Wechsel im Vatikan 07.04.2013 22:10
d.a. Die Vielzahl der Kommentare, die die Papstwahl begleiteten, dürften inzwischen mehrheitlich in den Archiven versenkt worden sein. Die Basler Zeitung vom 13. März hatte sich bemüht, den neuen Papst mit freundlichen Worten zu bedenken: »Der Argentinier Jorge Mario Bergoglio ist der erste Jesuit auf dem Heiligen Stuhl. Er hat die meiste Zeit seines Lebens in Lateinamerika verbracht und sich viel der Priesterausbildung gewidmet. Der 76-Jährige gilt als bescheiden und hat sich als Modernisierer der einst besonders konservativen argentinischen Kirche auch international Respekt erworben.«
Nun hört
man in der Regel von den Freimaurern äusserst selten eine Stellungnahme zum
kirchlichen resp. weltlichen Geschehen. Indessen hatten sich diese im
Zusammenhang mit dem Rücktritt Papst Benedikts XVI. dennoch zu Wort gemeldet
und das wirtschaftliche Gebaren des Vatikans einer scharfen Kritik
unterzogen. [1] Wie erklärt wird, hoffen sie auf einen
totalen ›Umsturz‹ im Kirchenstaat, da ›schlechte
Sitten, Verleumdungen, Machtspiele, Ambitionen und Diebstahl‹ zur Zerstörung der Kirche führten. In
seinem in ›La Stampa‹ veröffentlichten Kommentar fordert
Ernesto Galli, einer der führenden italienischen Freimaurer, dass dem
überraschenden Abzug von Joseph Ratzinger nun eine grundsätzliche
wirtschaftliche und moralische Reform des Vatikans folgen müsse. Allerdings
könnten die Freimaurer, die in der europäischen Wirtschaftspolitik eine nicht
zu unterschätzende Rolle spielen, einem Bericht der ›Deutschen WirtschaftsNachrichten‹ zufolge ihrerseits in den Skandal um die Banca Monte dei Paschi
di Siena (MPS) verstrickt sein. [2] Jedenfalls soll der gefeuerte Chef der Bank,
Giuseppe Mussari, selbst Logenmitglied sein, wie der Vorsitzende der Loge ›Großer demokratischer Orient‹, Gioele Magaldi, der Tageszeitung ›Il Fatto Quotidiano‹ erklärte. Nach wie
vor ist es jedoch Frankreich, das hinsichtlich der Zugehörigkeit zur
Freimaurerei in der Regel mehr als jeder
andere Staat aufdeckt. Gleich zwei bedeutende linksorientierte Zeitschriften
Frankreichs, ›Le Nouvel Observateur‹ und ›Le Point‹, machten
Anfang dieses Jahres den Einfluss von Freimaurern zu ihrer Titelgeschichte.
Erstere eröffnete diesen mit den folgenden Zeilen: »Seit der Wahl von François Hollande sind die Brüder wieder
zurück. Und sie können auf alte hochrangige Verbindungen im Senat und in der
Nationalversammlung zählen.« Laut der Zeitschrift gehört der
französische Innenminister Manuel Valls seit 1980 der Freimaurerloge ›Le Grand Orient de France‹ an. Ebenso dazu gehört der
Verteidigungsminister Jean-Yves le Drian. Freimaurer ist auch der soeben in die
Schlagzeilen geratene Jérôme Cahuzac sowie der Chef der französischen
Sozialisten im Senat, François Rebsamen. ›Le
Nouvel Observateur‹ listet noch etliche
weitere wichtige Schlüsselfiguren im Staatsapparat Frankreichs auf, die
entweder nachgewiesenermassen - oder
wahrscheinlich - Freimaurer sind. In
keiner Regierung Frankreichs hatten die Freimaurer soviel Macht und Einfluss
wie in der Regierung Hollande. Hierzu bemerkt TOPIC: »Gerade die Entwicklung des Verhältnisses Politik Kirche in
Frankreich dürfte zu einer Art Blaupause für ein entsprechendes Verhältnis
im neuen Europa werden.« [3] Speziell
zur Rolle der Freimaurer in ihrem Land äusserte sich
Sophie Coignard in ihrem 2009 im Verlag Albin Michel erschienenen Buch ›Un Etat
dans l’Etat. Le contre-pouvoir maçonique‹.
