
und der Belästigung russischer Diplomaten wurde er plötzlich ganz versöhnlich. Erdogan
nutzte den Gipfel der wirtschaftlichen Zusammenarbeitsorganisation in Baku, um
Präsident Mahmoud Ahmadinedschad zu treffen. Er bot ihm an, einen komplexen
Diskussionsplan für die syrische Krise auszuarbeiten, der es der Türkei und
Saudi-Arabien ermöglichen würde, nicht ausgeschlossen zu werden. der iranische
Präsident zeigte sich dieser Initiative gegenüber offenbar wohlgesinnt. Katar
seinerseits sucht bereits neue Wege zugunsten seiner Ambitionen. Emir Hamad
gönnte sich eine Reise nach Gaza und machte sich zum Beschützer der Hamas. Er
sähe mit Wohlwollen den Sturz des Königs von Jordanien, die Umformung des
Haschemitischen Königreichs in eine palästinensische Republik und die
Machtübernahme der von ihm beschützten Muslimbruderschaft. Bleiben also
noch Israel und Frankreich, die eine Front der Ablehnung bildeten. Die neue
Lage wäre ein Schutz für den Staat Israel, würde aber das Ende seiner
Sonderstellung in der internationalen Arena bedeuten und seine expansionistischen
Träume ruinieren. Tel Aviv würde zum Rang einer sekundären Macht heruntergestuft.
Was Frankreich betrifft, so verlöre es seinen Einfluss in der Region, auch im
Libanon. [3]
Insofern
bleibt zu beobachten, wie der Westen jetzt auf die Forderungen des neuen
Vorsitzenden des Syrischen Nationalrats [Syrian National Council], George Sabra,
reagieren wird. Die syrische Opposition, die Assad stürzen will, brauche
Hunderte Millionen Dollar an Hilfe und Waffen, um die Regierung besiegen zu
können, erklärte Sabra. Als ob nicht schon Millionen an Dollars in die Hände
der Aufständischen geflossen wären ……
[1] http://www.voltairenet.org/article176244.html 12. 10. 12 Syrien: NATOs Ziel ist die Ferngasleitung - Von von
Manlio Dinucci [2] http://www.nzz.ch/aktuell/international/syriens-opposition-will-waffen-1.17786177 10. 11. 12 Versammlung
in Ad-Dauha - Syriens Opposition will «Waffen, Waffen, Waffen» [3] http://www.voltairenet.org/article176397.html 28. 10. 12 Die
schlechten Verlierer der Syrien-Krise
- von Thierry Meyssan
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