Der Wohlfahrtsstaat - der letzte Akt - Von Olivier Kessler

Die Schweiz befindet sich auf dem etatistischen Irrweg. Tröpfchenweise gelangen

immer neue haarsträubende Auswüchse unseres Sozialstaates an die Öffentlichkeit. Sie sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Anzeichen häufen sich, dass sich der dekadente Wohlfahrtsstaat dem Ende zuneigt. Höchste Zeit, das Massenumverteilungs-Experiment abzubrechen. Nachdem sich die Aufregung um den «Fall Carlos» wieder etwas gelegt hatte, wurde jetzt bekannt, dass im Kanton Freiburg Sozialhilfeempfänger von den Behörden bei einem professionellen Stilberater zum «Umstyling» vorbeigeschickt werden. 785 Franken kostet dieser Spass den Steuerzahler pro Beratung. Derweil werden auch immer mehr Fälle publik, in denen einzelne Familien ganze Gemeinden in eine desolate finanzielle Schieflage bringen, weil diese den Steuerzahler Abertausende von Franken kosten. 

Das ist, wie gesagt, allerdings nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Die westlichen Wohlfahrtsstaaten, die Schweiz inklusive, taumeln langsam aber unbeirrt dem Bankrott entgegen, ohne dass sie so recht wissen, wie es eigentlich dazu kommen konnte. Das Soziale macht einen stetig wachsenden Teil des Staatshaushaltes aus. Daniel Foppa vom «Tages Anzeiger» titelte in seinem Kommentar zum ausufernden Sozialstaat richtig: Der Blick fürs Ganze fehlt. Was der Tagiaber nachfolgend nicht zu leisten imstande ist [weil er sich auf Detailaspekte und eben gerade nicht aufs grosse Ganze konzentriert], holen wir nachfolgend nach. 

Ja, wie kam es denn eigentlich dazu, dass wir auf einen Kollaps des Sozialstaats zusteuern? Auf den Punkt gebracht: Indem der Föderalismus dem Zentralismus weichen musste, indem der Staat mit seinen Interventionen im freien Markt zivilgesellschaftliche Lösungen verdrängt, indem funktionsunfähige sozialistische Konzepte implementiert wurden und nun ein ähnlicher Zusammenbruch droht wie damals der Sowjetunion. Das klingt für Sie übertrieben und realitätsfremd? Dann liste ich Ihnen gerne einige wesentliche Punkte auf, wie sich die Schweiz in den letzten Jahrzehnten von einer relativ freien und prosperierenden Marktwirtschaft mit einer funktionierenden Zivilgesellschaft schleichend in einen semi-sozialistischen Wohlfahrts-Despotismus verwandelt hat. 

