Syrien - Eine weitere Kriegsbeteiligung

d.a. Wie auch der »FAZ« online vom 4. Dezember zu entnehmen war und inzwischen

hinlänglich bekannt ist, hat der Bundestag dem Bundeswehreinsatz gegen den Islamischen Staat zugestimmt. Damit sollen bis zu 1200 deutsche Soldaten mit Aufklärungsflügen und einer Fregatte die internationale Koalition gegen den IS unterstützen - zunächst bis Ende 2016, eine wahrhaftig lange Zeit ….  Wieso die »FAZ« zu diesem schwerwiegenden Entscheid, dessen Folgen für die BRD fatal sein können, die Kanzlerin einmal mehr mit lächelnder Siegermiene abbildet, ist effektiv nicht nachvollziehbar. Eine neutrale Aufnahme wäre völlig ausreichend gewesen. 

Zu den von der Opposition hinsichtlich der rechtlichen Grundlage des Einsatzes vorgebrachten Zweifeln erklärte Justizminister Heiko Maas, dass der Syrien-Einsatz der Bundeswehr weder gegen das Völkerrecht noch gegen das deutsche Grundgesetz verstosse. Laut Maas gibt es 3 Resolutionen des UN-Sicherheitsrats gegen den IS, die das vorliegende Mandat abdecken. Nach dem EU-Grundlagenvertrag könne sich Frankreich zudem mit vollem Recht auf die Beistandsverpflichtung seiner EU-Partner berufen. Es fragt sich, wo er hier eine Beistandspflicht sieht, zumal Syrien Frankreich überhaupt nicht angegriffen hat. Auch der Verteidigungspolitiker Rainer Arnold [SPD] hält den Einsatz für verfassungsrechtlich eindeutig einwandfrei und völkerrechtlich abgesichert.  [1]

Indessen legt hier mmnews eine gänzlich andere Sicht dar: Im Gegensatz zu Maas führt die Börsenwebsite wahrheitsgemäss aus, dass es weder ein UN-Mandat, noch eine Bitte der legitimen Regierung Syriens um Beistand im Kampf gegen den aus den Trümmern westlicher Kriegsverbrechen entstandenen Islamischen Staat gibt, so dass der Kriegseinsatz der BRD zu einem Völkerrechtsverbrechen wird. Interessant in diesem Bericht ist ein Kommentar zu den Medien: »Die Hauptnachrichtensendungen in ARD und ZDF schweigen den verbrecherischen Charakter dieses Kriegseinsatzes entweder tot (ZDF) oder lassen indirekt Grüne von der Fragwürdigkeit der Legitimität faseln (ARD) oder  - noch seltener -  Linken-Politiker die Tatsache der Völkerrechtswidrigkeit feststellen, weshalb die Partei vors Bundesverfassungsgericht gehen wird. Immer aber wird die evidente Tatsache, daß der Einsatz völkerrechtswidrig ist, als Meinung oder Ansichtssache dargestellt. In Interviews mit der Betrügerin und Lügnerin [Assad hat Giftgas eingesetzt] an der Spitze des Verteidigungsministeriums, Dr. Ursula Gertrud von der Leyen, wird die Frage der Legitimität des Einsatzes durchgängig ausgeblendet. Die Lügenpresse weiß ganz genau, was sie fragen darf und was nicht, und wenn etwas so offensichtlich illegitim ist wie dieser Kriegseinsatz, dann darf man die staatlichen Verbrecher nicht mit unbequemen Fragen in Schwierigkeiten bringen  -  denn die Verbrecher, das sind wir.«  [2] 

Auch der Artikel der Deutschen Wirtschafts Nachrichten vom 1. 12. 15 erklärt, dass »kein UNO- Mandat existiert. Der Einsatz wird als Akt der Selbstverteidigung im Rahmen des EU - Beistandspakts interpretiert. Wie die Bundeswehr mit der USA und Rußland zusammenarbeiten wird, ist unklar. Außenminister Steinmeier warb für eine Einbeziehung der syrischen Regierungstruppen. Die Bundesregierung arbeite auf einen Waffenstillstand zwischen syrischer Armee und Opposition hin – damit alle Kräfte für den Kampf gegen den IS mobilisiert werden können.« Man ist immer wieder fassungslos, wie Regierungsmitglieder verbal ausgreifen, so auch Steinmeier: »Keiner vergißt die furchtbaren Verbrechen, für die Assad die Verantwortung trägt. Richtig ist aber auch: Solange sich die syrischen Bürgerkriegsparteien nur untereinander bekriegen und abnutzen, bleibt der ISIS der lachende Dritte.« Indessen besteht das furchtbarste Verbrechen doch nachweislich darin, dass der Krieg gegen Assad noch im Frühjahr des Aufstandsjahrs 2011 beendet gewesen wäre, hätte nicht die USA im Verbund mit Brüssel  - England selbstredend eingeschlossen -  den Bürgerkrieg in Syrien entfesselt.

