«Die Mainstream-Medien sind Teil eines Propagandakrieges» - Von John Pilger

Der australische Journalist, Autor und Dokumentarfilmer gilt als einer der letzten grossen Journalisten unserer Zeit;

er hat, wie er sagt, sein Leben dem Streben nach Wahrheit gewidmet, was Berichte über neue Kriege einschliesst. Noch nie aber habe er eine Berichterstattung gesehen, »die so vollständig von einem Tsunami von Hurrapatriotismus und manipulativem Hurrapatriotismus» geflutet worden sei wie die des Ukraine-Kriegs«. »Und genau deshalb sollte man nichts mehr glauben«; und nicht übersehen werden dürfe die westliche Stimmungsmache und der Aufmarsch gegen China. Anfeindungen nimmt er gelassen.  In der South China Morning Post‹ erschien kürzlich ein Interview, das mit Pilger geführt worden war; in diesem erinnerte er an die Rolle der Propaganda bei Kriegen. »Sie müssen bedenken, dass dies vor allem ein Krieg der Propaganda ist. Und ich denke, man kann kaum etwas von dem, was in der westlichen Presse über den Einmarsch in die Ukraine erscheint, trauen«. Skepsis sei am Platz, er sei sich aber nicht sicher, ob die Leser und Zuschauer in den USA und Europa die Fähigkeit dazu besitzen. »Das ist jetzt entscheidend, denn man kann nichts mehr glauben. Jeden Tag, wenn ich die Medien lese, schaue ich mir die Quelle an, und es ist der ukrainische Geheimdienst«; die Propagandaoperation in der Ukraine sei ›ziemlich brillant‹. »Sie haben es geschafft, einen Angriff mit chemischer Kriegsführung zu erfinden, ohne dass es einen gab. Sie haben es geschafft, aus den westlichen Medien herauszuhalten, dass ein grosser Teil der Ukraine verseucht ist, wenn nicht von, so doch mit wahren Extremisten: Faschisten,  ›Neonazis‹ werden sie genannt«. Die Vereinigten Staaten spielen die führende Rolle in der Ukraine. Man dürfe aber nicht vergessen, »dass sich die USA einen Dreck um die Ukraine scheren. Die Ukraine ist nur ein Spielball in diesem Spiel«. Ziel der USA sei, so deren Verteidigungsminister wörtlich und öffentlich, die Russische Föderation zu zerstören. »Das ist schon seit langem bekannt. Das ist wahrscheinlich das gefährlichste Projekt in der heutigen Welt, denn die Russen werden das nicht zulassen«.

China von 40 US-Basen umzingelt
Als Australier beobachtet Pilger auch die Stimmungsmache gegen China. »Es sei ein sanfter Krieg, der bereits gegen China geführt wird. Das ist es, womit wir Tag für Tag leben. Das ist extrem gefährlich«. Oft werde tendenziös über Chinas Selbstbehauptung im Südchinesischen Meer berichtet, Tatsache sei aber, und das werde gezielt verschwiegen, »dass China von etwa 40 US-Basen umgeben ist, den ganzen Weg von Australien über den Pazifik bis hinauf nach Asien, bis nach Korea und Japan und Okinawa. Schwimmende Basen, die alle auf das industrielle Kernland China abzielen«. Auf die Frage, wie es um die Unabhängigkeit Australiens von den USA bestellt sei, erklärte Pilger: »Australien folgt den Vereinigten Staaten. Die australische Aussenpolitik, das Militär, sein Geheimdienst, seine Medien sowie ein grosser Teil des öffentlichen intellektuellen Lebens ist in die Vereinigten Staaten integriert«. »Es sei oft eine Beleidigung, Australien als 51. Staat der USA zu bezeichnen. Aber Australien ist es«. Was die USA begehrten, das bekämen sie normalerweise auch.  [1]   