1.  Verstaatlichung der Altersvorsorge 
Wurde die Einführung der staatlichen Altersvorsorge 1931 von den Stimmbürgern noch mit einer Mehrheit von 60,3 % abgelehnt, kippten die Mehrheitsverhältnisse 16 Jahre später. Ein gigantisches Schneeball- und Umverteilungssystem namens AHV wurde 1948 in Kraft gesetzt. Dies war ein herber Rückschlag für die Altersvorsorge. Denn dass die als Umlageverfahren konzipierte AHV in ihrer heutigen Form aus demografischen Gründen langfristig nicht finanzierbar ist, weiss jeder, der ehrliche Rechnungen anstellt. Aber nur schon die Forderung nach grundlegender, an einem Kapitaldeckungsverfahren orientierter Reform der Alterssicherung trifft auf ideologisch motiviertes Sperrfeuer. Dass eine solche, der Zwangsumverteilung abschwörende Reform in nicht
unbedeutendem Ausmass Mittel für höhere Ersparnisse, für mehr Investitionen, für höhere Löhne und für einen besseren Lebensstandard für die breite Masse freisetzen würde, darüber findet kaum eine ernsthafte Diskussion statt. So kann denn die AHV auch nicht als eine sozialpolitische Errungenschaft bezeichnet werden; sie ist vielmehr ein Rückschritt in Bezug auf die Absicherung fürs Alter, weil ihrer Finanzierung stets in Gefahr ist. Pierre Bessard, Direktor des Liberalen Instituts, bezeichnete die AHV-Lohnabzüge denn auch schlicht als «eine zusätzliche proportionale Einkommenssteuer von 8,4 %», da die AHV keine Lohn- oder  Einkommensobergrenze kenne. Unter dem Deckmantel der angeblichen Vorsorge fürs Alter wurde schlichtweg eine neue Methode zur versteckten Besteuerung der Bevölkerung eingeführt. Auch die zweite Säule der Altersvorsorge ist durch zunehmende Einmischung durch die Politik zu einem Problemfall geworden: Der Staat lässt in sowjetischer Manier einen disziplinierenden Wettbewerb zwischen Pensionskassen gar nicht erst zu. Er setzt sich in arroganter Weise über das Prinzip der Vertragsfreiheit hinweg und verunmöglicht damit die freie Wahl durch die Bürger. Auch mischt er sich auf unzulässige Art und Weise in die Geschäftspraktiken der Pensionskassen ein, indem er Mindestverzinsung und Umwandlungssatz verbindlich vorschreibt, was zur Übernahme von entsprechend höheren Risiken führen kann und die zweite Säule ebenfalls ins Wackeln bringt. 

2.  Verstaatlichung der Invalidenversicherung 
Eigenverantwortung und freiwillige Solidarität wurden nicht nur in der Altersvorsorge ausgehöhlt, sondern auch bei der Versicherung von Invalidität. Hatten sich zuvor primär Unfallversicherung, Militärversicherung, Pensionskassen und gemeinnützige Institutionen um die wenigen tatsächlichen Invaliden gekümmert, wurde nun fortan eine zentralistische Institution damit betreut. Und prompt stiegen die Ausgaben ins Unermessliche. Die IV wurde zum Dauersanierungsfall, der immer mehr Mittel der Bürger verschlingt, die sie sonst zur freien Verfügung gehabt hätten.

3.  Zugrunderegulierung der Krankenversicherung  
War die Versicherung bei einer Krankenkasse zuvor freiwillig, stimmte eine knappe Mehrheit von 51,8 % der Stimmbürger 1996 mit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) der Abschaffung der zentralen marktwirtschaftlichen Institution, der Vertragsfreiheit, zu. Die Folgen waren und sind verheerend: Die Kosten der obligatorischen Krankenversicherung haben sich seit der Einführung praktisch verdoppelt. Durch extrem niedrige, staatlich verordnete Franchisen und Selbstbehalte wird die à-discrétion-Mentalität gestärkt. Bei jedem «Bobo» rennen die Bürger heute auf Kosten ihrer Mitmenschen zum Arzt, da sie ja schliesslich auch etwas zurückerhalten wollen, wenn die Prämien schon ständig steigen: eine Teufelsspirale, die sich dreht und dreht und die logische Konsequenz davon ist, dass derjenige, der Leistungen in Anspruch nimmt, praktisch kaum mehr unmittelbar dafür aufkommen muss.  

4. Verstaatlichung des Mutterschaftsurlaubs 
Wurde der Mutterschaftsurlaub bis 2005 noch vom Arbeitgeber angeboten, ist es den Linken gelungen, nach 20jähriger Propaganda und etlichen gescheiterten Volksabstimmungen auch hier das Prinzip der Zwangsumverteilung einzuführen und zivilgesellschaftliche Lösungen zu verdrängen. Auch diese zentralistische Lösung führt logischerweise schnell zu roten Zahlen in der Erwerbsersatzordnung (EO). Die Lohnabzüge zur Finanzierung dieses neuen sozialistischen Undings mussten denn auch schon mehrmals erhöht werden, obwohl von den Befürwortern hoch und heilig versprochen wurde, dass genügend Geld für die Finanzierung vorhanden sei. 

