Prof. Dr. Eberhard Hamer: USA suchen Krieg mit der Energiewaffe 13.07.2014 22:35
Energieboykott ist eine für die USA gewohnte Maßnahme zur Kriegsvorbereitung
und eigentlich wie alle Sanktionen bereits die Eröffnung eines
Wirtschaftskriegs. Darin haben die USA größte Erfahrung: Im Zweiten Weltkrieg
haben die USA durch eine Energieblockade die im eigenen Land ohne Energie
lebenden Japaner praktisch in die militärische Auseinandersetzung gezwungen.
Auch den Irakkrieg begannen die USA mit einem Boykott insbesondere der ÖlAusfuhren.
Ebenso ist es gegen den Iran zum Wirtschafts- und Ölboykott gekommen, was auch mehrfach
zu einer militärischen Auseinandersetzung führen sollen hätte, was das
US-Militär jedoch zum Glück abgelehnt hat. Daß der Ölboykott gegen den Iran
nicht richtig funktioniert hat, lag daran, daß China sofort als Ersatzkunde
eintrat und Rußland weiterhin Kunde blieb.
Nun wird im Fall der Ukraine die Energiewaffe gegen Rußland
eingesetzt. Mit den Sanktionen der USA und ihrer Satelliten sind feindselige
Kriegshandlungen praktisch bereits eröffnet, weil Rußland sich sperrt, die
Ukraine der amerikanischen Industrie, der NATO und den amerikanischen Raketen
zu überlassen. Es war deshalb kein Zufall, daß die Arbeiten an der
South-Stream-Ölleitung von Rußland nach Österreich durch Bulgarien gestoppt
worden sind, als der amerikanische Außenminister mit drei Senatoren dies dort nachdrücklich
und mit Zusagen verlangte. Die South-Stream-Ölleitung hätte Südeuropa ebenso
energiesicher mit russischem Öl und Gas gemacht wie der North Stream durch die
Ostsee Nordeuropa durch Gazprom energiegesichert hat. Unsicher blieb die Hauptleitung von Rußland über die Ukraine und
Polen nach Deutschland, weil die Ukraine diese mehrfach für sich angezapft hat
und selbst nicht mehr zahlungsfähig ist, also nicht mehr beliefert wird. Gerade
diese Leitung wurde nun auch von amerikanischen Spezialisten gesprengt, um den
Europäern die Unsicherheit russischer Öllieferungen zu dokumentieren.
Der Kampf der US-Regierung gegen den Energiebezug Europas aus Rußland
hat mehrere Beweggründe: Die USA sehen die engere wirtschaftliche Verbindung ihrer
europäischen Satellitenprovinzen mit Rußland als Gefährdung ihrer
eigenen Wirtschaftshoheit in Europa an und versuchen deshalb, jede positive
Beziehung zwischen Europa und Rußland zu stören [Rapallo-Syndrom]. Nach der
Brzezinski-Doktrin der Einschnürung Rußlands und gegen das 1990 im Zuge der Wiedervereinigung gegebene Versprechen, die NATO nicht
über die Oder und Neisse hinaus nach Osten auszudehnen, haben die Amerikaner
nicht nur Deutschland, sondern auch das Baltikum, Polen, Ungarn, Rumänien und
die Türkei in die NATO einbezogen, also das Aufmarschgebiet der amerikanischen
Raketen systematisch in Richtung Moskau verschoben. Mit der Ukraine sollte
nicht nur ein weiterer Schritt zur Vergrößerung des amerikanischen
Wirtschaftsraumes (EU) und der NATO (»Keep the USA in, the Russians out and the Germans down«) nach Osten erfolgen, sondern gleichzeitig auch Rußland
entscheidend geschwächt werden. Der russische Staatshaushalt hat seine stärkste
Exportstütze im Energieexport. Wer also Rußland schwächen will, muß den
Energieexport verhindern. Deshalb hat Obama die ›Unzuverlässigkeit
der russischen Öllieferungen‹ beschworen und Europa
umgekehrt zum Bezug von amerikanischem Öl und Gas aufgefordert - was kurzfristig
gar nicht möglich ist.
Parallel zum Energiekrieg wird auch ein Währungskrieg geführt. Die
USA haben nicht nur Sanktionen gegen russische Firmen und Banken erlassen,
sondern bedrohen auch die russischen Investments in der ganzen Welt. Als
Gegenmaßnahme gegen die Sanktionen hat sich Rußland von seinen Dollar-Reserven
(200 Milliarden) getrennt und mit China, Indien und dem Iran vereinbart, daß
man den Außenhandel miteinander nicht mehr in Dollar, sondern in der Landeswährung
abwickelt, was wiederum das Dollar-Imperium entscheidend schwächt, zumal die
USA praktisch kein Gold mehr haben und ihre Dollar-Währung insofern eine ›Luftwährung ohne Deckung‹ ist.
