Sozialhilfe - Dübendorfs Austritt aus der SKOS 03.11.2013 22:30
Die Organisation SKOS, die Abkürzung steht für »Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe«,
vermittelt
normierte, wenn auch als ›Empfehlungen‹ etikettierte Sozialhilfe-Ansätze, die
in der Schweiz nahezu flächendeckend als ›verbindlich‹ durchgesetzt worden sind. Sie bürden
dem Steuerzahler alljährlich Finanzlasten in der
Höhe von vielen Milliarden auf. Die SKOS ist ein Verein, dessen Mitglieder einerseits
in der Sozialhilfe engagierte Organisationen und Funktionäre sind, andererseits
Gemeinden. Die von vielen Kantonen als verbindlich erklärten SKOS-Empfehlungen bewirken
schwer nachvollziehbare, hohe Zahlungen an Fürsorgeabhängige. Die durch die SKOS
begründeten Monatsleistungen an vierköpfige Familien übersteigen beispielsweise
sehr rasch 5.000.- Franken. Viele, die SKOS-normierte Sozialhilfe beziehen,
verlieren jeden Ehrgeiz, je wieder ernsthaft einen Arbeitsplatz erlangen zu
wollen – es lebt sich mit der SKOS-Sozialhilfe allzu komfortabel. Da ein arbeitsfreies
Leben nach SKOS-Normen für viele ausgesprochen verlockend ist, werden auch
immer wieder schwere Missbrauchsfälle zu Lasten der Sozialhilfe ruchbar. Diese
lösen in der Öffentlichkeit meistens deutliche Unwillensbekundungen aus, werden
aber von den SKOS-Funktionären regelmässig als ›Einzelfälle von nebensächlicher Bedeutung‹ heruntergespielt. Die Häufung
solcher Missbrauchsfälle hat jedoch in jüngerer Vergangenheit mehrere teils
grössere Gemeinden dazu bewogen, den Austritt aus der SKOS zu erklären.
Die Stadt
Dübendorf in der Agglomeration Zürich gehört zu diesen Austrittsgemeinden. Dübendorfs
Grün-Rot-Juso-Exponenten gerieten darob allerdings in Rage. Dies war
vorauszusehen, rekrutiert sich doch mehr als nur ein bedeutender Teil der
Gefolgschaft dieser drei Politströmungen aus den in der jährlich weiter
auswuchernden Sozialindustrie bequem Beschäftigten. Begründet wird der Angriff
der Linken mit dem Argument, der Austritt Dübendorfs aus der SKOS sei
eigenmächtig von der Sozialbehörde verfügt worden. Gemeindeparlament und
Stadtrat seien übergangen worden. Insbesondere der Vorsteher der Sozialbehörde,
Kurt Spillmann (SVP), geriet unter scharfen Beschuss. Die linken Kräfte im
Dübendorfer Parlament veranlassten sogar die Erstellung eines Gutachtens. Ermutigt
wurden sie zu diesem Schritt, weil auch Dübendorfs Stadtrat in einer ersten
Erklärung dem Präsidenten der Fürsorgebehörde unzulässige Eigenmächtigkeit
vorgeworfen hatte.
Das Rechtsgutachten Dieses weist
zwei Besonderheiten auf: Erstens soll sein Inhalt geheim bleiben. Man muss
also aus den Stellungnahmen zu dem Gutachten ableiten, wie der Gutachter seine
Schlussfolgerungen begründet. Das Gutachten kommt nämlich zu dem Schluss, dass
es einer Sozialbehörde – selbst wenn ihr, wie das in Dübendorf der Fall ist, eine
›selbständige Verwaltungsbefugnis‹ in der Gemeindeordnung ausdrücklich
zugestanden ist – grundsätzlich untersagt
sei, über eine Vereinszugehörigkeit, die der Gemeinde finanzielle Belastungen,
nämlich die Zahlung der jährlichen Mitgliederbeiträge, auferlegt, zu entscheiden.