Die »Freunde« Syriens , die die USA bereits Ende 2011 um sich geschart hatte, um den Sturz des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad und dessen säkularer Regierung zu betreiben, zählen u.a. sowohl Deutschland als auch Saudi-Arabien zu ihrem Kreis. Fakten dieser Art scheinen Steinmeier keine Sekunde des Nachdenkens wert. Es ist auch geradezu sträflich, mit welcher Verantwortungslosigkeit hier erneut Anschuldigungen gegen Assad bezüglich seines Einsatzes von Chemiewaffen vorgebracht werden, obwohl ein solcher längst widerlegt ist: Assads Regierung, so Steinmeier ferner, könne jetzt zeigen, ob sie wirklich zum Kampf gegen die IS-Terroristen bereit sei oder ob sie »weiter Fassbomben oder Chemiewaffen gegen die eigene Bevölkerung einsetzt.« Es ist unbeschreiblich, mit welchen Lügen hier hantiert wird, und angesichts der Millionen Toten, die die westliche Regie in Syien zu verantworten hat, sind Steinmeiers Worte an Abgeschmacktheit nicht zu übertreffen.

Und wer bislang nicht willens war, gegen den IS zu kämpfen, das sind nun einmal Brüssel, die USA, die Türkei, Saudi-Arabien und Katar und nicht etwa Assad. Doch ist das noch nicht das Ende der Impertinenz: Die bereits zitierte Verteidigungsministerin von der Leyen stellte in einer Rede zum 60. Bestehen der Bundeswehr klar: »Eine Zukunft mit Assad wird es nicht geben.« Und eine Zusammenarbeit mit Truppen »unter Assads Kommando« werde es »auch nicht geben.« In der Folge hiess es dann laut einer Meldung vom 1. Dezember, von der Leyen hätte »erst kürzlich eine Zusammenarbeit mit syrischen Regierungstruppen erwogen, allerdings erst, wenn diese nicht mehr unter dem Kommando Assads stehen  [3]

Von der Leyen, schreibt Marco Maier im Contra-Magazin u.a., »übt sich wieder einmal in westlicher Arroganz. Auch sie will Präsident Assad wegputschen. Sie will zwar partiell mit der syrischen Armee zusammenarbeiten, um so die Milizen des Islamischen Staates zu bekämpfen, doch wenn es nach ihr geht, soll Präsident Assad aus dem Amt geputscht werden. In der ZDF-Sendung Berlin direkt betonte sie, daß man in Syrien wie im Irak vorgehen könne. Daß dies allerdings nicht gerade eine Erfolgsgeschichte ist, zeigen allein die 888 getöteten und 1.237 verletzten Iraker, die den Terroranschlägen, der Gewalt und den bewaffneten Konflikten allein diesen November zum Opfer fielen, wie die UN-Mission im Irak (UNAMI) mitteilte. Nach der Einleitung eines politischen Übergangsprozesses in Syrien müsse die Lage neu bewertet werden, so die Verteidigungsministerin. Es werde keine Zukunft mit Staatschef Bashar al-Assad geben, das ist klar, betonte von der Leyen. Es sei aber richtig, über die syrischen Truppen zu sprechen, wenn geklärt ist ….. was mit Assad geschieht.Von der Leyen vergißt, daß es vor allem den westlichen Interventionen zu verdanken ist, daß Syrien überhaupt in diesem blutigen Krieg versunken ist. Vergessen sind all die lobenden Worte über die Assad-Regierung, die in den letzten Jahren einige wichtige Reformen in die Wege geleitet hatte, mit denen das Land demokratischer und rechtsstaatlicher werden sollte. Aus ihr spricht die typische westliche Arroganz, einem unliebsamen  und im Gegensatz zum saudi-arabischen international nicht gefährlichen Regime die Existenzberechtigung abzusprechen.«  [4]  Speziell zur Türkei schrieb Eric Margolis Ende November: »Die Türkei ist Frontmann der sonderbaren Koalition aus geheimen Unterstützern des ISIS, zu der die USA, Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Frankreich und das Vereinigte Königreich gehören. Der IS ist die Waffe ihrer Wahl gegen den schiitischen Iran und dessen syrische und libanesische Verbündeten und sehr bald auch gegen die Taliban in Afghanistan. Das Problem ist, dass sie den IS unterstützen, aber seine jugendlichen Mitglieder nicht unter Kontrolle haben. Der tollwütige Hund, den sie aufzuziehen halfen, läuft jetzt herum und beisst Menschen.«   

