Aus der Welt der Banken 03.11.2013 22:18
Die JP Morgan-Banker haben Gefängnis verdient; wahrscheinlich haben es alle gelesen,
daß sich die
US-Großbank JPMorgan Chase bereiterklärt hat, wegen Hypothekenbetrugs eine in
der Geschichte beispiellose Geldbuße an das US-Justizministerium zu zahlen,
nämlich insgesamt 13 Milliarden $. Ersten Ankündigungen zufolge sind dies 4 Milliarden
$ Entschädigung für die halbstaatlichen Hypothekenfinanzierer Fannie Mae und
Freddie Mac, 7 Mrd. Entschädigung für Investoren und 2 Mrd. $ Strafe. Einige
Tage später wurde eine separate Einigung von Fannie und Freddie mit JPMC
angekündigt, die 5,1 Mrd. umfaßt: die 4 Milliarden
plus eine Strafe wegen des unrechtmäßigen Verkaufs riskanter Kredite.
Das alles
klingt nach viel Geld, es relativiert sich jedoch, wenn man verschiedene
Umstände bedenkt: Erstens kann man wohl davon ausgehen, daß Verbrechen, die
eine Buße von 13 Mrd. $ rechtfertigen, so schwerwiegend sind, daß eigentlich eine
Gefängnisstrafe angebracht wäre. Vorstandschef
Jamie Dimon und andere Spitzenleute der Bank entgehen durch die Einigung mit
dem Ministerium einer strafrechtlichen Verfolgung, wenigstens im Fall der
Geschäfte mit minderwertigen Hypotheken. Zweitens sind die 4 Milliarden eine
Entschädigung für Geschäfte im Umfang von 33 Mrd. US-$. Und als
wäre das noch nicht schlimm genug, kann JPMC die 4 Mrd. $ wahrscheinlich als
Geschäftsausgaben von der Steuer absetzen. Drittens gehen 7 Mrd. $ Entschädigung an Anleger, die illegale
Hypothekenpapiere von JPMC sowie Bear Stearns und Washington Mutual gekauft
hatten. Auch wenn staatliche Aufsichtsbehörden Morgan dazu ermuntert hatten,
diese beiden anderen Banken zu kaufen, verschafften diese Übernahmen der Bank doch
gewaltige Profite, die weit über der Entschädigungssumme liegen. Viertens: Wenn
das Justizministerium gegen Bankvertreter strafrechtlich vorginge statt nur zivilrechtlich,
dann wäre die Geldbuße nicht steuerlich absetzbar und die Verantwortlichen würden
persönlich gerichtlich belangt. Fünftens ist zweifelhaft, ob das Ministerium
jemals die Spur zu dem Schneeball-Betrug von Bernie Madoff verfolgen wird, die
mit 18 Mrd. $ Verlusten endeten, was weit weniger als der von JPMC angerichtete
Schaden ist. Madoff wurde mit 150 Jahren Gefängnis bestraft und er beteuert
seit Jahren, JPMC habe von seinen kriminellen Machenschaften gewußt. Die
gesamte Redaktion der ›New York
Times‹ kritisierte in einem
Kommentar, daß die Bank mit einem blauen Auge davongekommen sei. Allerdings hat
JPMorgan Chase noch nicht alles ausgestanden. Es laufen noch Ermittlungen wegen
der Verfälschung des Libor-Zinssatzes und der Manipulation von Rohstoffpreisen.
Die Drohung mit
Zahlungseinstellung der USA: Ein Schwindel Die Lahmlegung
der US-Regierungsbehörden und die Drohung mit einem Zahlungsverzug auf die amerikanischen
Staatsschulden ist der größte Werbezirkus, den es je gegeben hat; er zielte darauf ab, die US-Bevölkerung
auf die mörderische Politik vorzubereiten, auf die Präsident Obama und führende
Republikaner bereits geeinigt hatten. Die Wall Street hatte von Obama
gefordert, die Wiedereinführung des Glass-Steagall-Trennbankensystems um jeden
Preis zu verhindern, um stattdessen den Diebstahl an der Bevölkerung durch
weitere Rettungspakete [Bail-outs] und mittels Bankenabwicklung durch
Kontenplünderung [Bail-in] fortzusetzen, damit sie ihr vollkommen bankrottes
System beibehalten können. Mehrere äußerst zuverlässige Informanten in Washington
bestätigten, daß genau dieses Ultimatum von der Wall Street-Delegation, die
sich am 2. 10.13 privat mit Obama im Weißen Haus getroffen hatte, gestellt wurde.
