NATO - Ein militärischer »Kompetenzcluster Weltraum« 25.10.2020 18:51
Die neue NATO-Zentrale für militärische Operationen im Weltraum
wird
in Deutschland angesiedelt. Das haben die NATO-Verteidigungsminister am 22. Oktober beschlossen. Demnach wird das NATO
Space Centre auf der US Air Base Ramstein westlich von Kaiserslautern
untergebracht; diese dient insbesondere als Zwischenstation für US-Material-
und Truppenverlegungen in den Mittleren Osten und als Relaisstation für die
Steuerung von US-Drohnenangriffen. Das NATO Space Centre soll zunächst vor
allem die Weltraumüberwachung der
Mitgliedstaaten, perspektivisch allerdings auch deren militärische Operationen,
im All koordinieren.
Die
US Air Base Ramstein
Das
neue NATO Space Centre soll beim NATO Allied Air Command angesiedelt werden,
das die Luftstreitkräfte des Kriegsbündnisses führt. Über Ramstein werden
US-Material- und Truppenverlegungen in die Länder des Mittleren Ostens abgewickelt;
auch für den Transport von Verletzten hat die Air Base große Bedeutung: Ganz in
der Nähe befindet sich mit dem Landstuhl Regional Medical Center das
bedeutendste US-Militärlazarett außerhalb der Vereinigten Staaten. Ramstein ist
für die CIA-Verschleppung von Terrorverdächtigen in Folterlager in den Jahren
ab 2001 genauso genutzt worden wie später Berichten zufolge für geheime, nach
deutschem Recht illegale Lieferungen von Waffen an Aufständische in Syrien. [1]
Vor
allem aber befindet sich in Ramstein das Air and Space Operation Center (AOC)
der U.S. Armed Forces, über das US-Drohnenangriffe in Mittelost und in Afrika
gesteuert werden; dabei fungiert das AOC als Relaisstation für die Signalübertragung
aus den Vereinigten Staaten in die Einsatzgebiete. Die US-Drohnenangriffe
werden - vor allem, weil ihnen zahllose unschuldige Zivilisten zum Opfer fallen
- international scharf kritisiert.
Das NATO Space Center
Zu
den Aufgaben des NATO Space Centre gehört es zunächst, die Weltraumüberwachung
der einzelnen NATO-Staaten zu koordinieren. Eine besondere Rolle spielen dabei
die Satelliten der Mitgliedstaaten, die insbesondere für militärische
Kommunikation, Navigation und Aufklärung unverzichtbar sind; sie müssen im
Kriegsfall gegen feindliche Angriffe entsprechend abgesichert werden. Dem NATO Space Centre kommt zunächst
die Aufgabe zu, etwaige Bedrohungen für Satelliten der Bündnisstaaten zu
eruieren; perspektivisch könne es auch, heißt es, zu einem Kommandozentrum für
Maßnahmen zur Verteidigung der Satelliten aufgerüstet werden. Darüber hinaus
soll es, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg am 22. 10. bestätigte, dazu
beitragen, die Aktivitäten der Mitgliedstaaten im Weltraum zu koordinieren. [2]
Tatsächlich
sind eine Reihe von Mitgliedstaaten inzwischen dabei, ihre Kapazitäten für militärische
Operationen im Weltall umfassend auszuweiten. Die Trump-Administration
etwa hat im Dezember 2019 die U.S. Space Force aus der Air Force ausgegliedert
und zur eigenen Teilstreitkraft aufgewertet. Allein im Jahr 2021 stehen für sie
15,4 Milliarden US-$ bereit, davon gut 10,3 Milliarden für Forschung,
Entwicklung sowie Tests neuer Technologien. Die U.S. Space Force verfügt längst
über Angriffswaffen zur Kriegführung im All.
[3]
Das NATO Space Centre of
Excellence
Darüber
hinaus ist die Einrichtung eines NATO-Space Centre of Excellence geplant, eines
Fachzentrums zur ›Entwicklung
von Verfahren und Know-how‹ für künftige Waffengänge im Weltall. Die
Bundesregierung will es ebenfalls nach Deutschland holen, nach Kalkar, wo schon
ein NATO-Zentrum zur Weiterentwicklung
der Kriegführung im Luft- und Weltraum sowie das neue Air and Space Operations
Centre (ASOC) der Bundeswehr beheimatet sind.
