Der Wohlfahrtsstaat - der letzte Akt - Von Olivier Kessler 28.09.2014 22:11
Die Schweiz befindet sich auf dem etatistischen Irrweg. Tröpfchenweise gelangen
immer
neue haarsträubende Auswüchse unseres Sozialstaates an die Öffentlichkeit. Sie
sind nur die Spitze des Eisbergs. Die Anzeichen häufen sich, dass sich der
dekadente Wohlfahrtsstaat dem Ende zuneigt. Höchste Zeit, das
Massenumverteilungs-Experiment abzubrechen. Nachdem sich die Aufregung um den
«Fall Carlos» wieder etwas gelegt hatte, wurde jetzt bekannt, dass im Kanton
Freiburg Sozialhilfeempfänger von den Behörden bei einem professionellen Stilberater
zum «Umstyling» vorbeigeschickt werden. 785 Franken kostet dieser Spass den
Steuerzahler pro Beratung. Derweil werden auch immer mehr Fälle publik,
in denen einzelne Familien ganze Gemeinden in eine desolate finanzielle
Schieflage bringen, weil diese den Steuerzahler Abertausende von Franken
kosten.
Das
ist, wie gesagt, allerdings nur die sichtbare Spitze des Eisbergs. Die
westlichen Wohlfahrtsstaaten, die Schweiz inklusive, taumeln langsam aber
unbeirrt dem Bankrott entgegen, ohne dass sie so recht wissen, wie es eigentlich dazu
kommen konnte. Das Soziale macht einen stetig wachsenden Teil des
Staatshaushaltes aus. Daniel Foppa vom «Tages Anzeiger» titelte in seinem
Kommentar zum ausufernden Sozialstaat richtig: ›Der Blick fürs Ganze fehlt‹. Was der ›Tagi‹ aber
nachfolgend nicht zu leisten imstande ist [weil er sich auf Detailaspekte und
eben gerade nicht aufs grosse Ganze konzentriert], holen wir nachfolgend nach.
Ja,
wie kam es denn eigentlich dazu, dass wir auf einen Kollaps des Sozialstaats
zusteuern? Auf den Punkt gebracht: Indem der Föderalismus dem Zentralismus
weichen musste, indem der Staat mit seinen Interventionen im freien Markt zivilgesellschaftliche
Lösungen verdrängt, indem funktionsunfähige sozialistische
Konzepte implementiert wurden und nun ein ähnlicher Zusammenbruch droht
wie damals der Sowjetunion. Das klingt für Sie übertrieben und realitätsfremd?
Dann liste ich Ihnen gerne einige wesentliche Punkte auf, wie sich die Schweiz
in den letzten Jahrzehnten von einer relativ freien und prosperierenden
Marktwirtschaft mit einer funktionierenden Zivilgesellschaft schleichend in
einen semi-sozialistischen Wohlfahrts-Despotismus verwandelt hat.
1.