Was nun
den Nachfolger Benedikt XVI. angeht, so zeichnet der emeritierte Professor der
Wirtschaftswissenschaften der Universität Ottawa, Michel Chossudovsky, ein
genaueres Bild von Franziskus. [4] Chossudovsky war zur Zeit der
Machtergreifung des Militärregimes 1976 Gastprofessor am Institut für
sozialpolitische Studien an der Universidad Nacional de Córdoba in Argentinien
und konzentrierte seine Forschungen auf die Untersuchung der sozialen
Auswirkungen der verheerenden makroökonomischen Reformen, die von der
Militärjunta durchgesetzt worden waren. Während der ersten Welle der Morde, die
sich auch gegen progressive Mitarbeiter der Basisbewegung des katholischen
Klerus richtete, befand er sich somit im Zentrum der Widerstandsbewegung, die
sich in Córdoba, der Industriestadt im Norden Argentiniens, gebildet hatte. »Ich war
Zeuge«, schreibt er, »wie die katholische Kirchenführung aktiv und wiederholt
die Militärjunta unterstützte und eine Atmosphäre der Einschüchterung und Angst
im ganzen Land schürte. Damals war der Eindruck weit verbreitet, daß die argentinische Bevölkerung von den oberen
Etagen der katholischen Kirche betrogen und verraten worden sei. Drei Jahre
zuvor war ich Gastprofessor am Institut für Wirtschaftswissenschaft der
katholischen Universität von Chile in Santiago und mußte
miterleben, wie am 11. September die Regierung der ›Unidad Popular‹ unter
Salvador Allende durch einen Militärputsch gestürzt wurde; ich erlebte aber
auch, wie sich in den unmittelbar auf den Putsch folgenden Wochen der Kardinal
von Santiago, Raúl Silva Henriquez, im Namen der katholischen Kirche gegen die
Militärdiktatur wandte.« Chossudovskys bekanntestes Werk dürfte › Global Brutal - Der entfesselte
Welthandel, die Armut, der Krieg‹
sein, das 2002 erschien. Wir selbst haben zahlreiche seiner Artikel auf politonline eingestellt.
»Ein Papst im Dienste Washingtons« – Wer ist Papst Franziskus? Kardinal Jorge Mario Bergoglio und
Argentiniens »schmutziger Krieg« - Von Michel Chossudovsky
Das
vatikanische Konklave hat Kardinal Jorge Mario Bergoglio, der den Namen ›Franziskus‹ annahm, zum Papst gewählt. Doch wer ist Bergoglio eigentlich? Im
Jahr 1973 wurde er zum ›Provinzial‹ des Jesuitenordens in Argentinien
ernannt. In dieser Eigenschaft war Bergoglio unter der Militärdiktatur von General
Jorge Videlas (1976 - 81) der ranghöchste Jesuit in Argentinien. Später wurde
er zum Bischof und anschließend zum Erzbischof der Hauptstadt Buenos Aires
berufen. Papst Johannes Paul II. verlieh ihm 2001 die Kardinalswürde. Als die
Militärjunta 1983 die Macht verlor, setzte der demokratisch gewählte Präsident
Raúl Alfonsín eine Wahrheits-Kommission ein, die die Verbrechen der Zeit der
Diktatur, die in der Bevölkerung der »schmutzige Krieg« genannt wird, untersuchen sollte. Die Militärjunta
war von Washington verdeckt unterstützt worden. Der damalige amerikanische
Außenminister Henry Kissinger spielte beim Militärputsch von 1976 hinter den
Kulissen eine wichtige Rolle. »Kissingers
Stellvertreter und wichtigster Lateinamerika-Experte William Rogers berichtete
ihm zwei Tage nach dem Putsch: ›Wir müssen mit erheblichen
Unterdrückungsmaßnahmen rechnen, vermutlich wird in Argentinien in nicht allzu langer
Zeit viel Blut fließen…‹.« [5]
»Operation Condór« Am 5. März
2013, ironischerweise nur etwas mehr als eine Woche vor der Wahl Bergoglios zum
neuen Papst, begann in Buenos Aires ein wichtiger und großangelegter
Gerichtsprozeß. [6] Bei diesem Verfahren geht es darum, »die
Gesamtheit der Verbrechen aufzuklären, die im Rahmen der Operation Condór, eine
der verschiedenen, von der USA unterstützten lateinamerikanischen Diktaturen in
den 1970er und 1980er Jahren gemeinschaftlich organisierten Operationen,
begangen wurden. Im Rahmen dieser koordinierten Kampagne wurden Zehntausende
von Gegnern dieser Regimes gejagt, gefoltert und ermordet«. [7] Die
Militärjunta unter Führung von General Jorge Videla ist für zahllose Morde,
auch an Priestern und Nonnen, die sich dem Regime widersetzten, verantwortlich.
