Die Prioritäten des Pentagon 01.03.2020 19:41
Defender Europe 20: Die Hauptphase hat begonnen: Das US-Militär spielt den atomaren Schlagabtausch in Europa durch.
Mit ersten größeren Truppenbewegungen hat in den vergangenen Tagen die
Hauptphase des Verlegemanövers Defender Europe 20 begonnen. In den
norddeutschen Städten Hamburg und Bremerhaven kamen Flugzeuge resp. Frachtschiffe
mit satten Truppen- und Materialkontingenten aus den USA an; in Süddeutschland
steht dies in den kommenden Tagen bevor. Erste Marschkolonnen haben sich in
Bewegung gesetzt und inzwischen fast die polnische Grenze erreicht. Die
Bundeswehr weist darauf hin, dass während des Manövers auch Maßnahmen zur
Abwehr sogenannter Fake News durchgeführt werden. Vom deutschen
Verteidigungsministerium empfohlene Websites zeigen, dass die Maßnahmen
prinzipiell auch auf die Delegitimierung kritischer Positionen zielen und plumpe antirussische Propaganda beinhalten. Eine
erst vor wenigen Tagen in den Vereinigten Staaten abgehaltene ›Mini-Übung‹ hatte laut Angaben des
US-Verteidigungsministeriums einen Krieg mit Russland zum Gegenstand; dabei sei
ein atomarer Schlagabtausch auf europäischem Territorium simuliert worden.
Die
Hauptphase beginnt
Vor
allem in Norddeutschland haben im Rahmen des Verlegemanövers Defender Europe 20
in den vergangenen Tagen größere Truppenbewegungen begonnen. Bereits Ende
vergangener Woche sind erste bedeutende Truppen- und Materialkontingente
eingetroffen. In Bremerhaven wurde ein erstes großes Frachtschiff der US-Streitkräfte
entladen, das Kampfpanzer, diverse weitere Fahrzeuge und Material an Bord
hatte; drei weitere Frachtschiffe sollten folgen. Zudem kamen die ersten
US-Soldaten auf dem Flughafen in Hamburg an; dort werden insgesamt 7.000 von
den 20.000 Militärs eintreffen, die im Rahmen des Manövers aus den Vereinigten
Staaten über den Atlantik verlegt werden. Sie sollen insbesondere in
Bremerhaven Kriegsgerät übernehmen, um damit nach Osten zu marschieren. Die
ersten Kolonnen haben inzwischen Mecklenburg-Vorpommern erreicht; von dort
werden sie über die Grenze nach Polen ziehen. Spätestens nächste Woche werden
auch in Brandenburg größere Transporte erwartet. Zudem sind für die kommenden
Tage erste signifikante Truppenbewegungen in Bayern angekündigt. So sollen zahlreiche
Militärtransporter auf dem Flughafen in Nürnberg landen. Der bayerische
Truppenübungsplatz Grafenwöhr ist als Zwischenstation eingeplant.
Im
Propagandakrieg
Während
im Mittelpunkt des Manövers die Logistik, eine Überprüfung der Belastbarkeit
der baulichen Infrastruktur - Straßen,
Brücken, Schienen - auf dem Weg an die
russische Grenze und die Optimierung des Verlegetempos stehen, weist die
Bundeswehr aktuell auf ein weiteres, bislang weniger beachtetes Übungsfeld hin:
Den Propagandakrieg. Zur Zeit würden, so heißt es beim
Bundesverteidigungsministerium, ›sogenannte Fake News‹, »die möglicherweise
russischen Ursprungs«
seien, online verbreitet. [1] Mit »Propaganda
in Medien und Social Media«
werde versucht, »Spannungen anzuheizen
und Verwirrung zu stiften«,
indem »die öffentliche Meinung
beeinflußt und die
Glaubwürdigkeit staatlicher Institutionen untergraben« werde. Dabei gehe es um das gesamte
Spektrum von der gezielten Steuerung von Diskussionen in Sozialen Netzwerken
bis hin zur Manipulation oder Fälschung von Informationen auf
Nachrichtenportalen. Vor einigen Tagen habe man eine Falschmeldung entdeckt,
deren Ursprung auf einem in Zypern registrierten Onlineportal zu verorten sei;
die US Army Europe habe dazu Stellung bezogen. Zur Abwehr derartiger ›hybrider Bedrohungen‹ habe die EU bereits ein starkes Bündnis mobilisiert; es
setze sich aus Journalisten, Faktenprüfern, Plattformen, Regierungen,
nationalen Behörden, Forschern und der Zivilgesellschaft zusammen.
›Die Phobien des Kreml‹
Dass die sogenannte Abwehr ›hybrider
Bedrohungen‹, wie sie nun auch bei Defender Europe 20 geübt wird, nicht nur
darauf abzielt, tatsächliche oder angebliche Falschmeldungen zu entlarven,
sondern auch darauf, Stimmung gegen Gegner zu machen und kritische Meinungen
auszugrenzen, belegen zwei Websites, die das Bundesverteidigungsministerium im
Zusammenhang seiner Berichterstattung über das aktuelle US-Großmanöver
empfiehlt. So heißt es etwa auf der Website ›EU vs DISINFO‹, die vom Europäischen Auswärtigen Dienst betrieben wird, »der Kreml leide unter ›Phobien‹,
darunter etwa die Angst vor der Wahrheit, Angst vor Teenagern, Angst vor
Bakterien und Angst vor Freiheit«.