Verstaatlichung der Altersvorsorge Wurde
die Einführung der staatlichen Altersvorsorge 1931 von den Stimmbürgern noch
mit einer Mehrheit von 60,3 % abgelehnt, kippten die Mehrheitsverhältnisse 16
Jahre später. Ein gigantisches Schneeball- und Umverteilungssystem namens AHV
wurde 1948 in Kraft gesetzt. Dies war ein herber Rückschlag für die
Altersvorsorge. Denn dass die als Umlageverfahren konzipierte AHV in ihrer
heutigen Form aus demografischen Gründen langfristig nicht finanzierbar ist, weiss
jeder, der ehrliche Rechnungen anstellt. Aber nur schon die Forderung nach
grundlegender, an einem Kapitaldeckungsverfahren orientierter Reform der
Alterssicherung trifft auf ideologisch motiviertes Sperrfeuer. Dass eine solche,
der Zwangsumverteilung abschwörende Reform in nicht unbedeutendem Ausmass Mittel für
höhere Ersparnisse, für mehr Investitionen, für höhere Löhne und für einen besseren Lebensstandard für die breite Masse
freisetzen würde, darüber findet kaum eine ernsthafte Diskussion statt. So kann
denn die AHV auch nicht als eine sozialpolitische Errungenschaft bezeichnet
werden; sie ist vielmehr ein Rückschritt in Bezug auf die Absicherung fürs
Alter, weil ihrer Finanzierung stets in Gefahr ist. Pierre Bessard, Direktor
des Liberalen Instituts, bezeichnete die AHV-Lohnabzüge denn auch schlicht als
«eine zusätzliche proportionale Einkommenssteuer von 8,4 %», da die AHV keine
Lohn- oder Einkommensobergrenze kenne. Unter dem Deckmantel der angeblichen
Vorsorge fürs Alter wurde schlichtweg eine neue Methode zur versteckten
Besteuerung der Bevölkerung eingeführt. Auch die zweite Säule der
Altersvorsorge ist durch zunehmende Einmischung durch die Politik zu einem
Problemfall geworden: Der Staat lässt in sowjetischer Manier einen
disziplinierenden Wettbewerb zwischen Pensionskassen gar nicht erst zu. Er
setzt sich in arroganter Weise über das Prinzip der Vertragsfreiheit hinweg und
verunmöglicht damit die freie Wahl durch die Bürger. Auch mischt er sich auf
unzulässige Art und Weise in die Geschäftspraktiken der Pensionskassen ein,
indem er Mindestverzinsung und Umwandlungssatz verbindlich vorschreibt, was zur
Übernahme von entsprechend höheren Risiken führen kann und die zweite Säule
ebenfalls ins Wackeln bringt.
2.
Verstaatlichung der Invalidenversicherung Eigenverantwortung
und freiwillige Solidarität wurden nicht nur in der Altersvorsorge ausgehöhlt,
sondern auch bei der Versicherung von Invalidität. Hatten sich zuvor primär
Unfallversicherung, Militärversicherung, Pensionskassen und gemeinnützige
Institutionen um die wenigen tatsächlichen Invaliden gekümmert, wurde nun
fortan eine zentralistische Institution damit betreut. Und prompt stiegen die
Ausgaben ins Unermessliche. Die IV wurde zum Dauersanierungsfall, der immer
mehr Mittel der Bürger verschlingt, die sie sonst zur freien Verfügung gehabt
hätten.
3. Zugrunderegulierung der Krankenversicherung War
die Versicherung bei einer Krankenkasse zuvor freiwillig, stimmte eine knappe
Mehrheit von 51,8 % der Stimmbürger 1996 mit der Einführung des Krankenversicherungsgesetzes
(KVG) der Abschaffung der zentralen marktwirtschaftlichen Institution, der
Vertragsfreiheit, zu. Die Folgen waren und sind verheerend: Die
Kosten der obligatorischen Krankenversicherung haben sich seit der Einführung
praktisch verdoppelt. Durch extrem niedrige, staatlich verordnete
Franchisen und Selbstbehalte wird die à-discrétion-Mentalität gestärkt. Bei
jedem «Bobo» rennen die Bürger heute auf Kosten ihrer Mitmenschen zum Arzt, da
sie ja schliesslich auch etwas zurückerhalten wollen, wenn die Prämien schon
ständig steigen: eine Teufelsspirale, die sich dreht und dreht und die logische
Konsequenz davon ist, dass derjenige, der Leistungen in Anspruch nimmt,
praktisch kaum mehr unmittelbar dafür aufkommen muss.
4.
Verstaatlichung
des Mutterschaftsurlaubs Wurde
der Mutterschaftsurlaub bis 2005 noch vom Arbeitgeber angeboten, ist es den
Linken gelungen, nach 20jähriger Propaganda und etlichen gescheiterten
Volksabstimmungen auch hier das Prinzip der Zwangsumverteilung einzuführen und
zivilgesellschaftliche Lösungen zu verdrängen. Auch diese zentralistische
Lösung führt logischerweise schnell zu roten Zahlen in der Erwerbsersatzordnung
(EO). Die Lohnabzüge zur Finanzierung dieses neuen sozialistischen Undings
mussten denn auch schon mehrmals erhöht werden, obwohl von den Befürwortern
hoch und heilig versprochen wurde, dass genügend Geld für die Finanzierung
vorhanden sei.
