CETA - Noch nicht entschieden 23.10.2016 23:05
d.a. Man muss sich das einmal vor Augen halten: Ein Abkommen wie CETA
gedachte Brüssel, wie es hiess, am 27. Oktober feierlich
zu unterzeichnen. Wie man sich angesichts des Massenprotests, dessen Bilder
sämtliche Fernsehschirme fluteten, noch eine Einstellung bewahren kann, die das
Wort feierlich
einschliesst, ist schon gewaltig und zeigt erneut, dass wir, abgesehen von dem
Selbstbetrug, dem die Kommission hier unterliegt, in ihren Augen keinerlei
Gewicht haben. Der Demokratie ist in Brüssel offensichtlich noch immer ein
Dasein auf einem mit einem Prellbock versehenen Nebengleis beschieden. Dass
speziell an Juncker alles, was mit Demokratie eingefärbt ist, mehr oder weniger
problemlos abprallt, sollte jedem klar sein. Man erinnere sich hier nur daran,
dass er auch nach dem Brexit daran festhielt, die Parlamente der EU-Mitgliedsländer an der Entscheidung über das auf
dem Tisch liegende Freihandelsabkommen nicht zu beteiligen, ein Vorhaben, das
allerdings eine heftige und anhaltende Kritik auslöste. Um mit Michael Maier, dem
Autor des Buches ›Die
Plünderung der Welt - Wie die Finanz-Eliten unsere Enteignung planen‹ zu sprechen: ›Die Bürger sind für sie lästiges Beiwerk‹.
Die gegen das Abkommen vorgebrachten Einwände, wie sie
auch aus den auf politonline
veröffentlichten Artikeln ersichtlich sind, [1] füllen eher Bände als Seiten. Die von 101
Rechtsprofessoren aus 24 EU-Staaten nicht nur gegen die Transatlantische
Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP, sondern auch gegen das
Comprehensive Economic and Trade Agreement CETA verfasste Petition hat u.a.
den umstrittenen Punkt, wie vorzugehen ist, wenn sich ein ausländischer
Investor durch staatliche Regulierungspolitik in seinen unternehmerischen
Rechten verletzt sieht, aufgegriffen. »Der bei den Freihandelsabkommen
angedachte Investitionsschutz und die Investor-Staat-Streitbelegung ISDS«,
heisst es, »ermögliche ausländischen Investoren auf Grund von vagen Standards
und umstrittenen Formulierungen Sonderrechte. Außerdem könnten
Investitionsschutz und ISDS den demokratischen Wandel bis hin zu staatlichen
Budgets bedrohen. Die Aufnahme des ausländischen Schutzes in die TTIP und CETA
Abkommen könne demnach möglicherweise zu einer großen Anzahl an Klagen zwischen
Staaten und Investoren sowie zu höheren Rechtskosten
und Entschädigungen in Milliardenhöhen führen.« An sich ein probates Mittel des wirtschaftlich stärkeren
Staates, um einen unwilligen resp. unfügsamen Partnerstaat finanziell
schachmatt zu setzen.
»Dem aktuellen ISDS-System«, so die juristische
Stellungnahme ferner, »mangelt es an Schutzmaßnahmen, die Unabhängigkeit und
Unparteilichkeit gewährleisten, da die eingesetzten Schiedsrichter nach
bearbeiteten Fällen bezahlt würden und Investoren Klagen erheben dürften. …. Die
jüngsten Vorschriften der Europäischen Kommission seien nur
Interpretationslinien und würden verschiedene Voraussetzungen und
Beschränkungen ›für den öffentlichen
politischen Handlungsspielraum‹
offenlassen. Diese Kapitel zu Investitionen bei CETA und TTIP stellten eine
große Belastung für die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie dar,
und könnten hierdurch gar die Autonomie der Rechtsforderung der EU und
nationale sowie EU-Bestimmungen verletzen. Der Investitionsschutz im Rahmen von
TTIP und CETA sei darum unnütz.« [2]
Auch für Ludwig Watzal »stellen CETA und TTIP die Machtübernahme der
US-Konzerne in Europa dar und bedeuten das Ende der parlamentarischen Demokratie
und der Souveränität der EU- Staaten, weil nicht mehr nationale Gerichte und Gesetze die Richtung vorgeben,
sondern anonyme Konzerngerichte, vor denen nach Kassenlage entscheiden wird.