Der Besuch der Delegation war vom ›Financial
Services Forum‹, einem
Zusammenschluß der 19 größten Banken und Versicherer, organisiert worden. Zu
den Teilnehmern gehörten Jamie Dimon, Chef von JPMorgan Chase, Lloyd Blankfein,
Chef von Goldman Sachs, Brian Moynihan, Chef der Bank of America, Michael Corbat,
Chef der Citibank, und Anshu Jain, Chef der Deutschen Bank. Die IWF-Direktorin
Christine Lagarde hatte in ihrem Interview mit der Financial Times vom 4. 10.
13 die gleiche Botschaft übermittelt, indem sie verlangte, das ›Quantitative Easing‹ genannte Gelddruckprogramm mit 85
Mrd. $ an Rettungsgeldern, die die US-Notenbank jeden Monat zur Stützung der
größten Banken der Wall Street und Europas erzeugt, unbefristet zu verlängern.
Stellvertretend für Obama drohte US-Finanzminister Jack Lew, daß ein
Staatsbankrott der USA eine Finanzkrise auslösen würde, die den
Systemzusammenbruch vom September 2008 bei weitem übertreffen würde.
Die Angst vor einem
globalen Finanzkrach Wenn
EZB-Chef Mario Draghi EU-Kommissar Almunia persönlich einen geheimen Brief schreibt,
um ihn aufzufordern, den ›Bail-in‹ zu verschieben und nicht mehr davon
zu reden, dann weiß man, daß die Lage ernst ist. Diesen Brief, dessen Inhalt
jetzt von ›La Repubblica‹ und der Finanzzeitung ›Bloomberg‹ bekannt gemacht wurde, schickte Draghi Ende Juli auf dem
Höhepunkt der Krise um die italienische Bank ›Monte dei Paschi di Siena‹;
es wäre jedoch falsch, die Befürchtungen Draghis und der EZB auf diesen einen
Fall zu reduzieren. Die gesamte Finanzlage ist extrem anfällig und der EZB-Chef
weiß, daß es jeden Augenblick zum Absturz kommen kann. Durch das
Liquiditätspumpen der Zentralbanken in den letzten Monaten ist wiederum eine
Wertpapierblase wie 2007 entstanden, vielleicht sogar eine noch schlimmere. So
kann schon ein Run von Anlegern auf eine einzige Bank auf ein Gerücht hin resp.
aus Furcht vor einer Bail-in-Kontenenteignung einen globalen Finanzkrach auslösen.
Das war der Grund, warum Draghi, der beim Finanzstabilitätsrat (FSB) und dann
bei der EZB an der Spitze der Kampagne für den Bail-in anstelle von staatlichen
Bankenrettungen stand, nun gegenteilige Anordnungen ausgibt. Im September hatte
sich in dieser Frage ein früheres EZB-Vorstandsmitglied, Lorenzo Bini Smaghi,
beim sogenannten Ambrosetti-Treffen gegen Almunia gestellt. Draghis Kehrtwende zeigt,
daß die ›Spielmacher‹ der Finanzoligarchie selbst nicht
mehr weiter wissen.
Druck auf Deutschland
wegen des Europäischen Stabilitätsmechanismus Auf dem
EU-Treffen am 24. / 25. 10. hat Draghi allen Beteiligten deutlich gemacht, daß
die EZB von den Regierungen verlangt, ein Sicherheitsnetz aus Steuergeldern
bereitzustellen, bevor man mit dem Bail-in beginnt. Dem widersetzen sich jedoch
Deutschland, die Niederlande und Finnland. Die EZB will nun Deutschland zu dem Sicherheitsnetz
zwingen; noch lieber wäre ihr allerdings der Vorschlag von EU-Kommissar Michel
Barnier, den ESM, der mit 700 Mrd. € aus Steuergeldern ausgestattet ist, auch
zum ›Europäischen
Abwicklungsmechanismus‹ (SRM) zu machen.
