Syrien - Ein Ende des Krieges scheint nicht erwünscht 06.11.2016 23:14
Die sogenannte »internationale Koalition« unter dem Befehl der USA
fährt damit fort, die syrische Republik anzugreifen.
Unter dem Vorwand, einen Krieg gegen den auch als Daesh bezeichneten IS zu
führen, nimmt sie lebenswichtige Infrastrukturen ins Visier. So haben die Luftstreitkräfte
der Koalition in der Provinz Deir el-Zor zwei wichtige Brücken über den Euphrat
bombardiert, die, wie am 29. 9. berichtet, zur Zerstörung der Brücke von
Mayadin und einige Stunden später derjenigen von Achara geführt, was - wie beabsichtigt - den Übertritt vom einen auf das andere Ufer
des Euphrat verhindert. Im Verlauf der US-Aggression waren am 17. 9. in Deir
el-Zor zahlreiche Soldaten der syrischen Armee getötet oder verletzt worden.
Sowohl der UNO-Generalsekretär als auch der Sicherheitsrats
sind mit etlichen offiziellen Schreiben darüber informiert worden. [1]
Die syrische Regierung hat erneut unterstrichen, daß die
Operationen der »internationalen
Koaltion« illegal
sind, denn sie stehen im Widerspruch zum Völkerrecht, stehen den Prinzipien der
UNO-Charta entgegen und wurden resp. werden ohne irgendeine zuvor abgesprochene
Koordination mit den syrischen Behörden durchgeführt. Die syrische Regierung
fordert die Verurteilung dieser kriminellen Akte und erinnert daran, daß die
einzigen Nutznießer der Angriffe der »internationalen Koalition« die extremistischen
Terrorgruppen sind, insbesondere der IS und die al-Nusra, die im ganzen Land
Zerstörung und Chaos zu verbreiten suchen. Die Ereignisse haben bewiesen, daß
die USA und ihre Alliierten in ihrem Kampf gegen den Terrorismus nicht ernst zu
nehmen sind.
›Strategic
Alert‹ hatte
bereits diesen August über die französische Unterstützung für die al-Nusra-Front
berichtet. Als US-Außenminister John Kerry am 14. 7. der russischen Führung
vorschlug, ein gemeinsames Militärkommando für den Kampf gegen IS und al-Nusra
in Syrien einzurichten, ›erregte
dies‹ - so ›Le Canard
Enchainé‹ - ›den Zorn
einiger Neokonservativer‹ im französischen
Außenministerium. Dies sei nicht nur ein
Kurswechsel für die USA, deren Piloten al-Nusra bisher nicht
angreifen durften, sondern auch für Frankreich, für dessen Piloten dies ebenfalls
galt. Diese franko-amerikanische Komplizenschaft mit den al-Nusra-Kämpfern
sei die Folge eines ›durch die
Umstände bedingten Bündnisses‹ vor Ort zwischen
Dschihadisten und sogenannten moderaten Rebellengruppen, ›die davon träumen, mit der Unterstützung von
Washington und Paris siegreich in Damaskus einzuziehen und die hoffen, Assad auf
diese Weise loszuwerden‹.
Gaullistische und sozialistische Gruppen haben damit
begonnen, die Mitverantwortung der gegenwärtigen und früherer französischer
Regierungen für den Aufbau islamistischer Terrornetzwerke aufzudecken, wobei Ex-Außenminister
Laurent Fabius als prominentester Vertreter der neokonservativen
Anti-Assad-Fraktion in der französischen Regierung bezeichnet wird. Nach dem
Terroranschlag von Nizza erschien auf dem Blog ›Proche&Moyen-Orient.ch,
http://prochetmoyen-orient.ch/‹, unter dem
Titel ›Die
Bewaffnung von Terroristen muß aufhören‹ ein
Kommuniqué der Gruppe ›Mouvance
France‹, an deren
Spitze der Gaullist und Euro-Gegner Roland Hureaux steht. Die Gruppe verurteilt
die ungeheure Verantwortung der französischen Regierungen, die in den letzten
Jahren Dschihad-Bewegungen in Syrien Ausbildung und logistische Hilfe geboten
haben. Die drei schweren Anschläge gegen Frankreich seit Januar 2015 zeigen,
wohin diese Politik führt. Verurteilt wird ferner Frankreichs Bündnis mit den ›Ölmonarchien, die diese Bewegungen fördern,
und sein blindes Hinterherlaufen hinter
der NATO und den Vereinigten Staaten, die die Dschihad-Bewegungen ebenso
fördern. Sogar nachdem Brüssel selbst vom Terrorismus angegriffen
worden ist, bleibt die EU bei ihren strengen Sanktionen - die sogar den Verkauf von
Medikamenten verbieten - gegen Gebiete
in Syrien, die den Terroristen abgenommen wurden, während diese Sanktionen
aufgehoben werden, sobald Dschihadisten sie zurückerobern.‹
Der Blog berichtet des weiteren, daß der
sozialistische Abgeordnete Gérard Bapt, ein Gegner von Präsident Hollandes
Bündnis mit der USA und den Briten für einen Regimewechsel in Syrien, »den
Innenminister Ende Juli um Informationen bat, ob der syrische Dschihadisten-Anführer