5. Verstaatlichung der Entwicklungshilfe Nicht
nur wurde die zivilgesellschaftliche Hilfe für Hilfsbedürftige im Inland
zunehmend verstaatlicht, auch bei der Hilfe ans Ausland wurde das Prinzip der
Freiwilligkeit durch sozialistische Zwangsumverteilung abgelöst. Als
Geburtsstunde der staatlichen Entwicklungshilfe in der Schweiz gilt das Jahr
1961, als die heutige DEZA als neues Bundesamt geschaffen wurde. Fortan durften
die Schweizer nur noch eingeschränkt entscheiden, wohin ihre Hilfe an
Entwicklungsländer und Menschen in Not fliessen soll. Sie werden seit dann vom
Staat bevormundet. Fortan sagte der Staat in zentralistischer Manier, wohin die
Entwicklungshilfe fliessen soll, während die Bürger einfach brav ihre ständig
steigenden Steuerrechnungen bezahlen mussten. Kritische Fragen wie etwa, ob mit
der Schweizer Entwicklungshilfe Warlords, Terroristen und korrupte Herrscher
finanziert würden, waren und sind unerwünscht.
Zurück zu
den Wurzeln – weg vom Sozialstaat Je
mehr Bereiche der zwischenmenschlichen Hilfe verstaatlicht und dadurch an
anonyme Institutionen delegiert werden, desto grösser wurden die Schuldentürme
und desto geringer die Kontrolle, ob die Hilfe wirklich bei den richtigen
Menschen ankommt. Die Eigenverantwortung weicht der kollektiven Unvernunft.
Anstatt hohe Steuern, Abgaben und Gebühren zu bezahlen, um eine
überdimensionierte Mitleidsindustrie zu finanzieren, wäre es besser, die Bürger
würden für allenfalls eintretende Risiken wie Altersschwäche, Krankheit,
Unfall, Einkommensausfall durch Mutterschaft oder Arbeitslosigkeit, etc., selbstverantwortlich
Rücklagen bilden So könnten sich die Bürger die teuren Verwaltungskosten und
die Bürokratie in Bundesbern sparen und höhere Ersparnisse tätigen.
Internationale Vorbilder sind zwar rar gesät, aber es gibt sie: Chile macht uns
beispielsweise bei der Altersvorsorge [Kapitaldeckung anstatt Zwangsumverteilung]
vieles vor. Singapur zeigt, dass es im
Bereich der Gesundheit auch eigenverantwortlichere Lösungen gibt [private
Gesundheitssparkonten]. Und was passiert in jenen Fällen, in denen die
Eigenverantwortung nicht wie gewünscht wahrgenommen wird und einzelne Menschen,
die sich ungenügend versicherten, in Not geraten? Dann käme das Prinzip der
freiwilligen Solidarität zur Anwendung: Unterstützung durch Familie, Freunde
oder Hilfswerke könnten mit Hilfe zur Selbsthilfe dazu beitragen, dass der
Hilfsbedürftige bald wieder auf eigenen Füssen steht und es sich nicht wie
heute auf Kosten von anderen gemütlich einrichtet - ohne ein entsprechendes
körperliches oder geistiges Leiden. Durch das heute verlorengegangene
Zwischenmenschliche und die verschwundene Transparenz, wer von wem für was
Hilfsgelder bezieht, konnte der Wohlfahrtsstaat heute da enden, wo wir
angekommen sind: bei einem wahnwitzigen, längerfristig nicht mehr
finanzierbaren kollektiven Wahn.