Das würde bedeuten, daß entgegen allen feierlichen Beteuerungen der Regierung
Merkel wieder der Steuerzahler bluten müßte. Merkel wirbt deshalb für ihren eigenen
Vorschlag. Der beinhaltet die deutsche Zustimmung zum ›zweiten Stützpfeiler‹:
der Bankenunion, einer neuen finanziellen Stützungseinrichtung der EU - oder zumindest der Eurozone - für Länder [bzw. deren Banken], die sich um
strikte Haushaltsdisziplin bemühen. Doch bevor diese Einrichtung einspringt, sollen
die Aktionäre, Gläubiger und Konteninhaber einer notleidenden Bank zahlen, was
einem Bail-in gleichkommt.
Finanzminister
Schäuble hatte vor dem Gipfel wiederholt, er werde auf dem Schutz der Steuerzahler
bestehen, also auf den Bail-in drängen. Diese Position könnte taktisch sein,
auch wegen der bevorstehenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über
die Rechtmäßigkeit des Ankaufs von Staatsanleihen durch die EZB. Diese
Entscheidung betrifft zwar eine andere Frage, aber das gleiche Prinzip: ob die
Haushaltshoheit des Bundestages weiterhin gilt. Doch die Zeit wird knapp und
wie beim Treffen des EU-Finanzministerrats (ECOFIN) angekündigt, muß die
Entscheidung über den ESM auf dem Ministerratstreffen vom 19. bis 20. Dezember
gefällt werden. Wahrscheinlich werden die Regierungen dort nach dem üblichen
Drehbuch vorgehen: die Diskussion beginnt am Abend und geht bis tief in die
Nacht weiter, bis unter völliger Erschöpfung die vorgesehene Entscheidung
gefällt wird.
Die EZB
ist bereit, bis dahin mit der ›Dicken
Berta‹ der Langfristigen Refinanzierungsoperationen
(LTRO) mehr Geld-›Methadon‹ in das System zu pumpen, falls der Kollaps
droht. Realwirtschaft, Industrieproduktion,
Beschäftigung, Arbeitslosigkeit, spielen bei alledem keine Rolle, so wenig wie
die hyperinflationären Folgen dieser aberwitzigen Geldpolitik und so wenig wie
die Bewahrung der Demokratie auf dem Narrenschiff namens Europa.
IWF Geheimdokumente:
Die Griechenland-Rettung war nur eine Bankenrettung Geheime
Protokolle der Ratssitzungen des IWF vom Mai 2010 zeigen, daß es dort
beträchtlichen Widerstand gegen die Rettungspakete für Griechenland gegeben
hatte. Viele Delegierte im IWF-Rat hatten sehr wohl erkannt, daß die
Griechenland-Stützung nichts anderes war als eine Rettungsaktion für die
Banken, und daß das Rettungspaket so absurd konstruiert war, daß es scheitern
und die griechische Wirtschaft vollends ruinieren mußte. Die Protokolle zeigen,
daß fast ein Drittel der Ratsmitglieder, insbesondere die Vertreter von mehr als
40 nichteuropäischen Ländern, starke Vorbehalte äußerten. Das ›Wall Street Journal‹ veröffentlichte jetzt am 8. 10. Auszüge
aus den Protokollen. So hatte der brasilianische Exekutivdirektor Nogueira Batista
bei einem Treffen des Rates am 9. 5. 2010 erklärt: »Die Risiken
des Programms sind immens….. So wie die Dinge liegen, droht bei diesem
Programm, daß die private Finanzierung durch eine staatliche Finanzierung
abgelöst wird. Mit anderen und stärkeren Worten: Man kann es so sehen,
daß es keine Rettungsaktion für Griechenland ist, das eine erdrückende
Anpassung durchlaufen muß, sondern eine Rettungsaktion für die privaten Inhaber
der griechischen Staatsanleihen, vor allem für europäische Finanzinstitute.« Der
argentinische Exekutivdirektor Pablo Andrés Pereira sagte: »Die
Alternative einer freiwilligen Schuldenneuordnung hätte auf den Tisch kommen sollen.