Abdul Razak Tlass in Frankreich politisches Asyl erhalten hat. Ebenso bat er
ihn, diese Information zu bestätigen oder zu dementieren.« Tlass war 2011 Gründer der
ersten Katiba (Brigade) in Homs, der ›Al-Farouk-Brigade‹, die für ihr Vorgehen gegen christliche Wohnviertel
in Homs und später auf Grund des Massakers im Alawitendorf Al Zara berüchtigt
wurde.« Beobachter
wiesen auch darauf hin, daß Paris, während der IS und dessen Verbündete aus
Syrien Anschläge in der französischen Hauptstadt organisierten - und die Franzosen sich massiven
Einschränkungen ihrer Bürgerrechte ausgesetzt sahen
- im August Schauplatz der
Jahreskonferenz der anti-iranischen Terrorgruppe Volksmodschahedin, der Modschahedin-e
Chalgh, war; an dieser nahmen auch Terrorunterstützer aus dem Irak und Syrien
teil. [2]
Zu den Unterstützern
bewaffneter aktiver Terrorgruppen auf syrischem Territorium zählt auch
Jordanien. So fördert das jordanische Regime die Zufuhr von mit Waffen beladenen
Lastwagen für diese Gruppen. Die syrische Regierung hat daher den Sicherheitsrat
erneut ersucht, seiner Verantwortung nachzukommen und das jordanische Regime
dazu zu veranlassen, dieser Praktik, welche die Sicherheit und Stabilität der
Region und der ganzen Welt bedroht, ein Ende zu setzen. [3]
Syrien ist kein
Bürgerkrieg und war auch nie einer schreibt auch Ulson Gunnar, »und die Terroristen, die gegen die syrische Regierung
kämpfen, sind keine ›Opposition‹. Die Waffen kommen aus dem Ausland, die
Kämpfer kommen aus dem Ausland, die Agenda kommt aus dem Ausland. Während
syrische Kräfte kämpfen, um die Kontrolle über ihr Land zurück zu erringen und
die Ordnung innerhalb ihrer Grenzen wieder zu errichten, geht das Märchen
vom ›syrischen
Bürgerkrieg‹ weiter.
Zweifelsohne gibt es Syrer, die gegen die syrische Regierung sind, und sogar
Syrer, die mit Waffen gegen die Regierung gekämpft haben und damit gegen das
syrische Volk, aber von Anfang an - tatsächlich
schon vor dem Beginn - ist dieser Krieg
aus dem Ausland betrieben worden.«
Eigentlich sollte es inzwischen jedem klar sein, dass der
Syrienkrieg zu den von Präsident George W. Bush geplanten Kriegen in Ländern,
in denen ein Regimewechsel durchzuführen ist, zählt: Zwei oder drei Wochen nach
dem 11. September 2001 wurde vom US-Verteidigungsministerium entschieden, in 7 Staaten
des Nahen Ostens einen militärisch vorbereiteten Regime-Change einzuleiten,
nämlich im Irak, in Syrien, im Libanon, in Libyen, Somalia, Sudan und im Iran.
»Syrien«, legt
Gunnar ferner dar, »pflegte im Kalten Krieg enge Beziehungen zur Sowjetunion und hielt diese
auch nach dem Fall der Sowjetunion aufrecht. Das Land benutzt russische Waffen
und Taktiken, es unterhält wirtschaftliche, strategische und politische
Beziehungen zu Rußland und
teilt gemeinsame Interessen, darunter die Aufrechterhaltung einer multipolaren
Weltordnung, die den Primat der nationalen Souveränität betont. Aus diesem
Grund haben Machtzentren des Westens seit Jahrzehnten versucht, Syrien aus
diesem Umkreis zu entfernen. Mit dem Fall des ottomanischen Reichs wurde der
aufgesplitterte Mittlere Osten zuerst von europäischen Kolonialmächten
beherrscht, ehe nationalistische Erhebungen, die eine nationale Unabhängigkeit
suchten, darüber hinwegfegten. Diejenigen, die die kolonialen Verbindungen
weiterhin lossein wollten resp. diese abgebrochen hatten, suchten die
sowjetische Unterstützung, während diejenigen, die einfach um jeden Preis an
die Macht kommen wollten, oft die Unterstützung des Westens suchten. Der
Konflikt im Jahr 2011 war nicht Syriens erster Konflikt. Die Moslembruderschaft,
eine vom britischen Imperium seit dem Fall der Ottomanen gepflegte Gründung,
wurde in den späten 70ern und den frühen 80ern bei einem mißlungenen
Versuch unterstützt, den Vater des derzeitigen syrischen Präsidenten Bashar
al-Assad, Präsident Hafez al-Assad, zu stürzen. Die bewaffneten Militanten, die
an diesem Konflikt teilnahmen, wurden anschließend in Sicherheitsaktionen
niedergeschlagen, wobei viele Mitglieder der Moslembruderschaft eine neue Initiative
der Saudis namens al-Qaeda bildeten. Beide, die Bruderschaft und die jetzige
al-Qaeda, gaben nicht auf und haben von da an versucht, das Schicksal eines
unabhängigen Mittleren Ostens zu beeinträchtigen, bis zum und einschließlich
des heutigen Tages.