5.  Verstaatlichung der Entwicklungshilfe 
Nicht nur wurde die zivilgesellschaftliche Hilfe für Hilfsbedürftige im Inland zunehmend verstaatlicht, auch bei der Hilfe ans Ausland wurde das Prinzip der Freiwilligkeit durch sozialistische Zwangsumverteilung abgelöst. Als Geburtsstunde der staatlichen Entwicklungshilfe in der Schweiz gilt das Jahr 1961, als die heutige DEZA als neues Bundesamt geschaffen wurde. Fortan durften die Schweizer nur noch eingeschränkt entscheiden, wohin ihre Hilfe an Entwicklungsländer und Menschen in Not fliessen soll. Sie werden seit dann vom Staat bevormundet. Fortan sagte der Staat in zentralistischer Manier, wohin die Entwicklungshilfe fliessen soll, während die Bürger einfach brav ihre ständig steigenden Steuerrechnungen bezahlen mussten. Kritische Fragen wie etwa, ob mit der Schweizer Entwicklungshilfe Warlords, Terroristen und korrupte Herrscher finanziert würden, waren und sind unerwünscht.

Zurück zu den Wurzeln – weg vom Sozialstaat  
Je mehr Bereiche der zwischenmenschlichen Hilfe verstaatlicht und dadurch an anonyme Institutionen delegiert werden, desto grösser wurden die Schuldentürme und desto geringer die Kontrolle, ob die Hilfe wirklich bei den richtigen Menschen ankommt. Die Eigenverantwortung weicht der kollektiven Unvernunft. Anstatt hohe Steuern, Abgaben und Gebühren zu bezahlen, um eine überdimensionierte Mitleidsindustrie zu finanzieren, wäre es besser, die Bürger würden für allenfalls eintretende Risiken wie Altersschwäche, Krankheit, Unfall, Einkommensausfall durch Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit, etc., selbstverantwortlich Rücklagen bilden So könnten sich die Bürger die teuren Verwaltungskosten und die Bürokratie in Bundesbern sparen und höhere Ersparnisse tätigen. Internationale Vorbilder sind zwar rar gesät, aber es gibt sie: Chile macht uns beispielsweise bei der Altersvorsorge [Kapitaldeckung anstatt Zwangsumverteilung] vieles vor.  Singapur zeigt, dass es im Bereich der Gesundheit auch eigenverantwortlichere Lösungen gibt [private Gesundheitssparkonten]. Und was passiert in jenen Fällen, in denen die Eigenverantwortung nicht wie gewünscht wahrgenommen wird und einzelne Menschen, die sich ungenügend versicherten, in Not geraten? Dann käme das Prinzip der freiwilligen Solidarität zur Anwendung: Unterstützung durch Familie, Freunde oder Hilfswerke könnten mit Hilfe zur Selbsthilfe dazu beitragen, dass der Hilfsbedürftige bald wieder auf eigenen Füssen steht und es sich nicht wie heute auf Kosten von anderen gemütlich einrichtet - ohne ein entsprechendes körperliches oder geistiges Leiden. Durch das heute verlorengegangene Zwischenmenschliche und die verschwundene Transparenz, wer von wem für was Hilfsgelder bezieht, konnte der Wohlfahrtsstaat heute da enden, wo wir angekommen sind: bei einem wahnwitzigen, längerfristig nicht mehr finanzierbaren kollektiven Wahn.  