Freiwillige,
zivilgesellschaftliche Lösungen Gerade
im Hinblick auf die Bekämpfung des sogenannten «Sozialschmarotzertums» sind
dezentrale Lösungen unerlässlich, wie es die SVP nun vorschlägt. Es handelt
sich dabei keinesfalls um einen «Sozialkahlschlag», den die Partei «gegen die
Ärmsten der Schweizer Gesellschaft» plane, wie das ›20 Minuten‹ in völliger Verdrehung der Tatsachen zu unterstellen versucht. Es
geht darum, dass gerade jenen effektiv geholfen werden kann, die die Hilfe
wirklich auch nötig haben. Die heutige unverschämte Abzockerei [Boxtraining,
Stilberatungen, etc.], die mit der Hilfe für die Ärmsten rein gar nichts mehr zu tun hat, kann
lediglich wegen des in die Anonymität mündenden Zentralismus grassieren. Nur
wenn die Hilfe wieder freiwillig zwischen Menschen organisiert wird, die sich
persönlich kennen und im gewissen Sinne auch überprüfen können, ob es sich um
echte oder inszenierte Leiden handelt, ist ein Ausweg aus dem heutigen
Schlamassel möglich, da so die falschen Anreize reduziert werden. In diesen
Hilfsgemeinschaften weicht die Zwangsumverteilung der echten Solidarität und
der Nächstenliebe, die heute wegen des Sozialstaates am Erodieren ist. Wenn die
Nächstenliebe verkümmert, ist auch die Moral und der Respekt vor den
Mitmenschen dahin, was sich in zunehmender Kriminalität und dem Zerfall der
Familien äussert. Wer diese traditionellen abendländischen Werte nicht
verkümmern lassen möchte, setzt sich für die Abschaffung des auf Zwang
basierenden Sozialstaates und die Stärkung von zivilgesellschaftlichen Lösungen
ein. Schon der grosse Dichter Friedrich Schiller warnte eindringlich vor der
moralischen Zersetzung durch den Wohlfahrtsstaat: «Zur moralischen Schönheit
der Handlungen ist Freiheit des Willens die erste Bedingung, und diese Freiheit
ist dahin, sobald man moralische Tugend durch gesetzliche Strafen erzwingen
will.» Auf diese alte Weisheit müssen wir uns heute wieder dringend besinnen. [1]
Die
Sozialhilfe-Kosten entgleisen dramatisch Ein
Jahres-Segelturn für 142.000 Franken als ›Sozialhilfe‹ an einen Vierzehnjährigen in Schmerikon/SG, der offenbar keine
Erziehung genossen hat, so Ulrich Schlüer, hält nur den vorläufig letzten
Höhepunkt in der Geschichte des völlig aus dem Ruder laufenden
Sozialhilfe-Missbrauchs fest. Die kleine Gemeinde Hagenbuch in der Nähe von
Winterthur, die für eine einzige Familie mit mehreren fremdplatzierten Kindern
Monat für Monat rund 60.000 Franken als sog. «Sozialhilfe» aufzubringen hat,
hat die Öffentlichkeit aufgerüttelt. Doch nur allzu klar ist: Der «Fall
Hagenbuch» ist nur einer von vielen.
Die ›Kesb‹ befiehlt Seit
in der Schweiz den «Kinder- und Erwachsenenschutz-Behörden» (›Kesb‹) die Allmacht über
Sozialhilfeleistungen übertragen wurde, entgleist das, was früher der Fürsorgehoheit
der Gemeinden unterstellt war, buchstäblich grenzenlos. Da werden Gemeinden
reihenweise durch ihnen zugemutete Sozialhilfeleistungen in den Ruin getrieben.