Das Militär hatte mit Unterstützung der CIA am 24. März 1976 die
Regierung von Isabel Perón gestürzt und sich so an die Macht geputscht: »Videla gehörte zu den Generälen, die wegen
Menschenrechtsverbrechen wie ›dem Verschwindenlassen‹ von Personen, sowie wegen
Folter, Morden und Entführungen verurteilt wurden. 1985 wurde Videla zu einer
lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, die er im Militärgefängnis von
Magdalena absitzt.«
Die Wall Street und
die neoliberale Wirtschaftsideologie Zum
Wirtschaftsminister der Militärjunta wurde [auf Geheiß der Wall Street] José
Alfredo Martínez de Hoz ernannt, der dem Wirtschaftsestablishment Argentiniens
angehörte und eng mit David Rockefeller befreundet war. Die neoliberale
makroökonomische Politik, die unter Martínez de Hoz eingeführt wurde,
unterschied sich kaum von der Politik, die im Oktober 1973 in Chile unter der
Diktatur General Pinochets - der die
demokratisch gewählte Regierung unter Salvador Allende am 11. September 1973
gestürzt hatte - auf Anraten der
sogenannten »Chicago Boys« durchgesetzt worden war. [8] Als erstes wurden die Löhne umgehend per
Dekret eingefroren. Die reale Kaufkraft brach in den auf den Putsch vom 24.
März folgenden Monaten um mehr als 30 % ein [Berechnungen Chossudovskys in Cordóba
vom Juli 1976]. Die argentinische Bevölkerung verarmte. Unter
Wirtschaftsminister José Alfredo Martínez de Hoz wurde die Geldpolitik der
argentinischen Zentralbank im wesentlichen von der Wall Street und dem
Internationalen Währungsfonds (IWF) geprägt. Die Devisenmärkte wurden
manipuliert und der Peso bewußt überbewertet,
was die Auslandsverschuldung exorbitant ansteigen ließ. Die gesamte
Volkswirtschaft befand sich auf dem Weg in den Bankrott.
Die Wall Street und
die katholische Kirchenführung Die Wall
Street stand fest hinter der Militärjunta, die in deren Interesse einen
»schmutzigen Krieg« führte. Im Gegenzug spielte die Führungshierarchie der
katholischen Kirche bei der Legitimierung der Herrschaft der Militärjunta eine
entscheidende Rolle. Die Gesellschaft Jesu – die den konservativsten, aber auch einflußreichsten Flügel innerhalb der katholischen Kirche,
die eng mit der argentinischen Wirtschaftselite verbunden war, repräsentierte –
unterstützte die Militärjunta gegen die
sogenannten ›Linken‹ in der peronistischen Bewegung.
Kritik an der Militärdiktatur [einschließlich der von ihr begangenen
Menschenrechtsverletzungen] war in der katholischen Kirche ein Tabu. Aber
während die Führungsriege der Kirche das Militärregime unterstützte, lehnte die
Basis der Kirche die Einführung der Militärherrschaft eindeutig ab. 2005
reichte die Menschenrechtsanwältin Myriam Bregman Klage gegen Jorge Bergoglio
ein. Sie warf ihm vor, 1976 im Zusammenhang mit der Entführung zweier
Jesuitenpatres mit der Militärjunta zusammengearbeitet zu haben. Einige Jahre
später warfen Überlebende des »schmutzigen Krieges« Bergoglio ebenfalls vor, an
der Entführung der Patres Francisco Jálics und des inzwischen verstorbenen
Orlando Yorio sowie von sechs weiteren Gemeindemitgliedern beteiligt gewesen zu
sein. [9] Bergoglio, der damals Provinzial, also Leiter
der Jesuitenprovinz in Argentinien war, hatte angeordnet, daß die beiden »linken« Jesuitenpatres und Gegner
des Militärregimes »ihre pastorale Tätigkeit aufgeben sollten« [d.h. sie wurden
sozusagen »gefeuert«]. Daraufhin kam es zu erheblichen Spannungen unter den
Jesuiten hinsichtlich der Rolle der katholischen Kirche und ihrer Beziehung zur
Militärjunta. Während die beiden Patres Francisco Jálics und Orlando Yorio, die
im Mai 1976 von den Todesschwadronen verschleppt worden waren, nach fünf
