Die Werte-Union EU ein weiteres Mal von ihrer »besten« Seite 20.09.2023 18:56
»Russen nicht willkommen«, so der Bericht von »German Foreign Policy«. Die Russland-Sanktionen führen zu Exzessen:
Ab sofort dürfen Russen nicht mehr mit dem Auto in die
EU einreisen und müssen teilweise sogar Gegenstände ihres persönlichen
Alltagsbedarfs an der Grenze zurücklassen, darunter Laptops und Kleidung. Dies
ist das Resultat einer mehrtägigen Debatte über eine aktualisierte Regelung der
EU zur Umsetzung der Russland-Sanktionen, die in der vergangenen Woche Wellen
geschlagen hat. Das Verbot, mit in Russland registrierten Autos in die EU
einzureisen, wird inzwischen in Finnland, den baltischen Staaten und Polen umgesetzt;
Norwegen zieht dies in Betracht. Litauen will darüber hinaus jegliche
Mitnahme von Gegenständen des persönlichen Bedarfs unterbinden. Während
russische Exiloppositionelle energisch protestieren, die Maßnahme trifft auch
sie, hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) geurteilt, dass Sanktionen
gegen russische Geschäftsleute sogar dann zulässig sind, wenn
diese weder den Ukrainekrieg, noch die russische Regierung unterstützen.
Demnach genügt es, ein einflußreicher Geschäftsmann
in einer nicht unbedeutenden Branche der russischen Wirtschaft zu sein, um
sanktioniert zu werden. Der in Rechtsstaaten übliche Schuldnachweis ist nicht
mehr nötig.
Sanktionen ohne Schuldnachweis
Bereits am 6. September hat der Europäische Gerichtshof in
Luxemburg entschieden, dass Sanktionen gegen russische Geschäftsleute auch dann
zulässig sind, wenn sie sich nicht mit konkreten Vorwürfen untermauern lassen.
Geklagt hatten russische Unternehmer, die auf die Sanktionsliste der EU gesetzt
worden waren; damit ist ihr Vermögen in der EU eingefroren, ihnen
ist die Einreise in EU-Mitgliedstaaten untersagt. Die Kläger hatten
festgestellt, die EU habe die Maßnahmen gegen sie verhängt, ohne ihnen eine
aktive Mitwirkung am Ukraine-Krieg oder eine anderweitige direkte Unterstützung
für die russische Regierung nachzuweisen. Das oberste rechtsprechende Organ der Europäischen Union urteilte nun, ein solcher Nachweis sei zur
Verhängung von Sanktionen nicht erforderlich. Es genüge vollauf, »in
Wirtschaftsbereichen« - wie etwa der Öl- und Gasindustrie - »die der Regierung der Russischen Föderation
als wichtige Einnahmequelle dienen, tätig zu sein«. Schon damit sei es
zulässig, ihn mit harschen Sanktionen zu belegen. Eine ›ungerechtfertigte,
willkürliche und unverhältnismäßige‹ Einschränkung der Grundrechte der
Kläger, ›darunter das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens,
der Wohnung und der Kommunikation‹, liege nicht vor.
Ein Präzedenzfall
Bleibt das – nur erstinstanzliche – Urteil bestehen,
setzt es in der EU neue Standards. Dann müßten erfolgreiche Geschäftsleute aus
Drittstaaten prinzipiell mit Sanktionen rechnen, sobald die EU mit drakonischen
Maßnahmen gegen die Regierung ihres Landes vorgeht. Die einzige Möglichkeit,
den Sanktionen zu entkommen, bestünde dann darin, dies bestätigt ein anderes
Urteil des EuG, auf die eigene Geschäftstätigkeit zu verzichten, also seine
berufliche Existenz aufzugeben. Die Hoffnung, bei einem Ausbleiben eventuell schuldhaften
Handelns auch nicht sanktioniert zu werden, entfiele. Wendete man den neuen
Standard auf die EU-Staaten selbst und auf ihr vergangenes Handeln an, dann
hätten nicht nur drastische Maßnahmen gegen die rot-grüne Bundesregierung des
Jahres 1999 ergriffen werden müssen, dies wegen des Führens eines
völkerrechtswidrigen Angriffskriegs gegen Jugoslawien. Es wäre dann auch
gerechtfertigt gewesen, hätten nicht am Krieg beteiligte Staaten Sanktionen
etwa gegen führende Geschäftsleute aus der deutschen Kfz-Branche verhängt,
deren zentrale Bedeutung für die Wirtschaft sowie für die Regierung der
Bundesrepublik außer Frage steht. Ähnliches gälte etwa für führende
Geschäftsleute in Polen bzw. in Frankreich wegen der Beteiligung ihrer
Regierungen an den völkerrechtswidrigen Kriegen gegen den Irak (2003) bzw.
Libyen (2011).