Die ›Kesb‹ erklären sich für die Ausrichtung solcher Leistungen als
ausschliesslich zuständig, stellen aber die Rechnungen für das von ihnen
Verfügte einfach den von ihren Anordnungen beglückten Wohngemeinden zu. Diese
dürfen, beziehungsweise müssen, blindlings bezahlen. Oft erfahren sie überhaupt
nichts über die Hintergründe von Verfügungen, zu denen ihnen die Rolle stummer
Zahlstellen zugewiesen worden ist. Die ›Kesb‹ handeln, wenn sie so vorgehen, nicht illegal. Ein relativ neues
eidgenössisches Gesetz stellt ihnen die Allmacht, die sie heute innehaben,
ausdrücklich aus. Diesem Gesetz entspringen Fehlentscheidungen, die jetzt
gigantische Kostenlawinen auslösen. Bis zur Machtübertragung in der Sozialhilfe
auf die ›Kesb‹ war wohl jede Gemeinde der Schweiz regelmässig mit Fürsorgeaufgaben
konfrontiert. Immer gab es Familien und Einzelne, die, in Notlage geraten,
Unterstützung nötig hatten. Solange Unterstützungsmassnahmen abschliessend von
den Gemeinden verfügt und finanziert wurden, erfolgte die Hilfe in aller Regel - auf den jeweiligen Einzelfall bezogen
- zumeist unter Einbezug von
Arbeitgebern, Familienangehörigen, Nachbarn, privaten Hilfswerken oder der mit
der Notlage Vertrauten. Weil dabei stets auf die konkrete Notlage von
Betroffenen eingegangen werden musste, fühlten sich die in Not Geratenen meist
auch menschlich unterstützt. Sie blieben Persönlichkeiten und wurden nicht zu «Fällen»,
und entwickelten dadurch gar nicht selten auch Eigenanstrengungen mit dem Ziel,
sich Schritt für Schritt aus ihrer Unterstützungsstuation herauszuarbeiten. Das
Unterstützungssystem war so im Gleichgewicht, auch finanziell. Nicht Normen, heute
allzu oft die Skos-Richtlinien, dominierten die Sozialhilfe; dafür dem
jeweiligen Einzelfall gerecht werdende individuelle Anstrengungen, keineswegs
bloss finanzieller Natur.
«Professionalisierung» Die
politische Linke - sich in den
staatlichen Funktionärsapparaten nicht zuletzt eine dauernd abhängige und damit
auch treue Anhängerschaft sichernd - nahm zunehmend Anstoss an dieser bemerkenswert
gut funktionierenden, auf den Einzelfall bezogenen Fürsorge. Sie erhob den Ruf
nach «Professionalisierung». In den Städten und in den zunehmend an abstrakten
internationalen Normen orientierten Gerichten fanden sie Unterstützung,
und setzte sich schliesslich politisch durch. Die Gemeinden wurden zu reinen
Zahlstellen ohne Mitsprache degradiert. Reine Funktionärsgremien wie die ›Kesb‹ erhielten per Gesetz alle
Verfügungsmacht. Gerichte befreiten sie
davon, über ihre Ausgabenentscheide Rechenschaft ablegen zu müssen: Dies könnte
Hilfsbedürftige vor der Öffentlichkeit ›blossstellen‹, und das sei ›menschenrechtswidrig‹. Seither diktieren die ›Kesb‹ das Geschehen. Sie erlassen
Massnahmen: frei von allem Kostenbewusstsein. Die Gemeinden haben dafür zu
bezahlen, ungeachtet ihrer finanziellen Möglichkeiten. Je grosszügiger
Leistungen ausgerichtet werden, desto mehr Arbeitsfaule möchten sich am Topf
der Sozialhilfe laben. Die ›Basler Zeitung‹ dokumentierte am 24. September, wie sich Sozialhilfemissbraucher
neuerdings ihre Wohnorte aussuchen. Sie lassen sich dort nieder, wo sie aufgrund
aufwendiger telefonischer Abklärungen am meisten ergattern können. Und sie
erklären frank und frei, unter gar keinen Umständen je zu persönlicher
Arbeitsleistung bereit zu sein. Und fast immer gelangen sie an die Töpfe, die
ihnen ein Dasein ohne Anstrengung garantieren. Wer einen derart
offensichtlichen Missbrauch noch mit Menschenrechten rechtfertigen zu müssen glaubt,
macht sich zweifellos der «Beihilfe zum Missbrauch» schuldig. Er müsste, eher
heute als morgen, aus seiner Position entfernt und für den von ihm
mitverursachten Schaden haftbar gemacht werden.