Monaten und etlichen Folterungen wieder freigelassen wurden, blieben die
anderen sechs Gemeindemitglieder, die mit ihnen zusammen entführt worden waren,
verschwunden; zu ihnen gehörten vier Lehrerinnen, die mit der Gemeinde
verbunden waren, und zwei ihrer Ehemänner. Nach seiner Freilassung warf Pater
Orlando Yorio »Bergoglio vor, sie selbst und die sechs anderen Personen den
Todesschwadronen praktisch ausgeliefert zu haben… Jálics weigerte sich, über
die Vorwürfe zu diskutieren, nachdem er sich in die Abgeschlossenheit eines
deutschen Klosters zurückgezogen hatte.«
[10] »Während des ersten
Gerichtsverfahrens gegen führende Vertreter der Militärjunta 1985 erklärte
Yorio: »Ich
bin mir sicher, daß er selbst der Marine die Liste mit unseren Namen
aushändigte.«
Die beiden Patres wurden in das berüchtigte Folterzentrum in der Marineschule
für Technik, ›Ecuela de Mecánica de
la Armada‹, ESMA, gebracht und dort
mehr als fünf Monate festgehalten. Dann wurden sie unter Drogen gesetzt und in
einer Vorstadt ausgesetzt. [11] Zu den von den Todesschwadronen Verschleppten
gehörten auch Mónica Candelaria Mignone, Tochter von Emilio Mignone, des Gründers
des ›Centro de Estudios
Legales y Sociales‹, und María Marta Vázquez Ocampo, Tochter der Vorsitzenden
der Bewegung ›Madres
de Plaza de Mayo‹ [Mütter des Platzes der Mairevolution],
Marta Ocampo de Vázquez. [12] María Marta Vázquez, ihr Ehemann César
Lugones und Mónica Candelaria Mignone, die »den Todesschwadronen« angeblich
durch den Jesuitenprovinzial Jorge Mario Bergoglio »übergeben« wurden, gehören
zu den Tausenden der Verschwundenen in diesem »schmutzigen Krieg«, der
insgeheim von Washington im Rahmen der ›Operation
Condor‹ unterstützt wurde. [13]
Im
Zusammenhang mit dem 2005 eröffneten Verfahren berichtete die ›Los Angeles Times‹ vom 1. 4. 2005 in ihrem Artikel ›Das geheime Memorandum‹:
»Bergoglio nahm zweimal das nach argentinischem Gesetz zulässige Recht in
Anspruch, nicht vor Gericht erscheinen zu müssen. Als er dann 2010 endlich
aussagte, antwortete er ausweichend. Zumindest in zwei Verfahren ergab sich
eine direkte Beteiligung Bergoglios. Das erste untersuchte die Folterungen an
zweien seiner Jesuitenpatres, Orlando Yorio und Francisco Jálics, die 1976 aus
den Slums, wo sie sich für die Befreiungstheologie eingesetzt hatten, entführt
worden waren. Yorio warf Bergoglio vor, sie praktisch den Todesschwadronen
ausgeliefert zu haben..…, indem er sich weigerte, dem Regime gegenüber zu
erklären, daß er ihre Arbeit unterstütze.
Jálics wollte keine Stellungnahme abgeben, nachdem er sich in die
Abgeschiedenheit eines deutschen Klosters zurückgezogen hatte.« In dem geheimen
Memorandum räumte die Militärregierung ein, daß
Bergoglio den beiden Patres vorgeworfen habe, Kontakte
zu den Guerillas aufgenommen und damit gegen Anweisungen der Ordensoberen
verstoßen zu haben [»Conflicto de obediencia«]. In der Denkschrift heißt es
auch, der Jesuitenorden habe die Auflösung ihrer Gruppe angeordnet, aber die
beiden hätten sich geweigert, den Befehlen Bergoglios zu folgen. In dem Schriftstück
wird erklärt, die Verhaftung der beiden Patres, die in das Folter- und
Internierungszentrum in der Marineschule für Technik gebracht worden waren,
gehe auf Informationen zurück, die von Bergoglio an die Militärbehörden weitergegeben
worden seien. Das Memorandum trägt die Unterschrift ›Orcoyen‹. Offenbar
hatte sich ein früheres Mitglied zwar der Priestergruppe den Aufständischen
angeschlossen, aber es gab keinerlei Beweise dafür, daß
die beiden Patres selbst über Kontakte
zur Guerilla-Bewegung verfügten.
