SVP-Fraktion: Kein Beitritt zum UNO-Sicherheitsrat

Die SVP-Fraktion fordert vom Bundesrat entschieden, auf die Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat zu verzichten.

Die neutrale Schweiz darf nicht Teil blutiger Konflikte werden, indem sie einem Gremium der Grossmächte, das über Krieg, Frieden und Sanktionen entscheidet, angehört. Mit ihren guten Diensten kann die Schweiz innerhalb Europas und weltweit einen essentiellen Beitrag zum Frieden leisten. Als neutraler Staat mischt sich die Schweiz nicht in internationale Konflikte ein, sondern stellt lediglich sicher, dass von Drittstaaten beschlossene Sanktionen nicht über die Schweiz umgangen werden können. Der Krieg in der Ukraine zeigt drastisch, dass die Schweiz durch eine Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat Kriegspartei werden würde. Damit würde eines unserer höchsten Güter zerstört: Die Glaubwürdigkeit unserer Neutralität – Garant für die Sicherheit der Schweiz und für die Unterstützung friedlicher Lösungen.

Der Bundesrat und die anderen Parteien verhalten sich heuchlerisch. Sie spielen sich als moralische Instanzen auf und drängen gleichzeitig in den UNO-Sicherheitsrat. Dass sie vor dieser unumkehrbaren aussenpolitischen Weichenstellung einen Ordnungsantrag der SVP-Fraktion ablehnten und damit die demokratische Debatte verhinderten, ist ein Skandal. Die SVP-Fraktion fordert deshalb den Bundesrat und die anderen Parteien einstimmig auf, die fahrlässige Bewerbung für den UNO-Sicherheitsrat sofort zurückzuziehen.

Die gleichlautenden Motionen der SVP-Fraktion, welche einen Verzicht auf die Kandidatur der Schweiz für den UNO-Sicherheitsrat forderten, sind inzwischen von beiden Kammern abgelehnt worden. Es ist somit die SVP, die als einzige Partei die Schweizer Neutralität verteidigt. Es besteht die Gefahr, dass die Schweiz als Mitglied des UNO-Sicherheitsrats vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2024 zum Spielball der Weltmächte wird. Mit der Ablehnung der SVP-Motion haben die anderen Parteien die Büchse der Pandora in Bezug auf sicherheitspolitische Risiken geöffnet.   [1]  

Die SVP ist entsetzt, dass die Mehrheit des Nationalrats dem Bundesrat für den Beitritt der Schweiz zum UNO-Sicherheitsrat per 1. Januar 2023 grünes Licht gegeben hat. Damit schaden SP, Grüne, GLP, FDP und Mitte sowie die Mehrheit des Bundesrats unserem Land massiv. Die Mitgliedschaft der Schweiz in diesem Gremium der Grossmächte zerstört die Glaubwürdigkeit unserer Neutralität, eines der wertvollsten Güter der Schweiz, und kann unser Land in blutige Konflikte hineinziehen. «Darum ist dieser Entscheid verantwortungslos und in aller Schärfe zu verurteilen», sagt Parteipräsident Marco Chiesa. Dass vor dieser unumkehrbaren aussenpolitischen Weichenstellung eine demokratische Debatte verhindert wurde, ist ein Skandal.

Kriegsfronten können bald durch die Schweiz verlaufen

Die Neutralität ist bis heute eines der höchsten Güter unseres Landes. Zum einen sorgte sie bisher dafür, dass sich die Schweiz nicht in fremde Konflikte hineinziehen liess. Zum anderen ist sie seit mehr als 200 Jahren ein Garant für die innere Sicherheit des Landes. Unser Land würde es wohl ohne das Neutralitätsprinzip nicht mehr geben. Die Religionskriege im 16. Jahrhundert oder der 1. Weltkrieg hätten die Eidgenossenschaft auseinandergerissen. Aufgrund der massiven Zuwanderung aus aller Herren Länder findet heute in der Schweiz praktisch jeder Konflikt seinen Resonanzboden. Damit ist die Gefahr real, dass Kriegsfronten plötzlich mitten durch unser Land verlaufen, je nachdem, gegen wen wir im UNO-Sicherheitsrat die Kriegswaffe der Wirtschaftssanktionen aussprechen oder unterstützen würden.

