Nur gegen die Preisgabe der Eigenständigkeit 10.01.2016 14:19
Seit einigen Jahren möchte die Europäische Union mit der Schweiz
ein Strom- bzw. Energie-Abkommen abschliessen. Die Schweizer
Stromwirtschaft begegnet diesem Ansinnen zunehmend skeptisch. Der Preis dafür
wäre der Verzicht auf schweizerische Eigenständigkeit.
Brüssel beschied der Schweiz formell, dass ein Energie- bzw.
Strom-Abkommen nur zu erhalten sei, wenn Bern zuvor mittels Rahmenvertrag der ›institutionellen Einbindung‹ der Schweiz in die
EU-Strukturen vollumfänglich zustimme. Unser Land hätte dafür in sämtlichen Sachbereichen, bei denen
bereits früher abgeschlossene oder auch künftig geplante bilateralen
Vereinbarungen zwischen Brüssel und Bern betroffen wären, jede eigenständige Gesetzgebung
an Brüssel abzutreten. Fremdes, von der Schweiz nicht beeinflussbares
Recht, das allein von fremden, von der EU gestellten Richtern ausgelegt
wird, würde für die Schweiz verbindlich - ein eklatanter Souveränitätsverlust,
der unser Land faktisch zum Untertanen Brüssels degradieren würde.
Eine Fachkommission des Komitees ›Nein zum schleichenden
EU-Beitritt‹ hat sich eingehend mit
den Ideen und Plänen für ein Strom- bzw. Energie-Abkommen zwischen der Schweiz
und der EU befasst, dies unter Einbezug resp. Anhörung mehrerer Experten
der Energie-Versorgung.
Eigentlich hat die Schweiz zwischen zwei Alternativen zu
entscheiden: Sie kann auf die Bedingungen der EU eingehen, verlöre damit aber
den Charakter eines über sein Schicksal und auch über seine Wirtschaftsordnung
und Energieversorgung eigenständig bestimmenden Landes. Die Schweiz würde mit
dem von Brüssel geforderten Rahmenvertrag nicht bloss bezüglich
Energieversorgung dem EU-Binnenmarkt unterworfen, sie müsste sich damit
vielmehr auch allen, gerade in Energiefragen ausufernden EU-Regulierungen
unterwerfen.
Oder unser Land wahrt bezüglich der Energieversorgung bewusst
seine Unabhängigkeit, womit es Strom-Importe künftig möglicherweise über eine
Strom-Börse abzuwickeln hätte. Es gälten dafür die gleichen Regeln, wie sie
schon heute bezüglich der Erdöl-Versorgung der Schweiz gelten. Die Schweiz bzw.
ihre Strom-Konsumenten wären damit einem freien Markt, bestimmt von Angebot und
Nachfrage ausgesetzt - genau gleich wie bei vielen andern Versorgungsgütern des
täglichen Bedarfs. Dies würde, wie Beispiele zeigen, mittel- oder
längerfristige Vereinbarungen über die Energieversorgung und deren Kosten gut
gewährleisten, so wie Gleiches heute bezüglich anderer Versorgungsgüter auch in
Kraft ist.
Die Drohung, dass dies die EU zur Installierung neuer ›Strom-Autobahnen‹ veranlassen könnte,
die um die Schweiz herumgeführt würden -
wodurch unser Land seine heutige Drehscheibefunktion in der europäischen
Stromversorgung einbüssen würde - erweist
sich als kaum haltbar: Solche neuen Strom-Autobahnen würden Investitionen in
Milliardenhöhe bedingen, die nicht einmal mittelfristig finanzierbar wären,
schon gar nicht von Ländern wie viele EU-Staaten, die heute mit einem
schwerwiegenden Wirtschaftsabschwung konfrontiert sind. Tatsachen, die ein
Strom-Abkommen mit der EU auch bei der Schweizer Stromwirtschaft rasch an
Attraktivität einbüssen lassen. [1]
Das Papier zur Analyse
eines möglichen Energie-Abkommens mit der EU mit dem Titel: «Stellungnahme zum
Stromabkommen» finden Sie >> hier.