»Abendmahl für die Diktatoren« Die gegen
Bergoglio im Zusammenhang mit der Verschleppung der beiden Jesuitenpatres und
der sechs Gemeindemitglieder erhobenen Vorwürfe bilden nur die Spitze des
Eisbergs. Bergoglio war sicherlich ein bedeutender Repräsentant der
katholischen Kirche, stand aber mit seiner Unterstützung der Militärjunta
keineswegs allein da. Die erwähnte Menschenrechtsanwältin Myriam Bregman
berichtete: »Bergoglios eigene Aussagen belegen, daß
Vertreter der Amtskirche von Anfang an wußten,
daß die Junta ihre Mitbürger folterte und
ermordete, aber die Diktatoren dennoch öffentlich unterstützten. Die Diktatur
hätte ohne diese wichtige Unterstützung nicht in dieser Weise vorgehen können.« [›Los
Angeles Times‹, 1. 4. 2005] Die gesamte Kirchenführung Argentiniens stellte sich hinter die von der
USA unterstützte Militärdiktatur. Man sollte daran erinnern, daß am Vorabend des Militärputsches vom 23. März 1976
»Videla und andere Mitputschisten den Segen des Erzbischofs von Paraná, Adolfo
Tortolo, erhielten; dieser war zugleich Vikar der Streitkräfte. Am Tag des
Putsches selbst traf die Militärführung zu einem längeren Gespräch mit
führenden Vertretern der Bischofskonferenz zusammen. Als Erzbischof Tortolo das
Treffen verließ, erklärte er, die Kirche verfolge zwar eine eigene Mission,
aber es gebe Umstände, unter denen sie sich einer Beteiligung nicht entziehen
könne, selbst wenn es um Probleme gehe, die mit der besonderen Lage des Staates
zusammenhingen. Er forderte die Argentinier auf, mit der neuen Regierung ›positiv‹ zusammenzuarbeiten.« [14] In einem
Interview, das ›El Sur‹ mit General Videla, der derzeit seine
lebenslängliche Gefängnisstrafe für Verbrechen gegen die Menschlichkeit
absitzt, führte, heißt es: »[Videla bestätigte, daß] er die Führung der
katholischen Kirche des Landes über die Politik seines Regimes, politische
Gegner ›verschwinden zu lassen‹, informierte und der katholischen Führung
anbot, ihn dahingehend zu beraten, wie diese Politik ›umzusetzen‹ sei. Videla
erklärte, er habe mit dem Primas der katholischen Kirche in Argentinien,
Kardinal Raúl Francisco Primatesta, über den »schmutzigen Krieg« seines Regimes gegen linke Aktivisten ›viele
Gespräche‹ geführt. Weiter sagte er, es hätten auch Gespräche mit anderen
führenden Bischöfen der argentinischen Bischofskonferenz sowie mit dem
damaligen päpstlichen Nuntius Pio Laghi stattgefunden. ›Sie berieten uns, wie
wir mit der Situation umgehen sollten‹, sagte Videla.« [15] Bemerkenswert
ist ebenfalls, daß das Militär, wie aus einer Stellungnahme von Erzbischof
Adolfo Tortolo aus dem Jahr 1976 hervorgeht, im Falle der »Verhaftung« eines
für die sozialen Belange seiner Gemeinde eintretenden und kritischen Vertreters
des Klerus immer das Gespräch mit einem Vertreter der Kirchenführung suchte.
»Diese Erklärung Tortolos erfolgte ausdrücklich im Zusammenhang mit den beiden
verschleppten Jesuitenpatres, deren pastorale Tätigkeit der Aufsicht des
zuständigen Provinzials des Ordens, Jorge Mario Bergoglio, unterstand.« [16] Mit ihrer Unterstützung der Militärjunta trägt
die katholische Kirchenführung eine Mitschuld an den Folterungen und Morden.
Schätzungsweise »beträgt die Gesamtzahl der zwischen 1976 und 1978 Getöteten
und Verschleppten 22.000 Menschen..… 1.000 weitere Personen wurden zwischen 1978
und 1983 getötet, bevor das Militär dann von der Macht vertrieben wurde«.