Mit Ende 2011 führte al-Qaedas syrische Filiale, die
al-Nusra-Front, landesweit Operationen durch, dies in einem Ausmaß, das andere
sogenannte Rebellengruppen klein erscheinen ließ. Und die al-Nusra war nicht etwa
auf Grund der Ressourcen und der Unterstützung, die sie innerhalb Syriens
Grenzen bekam, so erfolgreich, sondern auf Grund der immensen Ressourcen und
der Unterstützung, die ihr von außerhalb zuflossen. So hat auch Saudi-Arabien viele
der militanten Gruppen, die von Beginn an in Syrien tätig gewesen sind, bewaffnet, finanziert und mit politischer
Unterstützung bedacht. Der syrische Konflikt wurde aus Organisationen
geboren, die von Zentren ausländischer Interessen
vor Jahrzehnten geschaffen wurden, und die seither in Syrien gekämpft haben: Allerdings
nicht für die Zukunft des syrischen Volks, sondern für ein Syrien, das besser
in die globale Ordnung paßt.
Der Konflikt ist durch einen Strom von Waffen, Geld,
Unterstützung und Kämpfern, die sich nicht aus Syrern rekrutierten, sondern die
aus den Zentren dieser ausländischen speziellen Interessen kamen - aus Riyadh, Ankara, London, Paris, Brüssel
und Washington - angeheizt worden. Mit
wem sollte die syrische Regierung sprechen, um zu einer Lösung zu kommen? Sollte
sie mit den Führern von al-Nusra und dem IS sprechen, die eindeutig die
Militanten, die gegen Damaskus kämpfen, dominieren? Oder sollte sie mit denen
sprechen, unter deren Schirm die Perpetuierung des Konflikts betrieben wurde,
mit Riyadh, Ankara, London, Paris, Brüssel und Washington.
Auf der Weltbühne ist es klar, daß diese ausländischen
Hauptstädte ganz und gar für die Militanten sprechen, und es überrascht auch
niemanden, daß die
Militanten genau das zu wollen scheinen, was die ausländischen Hauptstädte
wollen. Die Anerkennung der Tatsache, daß der Konflikt in Syrien das Resultat ausländischer
Aggressionen gegen Damaskus ist, würde die Lösung sehr einfach machen. Die
Lösung würde so aussehen, daß es Damaskus ermöglicht wird, die Ordnung innerhalb
seiner Grenzen wieder herzustellen, während es entweder im Rahmen der UNO oder
auf dem Schlachtfeld gegen jene Länder vorgeht, die die gegen Syrien gerichtete
Gewalt schüren. Vielleicht ist die Klarheit dieser Lösung der Grund dafür, daß
diejenigen, die hinter diesem Konflikt stehen, so hart versucht haben, diesen
als ›Bürgerkrieg‹ hinzustellen.«
[4]
Wie
Marco Maier im ›Contra-Magazin‹ vom 11. 12. 15 berichtete, erklärte
Putin bei einer Konferenz im russischen Verteidigungsministerium: »Zu
allererst verteidigen die russischen Militärs in Syrien unser Land.« Es
gehe in erster Linie um den Schutz Rußlands: »Der Islamische Staat und andere
dschihadistische Terrorgruppen bedrohen nicht nur die Stabilität im Nahen und
Mittleren Osten, sondern auch die innere Sicherheit Rußlands. Insbesondere in
den muslimisch geprägten Kaukasusrepubliken versuchen diese militanten
Organisationen Mitglieder zu rekrutieren, und sind dabei auch erfolgreich, wie
einige tausend Tschetschenen zeigen, die in Syrien und im Irak für den IS
kämpfen. Unsere Handlungen werden nicht von irgendwelchen unklaren, abstrakten
geopolitischen Interessen und auch nicht von dem Wunsch, zu trainieren und neue
Waffensysteme zu testen, diktiert. Das Wesentliche ist, eine Bedrohung für Rußland
selbst abzuwenden«, so der russische Staatschef. [5]
Der Appell kirchlicher Würdenträger aus Syrien
Bereits diesen Juni hatten die syrischen Kirchenführer - erfolglos -
gefordert, die 2011 von der EU gegen Syrien verhängten Wirtschaftssanktionen
unverzüglich aufzuheben. Die EU stellte diese als ›Sanktionen
gegen Persönlichkeiten des Regimes‹ dar.