Ende des Schweizer Beitrags zu mehr Frieden

Die Mehrheit des Bundesrats und die anderen Parteien verhalten sich heuchlerisch. Sie spielen sich als moralische Instanz auf und wollen gleichzeitig im UNO-Sicherheitsrat mit über Krieg und Frieden entscheiden. Damit zerstören sie die Rolle der neutralen Schweiz, die sich bis heute glaubwürdig für die Friedensförderung einsetzen konnte. Denn das Angebot Guter Dienste kann nur ein wirklich neutraler Staat glaubwürdig machen. Diesen wertvollen Beitrag zum Erreichen friedlicher Lösungen haben SP, Grüne, GLP, Mitte und FDP jetzt leichtsinnig beendet. Ab heute ist die Schweiz nicht mehr Teil der Lösung, sondern Konfliktpartei. 

Auch der Redaktor der «Schweizerzeit», Anian Liebrand, erklärt, dass Mitte-Links mit der Entscheidung des Beitritts zum UNO-Sicherheitsrat der Schweizer Neutralitätspolitik den endgültigen Todesstoss versetzen. Das zur Zeit amtierende schwächste Parlament aller Zeiten sägt einen Staatspfeiler nach dem anderen ab. Mögen wir dafür sorgen, dass die Allianz der Landesverräter für diesen dreisten Verfassungsbruch dereinst vor einem Tribunal geradestehen muss. Die immerwährende bewaffnete Neutralität ist untrennbar mit der einzigartigen Erfolgsgeschichte der Schweiz verbunden. Längst ist erwiesen, dass sie für unseren Kleinstaat inmitten von Europa unschätzbaren Mehrwert geschaffen und dazu beigetragen hat, dass wir im letzten Jahrhundert in zwei Weltkriegen vor grösserem Leid verschont geblieben sind. 

In den vergangenen Dekaden haben kluge Köpfe in unzähligen Schriften die Vorzüge der Neutralität und die mit ihr verbundenen Verpflichtungen festgehalten. Erinnert sei hier stellvertretend an einen Leitartikel des NZZ-Chefredaktors Willy Bretscher, der im Oktober 1939 nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erschien und kürzlich in der «Weltwoche» erneut abgedruckt worden ist; in diesem heisst es:

«(…) Die Neutralität der Schweiz ist uneingeschränkt, absolut. (…) Die unbedingte Wahrung der Neutralität ist für das Schweizervolk eine Selbstverständlichkeit, die durch den Umstand, dass das gleiche Schweizervolk daneben auch seine bestimmten Meinungen über den Krieg hat, gar nicht berührt wird. (…)»

Bretscher beschreibt, was vergangenheitsvergessenen Zeitgenossen heute abhanden gekommen ist: Als verantwortungsbewusster Staatsbürger die Neutralität des Landes zu verteidigen, hat noch nie geheissen, keine persönliche Haltung einnehmen zu dürfen. Im Zweiten Weltkrieg stand der Grossteil des Schweizervolkes der Nazi-Kriegspolitik genauso ablehnend gegenüber, wie heute gegenüber Putins Angriffskrieg. Damals wie heute hat die «Zivilgesellschaft» Courage bewiesen und auf eigene Faust den Opfern geholfen. Ein Staat aber hat Interessen zu wahren und das Fortbestehen seines Volkes in bestmöglichem Umfeld sicherzustellen. Darum war die Schweiz neutral. Darum wurde die Neutralität als Staatsmaxime von Generationen verantwortungsvoller Landesdiener mit aller Kraft verteidigt und mitgeprägt.

Vorteile preisgegeben

Neutralität, Föderalismus, Subsidiaritätsprinzip, Milizprinzip, direkte Demokratie: Auf der ganzen Welt wird der einmalige, historisch gewachsene Staatsaufbau der Schweiz bewundert und beachtet. Umso unverständlicher ist es, dass die Lenker zu Bundesbern diese Standortvorteile seit einigen Dekaden am Laufmeter opfern. Früher bissen sich internationale Akteure die Zähne an uns aus, wenn es unserem Land irgendwelche Forderungen abzuringen galt. Das ist bekanntlich längst nicht mehr so: Das Bankkundengeheimnis ist passé, viele andere Trümpfe haben wir ebenso längst aus der Hand gegeben.