Die zweite Besonderheit des Gutachtens: Es geht von diesem, trotz klarer
Schlussfolgerung mit angeblich einwandfreier Begründung, keinerlei
Rechtswirkung aus. Dübendorfs Stadtrat hat nämlich - eigentlich in Widerspruch zu seiner ersten
Erklärung - inzwischen klargestellt,
dass er den SKOS-Austrittsentscheid der Dübendorfer Sozialbehörde nicht
rückgängig machen werde. Es scheint dem Stadtrat offenbar zu dämmern, dass
hinsichtlich der Dübendorfer Mitgliedschaft bei der SKOS Zusammenhänge
bestehen, die in der von der ersten Erregung ausgelösten Spontanerklärung kurz
nach dem SKOS-Austritt unberücksichtigt geblieben sind. So hat der Stadtrat inzwischen
offensichtlich erkannt, dass der Beitritt zur SKOS weder vom Dübendorfer Parlament,
noch vom Dübendorfer Stadtrat beschlossen wurde. Dübendorf gehört zwar seit 16 Jahren
der SKOS an, indessen hatte vor sechzehn Jahren allein die Dübendorfer
Sozialbehörde den Beitritt zur SKOS beschlossen und auch durchgesetzt. Also
hatte genau jene Behörde, die vor kurzem den Austritt aus der SKOS erklärt hat,
seinerzeit auch den Beitritt Dübendorfs zur SKOS allein beschlossen. Und keine
Rechnungsprüfungskommission, keine Geschäftsprüfungskommission des Dübendorfer
Parlaments hat je beanstandet, dass Dübendorf jährlich den
SKOS-Mitgliederbeitrag bezahlt, obwohl der Beitritt zur SKOS allein durch die
Dübendorfer Sozialbehörde beschlossen worden war. Auch der Bezirksrat, der über
die korrekte Geschäftsführung in Dübendorf wacht, hat solches nie kritisiert
oder in Frage gestellt.
Die Statuten der SKOS Das
Ausbleiben der Kritik von Seiten der Aufsichtsorgane hat seine guten Gründe, es
hängt mit den Statuten der SKOS zusammen; dort steht im Artikel 4 wörtlich: »Die
Mitgliedschaft bei der SKOS steht offen für: a) Organe und Institutionen der
öffentlichen Sozialhilfe von Gemeinden.« Es war, vielleicht weil man
Diskussionen zur SKOS in Gemeinde-Legislativen und -Exekutiven verhindern
wollte, das erklärte Ziel der SKOS, vor allem die Fachorgane der Fürsorge- und
Sozialhilfe aus den Gemeinden als Mitglieder zu gewinnen, nicht die politischen
Autoritäten. Nicht nur, dass damit alle Polemik gegen den Vorsteher der
Dübendorfer Sozialbehörde als Hornberger Schiessen entlarvt wird. Angesichts
des Wortlauts der SKOS-Statuten gewinnt das von Dübendorfs linken Parteien
veranlasste Gutachten plötzlich eine sehr brisante, von seinen Auftraggebern
alles andere als gewollte Aussagekraft: Trifft tatsächlich zu, dass eine
Sozialinstanz der Gemeinde nicht dazu berechtigt ist, die Mitgliedschaft bei
der SKOS zu beschliessen oder zu widerrufen, dann fusst die gesamte Aktivität
der SKOS zu einem bedeutenden Teil auf illegaler Trägerschaft. Denn es sind
offenbar Hunderte von Gemeinden bei der SKOS als Mitglieder registriert, von
denen lediglich die Sozialbehörden – den Statuten der SKOS glaubend –
die Mitgliedschaft bei der SKOS beschlossen haben. Stimmt das Dübendorfer
Gutachten, dann fusst die SKOS auf Statuten, die hinsichtlich eines sehr
wichtigen Teils, nämlich der Trägerschaft, der Rechtmässigkeit entbehren. Das
würde bedeuten, dass in der Schweiz alljährlich Milliarden an Fürsorgegeldern
zu Lasten der Steuerzahler gesprochen werden, die auf Normen einer Institution
fussen, deren Trägerschaft zu einem bedeutenden Teil der Legalität entbehrt.
