Zur Frage eines Atomausstiegs 06.11.2016 23:01
Wenn Atomkraftwerke vorzeitig abgestellt werden, bricht das Stromnetz
zusammen, sagt der Gewerbeverband. Zu dieser Aussage
und zu den Folgen eines raschen Atomausstiegs hat der Forschungsleiter ›Offene Schweiz‹ bei
Avenir Suisse, Patrick Dümmler, wie folgt kurz Stellung genommen:
Grundsätzlich haben wir in Europa genügend
Kapazitäten, um Strom zu erzeugen, selbst wenn Beznau 1 und 2 und Mühleberg
2017 vom Netz genommen würden. Es gibt europaweit Stromerzeugungsanlagen, die
zusätzlich in Betrieb genommen werden müssten, um den Bedarf mittelfristig zu
decken.
Die
Häufung von Stromausfällen in jüngster Vergangenheit beunruhigt Sie nicht?
Jene in Zürich hatten nichts mit Stromknappheit zu
tun. Sie waren meist auf technische Ursachen zurückzuführen.
Laut
Swissgrid bräuchte es eine zusätzliche Infrastruktur, wenn Beznau 1 und 2 und
Mühleberg abgeschaltet werden.
Richtig. Eine Schwierigkeit ist, dass der Strom das
Kraftwerk in einer anderen Spannung verlässt, als wir ihn aus der Steckdose
benötigen. Hier braucht es unter anderem zusätzliche Transformatoren und
Leitungen an technisch sensiblen Punkten des Stromnetzes.
Laut
Initiativbefürwortern besteht die Gefahr von Zusammenbrüchen vor allem bei
Schnellabschaltungen, welche die Initiative nicht nach sich ziehen würde.
Trifft das zu?
Wir sehen heute, dass selbst Schnellabschaltungen
durch Importe und Pumpspeicherkraftwerke kurzfristig gut aufgefangen werden
können. Allerdings würde eine Annahme der Initiative die Häufung von Schwankungen
im Stromnetz klar erhöhen. Während gewissen Zeiten können keine erneuerbare
Energien produziert werden: Solarstrom bei Dunkelheit, Windenergie bei
Windstille. Um das auszugleichen, braucht es Produktionsanlagen wie
Pumpspeicherkraftwerke.
Was können
wir von Deutschland lernen, das seit 2011 9 von 17 Meilern abgeschaltet hat?
In Deutschland entfällt ein grosser Teil der
erneuerbaren Produktion auf den Norden, etwa Windparks in der Nordsee.
Gleichzeitig wird ein grosser Teil der Energie im Süden verbraucht. Das
Leitungsnetz ist dafür noch nicht genügend ausgerüstet. Auch in der Schweiz
wären teure Investitionen ins Netz nötig.
Wenn man
Ihnen zuhört, könnte man Sie für einen Befürworter der Initiative halten.
Ich bin dezidierter Gegner der Initiative. Für mich
spielt das Risiko eines Blackout aber eine untergeordnete Rolle. Wir von Avenir
Suisse argumentieren ökonomisch. Ich sehe immense finanzielle Folgekosten.
Die AKW-Betreiber haben ihre Investitionen teilweise für eine Betriebszeit von
60 Jahren ausgelegt. Wenn wir die AKW nach 45 Jahren ausschalten, senken wir
die Produktionskosten nur zum Teil, weil etwa die Brennstäbe noch lange
weitergekühlt werden müssen.
Quelle: http://bazonline.ch/wetter/allgemeinelage/sperrfrist-7-uhr-das-risiko-des-blackout-spielt-eine-untergeordnete-rolle/story/29048049 4. 11. 16
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