Wer das meiste Geld und den längsten Atem hat, gewinnt den Prozeß.« »Weder CETA
noch TTIP«, so der Autor, »sind für den Freihandel notwendig. Von diesem gibt
es schon genug zum Schaden der arbeitenden Bevölkerung. Professor John Hilary
von der Universität Nottingham nannte TTIP eine ›Charta zur Deregulierung, einen Angriff auf Jobs und das Ende der
Demokratie‹. In keinem der beiden
Abkommen geht es um Freihandel, sondern um die globale Macht der
internationalen US-amerikanischen und kanadischen Konzerne über den letzen ›schwarzen Fleck‹ auf der Landkarte, nämlich Europa. Sollten beide Abkommen in
Kraft treten, ist die Demokratie passé, und die Parlamente könnten sich
auflösen, weil CEOs ihnen die Agenda diktieren würden. Und beide Abkommen
bedeuten freie Fahrt für den ungehemmten Kapitalismus und die Kontrolle von
Konzernen, wodurch Politik und Demokratie zur Farce gerinnen. Nach Inkrafttreten
dieser Abkommen werden Demokratie, Sozial- und Umweltstandards Hindernisse auf
dem Weg zur absoluten Herrschaft von Großkonzernen und Finanzoligarchie
darstellen. … Die Großkonzerne und die zahlreichen Industrieverbände operieren
mit falschen Zahlen und malen die schöne neue TTIP- und CETA-Welt in den
rosigsten Farben. Tatsächlich ist alles nur heiße Luft. TTIP und CETA werden
sich genauso verheerend auf das Leben der Menschen auswirken wie es die Kräfte
der Globalisierung getan haben, für die Bill Clinton die Verantwortung trägt.« [3]
Wie der Publizist und Sachbuchautor Werner Rügemer in
einem mit den ›Deutschen
Mittelstands Nachrichten‹ geführten
Interview ausführt, sind die Europäische
Kommission und die Bundesregierung in den gegenwärtig verhandelten TTIP, CETA
und TISA Abkommen eingeschnürt. Mit diesen sollen die Kapitalinteressen der
westlichen Welt erstens untereinander noch stärker vernetzt werden und zweitens
sollen sie gegen die Konkurrenten und erklärten Feinde wie China, Russland,
Indien, Brasilien und die linksregierten lateinamerikanischen Staaten wie Kuba
und Venezuela in Stellung gebracht werden. Und, wie er sagt, ist CETA genauso
gefährlich wie TTIP. Im Wesentlichen geht es also gar nicht mehr um das
klassische Freihandelsthema, nämlich um die von den Staaten erhobenen Zölle auf
transnational gehandelte Waren, sondern vor allem um die Bedingungen und Rechte
für private Investoren, um Privatisierungen, um Patent- und Markenrechte. Dafür
werden die Rechte der Investoren ganz genau festgeschrieben, während die Rechte etwa von
Arbeitnehmern nur kurz, bewusst ungenau und ohne Sanktionsmöglichkeit in den
Verträgen vorkommen. Deshalb sind die privaten Schiedsgerichte hier so
wichtig. So können Arbeitnehmer und ihre Vertreter vor diesen Schiedsgerichten
auch gar nicht klagen. [4]
»Es ist das Bestreben der USA«, schreibt Michael
Morris, »mittels TTIP und CETA und mit Hilfe von Angela Merkel jegliches Recht
und jede Freiheit in Europa abzuschaffen und alles den US-Großkonzernen zu
unterwerfen. Und da gibt es die sehr effektiven Flüchtlingsströme, die enorm
viel Geld kosten, Ressourcen binden, und Politik, Medien und Bürger von den
wirklich großen Themen ablenken.« [5]
Wie ›demokratisch‹ das Ganze gehandhabt wird, zeigt auch
der Fall des EP-Abgeordneten Joseph Bové. Der Franzose war vom ›Council of Canadians‹, einer Umwelt- und
Sozialorganisation, nach Kanada eingeladen worden, um einen Vortrag über CETA
zu halten. Nun ist Bové bekanntlich Globalisierungskritiker, Umweltaktivist und
Gründungsmitglied der ›Confédération
paysanne‹ und darüber hinaus ein
Kritiker des Abkommens, was offenbar den Grund dafür darstellte, ihn unmittelbar
nach seiner Ankunft anzuweisen, Kanada am darauffolgenden Tag zu verlassen. Wie
Jürgen Maier, Geschäftsführer des Forums Umwelt und Entwicklung konstatiert,
hatte man offenbar Angst davor, dass ein bekannter Bauernführer in der Lage
wäre, den kanadischen Bauern zu sagen, was hier mit diesem Abkommen auf sie
zukommt: »Soviel zum Thema westliche Wertegemeinschaft, die mit solchen
Handelsabkommen gefestigt werden soll. Wer Einreiseverbote für Kritiker nötig
hat, der hat sich aus der westlichen Wertegemeinschaft längst verabschiedet.