»Die Ukraine«, schreibt Oscar Silva-Valladares, ehemaliger Investmentbanker, der in Nord- und Lateinamerika, West- und Osteuropa, Saudi-Arabien, Japan, auf den Philippinen und in Westafrika gelebt und gearbeitet hat, »verliert den Krieg, und Europa auch. Der Kern der gegenwärtigen Probleme Europas ist seine Unfähigkeit, seine wirtschaftlichen und sicherheitspolitischen Interessen mit genügend Autonomie in Einklang zu bringen, um seine eigenen Interessen wahrnehmen zu können. Sie hat ihre Wurzeln in der  Architektur der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg und in den Folgen des Zusammenbruchs der Sowjetunion. In Bezug auf die Ukraine manifestierte sie sich in dem Versagen, die Vereinbarungen von Minsk durchzusetzen, die eindeutig einen russisch-ukrainischen Friedenspfad boten, aber aufgrund des unerbittlichen Drucks der USA und der Ukraine von Frankreich und Deutschland nicht durchgesetzt werden konnten.

Europa versucht seit Jahren, seine Energiequellen zu diversifizieren, hatte aber keinen umfassenden Notfallplan, um den Auswirkungen des plötzlichen Abbruchs des Zugangs zu Russlands Öl und Gas seit Beginn des Ukraine-Kriegs entgegenzuwirken. Die europäischen Politiker haben das Substitutionspotential anderer Energiequellen (wie LNG) masslos übertrieben und sehen sich nun gezwungen, Alternativen zu akzeptieren, die noch vor nicht allzu langer Zeit als politisch nicht vertretbar galten, wie die Wiederaufnahme der Kohleförderung in Deutschland.

Wie konnte es zu dieser groben Fehlkalkulation kommen? Offensichtlich war die europäische Führung nicht in der Lage, die tatsächlichen wirtschaftlichen Folgen des gegen Russland geführten Wirtschaftskriegs in Europa und darüber hinaus vorherzusehen. Eine Erklärung für die Kühnheit und das Selbstvertrauen, mit denen die Europäer zu Beginn des Krieges gegen Russland auftraten, war die feste Überzeugung, dass die Kombination aus antirussischen Sanktionen und militärischer Unterstützung für die Ukraine zu einer erheblichen Schwächung des politischen, sozialen und militärischen Ansehens Russlands und damit zu dessen Niederlage führen würde. Dies erklärt beispielsweise die kühnen Erklärungen, dass der Krieg nur vor Ort gelöst werden würde, wie es der EU-Aussenbeauftragte im März zuversichtlich sagte.

Man kann argumentieren, dass die Fehleinschätzung des Kriegsausgangs ihre Wurzeln in fehlerhaften US-amerikanisch-britischen Geheimdienstinformationen hat, die Russlands Niederlage durch wirtschaftliche Kriegsführung und daher eine begrenzte Auswirkung von Sanktionen auf Europa vorhersagten. Dass dies nicht der Fall war, hat die europäische Führung nun dazu veranlasst, um Lösungen zu ringen. In der Zwischenzeit sind die politischen Auswirkungen bereits spürbar, wobei die Premierminister Grossbritanniens und Italiens die sichtbarsten Opfer der innenpolitischen Ereignisse sind, die durch ihre eigenen russischen Sanktionen ausgelöst wurden.

Noch wichtiger ist, dass die verbleibende europäische Führung [angeführt von Scholz, von der Leyen und Macron] offenbar nicht bereit ist, ihren Kurs zu ändern, ohne ihre Glaubwürdigkeit zu verlieren.

Es hat den Anschein, dass nur bedeutende politische Veränderungen in den europäischen Ländern, auf die es ankommt, namentlich Frankreich, Deutschland und Italien, eine sinnvolle Abkehr vom derzeitigen Weg der Konfrontation mit Russland und letztlich der wirtschaftlichen Selbstzerstörung ermöglichen werden. Andernfalls wird jede politische Initiative zur Beilegung des Krieges in den Händen Russlands und der Vereinigten Staaten von Amerika liegen, und wenn das der Fall ist, wird eine dauerhafte Einigung nicht im Sinne der europäischen Interessen sein. Es wäre tragisch, wenn ein europäisches Kernproblem wie der Ukraine-Krieg letztlich durch die Machenschaften einer euroasiatischen und einer amerikanischen Macht gelöst würde«.  [2]