»Sanktionen breit interpretieren«
Die Russland-Sanktionen der EU führen aktuell auch anderweitig zu Exzessen. So
hat die EU-Kommission am 8. September ein Papier publiziert, das präzisiert,
wie die Maßnahmen gegenüber Russinnen und Russen, die in die EU einreisen
wollen, umgesetzt werden sollen. Demnach dürfen Autos, die ein russisches
Nummernschild haben, nicht mehr über die Grenze gelassen werden.
Ausnahmen sind, wenn überhaupt, bloß für EU-Bürger
möglich, die aus beruflichen Gründen in Russland leben müssen, etwa für
Diplomaten. Finnland, die drei baltischen Staaten und Polen haben im Lauf der
vergangenen Woche reagiert und ihre Grenze für russische Fahrzeuge gesperrt.
Die EU-Präzisierung, die damit begründet wird, einreisende Russen könnten ihr
Auto in der EU verkaufen wollen und so das Sanktionsregime brechen, reicht
allerdings noch erheblich weiter. So umfaßt die Liste der Waren, die nicht in
die EU gelangen dürfen, rund 160 Produkte, darunter etwa Laptops, Reisekoffer,
Rasierschaum sowie Kosmetika; auch bei ihnen hegt die EU den Generalverdacht,
ihre Besitzer könnten sie nur mit sich führen, um die Sanktionen zu umgehen.
Letztere müßten auf jeden Fall ›breit interpretiert werden‹,
heißt es in der inzwischen nochmals aktualisierten Version des EU-Papiers. Der
deutsche Zoll schließt sich dem vollumfänglich an.
Kollateralschäden
Mittlerweile ruft die EU-Regelung Proteste hervor – nicht, weil sie
faktisch Russinnen und Russen zwingt, bei einer Einreise, sofern diese
überhaupt noch möglich ist, ihr Hab und Gut an der Grenze zurückzulassen und
sich mehr oder weniger mittellos in die EU zu begeben. Die Regelung trifft
neben einfachen Bürgern der Russischen Föderation, die ohne jede politische
Absicht einreisen, auch erklärte Gegner der Regierung unter Präsident Wladimir
Putin, inklusive Aktivisten der russischen Exilopposition, darunter etwa
Mitarbeiter des in Russland inhaftierten Alexej Nawalnyj. »Wir bitten, die
Entscheidung zu überdenken«, schrieb in der vergangenen Woche zum Beispiel
Maria Pewtschych, die Direktorin des von Nawalnyj gegründeten ›Fonds zum
Kampf gegen die Korruption‹: Das Verbot, mit einem Kraftfahrzeug mit
russischem Nummernschild einzureisen, sei ›ebenso absurd wie das
Verbot, mit einem Koffer und Kleidern einzureisen, die in Russland gekauft
wurden‹. Man erschwere damit auch denjenigen russischen Oppositionellen
das Leben, ›die gezwungen sind, Russland zu verlassen‹ und dabei
oft das einfachste Transportmittel nutzen – ihr Auto.
Im Ermessen der Behörden
Die Proteste russischer Regierungsgegner haben die EU mittlerweile
veranlaßt, ihre Regelung noch ein wenig weiter zu präzisieren. Dabei beharrt
Brüssel auf seinem Verbot für die Einreise mit Autos, die in Russland
registriert wurden. Allerdings obliege
es ›den national zuständigen Behörden‹, im konkreten Einzelfall ›die
Situation einzuschätzen und die Verbote entsprechend durchzusetzen‹. Es
gebe Güter, bei denen tatsächlich kaum der Verdacht erhoben werden könne, ihre
Besitzer brächten sie in die EU, ausschließlich mit dem Ziel mit, die
Sanktionen zu umgehen. Das gelte beispielsweise für ›persönlichen
Hygienebedarf‹, für Kleidungsstücke, die Reisende ›in ihrem
Gepäck‹ mit sich führten und für Kleidungsstücke, die sie am Körper
trügen. In solchen Fällen sollten die zuständigen Behörden angemessen und mit
gesundem Menschenverstand vorgehen. Litauen hat Berichten zufolge bereits
angekündigt, auch persönliche Gegenstände beschlagnahmen zu wollen. Estlands
Außenminister Margus Tsahkna gibt zur Begründung für die Schritte, die sein
Staat einleiten wird, auf ›X‹ (vormals Twitter) an, Russen seien »hier
nicht willkommen, bis die Ukraine den Sieg erreicht hat«.
Anmerkung: Man sollte nicht glauben, dass
einer dieser bestentlöhnten Funktionäre im Brüsseler Administrationsnetzwerk
auf derartige Gedanken kommen kann…...
Zu Nawalny siehe
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=3053 13.
9. 20 Zum Fall Nawalny
https://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=3082
21.
2. 21 Nawalny und kein Ende
Quelle: https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9348
18. 9. 23 »Russen nicht willkommen«
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