So müssen wir uns auch bewusst sein, dass die Neutralität nicht erst am 10. März 2022 offiziell begraben worden ist. Richtig neutral ist die Schweiz schon lange nicht mehr – nicht erst seit der Übernahme aller EU-Sanktionen gegen Russland vor einer Woche. Die Bundesverwaltung im allgemeinen und das EDA im speziellen sind von geltungssüchtigen Gestalten unterwandert, die gerne eine Rolle auf dem internationalen Parkett spielen und die die ihren eigennützigen Motiven zuwiderlaufende Neutralität längst auf dem Müllhaufen der Geschichte sehen wollen. 

Feinde im Innern

Die Kernfrage dabei lautet: Wer erwartet eigentlich, dass die Schweiz ihre Neutralität aufgibt und sich als Kriegspartei in Konflikte einmischt? Hat irgendein ausländischer Staat, irgendeine supranationale Macht gefordert, die Schweiz müsse sich von ihrem aussenpolitischen Wesenskern verabschieden? Nein, der Beitritt zum UNO-Sicherheitsrat hat seine Ursachen nicht im äusseren Umfeld. Innere Faktoren – Mitte-Links-Politiker und Verwaltungsangestellte – sind die Totengräber der schweizerischen Neutralität. Mit dem Einsitz im UNO-Sicherheitsrat, der über Krieg und Frieden entscheidet, kann die Schweiz ihre Guten Dienste nicht mehr glaubwürdig ausüben.

Die Verantwortlichen dafür haben wir zu benennen. Sie dürfen mit ihrem Verfassungsbruch nicht ungeschoren davonkommen.  [2]

Die Schweiz im Weltsicherheitsrat?         

In seinem in den Libertate Mitteilungen vom März / April veröffentlichten Kommentar schreibt auch Gotthard Frick, dass unsere Neutralität und Unabhängigkeit weltweit bekannt gewesen sind, und dass es hochgeschätzt wurde, dass wir uns nie, auch nicht militärisch, im Kielwasser der westlichen Grossmächte in anderen Ländern einmischten. Auch unsere Tätigkeit als Vermittler zwischen zerstrittenen Staaten wurde anerkannt, ebenso wie die menschliche Hilfe unseres Landes und des Roten Kreuzes. 

Die Wirtschaftsleistung und Kreativität unseres so kleinen Landes ohne Rohstoffe und ohne direkten Zugang zum Meer ist immer wieder mit Erstaunen erwähnt worden. Und schliesslich wissen auch viele Menschen, dass bei uns die Bürger das letzte Wort haben, mit anderen Worten: Dass unser demokratisches System ganz einmalig ist. Aber da vieles darauf hinweist, dass wir begonnen haben, diese Eigenschaften im Wohlstandsrausch abzubauen, z.B mit der vom Bundesrat eingeleiteten NATO-Annäherung [mitsamt Einladung an die NATO zu einer grossen Tagung im Oktober 2016 in Zürich], der Abwrackung unserer Armee über die WEA, dem Einsatz von Truppen im Kosovo, unserem Anschluss an immer mehr internationale Organisationen, wodurch wir uns oft deren Entscheidungen unterwerfen müssen und wodurch unser demokratisches System langsam ausgehebelt wird, usw., beginnt die Sicht auf unser Land weltweit negativ zu werden......  Bei einer Geschäftsreise in China nach der Zerschlagung unserer Armee durch die WEA fragte der Gastgeber, Kadermitarbeiter eines der grössten chinesischen Konzerne bei einem Nachtessen ganz unvermittelt: »Warum hat das reichste Land der Welt seine Armee abgeschafft?« Es ist schlimm, dass unser Land sogar auf der anderen Seite der Welt so gesehen wird.

Unser Land muss seine Grundeigenschaften unter allen Umständen behalten und darf keinesfalls Mitglied des Sicherheitsrats werden. Dort hätte es sich gemäss den Vorgaben der USA zu verhalten und würde so Mitglied eines der grossen Lager, d.h. des politisch-militärischen Westens. Es würde seinen Ruf als neutral und als Vermittler verlieren. Wir brauchen kein Mitglied des Sicherheitsrats zu sein, um mit allen Staaten freundschaftliche Beziehungen aller Art zu unterhalten.