Die Rolle des Vatikans Unter den
Päpsten Paul VI. und Johannes Paul II. spielte der Vatikan eine entscheidende
Rolle bei der Unterstützung der argentinischen Militärjunta. Pio Laghi, der
päpstliche Nuntius in Argentinien, räumte ein, man habe über die Folterungen
und Massaker hinweggesehen. Laghi unterhielt persönliche Beziehungen zur
herrschenden Militärjunta, darunter auch zu General Videla und Admiral Emilio
Eduardo Massera. In enger Abstimmung mit seinen amerikanischen »Chefs« war
letzterer der geistige Kopf hinter dem »Guerra Sucia«. Auf Anweisung des
Militärregimes errichtete er in der näheren Umgebung der Hauptstadt Buenos
Aires »ein Verhör- und Folterzentrum in der ESMA.… Es handelte sich um eine
hochmoderne Vielzweckeinrichtung, die bei den Planungen der Militärs,
schätzungsweise 30.000 ›Staatsfeinde‹ zu ermorden, eine wichtige Rolle
spielte. Viele Tausende der ESMA-Insassen, darunter auch zwei französische
Nonnen, wurden routinemäßig gnadenlos gefoltert, bevor sie dann direkt ermordet
oder über dem Rio de la Plata aus dem Flugzeug geworfen wurden. Massera war das
einflußreichste Mitglied des Triumvirats und tat
sein Bestes, um seine Verbindungen zu Washington aufrechtzuerhalten. Er war an
der Entwicklung der ›Operation Cóndor‹ beteiligt, in deren Rahmen das
gemeinsame terroristische Vorgehen der verschiedenen südamerikanischen
Militärregimes abgestimmt wurde«. [17] Andere Berichte bestätigen, daß der Vertreter des Vatikans, Pio Laghi, und Admiral
Emilio Massera gute Freunde waren.
Die katholische
Kirche – Chile vs. Argentinien Es sollte
darauf hingewiesen werden, daß der Kardinal von Santiago de Chile, Raúl Silva
Henríquez, nach dem Militärputsch vom 11. September 1973 die Militärjunta unter
Führung von General Augusto Pinochet öffentlich verurteilte. Diese Haltung der
katholischen Kirchenführung in Chile steht in krassem Gegensatz zu Argentinien,
und trug wesentlich dazu bei, die Welle der politischen Morde und
Menschenrechtsverletzungen gegenüber Unterstützern Salvador Allendes und
Gegnern des Militärregimes abebben zu lassen. »Hinter dem überkonfessionellen ›Comité Pro Paz‹ stand vor allem Kardinal Raúl Silva Henríquez. Kurz nach dem Putsch
übernahm er die Rolle des für seinen Nächsten ›Eintretenden‹. Diesen
Begriff prägte die Autorin und Aktivistin Samantha Power, um diese Menschen,
die oft unter erheblichen persönlichen Gefahren gegen Ungerechtigkeiten
aufbegehren, von Personen abzugrenzen, die sich als ›unbeteiligte Zuschauer‹
sehen. Bald nach dem Putsch veröffentlichten Silva Henríquez und andere
Kirchenführer eine Erklärung, in der sie das Blutbad verurteilten und ihre
Trauer gegenüber den Opfern und Angehörigen zum Ausdruck brachten. Für viele
Angehörige des chilenischen Klerus bedeutete dies einen grundlegenden
Wendepunkt. Der Kardinal besuchte das Nationalstadion, das nach dem Putsch von
Pinochet als Internierungslager für politische Gefangene benutzt wurde, und
beauftragte danach - schockiert durch
das Ausmaß des gewaltsamen Vorgehens der Regierung - seine Mitarbeiter, Informationen von den
Tausenden von Menschen zu sammeln, die in den Kirchen Zuflucht suchten. Silvas Henríquez
Vorgehen führte zu einem offenen Konflikt mit Pinochet, der sich nicht scheute,
die Kirche und das ›Comité Pro Paz‹ zu bedrohen.« [18] Nach
Auffassung Samantha Powers handelte es sich bei Jorge Mario Bergoglio nicht um
einen ›unbeteiligten Zuschauer‹. Er trägt Mitschuld für schwere
Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Ebenso wenig ist Papst Franziskus ein ›Mann des Volkes‹, der entschlossen ist, den Armen nach dem Vorbild des Heiligen
Franziskus von Assisi ›beizustehen‹, wie es in den westlichen Medien
gebetsmühlenartig kolportiert wird. Seine Bemühungen richteten sich in der Zeit
der Militärjunta im Gegenteil wiederholt gerade gegen progressive Mitglieder
der katholischen Geistlichkeit sowie gegen überzeugte Menschenrechtsaktivisten,
die sich an bürgernahen Programmen zur Armutsbekämpfung beteiligten. Mit seiner
Unterstützung des »schmutzigen Krieges« in Argentinien hat Bergoglio gegen die
Grundlehren der christlichen Moral verstoßen, die den Wert des menschlichen
Lebens hochhalten. Die Botschaft des Verfassers an Papst Franziskus lautet: »Du
sollst nicht töten.«
»Operation Condór« und die
katholische Kirche Die Wahl
Kardinal Bergoglios zum Papst durch das Konklave im Vatikan wird sich umgehend
auf die laufenden Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit der ›Operation Condór‹ auswirken. Die Kirche war an der Unterstützung der Militärjunta
beteiligt. Dies wird im Verlauf des Verfahrens ans Licht kommen. Ohne Zweifel
wird versucht werden, die Rolle der katholischen Kirchenführung und des neugewählten
Papstes Franziskus unter der Militärdiktatur herunterzuspielen.