[2] Davor müsse man warnen, weil »die kremlnahen Medien den Globus überziehen«. Die EU-Website zielt laut Eigendarstellung darauf ab, »kremlfreundliche Desinformation besser vorherzusagen, ihr
entgegenzuwirken und auf sie zu antworten«. [3]
Eine ebenfalls vom Verteidigungsministerium empfohlene NATO-Website
wiederum listet ›5 Mythen‹ auf, die es zu entkräften gelte. Dazu
zählt das Kriegsbündnis unter anderem die Aussagen »Die NATO-Verbündeten geben zuviel für Verteidigung aus«, »NATO-Truppen sind gefährlich« sowie »NATO-Manöver bedrohen Russlands
Sicherheit«. [4] Damit werden Positionen von Kritikern als
angebliche Lügendarstellungen etikettiert sowie der Abwehr sogenannter hybrider
Bedrohungen preisgegeben.
Nuklearer
Schlagabtausch in Europa
Welche
Eskalationsgefahr im Konflikt zwischen den westlichen Mächten und Russland
steckt, den das US-Großmanöver Defender Europe 20 mit maßgeblicher Beteiligung
der Bundeswehr anheizt, ließ sich Ende vergangenerWoche bei einem Briefing des
US-Verteidigungsministeriums erfahren. Dort wurde über einen Besuch von
US-Verteidigungsminister Mark Esper beim United States Strategic Command
(USSTRATCOM) auf der Offutt Air Force Base im US-Bundesstaat Nebraska
berichtet. In Espers Beisein sei dort eine Art ›Mini-Übung‹ durchgeführt worden, die einen Krieg mit Russland zum
Gegenstand gehabt habe. Konkretes Übungsszenario sei gewesen, dass Russland
entschieden habe, eine leichtere Nuklearwaffe mit ›begrenzter‹ Reichweite gegen eine Einrichtung in einem europäischen
NATO-Staat einzusetzen. [5] Man sei dann die Diskussion durchgegangen, die
man in einer solchen Situation mit dem Verteidigungsminister und mit dem
Präsidenten hat, berichtete ein Pentagon-Sprecher; man habe den ganzen Fall bis
zum Ende ›durchgespielt‹. Geendet habe die ›Mini-Übung‹ damit, dass die US-Streitkräfte einen Gegenschlag
simuliert hätten - »mit
einer Nuklearwaffe«.
Defender
Pacific
US-Militärmedien
weisen darauf hin, dass Defender Europe in Zukunft jedes Jahr durchgeführt werden soll - allerdings nicht immer in gleicher Stärke. Neben
Defender Europe soll es Defender Pacific geben, ein Manöver, das den Aufmarsch
über den Pazifik in Richtung China probt. Dabei gilt der Aufmarsch über den
Pazifik wegen der größeren Entfernung und der mangelnden Möglichkeit, die
letzte Etappe wie in Europa auf dem Landweg zurückzulegen, als komplexer.
Während Defender Pacific in diesem Jahr noch in kleinerem Maßstab stattfinden
soll, soll es nächstes Jahr ähnliche Dimensionen erreichen wie Defender Europe
20; letzterer kostet die US-Streitkräfte Berichten zufolge 340 Millionen
US-Dollar [6], Defender Pacific 21 soll sich gar auf 364 Millionen US-Dollar
belaufen [7]. Defender Europe 21 wäre
dann lediglich ein kleineres Manöver. Mit den beiden Kriegsübungen markieren
die USA die doppelte Feindbestimmung, die schon vor zwei Jahren ihrer neuen
National Defense Strategy zu entnehmen war. In dem Papier heißt es wörtlich, »Hauptpriorität des Pentagon sei die
langfristige strategische Konkurrenz mit China und Russland«.
[8]
Anmerkung d.a.
Ein
Bündnis aus Journalisten, Faktenprüfern, Plattformen, Regierungen, nationalen
Behörden, Forschern und der Zivilgesellschaft ist für meine Begriffe genau das,
was es nicht braucht, um angebliche fake news zu widerlegen, denn
genau diese Mannschaft hat in jeder Systempresse hinlänglich grünes Licht, um
uns ihrerseits mit solchen zu versorgen ...... Man denke hier allein an die Putin und
Russland von Regierenden und Medien generell zugeschriebenen, völlig
unbegründeten Absichten, den Westen zu bedrohen......
Und welcher Sinn soll etwa
dem Plan zugebilligt werden, ein derartiges Militärmanöver jährlich zu wiederholen?
Siehe
hierzu auch
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2333 Nuklearwaffen -
Nicht nachvollziehbar
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8201/ 28. 2. 20
[1]
Hybride Bedrohung: Fake News und Desinformation. bmvg.de 27.02.2020
[2]
Im Griff der Panik. euvsdisinfo.eu 12.12.2019
[3]
EU vs Disinformation: Die Kampagne. euvsdisinfo.eu
[4]
Top Five Russian Myths Debunked. nato.int.
[5]
Department of Defense Background Briefing on Nuclear Deterrence and
Modernization. defense.gov 21.02.2020
[6]
Paul McLeary: From The Baltic To Black Seas, Defender Exercise Goes Big, With
Hefty Price Tag. breakingdefense.com 16.12.2019
[7]
Jen Judson: US Army wants $364 million for Defender Pacific in FY21.
defensenews.com 26.02.2020
[8]
Summary of the 2018 National Defense Strategy of The United States of America.
Sharpening the American Military's Competitive Edge
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