Die Schweiz wirft zwei Jahrhunderte Neutralität über Bord

In einem Kommentar schreibt Strategic Alert: Am 28. 2. übernahm die Schweizer Regierung, der Bundesrat, alle Sanktionen der EU gegen Russland und verwarf damit die lange Tradition der Schweizer Neutralität. Dies war eine Umkehr von einer früheren Ankündigung der Regierung, die EU-Sanktionen nicht zu unterstützen, sich aber darum zu bemühen, dass die Schweiz nicht zu deren Umgehung benutzt wird, nachdem Brüssel massiven Druck ausgeübt hatte. Alt-Bundesrat Christoph Blocher von der SVP bedauerte nach der Ankündigung, dass die Schweiz als neutrale Vermittlerin gegenüber Russland kaum noch eine glaubwürdige Rolle spielen könne. Wirtschaftssanktionen seien eine  Kriegshandlung und würden die laufende Aggression nicht verhindern. In einem Interview mit der Neuen Zürcher Zeitung verurteilte er den russischen Angriffskrieg, betonte  aber: »Die USA und die EU beteiligen sich an diesem Krieg mit wirtschaftlichen Sanktionen. Mit einer Brotsperr, wie man dies im Mittelalter nannte. Man versucht, ein Volk auszuhungern, um so die Führung zu zwingen, den Krieg aufzugeben. Wer hier mitmacht, ist eine Kriegspartei«.  [3]

Blocher fuhr fort: »Als neutraler Staat darf die Schweiz sich nicht dazu hinreissen lassen, Partei zu ergreifen. In solchen Fällen friert die Schweiz den bisherigen Handel ein und geht nicht über den Courant normal hinaus, um keine Kriegspartei zu begünstigen. Durch die Teilnahme an den Sanktionen ist die Schweiz jetzt im Krieg. Dabei müsste man doch jetzt alles unternehmen, um diesen furchtbaren Krieg so schnell wie möglich zu beenden. Als neutrales Land hätte die Schweiz einen besonderen Beitrag leisten können. Diese Chance hat sie nun leichtfertig vertan«. Auf die Frage, ob er ernsthaft der Meinung sei, dass die Schweiz dem Krieg diene, antwortete Blocher: »Eindeutig. Ein Friedensstifter  müsste doch ein Interesse daran haben, die Parteien an einen Tisch zu bringen - in neutraler Umgebung. Im Westen gibt es kein anderes Land, das seine guten Dienste in diesem Sinne anbieten könnte….. Je schlimmer es in der Welt zugeht, desto wichtiger ist die Neutralität. Die Nichteinmischung ist nicht nur Selbstschutz, sie ermöglicht erst die guten Dienste«

Die Entscheidung verstösst auch möglicherweise gegen die Bundesverfassung. Sie erteilt dem Parlament in Art. 173 den Auftrag, Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz zu treffen, und Art. 183 sieht vor, dass der Bundesrat ebenso Massnahmen zur Wahrung der äusseren Sicherheit, der Unabhängigkeit und der Neutralität der Schweiz trifft. Eine Volksabstimmung gegen die Regierungsentscheidung ist inzwischen fast sicher. Man sollte bedenken, dass die EU-Sanktionen von denselben Parteien übernommen wurden, die das CO2-Gesetz verabschiedet hatten, das später in einem Referendum nach einer von der SVP organisierten Petition abgelehnt wurde.

Ein Schlüsselfaktor dabei, sich dem westlichen Finanzkrieg gegen Russland anzuschliessen, könnte der von der Financial Times angeheizte Skandal gegen die Credit Suisse sein, die zweitgrösste Schweizer Bank und eine der 30 systemrelevanten globalen Banken. Dem Sprachrohr der City war ein internes Dokument der Credit Suisse zugespielt worden, in dem Anlegern geraten wurde, Unterlagen zu bestimmten Investitionen in Vermögen russischer Oligarchen zu vernichten.  [4]

 

Anmerkung politonline:
Die Befürworter des Beitritts sollten sich mit der Frage auseinandersetzen, wo der UNO-Sicherheitsrat je einen von den USA gewollten und durchgeführten Krieg verhindert hätte.....

  

[1]  https://www.svp.ch/partei/positionen/sessionen/fruehjahrssession-2022/
18. 3. 22

[2]  https://schweizerzeit.ch/kriegspartei-schweiz/    11. 3. 22
Kriegspartei Schweiz  -  von Anian Liebrand, Redaktion «Schweizerzeit»

[3]  https://www.nzz.ch/schweiz/christoph-blocher-neutralitaet-ist-nicht-nur-selbstzweck-ld.1672984

[4]  Strategic Alert  Jahrgang 35, Nr. 10 vom 9. 3. 22