Freiwillige, zivilgesellschaftliche Lösungen 
Gerade im Hinblick auf die Bekämpfung des sogenannten «Sozialschmarotzertums» sind dezentrale Lösungen unerlässlich, wie es die SVP nun vorschlägt. Es handelt sich dabei keinesfalls um einen «Sozialkahlschlag», den die Partei «gegen die Ärmsten der Schweizer Gesellschaft» plane, wie das 20 Minuten in völliger Verdrehung der Tatsachen zu unterstellen versucht. Es geht darum, dass gerade jenen effektiv geholfen werden kann, die die Hilfe wirklich auch nötig haben. Die heutige unverschämte Abzockerei [Boxtraining, Stilberatungen, etc.], die mit der Hilfe für die  Ärmsten rein gar nichts mehr zu tun hat, kann lediglich wegen des in die Anonymität mündenden Zentralismus grassieren. Nur wenn die Hilfe wieder freiwillig zwischen Menschen organisiert wird, die sich persönlich kennen und im gewissen Sinne auch überprüfen können, ob es sich um echte oder inszenierte Leiden handelt, ist ein Ausweg aus dem heutigen Schlamassel möglich, da so die falschen Anreize reduziert werden. In diesen Hilfsgemeinschaften weicht die Zwangsumverteilung der echten Solidarität und der Nächstenliebe, die heute wegen des Sozialstaates am Erodieren ist. Wenn die Nächstenliebe verkümmert, ist auch die Moral und der Respekt vor den Mitmenschen dahin, was sich in zunehmender Kriminalität und dem Zerfall der Familien äussert. Wer diese traditionellen abendländischen Werte nicht verkümmern lassen möchte, setzt sich für die Abschaffung des auf Zwang basierenden Sozialstaates und die Stärkung von zivilgesellschaftlichen Lösungen ein. Schon der grosse Dichter Friedrich Schiller warnte eindringlich vor der moralischen Zersetzung durch den Wohlfahrtsstaat: «Zur moralischen Schönheit der Handlungen ist Freiheit des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen will.» Auf diese alte Weisheit müssen wir uns heute wieder dringend besinnen.   [1]  

Die Sozialhilfe-Kosten entgleisen dramatisch  
Ein Jahres-Segelturn für 142.000 Franken als Sozialhilfe an einen Vierzehnjährigen in Schmerikon/SG, der offenbar keine Erziehung genossen hat, so Ulrich Schlüer, hält nur den vorläufig letzten Höhepunkt in der Geschichte des völlig aus dem Ruder laufenden Sozialhilfe-Missbrauchs fest. Die kleine Gemeinde Hagenbuch in der Nähe von Winterthur, die für eine einzige Familie mit mehreren fremdplatzierten Kindern Monat für Monat rund 60.000 Franken als sog. «Sozialhilfe» aufzubringen hat, hat die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Doch nur allzu klar ist: Der «Fall Hagenbuch» ist nur einer von vielen.   

Die Kesb befiehlt 
Seit in der Schweiz den «Kinder- und Erwachsenenschutz-Behörden» (Kesb) die Allmacht über Sozialhilfeleistungen übertragen wurde, entgleist das, was früher der Fürsorgehoheit der Gemeinden unterstellt war, buchstäblich grenzenlos. Da werden Gemeinden reihenweise durch ihnen zugemutete Sozialhilfeleistungen in den Ruin getrieben. Die Kesb erklären sich für die   Ausrichtung solcher Leistungen als ausschliesslich zuständig, stellen aber die Rechnungen für das von ihnen Verfügte einfach den von ihren Anordnungen beglückten Wohngemeinden zu. Diese dürfen, beziehungsweise müssen, blindlings bezahlen. Oft erfahren sie überhaupt nichts über die Hintergründe von Verfügungen, zu denen ihnen die Rolle stummer Zahlstellen zugewiesen worden ist. Die Kesb handeln, wenn sie so vorgehen, nicht illegal. Ein relativ neues eidgenössisches Gesetz stellt ihnen die Allmacht, die sie heute innehaben, ausdrücklich aus. Diesem Gesetz entspringen Fehlentscheidungen, die jetzt gigantische Kostenlawinen auslösen. Bis zur Machtübertragung in der Sozialhilfe auf die  Kesb war wohl jede Gemeinde der Schweiz regelmässig mit Fürsorgeaufgaben konfrontiert. Immer gab es Familien und Einzelne, die, in Notlage geraten, Unterstützung nötig hatten. Solange Unterstützungsmassnahmen  abschliessend von den Gemeinden verfügt und finanziert wurden, erfolgte die Hilfe in aller Regel  - auf den jeweiligen Einzelfall bezogen -  zumeist unter Einbezug von Arbeitgebern, Familienangehörigen, Nachbarn, privaten Hilfswerken oder der mit der Notlage Vertrauten. Weil dabei stets auf die konkrete Notlage von Betroffenen eingegangen werden musste, fühlten sich die in Not Geratenen meist auch menschlich unterstützt. Sie blieben Persönlichkeiten und wurden nicht zu «Fällen», und entwickelten dadurch gar nicht selten auch Eigenanstrengungen mit dem Ziel, sich Schritt für Schritt aus ihrer Unterstützungsstuation herauszuarbeiten. Das Unterstützungssystem war so im Gleichgewicht, auch finanziell. Nicht Normen, heute allzu oft die Skos-Richtlinien, dominierten die Sozialhilfe; dafür dem jeweiligen Einzelfall gerecht werdende individuelle Anstrengungen, keineswegs bloss finanzieller Natur.

