Personenfreizügigkeitsmärchen - Unwahrheiten um die BGI - Von Hermann Lei

Der Abstimmungskampf um die Zuwanderung tobt. Doch was dabei von den Gegnern

für Unsinn behauptet wird, geht auf keine Kuhhaut. Eine kleine Auswahl: 

1.  Das Reisefreiheitsmärchen

Der Präsident von Hotelleriesuisse verwechselt Personenfreizügigkeit mit freiem Personenverkehr! Denn natürlich kommt kein einziger EU-Bürger wegen der Personenfreizügigkeit in die Schweiz in die Ferien. Auf der Webseite des Verbands scheint man erkannt zu haben, dass der Chef hier unlauter  (oder dumm)   argumentiert. Dort heisst es immerhin, für den Schweizer Tourismus seien »die Personenfreizügigkeit und das Schengen-Abkommen zentral«, weshalb die Initiative abzulehnen sei.
 
Dumm nur, dass auch das Schengen-Abkommen nichts mit den Bilateralen I, um die es bei der BGI geht, zu tun hat ..…

Aber klar, nach Annahme der Initiative kann der Präsident von Hotelleriesuisse nicht mehr hemmungslos ältere Arbeitnehmer durch billige EU-Ausländer ersetzen. Dafür kann er in seinen Hotels einen der vielen Arbeitslosen anstellen und ihn so vor dem unwürdigen Abschieben in die Entlassungsrente bewahren. 

2.  Das Pflegerinnen-Märchen

Auf einem diesbezüglichen Inserat heisst es zu der abgebildeten jungen Frau:

     Sie könnte Ihr Grosi pflegen – wird sie aber nicht. Marta, polnische
     Fachpflegefrau, darf in der Schweiz nicht mehr arbeiten. NEIN zur
     Begrenzungsinitiative

Dieses perfide Inserat ist so falsch, dass man ihm einen Pinocchio-Preis verleihen sollte. Zuerst einmal ist die freundliche Marta, die angeblich Ihr Grosi nicht mehr pflegen wird, keine polnische Pflegefachfrau, sondern irgendein Fotomodel, das die Geldprotze von Economiesuisse bei einer Bildagentur gekauft haben. Wahrscheinlich haben sie gedacht, auf eine weitere Lüge komme es auch nicht
mehr an. Denn ein Ja zur BGI heisst natürlich nicht, dass Pflegefachfrauen nicht mehr in die Schweiz kommen dürfen.

Wir können auch ohne Personenfreizügigkeit die Leute ins Land lassen, die wir brauchen.

Nur müssen wir nicht alle aufnehmen. 

3.  Das Bilaterale-Märchen

Während Tagen veröffentlichte das Ostschweizer Tagblatt eine Annonce, in der es schrieb, mit Annahme der BGI seien »die gesamten bilateralen Verträge in Gefahr«. Ob die Zeitung dieses dreiste Märchen der Initiativgegner aus Unwissenheit oder Dummheit übernahm, ist unklar.

Richtig ist, dass mit der Annahme der Initiative lediglich 7 von über 150 bilateralen Verträgen mit der EU zur Diskussion stehen könnten. Die Bilateralen I bieten weit weniger als Wirtschaftsverbände und viele Politiker behaupten.

Die Schweiz könnte gut ohne die Bilateralen I auskommen.   

4.  Das Marktzugang-Märchen

Die federführende Propagandaministerin gegen den Volkswillen meinte in der NZZ, ein Ja zur Begrenzungs-Initiative wäre ein Hochrisikospiel: »Wenn  wir  die Personenfreizügigkeit kündigen, fallen automatisch auch die anderen sechs  bilateralen Abkommen mit der EU weg – und damit der Marktzugang«.

Wahr ist, dass der Marktzugang durch das Freihandelsabkommen und die Abkommen mit der Welthandelsorganisation (WTO) garantiert wird. Über
95 % unseres Handelsverkehrs ist WTO-konsolidiert.

Wer dennoch solchen Unsinn erzählt, der gehört in eine Dolmetscherzelle eingesperrt.  

5.  Das Arbeitslosen-Märchen

Wenn Einwanderung nicht zu einer höheren Arbeitslosigkeit von älteren Personen führt, wie Arbeitgeberpräsident Valentin Vogt uns treuherzig weismachen will, so würde uns interessieren, weshalb die Arbeitslosigkeit unter älteren Arbeitnehmern derart besorgniserregend zugenommen hat, dass derselbe Valentin Vogt vehement für die Entlassungsrente gekämpft hat.

Diese hat explizit zum Ziel, die auf dem Müllhaufen der Personenfreizügigkeit gelandeten älteren Arbeitnehmer ungeniert vom Arbeitsmarkt zu entsorgen.

Auf Kosten der Allgemeinheit.    

6.  Die Wahrheit

Schluss mit dem Experiment Personenfreizügigkeit!

Wir sollten dieses gescheiterte Experiment beenden.

 
https://schweizerzeit.ch/wp-content/uploads/sites/7/2020/09/200904_Brisant-hl.pdf  4. 9. 20  -  Hermann Lei ist Kantonsrat in Frauenfeld