Laut dem Arbeitskreis ›DS Darmstädter Signal, dem kritischen Forum für Staatsbürger in Uniform, ist ein Bundeswehreinsatz in Syrien militärisch sinnlos, ein sicherheitspolitischer Irrweg und der Kampf gegen den Terrorismus nicht mit militärischem Aktionismus zu gewinnen. Die von diesem an den Bundestag ergangene Aufforderung, gegen das geplante Mandat zum Bundeswehreinsatz zu stimmen, war, wie wir sehen, umsonst. »Eine unkoordinierte internationale Koalition, die sich lediglich auf regionale Kombattanten mit divergierenden Interessen verläßt«, heisst es dort, »ist von vornherein zum Scheitern verurteilt. Waffenlieferungen an Bürgerkriegsparteien bringen nicht den erwünschten militärischen Erfolg. Deutschland beteiligt sich damit erneut mit taktischer Fragwürdigkeit an einem militärischen Abenteuer ohne strategisches Konzept. Wieder folgen die Streitkräfte, ohne aus fachlicher Sicht ihre politischen Auftraggeber zu warnen, einem politischen Aktionismus, der weder Ziel und beabsichtigtes Endszenario definiert, noch die politischen Rahmenbedingungen klar regelt. Die Terrorgruppen werden so nicht zu besiegen sein, und Deutschland wird dabei lediglich seine außenpolitische Glaubwürdigkeit verlieren.« Auch das  Darmstädter Signalschreibt  - im Gegensatz zu Maas - dass das aus völkerrechtlicher Sicht zwingend notwendige UN-Mandat des Sicherheitsrats nach Kapitel VII, um sich militärisch in einem nicht-internationalen bewaffneten Konflikt  - umgangssprachlich Bürgerkrieg -  zu engagieren, nicht vorhanden ist. »Die schrecklichen Anschläge in Paris«, so das DS im weiteren, »sind keinem Staat zuzurechnen, würden den IS als solchen aufwerten, und liefern daher keinen Kriegsgrund, bei dem die UNO umgangen werden darf. Eine rechtlich unsaubere Mandatierung, wie sie von der Bundesregierung vorgeschlagen wird, schadet der internationalen Gemeinschaft und unseren Soldaten vor Ort. Es ist unsinnig anzunehmen, daß jemals ein politisches Ende des Konfliktes erreicht werden kann, ohne ein sicherheitspolitisches Einvernehmen zwischen den Sicherheitsratsmitgliedern untereinander und den Hauptakteuren wie der Türkei, Saudi-Arabien, dem Iran und dem Reststaat des Assad-Regimes.« Es müsse jetzt darum gehen, die Finanzströme, Waffenzufuhr, neue Kämpfer und die verdeckte Unterstützung aus der Region zu verhindern.  [5]