Die
Folge des wachsenden Ansturms auf Sozialhilfe-Leistungen im verhängnisvoll
zentralisierten System zeichnen sich ab: Die ›Kesb‹ sind zunehmend hoffnungslos überlastet, was eine weitere
Kostenlawine nach sich zieht: Wird einer ›Kesb‹-Stelle eine ›Gefährdungsmeldung‹ übermittelt, z.B. bezüglich gewisser Kinder, fehlt dieser aber die
erforderliche Zeit, um den Hintergrund der eingegangenen Meldung genauer
abzuklären, dann entscheiden sich die ›Kesb‹-Funktionärsgremien in der Regel für eine sofortige
Fremdplatzierungen, da sie nicht verantwortlich sein wollen, wenn der
betreffenden Mitteilung je
ein schwerwiegendes Ereignis folgen sollte. Das ist der Grund dafür, dass die
Zahl der Fremdplatzierungen inflationär zunimmt; und dass die Kosten der
Sozialhilfe regelrecht explodieren. Denn Fremdplatzierungen erfordern nur allzu
rasch jährliche Aufwendungen in Höhe von 60.000.- Franken und mehr. Das auf
einem radikal verunglückten Gesetz beruhend System entgleist. Die Kosten
explodieren. Bereits eröffnen sich auch Perspektiven für neue private ›Geschäftstätigkeiten‹: Ehemalige ›Kesb‹-Funktionäre gründen Firmen, die gegen reiche Entschädigung Betreuungsfunktionen
- im Fachjargon auch ›Sondersettings‹ genannt - übernehmen. Gute Beziehungen zu ehemaligen
Kollegen in den Funktionsapparaten garantieren rasch volle Kassen.
Der
«Fall Hagenbuch» hat jetzt Reaktionen ausgelöst. Besonders die politische Linke
sieht sowohl wohlbezahlte Pfründe als auch ihre sich darin einnistende
Anhängerschaft gefährdet. Deshalb erhebt sie den Ruf nach ›Vergemeinschaftung‹ der Kosten. Den hoffnungslos
überlasteten Gemeinden sei Hilfe zu leisten: aus den Kantonskassen, aus der
Bundeskasse. Wer solcher Kostenverlagerung nach dem Gusto der Linken zustimmt, leistet
Beihilfe zur Verewigung offensichtlicher Missbräuche. Je rigoroser
Anordnungskompetenz und Kostenpflicht voneinander getrennt werden, wodurch die Anonymisierung
der Leistungserbringung gefördert wird, desto stärker werden die Missbräuche
zunehmen und desto unkontrollierbarer werden die Ausgaben steigen. Nach den
Gemeinden würden einfach auch die Kantone und schliesslich der Bund zugrunde
gerichtet. Es geht bei der Sozialhilfe-Abzockerei, die längst eingerissen hat,
nicht um einige Hunderttausend Franken. Es geht insgesamt mit Sicherheit bereits
um Milliardenbeträge pro Jahr. Und die Kostenexplosion geht weiter. Soll
das öffentliche Fürsorgewesen nicht entgleisen, dann ist die Hoheit darüber
vollumfänglich den Gemeinden zurückzugeben. Entscheidungen über
Fürsorgeleistungen gehören in die Hoheit der Gemeinden, die diese Leistungen
finanzieren und den Stimmbürgern über Finanzierungen Rechenschaft ablegen
müssen. Nicht Maximalnormen, vielmehr demokratische Entscheidungen - so wie sie die Verfassung vorsieht - müssen auch für die Sozialhilfe Geltung haben.
Die Funktionärsapparate der ›Kesb‹ dagegen sind niemandem
Rechenschaft schuldig. Deshalb fehlt bei ihnen jeglicher Ansporn auf Eindämmung
der Tatsache gewordenen Kostenlawine. Wer die Degradierung des Sozialwesens zu
einer Missbrauchsanstalt verhindern will, muss die gesamte Hoheit über das
Fürsorgewesen den Gemeinden zurückgeben. Dort wird Hilfe sowohl menschlich als
auch kostenbewusst geleistet, wofür während Jahrzehnten der Beweis erbracht
wurde. [2]
[1] http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/wohlfahrtsstaat_der_letzte_akt-1920 19. 9. 2014 - Der aktuelle Freitags-Kommentar
von Olivier Kessler, stv. Chefredaktor
[2] http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/wenn_funktionaere_die_macht_an_sich_reissen-1943 26. 9. 14 - Der aktuelle Freitags-Kommentar
der «Schweizerzeit» von Ulrich Schlüer, Chefredaktor - Wenn Funktionäre die
Macht an sich reissen
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