Rücktritt des
Präsidenten Während es
aufgrund des sich unterdessen als äusserst brisant erweisenden Dübendorfer Gutachtens hinter den Kulissen der Fürsorgeindustrie
im Land heftig zu brodeln beginnt, hat der Präsident der SKOS, Walter Schmid,
in diesen Tagen überraschend seinen Rücktritt erklärt. Schmid ist keineswegs
bloss Präsident der SKOS: Er ist im wahren Sinn des Wortes der Chefideologe der
Schweizer Sozialhilfe schlechthin. Er war es, der den SKOS-Empfehlungen in
vielen Kantonen den Durchbruch zur uneingeschränkten Verbindlichkeit erkämpft
hat. Er hat die SKOS zu einem Staat im Staat, zu einer faktisch unangreifbaren,
Milliarden
bewegenden Umverteilungsmaschine gemacht. Dies nicht zuletzt aufgrund
einer vorsätzlichen, massive Summen verschlingenden Abweichung von einer
anderen Rechtsnorm, die Walter Schmid – zurückhaltend gesagt – äusserst
eigenwillig auszulegen beliebt: Die SKOS-Ansätze zur Sozialhilfe gehen von
einem ›Grundbedarf‹ aus, der jedem Menschen das
Existenzminimum zu sichern habe. Das Existenzminimum ist in der Schweiz
allerdings vom Bundesgericht längst einwandfrei definiert worden. Es besteht – wie
es das Bundesgericht festlegt – aus täglich ausreichender Nahrung sowie einem
Dach über dem Kopf. Wobei beides, ausreichende Mahlzeiten sowie ein Dach über
dem Kopf, auch von einem Hilfswerk wie der Heilsarmee in einer
Kollektiv-Unterkunft angeboten werden darf.
Zweierlei
Existenzminimum Von einer solchen
Definition des Existenzminimums, obwohl vom höchsten Gericht der Schweiz
formuliert, will die SKOS nichts wissen. Sie hat vielmehr eigenmächtig auch die
sogenannte ›Teilhabe am
gesellschaftlichen Leben‹ zum
Existenzminimum geschlagen. Während das Bundesgericht das Existenzminimum bei
rund Fr. 8.– pro Tag und Person veranschlagt, fixieren die SKOS-Richtlinien den
täglichen Grundbedarf auf Fr. 30.– pro fürsorgeberechtigter Person, den
Bundesgerichtsansatz damit nahezu vervierfachend. Dies, weil zur ›Teilhabe am gesellschaftlichen Leben‹ gemäss SKOS auch ein Privatfahrzeug zwecks
Gewährleistung der persönlichen Mobilität erforderlich sein könne, oder weil dazu
auch Ferien – gegebenenfalls sogar im Ausland – gehören. Auch dafür hat nach
SKOS-Vorgaben die Öffentlichkeit aufzukommen. Und genau daraus resultieren die
ausserordentlich hohen Sozialhilfe-Zahlungen an Begünstigte, die, wie bereits
dargelegt, in der Folge jegliche Motivation verlieren, durch eigene Arbeit nochmals
zu einem persönlichen Einkommen zu gelangen: weil das selbsterarbeitete
Einkommen kaum je die Höhe des allmonatlichen SKOS-Segens erreichen dürfte.
War das alles
illegal? Tatsache
ist also: Die weit über die gerichtlich festgelegten Erfordernisse hinaus gehenden
SKOS-Normen haben in der Schweiz jährlich Milliarden unter dem Titel
Sozialhilfe umverteilt. Doch die Legitimität der SKOS, welche die
bundesgerichtlich festgelegte Definition des Existenzminimums eigenmächtig
überging, wird jetzt durch das Dübendorfer Gutachten grundlegend in Frage
gestellt. Die gesamte, Tausenden von Funktionären ein grosszügiges Einkommen
sichernde Schweizer Sozialindustrie steht somit auf bestenfalls tönernen
Füssen. Wenn sich herausstellt, dass all die durch die SKOS-Ansätze ausgelösten
Milliarden-Zahlungen von einem Verein ausgehen, dessen Trägerschaft zu einem
grossen Teil aus Körperschaften besteht, die dem Verein rechtens gar nicht
angehören dürften, dann dürfte in der Schweizer Sozialhilfe einiges in Bewegung
geraten. Ist der Präsident der SKOS somit zurückgetreten, weil er als einer der
ersten erkannt hat, was von dem von linken Parteien in Auftrag gegebenen
Dübendorfer Gutachten auf ihn als SKOS-Präsidenten zukommen könnte? Fürchtet er
hohe Rückzahlungsforderungen? Ob Zufall
oder Berechnung: Der Rücktritt von Walter Schmid erfolgt zu einem Zeitpunkt, da
das ganze sündenteure SKOS-Gebäude in seinen Grundfesten erschüttert wird.
Quelle: http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/News/Duebendorfs_SKOSAustritt-1406 Der aktuelle
Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 1. 11. 2013 von Ulrich Schlüer,
Chefredaktor
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