Bisher gibt es außer den amerikanischen Beschwörungen keine
Hinweise, daß die Energieversorgung
Europas unsicher wäre. Die Russen waren immer vertragstreu und sind auch selbst
existentiell daran interessiert, das Gas weiterhin an Europa zu liefern.
Eigentlich besteht also kein Grund zur Unruhe und noch weniger Grund zum
Wechsel auf US-Gas. Wie aber die Sprengung der Ukraine-Pipeline zeigt, könnte
die CIA auch die North-Stream-Pipeline in der Ostsee sprengen und
dadurch tatsächlich Engpässe des Energiemarktes zwischen Rußland und Europa herbeiführen. Betrachtet man die Sanktionen der USA und
ihrer Satelliten gegen Rußland, den bereits laufenden Währungskrieg und nun
auch den Kampf der USA gegen die Ölversorgung Europas aus Rußland, und
berücksichtigt man, daß der Aufstand auf dem Maidan-Platz in Kiew mit US-Geld,
US-Agenten und jetzt sogar US-Söldnertruppen (Blackwater) geführt wird, und
zählt man des weiteren hinzu, daß die NATO vom ursprünglichen
Verteidigungsbündnis zur Söldnertruppe für USA-Angriffsziele in der ganzen Welt
geworden ist, dann ist die Kriegsgefahr in Europa durch die unterschiedlichen
Offensiven der USA gegen Rußland so groß wie nie zuvor seit dem Zweiten
Weltkrieg. Wir könnten wiederum in einen Krieg schlittern, den in Europa eigentlich
keiner will.
Nicht
aber Putin ist der Aggressor, sondern Obama beziehungsweise seine
ihn lenkende Finanzoligarchie. ›Atlantische Freundschaft‹ müßte für uns jetzt heißen, die USA
vor weiteren Abenteuern und Angriffszielen
zurückzuhalten, statt ihnen blind und gehorsam zu folgen. Spätestens mit dem
Ölkrieg sind wir jetzt direkt betroffen.
[1]
Indessen hat Serbiens Premierminister Aleksandar Vucic im Rahmen
seines zweitätigen offiziellen Besuchs in Moskau am 7. und 8. Juli betont, daß
nichts die Serben davon abbringen könnte, ihre strategischen Beziehungen zu
Moskau nicht zu verändern. Vucic betonte, sein Land wolle zwar Mitglied der EU
werden, aber nicht auf Kosten seiner Beziehungen zu Rußland. Auch werde das
Land am Bau der South-Stream-Erdgas-Pipeline festhalten, die vom russischen
Gaskonzern Gazprom durch Bulgarien, Serbien, Ungarn und Österreich gebaut
werden soll. Noch am Abend des 8. Juli ist das South-Stream-Abkommen in Belgrad
von Vertretern der beteiligten Firmen unterzeichnet worden. Nach dem Treffen erklärte Medwedjew, das South-Stream-Projekt sei
eine Priorität sowohl für Europa als auch für Serbien und mit seiner
Realisierung werde die Zusammenarbeit zwischen Rußland und Serbien auf ein
neues Niveau gehoben. Das Projekt dürfe nicht ›politisiert‹ werden. In Wien unterzeichnete der Präsident der
serbischen Handelskammer, Zeljko Sertic, gemeinsam mit den Präsidenten der
Handelskammer Bulgariens und Ungarns eine Erklärung über die Gründung der
Donau-Energie-Initiative, bei der auch ein Bezug zum South-Stream-Projekt
existiert, da alle drei Länder an beiden Projekten beteiligt sind. Auch
Rußlands Außenminister Sergej Lawrow ging in einem Interview mit der
bulgarischen Nachrichtenagentur ›Focus‹ auf das South-Stream-Projekt ein und sagte,
es sei »offensichtlich, daß die
South-Stream-Erdgas-Pipeline die komplexe Energiesicherheit Europas stärke und
helfen werde, die Gaslieferwege zu diversifizieren. Das wird allen nützen -
sowohl Rußland, als auch den europäischen Verbrauchern, einschließlich
Bulgariens….. Wir sollten nicht zulassen, daß Europa im Interesse eines anderen
benutzt und zur Geisel kurzsichtiger ideologischer Ansätze genommen wird.« Am 3. Juli hatte Bulgariens Außenminister Kristian Vigenin erklärt, Bulgarien
hoffe, den Bau des South-Stream-Pipeline-Projekts durch sein Land in den kommenden
Wochen fortsetzen zu können, wenn er entsprechende Erklärungen von der
Europäischen Kommission erhalten habe. Im Zuge der Krimkrise hatte
EU-Energiekommissar Günther Oettinger angekündigt, daß er für eine Verzögerung des South-Stream-Projekts sorgen werde, und hatte
Bulgarien unter Druck gesetzt, den Bau einzustellen, weil er gegen EU-Recht
verstoße. [2] Hier tritt wieder einmal krass zutage, wie ›förderlich‹ mit
Frieden und dem Wohlergehen der EU-Bevölkerung umgegangen wird!