Das gilt gerade auch für die kanadische Regierung.« Die kanadischen Konzerne
gehören Maier zufolge zu den grössten und auch aggressivsten Kunden bei den
Investitionsschiedsgerichten: »Da müsse man auch von den Klischees ›Amerika böse, Kanada gut‹ Abschied nehmen…… Es gibt in Amerika
durchaus größeren Widerstand gegen die Freihandelspolitik als in Kanada. Die
amerikanische Öffentlichkeit ist sehr viel kritischer geworden als die
kanadische, die diesbezüglich einiges nachzuholen hat.« [6]
Bereits im November 2010 hatte F. William Engdahl
festgehalten, dass die traditionelle Landwirtschaft, wie sie seit Hunderten von Jahren
auf der Welt betrieben wird, durch diverse Vertragswerke, in denen sich
versteckte Passagen finden - so auch in
solchen zwischen der USA und Kanada ausgehandelten - bedroht ist und in der EU, den USA und in
Kanada kriminalisiert werden soll. »Sie meinen«, so Engdahl, »daß das doch verrückt sei und daß man das
nicht glauben könne?« Gemäss dem vom kanadischen Bauernverband ›National Farmers Union‹ [NFU] offengelegten und zuvor nicht
veröffentlichten Text des Handelsabkommens CETA »stellt dieses einen
gefährlichen Präzedenzfall dar, auf den sich Monsanto und die
GVO-Agrobusiness-Lobby auch bei Handelsgesprächen zwischen Nordamerika und der
EU beziehen wollen. Wie die NFU meldet, drohen den Landwirten unter CETA ›drakonische‹ Maßnahmen wegen der Verletzung von Urheberrechten. Die seit
Jahrhunderten bewährte Praxis, Saatgut aus der eigenen Ernte zurückzulegen, zu
verwenden oder zu verkaufen, würde praktisch abgeschafft. Nach den in CETA
festgelegten Bestimmungen könnte bei Landwirten, die aufgespartes Saatgut
verwenden, Anbauflächen, Maschinen und Ernte beschlagnahmt werden, da sie
angeblich gegen die Urheberrechte für die Pflanzensorten von Unternehmen wie
Monsanto, Dow, Syngenta und Bayer verstießen.« »Auch die Bankkonten könnten
gesperrt werden, so daß man sich nicht einmal vor Gericht verteidigen könnte.
Und das alles wegen der Verletzung von Patenten«, sagt NFU-Präsident Terry
Boehm. »Das sind die schlimmsten drakonischen Maßnahmen, die man sich nur
vorstellen kann, sie würden zu einer regelrechten Angstkultur in der
Landwirtschaft führen, in der Landwirte dann aus Angst jedes Jahr Saatgut für
ihre gesamten Anbauflächen kaufen würden, nur um der Strafverfolgung oder auch
nur der Androhung einer Strafverfolgung zu entgehen.« [7]
Da die Verhandlungen zu CETA nicht nur unter
Geheimhaltung, sondern bislang auch unter Ausschluss der nationalen Parlamente
erfolgten, ist auch jetzt keine Gewähr gegeben, ob die von Engdahl angeführten
Fakten in dem Vertragswerk noch vorhanden oder inzwischen eliminiert worden
sind.