Ergänzend zu ihrem neuen Space Centre, das mit wenigen Mitarbeitern starten,
personell aber in absehbarer Zeit aufgestockt werden soll, plant die NATO den Aufbau
eines Space Centre of Excellence, das, wie alle NATO-Centres of Excellence, die
Vor- und Zuarbeiten für künftige Weltraumoperationen leisten soll. [4]
Sein
Standort wird in Kürze festgelegt. Die Bundesregierung setzt sich dafür ein, die
Einrichtung in Kalkar am Niederrhein anzusiedeln. Dort hat nicht nur das Joint
Air Power Competence Center (JAPCC) seinen Sitz, das, auf deutsche Initiative
hin, am 1. Januar 2005 als erstes NATO-Centre of Excellence überhaupt seine
Tätigkeit aufgenommen hat und sich vor allem der Analyse und der
Weiterentwicklung der Kriegführung im Luft- und im Weltraum widmet.
In
Uedem bei Kalkar hat darüber hinaus die Bundeswehr im September ihre neue Zentrale für die Führung militärischer
Operationen im Weltraum in Dienst gestellt. Dabei dockt das neue Air and Space
Operations Centre (ASOC) an das bereits seit 2009 bestehende
Weltraumlagezentrum der Bundeswehr an. Das ASOC wird als nationale Führungseinrichtung
betrieben; Berlin zielt darauf ab, es perspektivisch von US-Unterstützung -
etwa der Bereitstellung von Weltraumlagedaten - unabhängig zu machen, um auch
im All militärisch eigenständig operationsfähig zu sein.
Frankreich
hat seine Luftwaffe am 11. September 2020 in ›Luft- und Weltraumstreitkräfte‹
[›Armée de l'air et de l'espace‹] umbenannt und baut in Toulouse ein großes
Weltraumkommando [›Commandement de
l'espace‹] auf, das ab 2025 mit rund
500 Soldaten voll einsatzfähig sein soll. Paris stellt für seinen Aufbau im
ersten Schritt 4,3 Milliarden € bereit. Berichten zufolge soll die nächste
Generation französischer Militärsatelliten offensiv bewaffnet sein - zum
Beispiel mit Schußwaffen und Laserkanonen. [5] Mit Blick darauf, dass Paris selbst das NATO Space
Centre of Excellence nach Toulouse holen und dort erhebliche Kapazitäten
aufbauen will, rät die vom Kanzleramt finanzierte Berliner Stiftung
Wissenschaft und Politik (SWP), bezüglich des Fachzentrums eine Kooperation mit
Frankreich anzustreben: »Denkbar wären zum Beispiel gemeinsame Organisationsstrukturen
mit binational wechselnden Spitzendienstposten«. [4] Beim
Kompetenzaufbau im Bereich Weltraum könne es nur hilfreich sein, internationale
Kooperationen mit Verbündeten zu suchen. Darauf aufbauend könne das NATO Space Centre
of Excellence zusammen mit dem ASOC ein Kompetenzcluster Weltraum in
Deutschland bilden.
Das
fünfte Operationsgebiet
Der
Aufbau der NATO-Strukturen für militärische Operationen im Weltraum folgt dem
Beschluß der NATO-Staats- und Regierungschefs auf ihrem Gipfel am 3./4.
Dezember 2019 in London, das All ganz offiziell zum neuen Operationsgebiet des
Kriegsbündnisses zu erklären - dem fünften neben Land, Wasser, Luft und Cyber.
Militärs messen ihm dabei inzwischen eine recht besondere Bedeutung zu, weil
kein Krieg mehr ohne Satellitendaten geführt werden kann.
Anmerkung
politonline d.a.:
Ausser dem Begriff Krieg scheinen diese NATO-Gehirne offenbar nicht viel
anderem Raum zu lassen. Zu unser aller Verderben.
Siehe
hierzu auch
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=441
20. 5.
2006 - Was uns offenbar noch bevorsteht: die
Aufrüstung des Weltraums
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=3060 18.
10. 20 - Die
Gesetzgebung durch den Bundestag wird missachtet und übergangen - Verfassungsrechtler
warnt vor »Corona-Sonderrechtsregime« - Von
Stefan Schubert
Quelle:
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8420/ 23. 10. 20
[1] Frederik Obermaier, Paul-Anton Krüger: Heikle
Fracht aus Ramstein. sueddeutsche.de 12.09.2017
[2] Online press conference by NATO Secretary
General Jens Stoltenberg on 22nd October following the first day of the
meetings of NATO Defence Ministers [3] Joseph
Trevithick: Space Force Just Received Its First New Offensive Weapon;
thedrive.com 13. 3. 2020
[4] Dominic Vogel: Bundeswehr und
Weltraum. SWP-Aktuell Nr. 79. Berlin, Oktober 2020
[5] Guerric Poncet: Espace: La France va
armer ses prochains satellites militaires. lepoint.fr 26. 7. 2019
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