Bereits
Mitte April hatten Goßbritannien und die EU-Kommission europäische Länder,
insbesondere Deutschland und Italien, gedrängt, ihre Energieabhängigkeit von
Moskau zu verringern. Das britische Ziel ist klar: Europa soll von Öl und Gas
aus Ländern, die unter der Kontrolle der City stehen, abhängig gemacht werden. Der
ganze Plan ist jedoch völlig utopisch. Gazprom liefert jährlich 125 Mrd. m3
Erdgas, was mindestens auf viele Jahre hinaus von keiner anderen Stelle ersetzt
werden kann. Eine begrenzte Menge könnte Norwegen über Pipelines liefern, aber
der ganze Rest müßte als verflüssigtes Gas (LNG) mit Spezialschiffen aus Katar
und/oder Saudi-Arabien hertransportiert werden. Die EU bräuchte zur Deckung
ihres gegenwärtigen Jahresbedarfs 1390 Tankerladungen zu je 150.000 m3 LNG. Der Bau einer
ausreichenden Tankerflotte würde mindestens 5 Jahre dauern. Dazu bräuchte die
EU 10 große LNG-Terminals wie Maasvlakte in Rotterdam, der 800 Mio.€ kostete
und 12 Mrd. m3 jährlich umschlagen
kann. In Italien gibt es vier LNG-Terminals, davon das größte bei Rovigo mit 8 Mrd.
m3 Kapazität.
Insofern
liegt die sinnvollste Lösung zur Deckung des künftiges Bedarfs im beschleunigten
Bau der South Stream-Pipeline, die jährlich 63 Mrd. m3 direkt von Rußland in die EU pumpen könnte, was
Probleme mit Transitländern wie der Ukraine ausschließt. Die Südstrecke
der Pipeline verliefe durch Bulgarien, Griechenland und Italien, die Nordstrecke
durch Serbien, Slowenien und Österreich. Aber die Briten und die EU waren schon
immer gegen South Stream und trachten danach, die Ukrainekrise zu benutzen, um
das Projekt zu verhindern, auch wenn der Chef von Wintershall erklärt hat,
South Stream sei nun wichtiger denn je. [3]
Wie die ›Deutschen Wirtschafts
Nachrichten‹ berichten, treibt
jetzt die italienische EU-Ratspräsidentschaft die South-Stream-Pipeline mit Rußland
voran, wodurch die Ukraine als Transitland für russisches Erdgas überflüssig wird.
Die ukrainische Regierung wirft nun Italien vor, die Gegner der russischen
Pipeline in der EU zu übergehen. »Wir denken,
South Stream sollte freie Fahrt erhalten, denn es würde die Diversifikation der
Gas-Linien nach Europa verbessern«, zitiert der ›EUobserver‹ den
italienischen Staatssekretär für EU-Fragen, Sandro Goz. Ähnlich hatte sich
zuvor auch Italiens Außenministerin Federica Mogherini geäußert. Mogherini
hatte am 9. 7. Moskau besucht und sich dort mit ihrem russischen Amtskollegen
Sergej Lawrow getroffen. Für Oktober lud sie auch Präsident Putin zu einem
Treffen asiatischer und europäischer Führer in Milano ein. Lawrow erklärte
anschließend u.a., daß Italien und Rußland »unser Ziel bestätigen, das Bauprojekt der
South-Stream-Gas-Pipeline fertigzustellen..….« [4]
[1]
http://www.zeit-fragen.ch/index.php?id=1832 Zeit-Fragen Nr. 14 vom 1. 7. 2014 [2] http://www.bueso.de/node/7483 11. 7. 14
[3] Stragegic Alert Jahrgang 27, Nr. 16/17 vom
16. April 2014
[4]
http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/07/12/south-stream-italien-schert-aus-anti-russland-allianz-aus/ 12. 7. 14
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