TTIP & CETA – droht der Ausverkauf der Schweiz? Nach der Ratifizierung von CETA, aber auch der TTIP,
stehen, wie dem in der ›Schweizerzeit‹ erschienenen Artikel von Anian
Liebrand zu entnehmen ist, beide Abkommen über den bisherigen nationalen
Gesetzen. Entgegen der Behauptung, den freien Handel zu begünstigen,
bewirken TTIP und CETA eigentlich dessen Gegenteil: Sie schaffen eine
protektionistische Handelsunion zwischen der USA, Kanada und der EU, während
aufstrebende Märkte wie die BRICS-Staaten aussen vorgelassen werden. Die
Beteuerungen der EU-Spitze, mit TTIP und CETA die Wirtschaftsfreiheit zu
stärken, sind in verschiedener Hinsicht unglaubwürdig. Schliesslich sind es die
EU-Funktionäre zu Brüssel, die mit ihrer regulierungswütigen Zentralisierungspolitik
die europäische Wirtschaft einengen und den Wohlstand gefährden. Bekanntlich
plant die EU beide Abkommen auch auf die Schweiz auszudehnen. »Wie sich unser
Land dazu stellt«, so Liebrand, »wird in den nächsten Jahren zweifellos zu heftigen
Diskussionen führen. Die Fronten scheinen sich dabei teilweise schon
abzuzeichnen. Dieselben Kreise, welche uns jede Übernahme von EU-Recht als
alternativlos verkaufen, werden an vorderster Front für TTIP und CETA weibeln.
Derweil hat sich bereits ein Aktionsbündnis gegen TTIP gebildet, welches sich
überwiegend aus linken Gruppierungen zusammensetzt, die aus konsumenten- und
umweltpolitischer Optik argumentieren. Dies entbehrt nicht einer gewissen
Ironie: Wäre die Schweiz – entsprechend der Agenda der Sozialisten und der
Grünen – heute Mitglied der EU, hätten wir zu TTIP rein gar nichts zu melden.
Aus bürgerlicher Sicht wären jegliche Abkommen, welche den freien Handel
begünstigen, grundsätzlich begrüssenswert. Bei TTIP und CETA geht es aber um
weit mehr, es geht um die staatsstreichähnliche Aushebelung der nationalen
Souveränität und der Selbstbestimmung von freien Völkern, die in ihrem
angestammten Staatsgebiet in möglichst vielen Bereichen des Zusammenlebens ihre
eigenen Spielregeln aufstellen. Skepsis ist vor allem auch dann angebracht,
wenn wirtschaftliche Freiheit durch dicke, von Lobbyisten und
Staatsangestellten ausgefeilschte Regelwerke verordnet werden sollen. Was die
Intransparenz und die Rechtsfolgen betrifft, so erinnern TTIP und CETA vielmehr
an den geplanten Rahmenvertrag über ein institutionelles Abkommen zwischen der
Schweiz und der EU als an ein wirtschaftsfreundliche Abkommen. Bürgerlich
gesinnte Schweizer dürfen, ja müssen sie guten Gewissens ablehnen.« [8]
Die CETA-Regeln für den Marktzugang führt Norbert Häring aus, sind für US-Investoren sehr
attraktiv, weil sie Rechte bekommen, ohne europäischen Unternehmen
andererseits etwas zu geben. Das erklärt für mich, warum sich die USA in den
Verhandlungen in letzter Zeit so starrsinnig zeigen und warum umgekehrt die
deutschen und europäischen Unternehmensverbände und Unternehmen sehr darauf
drängen, dass die TTIP, die Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel für tot erklärt hat,
umgesetzt wird. »Meine Lesart ist«, so Häring, »daß die USA es aufgegeben
haben, TTIP durchzusetzen, weil der Widerstand zu groß ist. Washington verläßt
sich darauf, daß alle global agierenden US-Unternehmen die Möglichkeit
bekommen, CETA zu nutzen, weil sie in aller Regel Tochterunternehmen in Kanada
haben. Europäische Unternehmen sollen jedoch im Gegenzug Kanada nicht dazu nutzen können,
um einen Marktzugang in den USA zu bekommen.« »Freihandelsabkommen«, erklärt auch
Häring, »ist ein falscher Name. Er suggeriert, daß es dabei vor allem um
freieren Handel geht. Aber das ist nur ein kleiner Teil. Der Handel ist ja
schon sehr frei. Zölle gibt es kaum noch. Bei TTIP und CETA geht es um
Investorenschutz, Marktzugang, besondere Rechte für Investoren. Man könnte von
einem Handels- und Investitionsschutzabkommen sprechen.« [9]
Kritiker befürchten bekanntlich, dass sich CETA
negativ auf unsere Standards im Umwelt- und Verbraucherschutz auswirkt und
demokratische Verfahren aushöhlt. Indessen widersprechen die Kommission und die
Regierungen der meisten Mitgliedstaaten dieser Sichtweise vehement und betonen,
dass die europäischen Standards in Bereichen wie Lebensmittelsicherheit und
Arbeitnehmerrechte uneingeschränkt gewahrt werden. Das Abkommen stellt aus
ihrer Sicht auch sicher, dass die wirtschaftlichen Vorteile nicht auf Kosten
der Demokratie gehen. Zwar ist jetzt in einer auch auf Drängen der deutschen
SPD vereinbarten Zusatzerklärung festgelegt worden, dass CETA nicht zur Senkung
von Umwelt- und Sozialstandards führen darf, die nationalen Sozialsysteme nicht
angegriffen werden dürfen und öffentliche Dienstleistungen nicht privatisiert
werden müssen. Dennoch stellt sich die Frage, wer von den
Parlamentariern diesen Zusatz tatsächlich eingesehen
hat und sich dafür verbürgt.