«Professionalisierung» 
Die politische Linke  - sich in den staatlichen Funktionärsapparaten nicht zuletzt eine dauernd abhängige und damit auch treue Anhängerschaft sichernd -  nahm zunehmend Anstoss an dieser bemerkenswert gut funktionierenden, auf den Einzelfall bezogenen Fürsorge. Sie erhob den Ruf nach «Professionalisierung». In den Städten und in den zunehmend an abstrakten internationalen Normen orientierten Gerichten fanden sie Unterstützung, und setzte sich schliesslich politisch durch. Die Gemeinden wurden zu reinen Zahlstellen ohne Mitsprache degradiert. Reine Funktionärsgremien wie die Kesb erhielten per Gesetz alle Verfügungsmacht.  Gerichte befreiten sie davon, über ihre Ausgabenentscheide Rechenschaft ablegen zu müssen: Dies könnte Hilfsbedürftige vor der Öffentlichkeit blossstellen, und das sei menschenrechtswidrig. Seither diktieren die Kesb das Geschehen. Sie erlassen Massnahmen: frei von allem Kostenbewusstsein. Die Gemeinden haben dafür zu bezahlen, ungeachtet ihrer finanziellen Möglichkeiten. Je grosszügiger Leistungen ausgerichtet werden, desto mehr Arbeitsfaule möchten sich am Topf der Sozialhilfe laben. Die Basler Zeitung dokumentierte am 24. September, wie sich Sozialhilfemissbraucher neuerdings ihre Wohnorte aussuchen. Sie lassen sich dort nieder, wo sie aufgrund aufwendiger telefonischer Abklärungen am meisten ergattern können. Und sie erklären frank und frei, unter gar keinen Umständen je zu persönlicher Arbeitsleistung bereit zu sein. Und fast immer gelangen sie an die Töpfe, die ihnen ein Dasein ohne Anstrengung garantieren. Wer einen derart offensichtlichen Missbrauch noch mit Menschenrechten rechtfertigen zu müssen glaubt, macht sich zweifellos der «Beihilfe zum Missbrauch» schuldig. Er müsste, eher heute als morgen, aus seiner Position entfernt und für den von ihm mitverursachten Schaden haftbar gemacht werden.    