Wie ein Bericht von German Foreign Policy vom 3. 12. festhält, »halten hochrangige deutsche Militärs eine weitreichende geographische und zeitliche Entgrenzung des Krieges gegen den IS für wahrscheinlich. Selbst im Falle rascher militärischer Erfolge in Syrien sei nicht mit einem vollständigen Sieg über den IS/Daesh zu rechnen, urteilt der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat: Der IS werde nach Libyen oder nach Maliausweichen, und in letzterem Falle direkt und verstärkt auf die Bundeswehr treffen; in Libyen richte der IS seine Führungsstellen ein. Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbands, André Wüstner, rechnet damit, daß der Krieg mehr als zehn Jahre lang andauern wird. Werde nicht bald eine vernünftige Strategie jenseits der rein militärischen Ebene entwickelt, dann sei der bevorstehende Syrien-Einsatz der Bundeswehr auf Dauer mit Sicherheit nicht zu verantworten. Auch Wüstner erklärt, daß der Einfluß des IS mittlerweile weit über Syrien und den Irak hinausgeht und u.a. Libyen, die Sahelzone und Mali erreicht hat. Ein rascher militärischer Gesamterfolg sei angesichts der geographischen Spannbreite definitiv ausgeschlossen. Bislang fehle es ... an Zielen und an einer Strategie. Keiner kann sagen, ob es gelingt, ein Ordnungsziel zu definieren und wie sich die Luftschläge auswirken, warnt Wüstner. Zwar gebe es derzeit noch eine rote Linie, die besagt: kein Einsatz von Bodentruppen. Wir sehen allerdings in diesen Tagen, wie schnell die Bundesregierung eine rote Linie überschreiten kann. Der Vermutung, der Krieg gegen den IS werde sich räumlich stark entgrenzen, liegt auch eine aktuelle Stellungnahme des Präsidenten des Reservistenverbandes der Bundeswehr, Oberst a.D. Roderich Kiesewetter, zugrunde. Kiesewetter, einer der führenden CDU-Außenpolitiker, rechnet nicht nur damit, daß die Bundeswehr mehr als 1.200 Soldaten in den Anti-IS-Kampf schicken wird  [was sich inzwischen bewahrheitet hat], er schlägt darüber hinaus ergänzende Einsätze in drei weiteren Staaten Nordafrikas und des Nahen Ostens vor: Die deutsche Luftwaffe, Marine und auch deutsche Polizisten können dabei helfen, Jordanien, den Libanon und Libyen zu stabilisieren. Im Libanon ist die deutsche Marine bereits seit 2006 damit beschäftigt, die libanesische Kriegsflotte zu trainieren. Nach Libyen werde die NATO Bodentruppen entsenden müssen, sagt Kiesewetter voraus. Die Bundeswehr solle sich daran allerdings nicht beteiligen. 

Scharfe Kritik an der westlichen Interventionspolitik hat zu Wochenbeginn der Außenminister Algeriens, Ramtane Lamamra, geäußert. Lamamra hatte vor seiner Ernennung zum Außenminister fünf Jahre lang als Kommissar der Afrikanischen Union für Frieden und Sicherheit gearbeitet und war in diesem Amt Anfang 2011 mit dem Libyen-Konflikt befaßt. Sein Bemühen um eine friedliche Lösung sei von den NATO-Mächten ignoriert worden, denen es darum gegangen sei, Gaddafi zu stürzen und den damaligen Rebellen zur Macht zu verhelfen, erklärte Lamamra in der britischen Tageszeitung The Independent. Die ausländische Intervention dürfte die Libyer davon abgehalten haben, sich auf die Lösung einzulassen, die die Afrikanische Union damals vorschlug, nämlich einen friedlichen Übergang, klagte Lamamra. Eine ausländische Militärintervention kann Teil des Problems und nicht Teil der Lösung werden, warnte der Karrierediplomat: Sie erhöht die Wahrscheinlichkeit, daß es zu mehr terroristischen Aktivitäten und einer größeren Destabilisierung in Staaten kommt, die eine ausländische Intervention ablehnen.Lamamras Warnung kommt zu einer Zeit, zu der eine weitreichende Entgrenzung der Militäreinsätze in der arabischen Welt zur Debatte steht.«  [6]     

Wenigstens abschliessend eine gute Nachricht: Wie die DWN am 4. 12. schrieben, ist die US-Regierung jetzt bereit, mit der syrischen Armee, und dies unter ihrem Oberbefehlshaber al-Assad, zu kooperieren. Damit hat sich die russische Sicht durchgesetzt, die eine Befriedung der Region nur unter Einbeziehung von Assad für möglich hält. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Wendung Bestand zugedacht ist, und dass sich darüber hinaus die für meine Begriffe hochgradig unverantwortliche Prognose eines zehnjährigen Krieges nicht bewahrheiten wird.  [7]   

 

[1]  http://www.faz.net/aktuell/politik/terrorangst-in-europa/abstimmung-ueber-bundeswehreinsatz-gegen-is-13947964.html   4. 12. 15

[2]  http://www.mmnews.de/index.php/politik/59767-syrien-krieg-presse   3. 12. 15 

[3]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/12/01/deutschland-beschliesst-syrien-einsatz-der-bundeswehr-im-schnellverfahren/   1. 12. 15

[4]  https://www.contra-magazin.com/2015/12/syriens-nationale-souveraenitaet-und-von-der-leyens-arroganz/  2. 12. 15  Syriens nationale Souveränität und von der Leyens Arroganz  Von Marco Maier

[5]  Pressemitteilung vom 2. 12. 15  DS-Vorstand: Hauptmann Florian Kling, Mannheim  FlorianKling@Darmstaedter-Signal.de

[6]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59265  3. 12. 15  Krieg ohne Grenzen

[7]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/12/04/putin-setzt-sich-durch-usa-kooperieren-nun-offiziell-mit-assad/   4. 12. 15