Gemäss dem am 13. 10. ergangenen Urteil des deutschen Bundesverfassungsgerichts,
wo die Klagen von 125.000 Bürgern eingegangen waren, kann die Bundesregierung
CETA vorläufig unterzeichnen, das Abkommen wird also vorläufig nicht gestoppt.
Bei einem sofortigen Stopp, so die Richter, ›drohten der Allgemeinheit mit hoher Wahrscheinlichkeit schwere
Nachteile‹.
Zu den von Karlsruhe gemachten Auflagen gehört, dass
die Bundesregierung erstens sicherstellen muss, dass Deutschland aussteigen
kann, falls es durch ein späteres Karlsruher Urteil dazu gezwungen wird. Die
Regierung muss ausserdem sicherstellen, dass nur diejenigen Teile des Abkommens
gelten, die ›unstreitig‹ in die EU-Zuständigkeit fallen. Das
Urteil sagt jedoch noch nichts über die Erfolgsaussichten der in den in
Karlsruhe derzeit vorliegenden Eilanträgen niedergelegten Verfassungsbeschwerden
aus; über diese will das Gericht im kommenden Jahr im Detail verhandeln.
Ein Stopp von CETA ist also immer noch möglich.
Jedenfalls können die gefährlichsten Regeln von CETA vorläufig nicht in Kraft
treten. Investorenklagen darf es vor der Ratifizierung des Abkommens durch alle
EU-Mitgliedsstaaten nicht geben – und die Macht der CETA-Ausschüsse aus
Vertreter von EU-Kommission und Kanada wird begrenzt. Sie können, was bitter
notwendig war, den Vertrag nicht mehr eigenständig ändern. Eine vorläufige
Anwendung des Abkommens kann durch Deutschland allein zurückgeholt werden.
Dieser Fall würde dann eintreten, wenn das Bundesverfassungsgericht das
Abkommen im Hauptverfahren stoppt. Zumindest ist klar: Selbst wenn der EU-Rat
und das Europaparlament CETA im Schnellverfahren bis zum Jahresende
durchdrücken, dann ist dies noch immer nicht endgültig.
Wie am 29. September verlautete, [10] ist beschlossen worden, dass es vor der 2017
anvisierten vorläufigen Anwendung von CETA ein Konsultationsverfahren unter
Einbeziehung der nationalen Parlamente der EU-Staaten geben soll. In diesem
soll festgestellt werden, welche Passgagen des Freihandelsabkommens in die
Zuständigkeiten der nationale Mitgliedsstaaten und welche in die der EU-Kommission
fallen. Abzuklären ist ferner, welche Teile vorläufig zur Anwendung kommen und
welche zu einem späteren Zeitpunkt in Kraft treten sollen.