Wie der Autor Jürgen Todenhöfer in seinem Artikel über die wechselnden Feindbilder des Westens ausführt, »macht der Hass des Mainstreams auf Russland dem Westen das Leben leichter. Wenn Russland das Böse ist, fällt es viel leichter, die eigenen Kriege als tapferen Kampf für Menschenrechte und Demokratie darzustellen. Da die Anti-Terrorkriege alle ziemlich chaotisch und oft auch als Niederlage endeten, fingen sie an, die amerikanische Wählerschaft zu langweilen. Also musste ein anderes Feindbild her. Die Wahl fiel auf Russland, das den USA wie alle früheren ›Feinde‹ letztlich einen perfekten Vorwand   lieferte. Jahrelang von den USA mit Sanktionen und gebrochenen Zusagen provoziert, überfiel es im Februar 2022 die Ukraine. Für die USA kam dieser Krieg genau zur rechten Zeit. Noch immer haben sie keine überzeugende Strategie gegenüber ihrem Hauptrivalen China. Das Ausschalten Russlands, des wichtigsten potentiellen Verbündeten Chinas, würde auch China schwächen, und das war in jedem Fall ein erstrebenswertes Zwischenziel im Kampf um die Verteidigung der Weltherrschaft. Mit sanftem Druck gelang es den USA, die Europäer zu Waffenlieferungen an die Ukraine zu bewegen. Ihr genialster Streich allerdings war, die Europäer zu Sanktionen zu bewegen, die ihnen mehr schaden als Russland.«   

Ohne die Unterstützung der Mainstream-Medien wären die Erfindung von Feindbildern und das Überziehen der Welt mit Kriegen nicht möglich. Wer das nächste Feindbild sein wird, ist nicht schwer zu erraten. China hat gute Chancen, diese gefährliche Rolle in den internationalen Beziehungen zu spielen. Ein Vorwand wird sich im richtigen Augenblick schon finden lassen.  [3]

»Es gibt einige Dinge«, erklärte Philip Giraldi in seiner Rede am 23. Juli auf der Peace and Freedom Rally in Kingston New York, »die ich über die Anarchie, die sich als US-Aussenpolitik ausgibt, für wahr halte.

Erstens, und das ist das Wichtigste, glaube ich nicht, dass irgendein Wähler Joe Biden gewählt hat, weil er oder sie wollte, dass er unerbittlich einen unnötigen Konflikt mit Russland verfolgt, der leicht zu einem Atomkrieg mit unvorstellbaren Folgen für alle Parteien eskalieren könnte. Biden hat kürzlich erklärt, dass die USA die Ukraine so lange unterstützen werden, bis wir gewonnen haben, und  da bereits Waffen im Wert von zig Milliarden Dollar an die Ukraine geliefert werden und amerikanische Berater vor Ort sind, ist dies ein Szenario, in dem amerikanische und russische Soldaten wahrscheinlich bald aufeinander schiessen werden. Der serbische Präsident und Kolumnisten wie Pat Buchanan und Tulsi Gabbard sind der Meinung, dass wir uns de facto bereits im Dritten Weltkrieg befinden, und man muss sich fragen, wie das Weisse Haus mit der Missachtung der in der US-Verfassung verankerten Kriegsbefugnisse davonkommt.

Zweitens glaube ich, dass die Russen an die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten mit einigen recht vernünftigen Forderungen bezüglich ihrer eigenen nationalen Sicherheit herangetreten sind, da ein feindliches Militärbündnis vor ihrer Haustür zu landen drohte. Die Fragen, um die es ging, waren durchaus verhandelbar, aber die USA weigerten sich, auf irgendetwas einzugehen, und Russland sah sich gezwungen, militärisch einzugreifen. Dennoch gibt es so etwas wie einen guten Krieg nicht. Ich lehne es kategorisch ab, dass jemand in einen anderen Staat einmarschiert, es sei denn, es besteht eine unmittelbare Bedrohung, aber die Verantwortung dafür, wie sich die Situation in der Ukraine entwickelt hat, liegt bei Washington.