Die europäischen Behörden wären gut beraten
gewesen, einen geordneten Prozeß zur Umstrukturierung der Schulden vorzulegen. Es
ist sehr wahrscheinlich, daß Griechenland nach der Umsetzung dieses Programms
schlechter dasteht.« Der Schweizerische Exekutivdirektor René Weber hatte
erklärt: »Wir
haben beträchtliche Zweifel an der Umsetzbarkeit dieses Programms. Warum wurde
eine Umstrukturierung der Schulden und die Beteiligung des privaten Sektors
bisher nicht in Betracht gezogen?« Die geschäftsführende
IWF-Direktorin Christine Lagarde, gab dann im Juni 2013 zu: »Wir wußten
im Mai 2010, daß Griechenland zwar eine Stützung, aber keine Umstrukturierung
brauchte.... Wir hatten keine Ahnung,
daß sich die wirtschaftliche Gesamtlage so schnell verschlechtern würde, wie es
dann geschah.« Alle Einwände waren indessen von der USA und der Mehrheit
derjenigen europäischen Länder, die die Zustimmung zu dem Programm durchsetzen
konnten, weil sie mehr als die Hälfte der Stimmrechte im Weltwährungsfonds
halten, ignoriert worden. Obwohl die Politik des IWF gescheitert ist, fordert dieser
in einem neuen Bericht, in Griechenland bis 2016 weitere 6,6 Mrd. € zu kürzen,
das sind 3,5 % des BIP. Daß der IWF Griechenland niemals stabilisieren wollte,
zeigt sich daran, daß die öffentliche Verschuldung des Landes zur Zeit des
ersten Rettungspakets 120 % des BIP betrug, aber bis Ende 2013 auf 175 %
steigen wird.
Ein
dramatisches Beispiel für die Verschlechterung für die Griechen ist die
Forderung der Troika, daß die öffentliche Krankenversicherung ›Eopy‹ keine Facharztbesuche mehr erstattet. Der griechische
Ärzteverband verurteilte dies am 8. 10. 13 als unfaßbar. Aber die Banken wurden
›gerettet‹.
›Solidarité et Progrès‹
unterstützt Kampf der Kommunen gegen toxische Kredite In
Frankreich führt die Partei ›Solidarité
et Progrès‹ auf ihrer Webseite eine
landesweite Kampagne zur Mobilisierung ihrer Mitbürger, damit diese ihre Abgeordneten
auffordern, den Artikel 60 des für 2014 geplanten Finanzreformgesetzes, das
jetzt im November beschlossen werden soll, abzulehnen. Dieser Artikel betrifft toxische
Kredite, insbesondere die der Kommunen. Innerhalb weniger Tage machte der
Aufruf in den sozialen Netzwerken die Runde, und die Regierung war
konsterniert, weil sie gehofft hatte, die Regelung ohne großes Aufsehen
durchsetzen zu können. Artikel 60 gewährt den Banken, die kommunalen Einrichtungen
wissentlich toxische Kredite verkauften, praktisch Straffreiheit. Städte und
Gemeinden, Krankenhäuser, öffentliche Wohnungsgesellschaften usw. leiden heute
unter den extrem hohen Belastungen durch diese Kredite. Meist waren die Zinsen anfänglich
niedrig, sie waren aber an den Schweizer Franken oder an andere variable
Faktoren gebunden, so daß sie nach einigen Jahren massiv anstiegen.
Etwa 300
Kommunen klagen gegen Banken wie Dexia, Crédit Agricole, Société Générale,
Royal Bank of Scotland und Deutsche Bank, weil sie von den Banken, die sie
nicht über die Risiken aufklärten, getäuscht wurden. Unter Artikel 60 würde ein
Fonds über 100 Millionen Euro eingerichtet
[50 % der Mittel vom Staat und 50 % durch eine Sondersteuer für die Banken], um
die Opfer bei der Rückzahlung zu unterstützen. Aber Bedingung für die Hilfe
ist, daß sich die Kommunen zur Bedienung aller Kredite verpflichten und auf
juristische Schritte verzichten. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen, sollen
mit dem Finanzreformgesetz rückwirkend auch Kreditverträge für legal erklärt
werden, in denen nur der sehr niedrige gesetzliche Zinssatz, aber nicht der reale
Zinssatz erwähnt wird. Ein Gericht in Nanterre hatte im Februar solche Kredite
an das Departement Seine-Saint-Denis für rechtswidrig erklärt; seither hat sich
die Zahl der Klagen gegen Dexia verdreifacht. Jetzt will die Regierung die
Kommunen dazu erpressen, die Klagen fallenzulassen.
Quelle: Strategic Alert Jahrgang 26 Nr. 41 vom 9. 10. 13, Nr. 42 vom 16. 10. 13 und Nr.
43 vom
23. 10. 2013
|