Jorge Mario
Bergoglio: ›Washingtons Papst im Vatikan‹? Die Wahl
von Papst Franziskus hat weitreichende geopolitische Auswirkungen für
Lateinamerika insgesamt. Nochmals kurz zusammengefasst unterstützte Bergoglio in
den 1970er Jahren die von der USA geförderte Militärdiktatur und die katholische
Kirchenführung Argentiniens unterstützte die Militärregierung. Die
Folterprogramme, die Ermordungen und das »Verschwindenlassen« Tausender
politischer Gegner wurden mit Washington im Rahmen der von der CIA gelenkten ›Operation Condór‹ abgestimmt und befürwortet. Die wirtschaftlichen Interessen der
Wall Street wurden durch Wirtschaftsminister José Alfredo Martínez de Hoz und
seine Mitarbeiter geschützt. Die katholische Kirche in Lateinamerika besitzt
erheblichen politischen Einfluß und ein großes Gewicht in der öffentlichen
Meinung. Dies ist allgemein bekannt und wird von den Drahtziehern der
amerikanischen Außenpolitik und in den amerikanischen Geheimdiensten benutzt. Gegenwärtig
stellen einige lateinamerikanische Regierungen die amerikanische Vorherrschaft
infrage. Ist nun damit zu rechnen, daß der
neue Papst Franziskus als oberster katholischer Kirchenführer angesichts seiner
Vergangenheit die politischen Interessen der USA sozusagen »verdeckt« vertritt?
Mit Jorge Bergoglio – nun Papst Franziskus – der sich in der Glanzzeit General Jorge
Videlas und Admiral Emilio Masseras getreulich für amerikanische Interessen
stark machte, könnte die Führung der katholischen Kirche in Lateinamerika
wieder einmal dazu manipuliert werden, »progressive«, also eher linksgerichtete
Regierungen, nicht nur in Argentinien - was
etwa die Regierung unter Cristina Fernández de Kirchner betrifft - sondern in der ganzen Region, einschließlich
Venezuelas, Ecuadors und Boliviens, zu schwächen. Die Einsetzung eines
»proamerikanischen« Papstes erfolgte eine Woche nach dem Tod von Präsident Hugo
Chávez in Venezuela.
»Regimewechsel« im Vatikan Das
amerikanische Außenministerium übt schon routinemäßig Druck auf Mitglieder des
UNO-Sicherheitsrats aus, um Abstimmungen über Resolutionen des Sicherheitsrats
zu beeinflussen. Verdeckte amerikanische Operationen und Propagandakampagnen
werden schon gewohnheitsmäßig eingesetzt, um auf den Ausgang von
Parlamentswahlen in verschiedensten Ländern der Welt Einfluß zu nehmen. Die CIA unterhält seit langem verdeckte
Beziehungen zum Vatikan. Hat die amerikanische Regierung versucht, das Ergebnis
der jüngsten Papstwahl zu beeinflussen? Aufgrund seiner bereitwilligen
Unterstützung der außenpolitischen Interessen der USA in Lateinamerika war
Jorge Mario Bergoglio Washingtons Wunschkandidat. Hat Washington insgeheim
indirekten oder direkten Druck auf die 115 Kardinäle der katholischen Kirche
ausgeübt, die das Konklave bildeten?
[1] http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/02/14/freimaurer-attackieren-papst-vatikanbank-ist-eine-eiterbeule/ 14. 2. 13
Freimaurer attackieren Papst: »Vatikan-Bank ist eine Eiterbeule« [2] Siehe hierzu http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2070
6. 2. 13 EU - Die grosse Kostenbescherung
- sowie http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2073
18.