Drittens bin ich der Meinung, dass insbesondere die US-amerikanische und die britische Regierung die Bevölkerung schonungslos belogen haben, und dass die Medien in den meisten westlichen Ländern an der Verbreitung dieser Lügen beteiligt sind, um die Kriegsanstrengungen gegen Russland in der Ukraine zu unterstützen. Die Lügen betreffen sowohl die Entstehung als auch den Verlauf des Krieges, und es gab auch anhaltende Bemühungen, Präsident Wladimir Putin und alles Russische zu dämonisieren, einschliesslich Lebensmittel, Getränke, die russische Sprache und Kultur und sogar Profisportler. Das jüngste Opfer ist eine Tschaikowsky-Sinfonie, die in Kanada verboten wurde. Putin wird persönlich für die Inflation, die Lebensmittelknappheit und die Energieprobleme verantwortlich gemacht, die eigentlich eher die Schuld der von Washington angeführten unüberlegten Reaktion auf ihn sind. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Biden der Ukraine 1,7 Milliarden Dollar für das Gesundheitswesen zur Verfügung stellt, während die Gesundheitsversorgung in den USA allgemein als eine der schlechtesten in der entwickelten Welt gilt.

Ich glaube, dass Russland den Krieg auf komfortable Weise gewinnt und die Ukraine gezwungen sein wird, Territorium abzugeben, während der amerikanische Steuerzahler die Rechnung für die rücksichtslose Ausgabenpolitik bekommt, die sich derzeit auf über 60 Milliarden Dollar beläuft, während er sich auch auf eine galoppierende Inflation, Energieknappheit und, im schlimmsten Fall, einen möglichen Zusammenbruch des Dollars freuen kann«.  [4]

Der abschliessende extrem düstere Kommentar ist einem Artikel von Eric Margolis, ehemaliger Kolumnist für führende Zeitungen in Dubai und Katar, entnommen: Er hat die gegenwärtige Kriegslage wie folgt beurteilt: »Washingtons Einmischung in die Ukraine droht einen nuklearen Zusammenstoss mit Moskau in einem Teil der Welt zu provozieren, an dem die USA nie ein strategisches oder historisches Interesse hatten. Den meisten Amerikanern und dem Kongress ist das ziemlich egal«.   [5]


[1]  https://www.zeit-fragen.ch/archiv/2022/nr-16-26-juli-2022/die-mainstream-medien-sind-teil-eines-propagandakrieges   - auszugsweise -
Zeit-Fragen Nr. 16 vom 26. 7. 22
»This is a war of propaganda« - John Pilger on Ukraine and Assange. Talking Post with Yonden Lhatoo. South China Morning Post vom 9. 7. 2022
https://www.youtube.com/watch?v=u9pEotvlW-s

[2]  http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_27_dieukraine.htm
http://www.ronpaulinstitute.org/archives/featured-articles/2022/july/27/ukraine-is-losing-the-war-and-so-is-europe/  27. 7. 22
Ukraine is Losing the War, and So is Europe - By Oscar Silva-Valladares

[3]  https://www.nachdenkseiten.de/?p=86365   28. 7. 22
Jürgen Todenhöfer über die wechselnden Feindbilder des Westens

[4]  http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_29_dieamerikanische.htm
Die amerikanische Lügenfabrik  -  Von Philip Giraldi
https://www.unz.com/  26. 7. 22 
The All-American Lie Factory   
 

[5]  http://antikrieg.com/aktuell/2022_07_26_dennahenosten.htm
26. 7. 22 Den Nahen Osten für Diktatoren sicherer machen – Von Eric Margolis
https://ericmargolis.com/2022/07/keeping-the-mideast-safer-for-dictators/
25. 7. 22  KEEPING THE MIDEAST SAFER FOR DICTATORS - By Eric Margolis

Siehe hierzu auch
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2753 
4. 2. 18  Eric Margolis - Es stimmt: Die NATO hat mit ihrer Osterweiterung Zusagen gebrochen