Behauptungen
und Fakten zu den Wirtschaftsbeziehungen Schweiz-EU Das Ja von Volk und Ständen vom 9. Februar 2014 zur Initiative
gegen die Masseneinwanderung verlangt nach Neuaushandlung des Personenfreizügigkeits-Vertrags
mit der Europäischen Union, was zu der Frage führt, ob dadurch die Wirtschaftsbeziehungen
zwischen der Schweiz und der EU gefährdet werden. Die Gegner jeglicher
Beschränkung der Masseneinwanderung behaupten, dass Massnahmen zur Reduktion
der Einwanderung nicht nur die Personenfreizügigkeit, sondern vielmehr alle
Verträge des Pakets Bilaterale I gefährden würden, womit die
Wirtschaftsbeziehungen Schweiz-EU insgesamt bedroht seien. Diese Behauptung
ruft nach einer Klarstellung der Faktenlage.
Erstrangige Tatsache ist: Grundlage der Wirtschaftsbeziehungen
Schweiz-EU ist der 1972 abgeschlossene Freihandelsvertrag. Als dieser Vertrag
unter Dach war, erläuterte der Bundesrat dem Schweizer Volk gegenüber die
Bedeutung dieses Vertrags wie folgt: »Ziel der Freihandelspolitik der
Schweiz ist die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die
Wirtschaftsbeziehungen mit wirtschaftlich bedeutenden Partnern. Den
schweizerischen Wirtschaftsakteuren soll gegenüber ihren wichtigsten
Konkurrenten ein möglichst stabiler, hindernis- und diskriminierungsfreier
Zugang zu ausländischen Märkten verschafft werden.« Eine solche geordnete, diskriminierungsfreie Grundlage für
gute Wirtschaftsbeziehungen wurde mit dem Freihandelsvertrag gegenüber der EU
offensichtlich erreicht. Das seit dem 1. Januar 1973 in Kraft stehende
Freihandelsabkommen erweist sich damit als die Garantin ausgeglichen guter
Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und der Schweiz. Das heisst nicht, dass
die Bilateralen Verträge I bedeutungslos seien. Sie präzisieren in den damit
einzeln angesprochenen Sachbereichen geltende Rahmenbedingungen und sind damit durchaus
wichtig. Ihr Wegfall würde die Schweiz indessen keineswegs in die Verelendung
stürzen. Ein Wegfall dieser Verträge ist jedoch unwahrscheinlich, da
die EU daraus - insbesondere aus dem Vertrag
über den Transitverkehr - eher mehr Vorteile
zieht als die Schweiz selbst. Eine Kündigung dieser Verträge durch die EU ist
daher, wie gesagt, hypothetisch, zumal dafür ein einstimmiger Beschluss aller
heute der EU angehörenden 28 Mitgliedländer erforderlich wäre, was in der
Realität kaum erreichbar sein dürfte.
Auch bestimmte Wirtschaftszahlen sind dazu geeignet, die Bedeutung
der Bilateralen I in einen realistischeren Zusammenhang zu stellen, als dies
die Befürworter uneingeschränkter Masseneinwanderung zu tun pflegen: 2001, also
im letzten Jahr vor dem Inkrafttreten der Bilateralen I, gingen noch 62 % aller
schweizerischen Ausfuhren in Länder der Europäischen Union. 2014 - mit den Bilateralen I und II mitsamt der Personenfreizügigkeit
- hatten indessen nur noch 45 % der
schweizerischen Ausfuhren ein Ziel in der Europäischen Union. Dieser Rückgang
illustriert den wirtschaftlichen Bedeutungsverlust, den die EU mit Blick auf
die Weltwirtschaft in den letzten Jahren hinzunehmen hatte. Die Wachstumsmärkte
liegen für die Schweiz nicht in Europa, sie liegen in der USA, in Fernost und
in Südamerika.
Fakten, die wohl dazu geeignet sind, in der gegenwärtigen
Diskussion Tatsachen und Behauptungen auseinander zu halten.
Zahlen gemäss Bundesamt für Statistik
[1] http://eu-no.ch/news/droh-instrument-energie-abkommen_109 Droh-Instrument «Energie-Abkommen»
- EU-NO Newsletter vom 07.1.2016
Überparteiliches Komitee
Nein zum schleichenden EU-Beitritt
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