2. 13 Die Alternative zur hyperinflationären Politik der Zentralbanken [3] Quelle: TOPIC Nr. 2 vom Februar 2013 [4] http://www.globalresearch.ca/washingtons-pope-who-is-francis-i-cardinal-jorge-mario-bergoglio-and-argentinas-dirty-war/5326675 March 16, 2013 and March 19, 2013 ›Washington’s Pope ?‹ Who is Pope Francis I? Cardinal Jorge Mario Bergoglio and
Argentina’s ›Dirty War‹ by Prof Michel Chossudovsky resp. http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/prof-michel-chossudovsky/-ein-papst-im-dienste-washingtons-wer-ist-papst-franziskus-kardinal-jorge-mario-bergoglio-und-ar.html 29. 3. 13 »Ein Papst
im Dienste Washingtons« – Wer ist Papst Franziskus? Kardinal Jorge Mario
Bergoglio und Argentiniens »schmutziger Krieg« Prof. Michel Chossudovsky [5] http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB185/index.htm 23. 3. 2006 On 30th Anniversary of Argentine Coup - New
Declassified Details on Repression and U.S. Support for Military Dictatorship [6] http://www.globalresearch.ca/operation-condor-trial-on-latin-american-rendition-and-assassination-program/5325882?print=1 10. 3. 13
Operation Condor: Trial On Latin American Rendition And Assassination
Program - By Carlos Osorio and Peter Kornbluh [7] http://www.globalresearch.ca/operation-condor-campaign-by-us-backed-latin-american-dictators-to-hunt-down-torture-and-murder-tens-of-thousands-of-opponents/5325695 7. 3. 13 Operation Condor: Campaign by US-backed
Latin American Dictators to Hunt Down, Torture and Murder Tens of Thousands of
Opponents - By Bill Van Auken [8] Bei den »Chicago Boys« handelt es sich um
chilenische Wirtschaftswissenschaftler wie etwa José Piñera, Álvaro Bardón und
Sergio de Castro, die stark von der neoliberalen und extrem marktorientierten
Auffassung Milton Friedmans und Hayeks geprägt und zum größten Teil an der
Universität von Chicago ausgebildet worden waren. [9] http://www.elmundo.es/america/2010/11/08/argentina/1289232137.html 8. 11. 10 El número uno de la Iglesia argentina, sospechoso de colaborar con la
dictadura [10] http://www.nj.com/news/index.ssf/2013/03/pope_francis_a_look_at_the_lif.html Pope Francis: A look at the life of the first South American pontiff 13. 3. 13 [11] http://www.globalresearch.ca/jorge-mario-bergoglio-the-dirty-war-pope/5327022 Jorge
Mario Bergoglio: The »Dirty War« Pope by Bill van Aucken - March 16, 2013 [12] http://elperiodistaonline.cl/globales/2013/03/prensa-argentina-vincula-a-bergoglio-con-el-secuestro-de-dos-jesuitas-en-1976/ 13. 3. Prensa argentina vincula a Bergoglio con el
secuestro de dos jesuitas durante la dictadura de Videla [13] http://memorialmagro.com.ar/node/982 Carbonell Beatriz Carolina, Perez Weiss
Horacio, Mignone Monica Maria Candelaria, Lugones Cesar Amadeo, Vazquez Maria
Marta [14] http://blog.thehumanist.org/2011/01/life-sentence-for-gen-videla/ Life Sentence for Gen. Videla [15] http://www.irishtimes.com/news/former-argentinian-dictator-says-he-told-catholic-church-of-disappeared-1.542154 24. 7. 12 Tom Hennigan in São Paulo - Former Argentinian dictator says he told
Catholic Church of disappeared [16] http://www.gwu.edu/~nsarchiv/NSAEBB/NSAEBB185/index.htm March 23, 2006 On 30th Anniversary of Argentine Coup - New Declassified
Details on Repression and U.S. Support for Military Dictatorship [17] http://www.independent.co.uk/news/obituaries/admiral-emilio-massera-naval-officer-who-took-part-in-the-1976-coup-in-argentina-and-was-later-jailed-for-his-part-in-the-juntarsquos-crimes-2129656.html November 10, 2010 Admiral Emilio Massera:
Naval officer who took part in the 1976 coup in Argentina and was later jailed
for his part in the junta’s crimes - By Hugh O'Shaughnessy [18] http://www.techbostonacademy.org/staff/history/ensdorf/documents/Stitching%20Truth%20Reading%204.pdf Taking a Stand Against Pinochet: The Catholic
Church and the Disappeared [19] Hierzu das Interview, das Michel Chossudovsky
mit Bonnie Faulkner zum Thema »Wer ist Papst Franziskus wirklich?« führte, auf http://www.globalresearch.ca/who-is-pope-francis-i-his-role-in-argentinas-dirty-war-interview-with-michel-chossudovsky/5327708 21. 3. 13
Pope Francis’ Role in Argentina’s »Dirty War«.
Interview with Michel Chossudovsky
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