Die Folge des wachsenden Ansturms auf Sozialhilfe-Leistungen im verhängnisvoll zentralisierten System zeichnen sich ab: Die Kesb sind zunehmend hoffnungslos überlastet, was eine weitere Kostenlawine nach sich zieht: Wird einer Kesb-Stelle eine Gefährdungsmeldung übermittelt, z.B. bezüglich gewisser Kinder, fehlt dieser aber die erforderliche Zeit, um den Hintergrund der eingegangenen Meldung genauer abzuklären, dann entscheiden sich die Kesb-Funktionärsgremien in der Regel für eine sofortige Fremdplatzierungen, da sie nicht verantwortlich sein wollen, wenn der betreffenden Mitteilung je ein schwerwiegendes Ereignis folgen sollte. Das ist der Grund dafür, dass die Zahl der Fremdplatzierungen inflationär zunimmt; und dass die Kosten der Sozialhilfe regelrecht explodieren. Denn Fremdplatzierungen erfordern nur allzu rasch jährliche Aufwendungen in Höhe von 60.000.- Franken und mehr. Das auf einem radikal verunglückten Gesetz beruhend System entgleist. Die Kosten explodieren. Bereits eröffnen sich auch Perspektiven für neue private Geschäftstätigkeiten: Ehemalige Kesb-Funktionäre gründen Firmen, die gegen reiche Entschädigung Betreuungsfunktionen  - im Fachjargon auch Sondersettings genannt -  übernehmen. Gute Beziehungen zu ehemaligen Kollegen in den Funktionsapparaten garantieren rasch volle Kassen. 

Der «Fall Hagenbuch» hat jetzt Reaktionen ausgelöst. Besonders die politische Linke sieht sowohl wohlbezahlte Pfründe als auch ihre sich darin einnistende Anhängerschaft gefährdet. Deshalb erhebt sie den Ruf nach Vergemeinschaftung der Kosten. Den hoffnungslos überlasteten Gemeinden sei Hilfe zu leisten: aus den Kantonskassen, aus der Bundeskasse. Wer solcher Kostenverlagerung nach dem Gusto der Linken zustimmt, leistet Beihilfe zur Verewigung offensichtlicher Missbräuche. Je rigoroser Anordnungskompetenz und Kostenpflicht voneinander getrennt werden, wodurch die Anonymisierung der Leistungserbringung gefördert wird, desto stärker werden die Missbräuche zunehmen und desto unkontrollierbarer werden die Ausgaben steigen. Nach den Gemeinden würden einfach auch die Kantone und schliesslich der Bund zugrunde gerichtet. Es geht bei der Sozialhilfe-Abzockerei, die längst eingerissen hat, nicht um einige Hunderttausend Franken. Es geht insgesamt mit Sicherheit bereits um Milliardenbeträge pro Jahr. Und die Kostenexplosion geht weiter. Soll das öffentliche Fürsorgewesen nicht entgleisen, dann ist die Hoheit darüber vollumfänglich den Gemeinden zurückzugeben. Entscheidungen über Fürsorgeleistungen gehören in die Hoheit der Gemeinden, die diese Leistungen finanzieren und den Stimmbürgern über Finanzierungen Rechenschaft ablegen müssen. Nicht Maximalnormen, vielmehr demokratische Entscheidungen  - so wie sie die Verfassung vorsieht -  müssen auch für die Sozialhilfe Geltung haben. Die Funktionärsapparate der Kesb dagegen sind niemandem Rechenschaft schuldig. Deshalb fehlt bei ihnen jeglicher Ansporn auf Eindämmung der Tatsache gewordenen Kostenlawine. Wer die Degradierung des Sozialwesens zu einer Missbrauchsanstalt verhindern will, muss die gesamte Hoheit über das Fürsorgewesen den Gemeinden zurückgeben. Dort wird Hilfe sowohl menschlich als auch kostenbewusst geleistet, wofür während Jahrzehnten der Beweis erbracht wurde.  [2]

 

 

[1]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/wohlfahrtsstaat_der_letzte_akt-1920  19. 9. 2014 - Der aktuelle Freitags-Kommentar von Olivier Kessler, stv. Chefredaktor 

 

[2]  http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/wenn_funktionaere_die_macht_an_sich_reissen-1943   26. 9. 14 - Der aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» von Ulrich Schlüer, Chefredaktor - Wenn Funktionäre die Macht an sich reissen