Tatsächlich verhängte sie gegen das ganze Land ein Öl-Embargo, eine Blockade
jeglicher Finanztransaktionen und ein Handelsverbot für sehr viele Güter und
Produkte. Diese Maßnahmen sind immer noch in Kraft. Dagegen war das Öl-Embargo
2012 auf Grund einer schwer verständlichen Entscheidung für diejenigen Regionen,
die
durch die bewaffnete und dschihadistische Opposition kontrolliert werden,
aufgehoben
worden.
Hinzu kommt, daß das Embargo Syrer, die sich bereits vor dem
Krieg im Ausland niedergelassen haben, daran hindert, ihren Verwandten und
Familienangehörigen im Heimatland Geld zu überweisen. Selbst
Nichtregierungsorganisationen, die Hilfsprogramme durchführen möchten, können
ihren Mitarbeitern in Syrien kein Geld schicken. Firmen, Stromwerke, Wasserwerke,
und Krankenhäuser sind gezwungen zu schließen, weil sie keine Ersatzteile und
kein Benzin bekommen können.
Heute sehen die Syrer nur eine Möglichkeit für das
Überleben ihrer Familien: die Flucht aus ihrem Land. Aber auch diese Lösung
stößt auf nicht wenige Schwierigkeiten und führt zu hitzigen
Auseinandersetzungen innerhalb der Europäischen Union. Es kann nicht sein, daß die
Flucht die einzige Lösung ist, die die internationale Gemeinschaft diesen
Menschen in ihrer Not noch läßt. Das Gerede über die Kriegsflüchtlinge aus Syrien
sieht nach purer Heuchelei aus, solange man gleichzeitig diejenigen, die in
Syrien bleiben, weiter aushungert, ihnen die medizinische Versorgung,
Trinkwasser, Arbeit, Sicherheit und die elementarsten Rechte verweigert.
Wir wenden uns deshalb an die Abgeordneten und
Bürgermeister eines jeden Landes, damit die Bürger der Europäischen Union über
die Ungerechtigkeit der Sanktionen gegen Syrien informiert werden und die
Sanktionen endlich Gegenstand einer ernsthaften Debatte und entsprechender
Beschlüsse werden. [6]
»Der
syrische Staat«, so Glen
Ford, der
Herausgeber des ›Black
Agenda Reports‹, »wird
verdammt, weil er sich Zehntausenden vom Ausland finanzierten Killern
entgegenstellt, die keinerlei irdische Gesetze respektieren. Die nationale
Souveränität ist im Zeitalter Obamas durch ein beliebig anwendbares Gebot der ›humanitären‹
Einmischung, das nur von den Stärksten eingesetzt werden kann, ersetzt worden. Das
ist kein Recht, sondern das Gegenteil: Ein von einem verfallenden gesetzlosen
Imperium angewendetes Faustrecht.« [7]
[1] http://www.voltairenet.org/article193683.html 29. 9. 16 ›Versehentlicher‹ US-Angriff auf syrische Euphrat-Brücken - Von
Baschar al-Dschafari [2] Strategic Alert Jahrgang 29, Nr. 33/34 vom 17. August 2016 Enthüllungen über französische
Unterstützung für al-Nusra [3] http://www.voltairenet.org/article193698.html 30. 9. 16 [4] http://antikrieg.com/aktuell/2015_12_31_syrien.htm 31. 12. 15
Syrien ist kein Bürgerkrieg und war auch nie einer – Von Ulson Gunnar
[5] https://www.contra-magazin.com/2015/12/putin-zuallererst-verteidigen-die-russischen-militaers-in-syrien-unser-land/ 11. 12. 15 Marco Maier [6] http://antikrieg.com/aktuell/2016_06_18_appell.htm 18. 6. 2016 Der ganze Katalog der Sanktionen siehe auf https://www.wko.at/Content.Node/service/aussenwirtschaft/fhp/Embargos/Aktueller_Stand_der_Sanktionen_gegen_Syrien.html 28. 10. 16 [7] https://twitter.com/glenfordbar http://antikrieg.com/aktuell/2014_03_01_obamas.htm 1. 3. 14
Obamas Krieg gegen die Zivilisation – Von Glen Ford
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