Es ist der wallonische Ministerpräsident Paul Magnette, der, wie am 21. 10.
bekanntgegeben, vor allem darauf beharrt, dass die Regeln zum Investorenschutz
und der Schiedsgerichtsbarkeit für Investoren überarbeitet werden. Hier hatte
sich Kanada schon dieses Frühjahr auf den Kommissionsvorschlag zur Schaffung
eines unabhängigen Gerichtshofs eingelassen. Das genügt Magnette aber nicht,
was absolut nachvollziehbar ist; schliesslich kann man an der sogenannten
Unabhängigkeit von Gerichtshöfen durchaus massive Zweifel hegen. Wie Magnette am 22.
erklärte, sei ›ein wenig mehr Zeit‹ nötig, um eine Einigung zu erreichen.
Zwar bedauere er, dass die Gespräche ergebnislos endeten, aber demokratische
Entscheidungsprozesse bräuchten nun einmal ihre Zeit. Einer letzten Meldung der
›Deutschen Wirtschafts Nachrichten‹ vom 23. 10. zufolge hat Kanada der EU
eine letzte Frist eingeräumt; diese muss nun bis zum Abend des 24. 10. klären,
ob sie CETA einstimmig unterzeichnen kann. Insofern hat die EU ihrerseits von
Magnette eine Entscheidung bis Montagabend verlangt.
Inzwischen ist im Internet bereits eine
Stimmensammlung im Gange, die den Wallonen den Rücken stärken soll. Der grüne
EU-Politiker Sven Giegold sieht die Schuld für das CETA-Desaster nicht bei den
Wallonen, sondern bei der EU, denn diese habe mit einem viel zu weitreichenden
Vertrag den Bogen überspannt. Die Wallonen wollen sich allerdings ohnedies
nicht unter Druck setzen lassen und hatten schon am 19. 10. erklärt, das Thema
sei so wichtig, dass es auf ein paar Wochen mehr oder weniger nicht
ankomme.
Noch am 14. 11. 2014 hatte es bezüglich TTIP und CETA
geheissen: Der Bundestag ist zum Zuschauen verdammt und kann keinen Einfluss
nehmen und noch am 26. September war Brüssel knallhart
aufgetreten: Am Abkommen werde ›kein
Jota‹ mehr geändert, so die
Kommission. Wenn das Paket noch einmal aufgeschnürt würde, drohe das Abkommen
ganz zu platzen.
Wie wir heute sehen, hat der Widerstand einiges
bewirkt und der demokratisch nicht legitimierten EU-Kommission rechte Schranken gesetzt!
d.auerbach@gmx.ch
[1] http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2382
30. 3. 15 TTIP - Der Makel: »Weitgehend
geheim« http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2086
17. 3. 13 Der Freihandelsdeal zwischen der USA und der EU soll
die Basis für eine neoliberale globale Wirtschaftsordnung schaffen - Von
Dana Gabriel
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2348 19. 12. 14 TTIP - Die Verhandlungen laufen seit Mitte 2013 unter
Ausschluss der Öffentlichkeit
[2] https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20161018312993255-stoppt-freihandel-europaeische-juristen-petition/ 18. 10. 16 [3] http://betweenthelines-ludwigwatzal.com/?p=173 21 9. 16 Between the Lines – Ludwig Watzal [4] http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2016/09/85358/ 20. 9. 16 CETA
ist genauso gefährlich wie TTIP [5] http://kopp.geneon.de/hintergruende/geostrategie/michael-morris/das-fluechtlingsdrama-laeuft-nach-plan-auf-dem-weg-in-die-neue-weltordnung.html 28. 8. 15
Das Flüchtlingsdrama läuft nach Plan – auf dem Weg in die Neue
Weltordnung – Michael Morris [6] https://de.sputniknews.com/wirtschaft/20161014312945115-ceta-europaabgeordneter-kanada/ 14. 10. 16 [7] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/eu-kommission-will-gvo-durch-die-hintertuer-zulassen.html 9. 11. 10 [8] Der
aktuelle Freitags-Kommentar der ›Schweizerzeit‹ vom 14. 10. 2016 [9] https://www.jungewelt.de/2016/09-17/012.php
»Die CETA-Regeln sind attraktiv für US-Investoren« - Von Norbert Häring [10] https://www.unzensuriert.at/content/0021831-Freihandelsabkommen-mit-Kanada-CETA-nach-positivem-SPD-Parteitagsbeschluss-fix-auf?utm_source=Unzensuriert-Infobrief&utm_medium=E-Mail&utm_campaign=Infobrief 21. 9. 16
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